Entscheidungsdatum
25.08.2020Norm
AsylG 2005 §55 Abs1Spruch
W282 2219946-1/5E
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch RA Mag. Stefan ERRATH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß
§ 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.
III. Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger der sich seit 2007 im Bundesgebiet aufhält, wurde am 10.01.2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch kurz „Bundesamt“) niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er zusammengefasst aus, in Österreich würden sein Vater, sein Bruder und seine Onkel sowie seine Tanten leben. Er verfüge über keine Familienangehörigen in Serbien und halte sich seit der Volksschule in Österreich auf. Der Beschwerdeführer lebe von den Zuwendungen seines Vaters und der Hilfe seiner Familie.
2. Mit Bescheid vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit Februar 2007 fast durchgehend im Bundesgebiet aufhältig und nie im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen. Aufgrund der Aufenthaltsdauer und des Schulbesuchs sei von einer gewissen Integration auszugehen, jedoch werde jegliche Integration dadurch relativiert, dass es ohne den illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers nie zu dieser Integration gekommen wäre. Es bestehe die Gefahr, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Es würden somit eindeutig die öffentlichen Interessen an der Ausreise des Beschwerdeführers seinen persönlichen Interessen an einem Weiterverbleib überwiegen. Von den näheren Angehörigen hielten sich nur der Vater und der Bruder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf, wobei gegen diese ebenfalls aufenthaltsbeendende Bescheide erlassen worden seien.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und führte dabei zusammengefasst aus, er sei als Kind mit seinem Vater nach Österreich gelangt und habe seine gesamte Schulbildung im Bundesgebiet absolviert. Der Beschwerdeführer sei im hohen Maße integriert. Nach ständiger Rechtsprechung sei bereits bei einem mehr als zehnjährigen Aufenthalt von einem Überwiegen der privaten gegenüber den öffentlichen Interessen auszugehen. Nur in Ausnahmefällen werde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme für zulässig erachtet, nämlich dann, wenn der Fremde seine Zeit in Österreich überhaupt nicht genutzt habe, um sich zu integrieren. Eine derartige Ausnahmesituation liege beim Beschwerdeführer jedenfalls nicht vor. Neben seinem jüngeren Bruder und seinem Vater würden noch sein Onkel und weitschichtige Verwandte in Österreich leben. Es gebe keine Verwandten in Serbien, zu denen ein enger Kontakt bestehe. Bei einer Rückkehr nach Serbien hätte der Beschwerdeführer keine Zukunftschancen, da er keinen serbischen Schulabschluss vorweisen könne. Abschließend stellte der Beschwerdeführer unter anderem den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
4. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 12.06.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G311 abgenommen und der Gerichtsabteilung W282 neu zugewiesen.
6. Am 24.07.2020 wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine in der Beschwerde vorgebrachten Integrationsschritte in Österreich aufgefordert, entsprechende Nachweise vorzulegen. Dem kam der Beschwerdeführer fristgerecht nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige und ledige Beschwerdeführer führt die im Spruch genannte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist serbischer Staatsangehöriger. Er kam im Volksschulalter nach Österreich und ist zumindest seit Februar 2007 bis heute – mit drei Unterbrechungen von insgesamt ungefähr 16 Monaten – mit Hauptwohnsitz in Österreich behördlich gemeldet. Zuletzt war der Beschwerdeführer im Sommer 2018 in Serbien, um seine Großmutter zu besuchen, die mittlerweile verstorben ist. In Serbien verfügt der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen, mit denen er in engem Kontakt steht.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich in den Schuljahren 2009/10 und 2010/11 die Volksschule sowie in den Schuljahren 2011/12 bis 2014/15 das College für XXXX an der Neuen Mittelschule absolviert und verfügt über einen Freundeskreis im Bundesgebiet. Abgesehen von seinem Vater, der über einen Aufenthaltstitel „Familiengemeinschaft mit Österreicher“ verfügt, sowie seinem jüngeren Bruder halten sich auch Tanten und Onkel des Beschwerdeführers in Österreich auf. Die Mutter des Beschwerdeführers hat die Familie verlassen und lebt nicht im Bundesgebiet; der Beschwerdeführer steht aber in Kontakt mit ihr.
Der Beschwerdeführer geht keiner Erwerbstätigkeit nach und lebt von Zuwendungen seines Vaters. Er verfügt jedoch über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag als Lagermitarbeiter mit einem Beschäftigungsausmaß von 38,5 Stunden und einem monatlichen Bruttogehalt von 2.050,00 EUR.
Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Aufenthaltstitel; zuletzt wurde sein Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom XXXX mit der Begründung, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, abgewiesen. Zuvor war bereits ein gleichartiger Antrag des BF im Jahr 2011 von der Magistratsabteilung 35 abgewiesen worden.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Gegen den Vater sowie minderjährigen Bruder des Beschwerdeführers wurden jeweils mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX bzw. XXXX ebenfalls Rückkehrentscheidungen erlassen. Die dagegen erhobenen Beschwerden sind derzeit hg. anhängig, wobei das Verfahren mit hg. Beschluss vom 06.07.2020, W282 2219947-1/3Z bzw. W282 2219943-1/7Z, bis zur rechtskräftigen Beendigung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Vater des Beschwerdeführers ausgesetzt wurde.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes, den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts sowie die hg. Akten zu W282 2219947-1 und W282 2219943-1 und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden (Auszug aus dem Zentralen Melderegister, Strafregister und Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister).
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus seinen Angaben in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme (AS 8) und der Kopie seines Reisepasses (AS 12 ff). Die Feststellungen zu seinem Leben, seinem Aufenthalt in Österreich, seiner Schulbildung, seinem Familienstand, der fehlenden Erwerbstätigkeit und seinen Verwandten beruhen ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 8 f) sowie seinen Ausführungen in der Beschwerde (S. 2 f der Beschwerde) und den vorgelegten Unterlagen, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen (OZ 4). Dass der Beschwerdeführer über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag verfügt, beruht auf dem vorgelegten Vertrag vom 29.07.2020 (OZ 4). Die Feststellung zum Aufenthaltstitel des Vaters ergibt sich aus dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom XXXX (AS 1) sowie der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.
Dass der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel verfügt, stützt sich auf die Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister sowie den Angaben in der Beschwerde, wonach der Vater des Beschwerdeführers die Legalisierung seines Aufenthaltes versäumt habe (S. 3 der Beschwerde). Aus dem Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, ergibt sich, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom XXXX abgewiesen wurde (AS 1 f).
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers beruht auf der Einsichtnahme in das Strafregister.
Die Feststellungen zu den nicht rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen seines Vaters und Bruders ergeben sich aus der Einsichtnahme in die hg. Akten zu W282 2219947-1 und W282 2219943-1.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Rechtsgrundlagen:
Der mit „Arten und Form der Aufenthaltstitel“ betitelte § 54 AsylG 2005 lautet wie folgt:
„(1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:
1. „Aufenthaltsberechtigung plus“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,
2. „Aufenthaltsberechtigung“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,
3. „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.
(2) Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 sind für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen. Aufenthaltstitel gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 sind nicht verlängerbar.“
(3) – (5) […]“
Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG 2005 lautet wie folgt:
„(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Der mit „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:
„(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.“
Der mit „Antragstellung und amtswegiges Verfahren“ betitelte § 58 AsylG 2005 lautet wie folgt:
„(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) – (14) […]“
Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Zu A)
3.2 Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.
Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).
Da der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel verfügt und seine letzte Einreise ins Bundesgebiet – ausgehend von den Angaben des Beschwerdeführers in der verwaltungsbehördlichen Einvernahme – im Sommer 2018 erfolgte (vgl. AS 8), hat er die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts beträchtlich überschritten. Der Beschwerdeführer hält sich demnach nicht rechtmäßig in Österreich auf.
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen vorliegend – wie das Bundesamt zutreffend ausgeführt hat – nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 leg. cit. behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Die Voraussetzungen gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides dahingehend abzuweisen war.
3.3 Stattgabe der Beschwerde und Feststellung der Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung:
Die belangte Behörde führte zur Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer begründend aus, dass die öffentlichen Interessen an seiner Ausreise seine privaten Interessen eindeutig überwiegen würden. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich dieser Ansicht nicht anschließen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Bei der Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die folgenden Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423): Erstens die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, zweitens das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, drittens die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, viertens der Grad der Integration, fünftens die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, sechstens die strafgerichtliche Unbescholtenheit, siebentens Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, achtens die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und schließlich neuntens die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen; nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme ausnahmsweise auch nach so langem Inhaltsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte ein Überwiegen des persönlichen Interesses eines Fremden an einem Verbleib im Inland dann nicht als zwingend, wenn dem Umstände entgegen stehen, die das gegen diesen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2019/21/0320). Dazu zählen nach der Judikatur beispielsweise das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, eine zweifache Asylantragstellung, unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren, sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. VwGH 18.12.2019, Ra 2019/14/0461, mwN).
Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der Verwaltungsgerichtshof eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert. Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der Verwaltungsgerichtshof seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. VwGH 17.03.2016, Ro 2015/22/0016, mwN).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer über starke familiäre und soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Er hat seit spätestens 2007 bis heute – mit drei Unterbrechungen von insgesamt ungefähr 16 Monaten, seinen hauptsächlichen Wohnsitz im Bundesgebiet. Vor dem Hintergrund der bereits oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag bzw. im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, der Verwaltungsgerichtshof eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert hat, ist auch dem gegenständlichen Fall die Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde zu legen. Gegenständlich liegt unter Abzug der insgesamt ungefähr 16-monatigen Abwesenheit des Beschwerdeführers immer noch ein über zehnjähriger Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor.
Der Beschwerdeführer hat die Volksschule sowie ein College in Österreich absolviert, verfügt im Bundesgebiet über Familienangehörige sowie Freunde und sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer die Zeit seines über zehnjährigen Aufenthaltes überhaupt nicht genutzt hätte, um sich zu integrieren. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag. Außerdem sind die Bindungen des Beschwerdeführers zu Serbien kaum mehr vorhanden, zumal dort keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers aufhältig sind, zu denen er in engem Kontakt steht, und seine Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet jener in seinem Herkunftsstaat bereits deutlich übersteigt. Weiters ist der Beschwerdeführer im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.
Demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers unrechtmäßig ist, zumal er – wie bereits unter Pkt. 3.2.1. ausgeführt wurde – über keinen Aufenthaltstitel verfügt und sein letzter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, vom XXXX abgewiesen wurde. Insoweit ist darin jedenfalls eine Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen zu erblicken. Der Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG 2014 ("Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren") darf zwar nicht in unverhältnismäßiger Weise in den Vordergrund gestellt werden. Dieser Aspekt hat schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung führen kann. Das gilt insbesondere bei einem mehr als zehn Jahre dauernden Inlandsaufenthalt (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0282).
Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall die familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers angesichts der erwähnten Umstände in ihrer Gesamtheit, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer die prägende Zeit seiner Kindheit und Jugend im Bundesgebiet verbracht hat, knapp die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens. Eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK erweisen.
Die Anordnung einer Rückkehrentscheidung würde sohin eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers nach Art. 8 EMRK nach sich ziehen, und erweist sich eine solche sohin aufgrund des nicht nur vorübergehenden Wesens der dieser Verletzung zugrundeliegenden Umstände, als iSd § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig.
3.4. Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“:
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 („Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“) von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wird.
Auch das Bundesverwaltungsgericht darf – in jeder Verfahrenskonstellation – über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen. Die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels ist vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst, weshalb in einem zu entscheiden ist (vgl. ErläutRV 582 BlgNR 25. GP 14 f).
Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 IntG vorlegt (Z 1), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3; Anm.: Z 2 wurde durch Art. III Z 15, BGBl. I Nr. 41/2019 aufgehoben), einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung-Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifel über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10 IntG) beinhaltet das Modul 1. Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
„1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 18, BGBl. I Nr. 41/2019)
3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,
4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand „Deutsch“ durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,
5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach „Deutsch“ positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach „Deutsch“ auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet „Deutsch – Kommunikation und Gesellschaft“ im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,
6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach „Deutsch“ nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,
7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder
8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt.“
Der Beschwerdeführer hat das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (das gemäß § 9 Abs. 4 letzter Satz IntG das Modul 1 beinhaltet) erfüllt, da er einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachgewiesen (vgl. die vorgelegten Jahreszeugnisse bzw. Schulnachrichten der Schuljahre 2009/10 bis 2013/14 sowie das Jahres- und Abschlusszeugnis des Schuljahres 2014/15 [OZ 4]) und das Unterrichtsfach Deutsch positiv abgeschlossen (vgl. das vorgelegte Jahres- und Abschlusszeugnis für das Schuljahr 2014/15 [OZ 4]) hat (§ 10 Abs. 2 Z 5 erster Fall IntG).
Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 im Fall des Beschwerdeführers in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit der ihn betreffenden Rückkehrentscheidung gegeben sind und der Beschwerdeführer darüber hinaus die Voraussetzungen für eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erfüllt, war ihm eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von 12 Monaten entsprechend § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zu erteilen.
Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karte fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Zur Frage der Verhandlungspflicht führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei (vgl. VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das oben zitierte Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012 festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gegenständlich abgesehen werden, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt im Sinne der obigen Judikatur aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Das Gericht konnte so aufgrund der Akten und des schriftlichen Vorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC bedeutet hätte; eine Rechtsfrage, die für sich genommen einer Erörterung im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurft hätte, wurde nicht aufgezeigt (vgl. VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Deutschkenntnisse familiäre Interessen Integration Interessenabwägung Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Voraussetzungen VwGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2219946.1.00Im RIS seit
04.12.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020