Entscheidungsdatum
28.08.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G305 2206014-1/12E
Schriftliche Ausfertigung des am 08.06.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, StA.: Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.08.2018, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.06.2020 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.1 Am 19.10.2015 stellte der zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigte, irakische Staatsangehörige, XXXX, geboren am XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF), vor Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Am 20.10.2015 wurde er von Organen des Polizeianhaltezentrum Wels niederschriftlich einvernommen.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, Mitglied der XXXX gewesen zu sein. Diese habe Probleme mit anderen Parteien im Nordirak. In der letzten Zeit habe es auch politische Probleme gegeben. Man habe ihm erklärt, dass auch er dadurch Probleme bekommen würde. Außerdem habe er einen Sprachfehler und sei deswegen bei verschiedenen Ämtern verspottet worden.
Zur Reiseroute befragt, gab der BF an, am XXXX.10.2015 von XXXX ausgehend mit einem Reisebus legal in die Türkei gefahren zu sein. Nach fünf Tagen in Istanbul sei er mit einem Schlauchboot nach XXXX übergesetzt, wo er erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Nach zwei Tagen sei er mit einem Schiff nach Athen gelangt und dann mittels unterschiedlicher Verkehrsmittel von dort über die Balkanroute bis an die österreichische Grenze, welche er zu Fuß überquert habe. Sodann sei er mit Unterstützung der Polizei von XXXX nach XXXX gelangt, wo er am 19.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Die Reise habe vom XXXX.10.2015 bis zum 19.10.2015 gedauert, USD 1.500,00 gekostet und sei, abgesehen von der Überfahrt nach Griechenland, selbst organisiert gewesen.
Bei seiner Rückkehr befürchte er, sich bei Parteiproblemen mitbeteiligen zu müssen. Außerdem hätten die Angestellten dort seit vier Monaten keine Gehälter bekommen.
Eine von den öffentlichen Sicherheitsorganen durchgeführte EURODAC-Abfrage erbrachte beim BF einen Treffer zu Griechenland (XXXX).
1.3. Am 25.04.2018 wurde der BF ab 08:30 Uhr durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA oder belangte Behörde) einvernommen.
Anlässlich dieser Einvernahme bestätigte er die bereits angegebene Reiseroute und gab an, seinen Heimatort am XXXX.10.2015 mit dem Bus von XXXX ausgehend verlassen zu haben.
Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, im Rahmen seines Berufs als XXXX der bereits genannten XXXX (deren Mitglied der BF zu diesem Zeitpunkt war) Dokumente zugespielt zu haben, welche beweisen würden, dass ranghohe Politiker teilweise bis zu fünffache Lohnauszahlungen bekämen. Diese Dokumente seien im Fernsehen ohne sein Zutun veröffentlich worden, woraufhin er von einem Vorgesetzten zur Rede gestellt worden sei. Am darauffolgenden Tag habe ein Politiker namens XXXX bei ihm angerufen und ihn mit dem Umbringen bedroht. Diese Person habe auch die Mutter des BF aufgesucht und die Drohung wiederholt. Aus Furcht sei der BF nicht an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt, sondern zu einer seiner Schwestern geflüchtet, und habe er sich einige Tage bei ihr versteckt. Da er sich auch an diesem Ort nicht habe frei bewegen können, habe er das Land verlassen.
Bei dieser Befragung brachte er zwei Fotografien, eine Teilnahmebestätigung für Deutschkurse und weitere Urkunden zur Vorlage.
1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde, wies das BFA den Antrag der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich des Antrages auf Erteilung von internationalem Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt werde, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde begründete die Entscheidung im Kern damit, dass es dem BF nicht gelungen wäre, eine asylrelevante Bedrohung glaubhaft zu machen.
1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin erklärte er, diesen vollumfänglich anfechten zu wollen. Die Beschwerde verband er mit den Anträgen 1.) den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und ihm der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, 2.) in eventu möge ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 4 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat zuerkannt werden, 3.) in eventu möge die Rückkehrentscheidung aufgehoben werden, 4.) in eventu möge der angefochtene Bescheid zur Gänze behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen und 5.) eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumt werden. Er brachte in der Beschwerde vor, immer die Wahrheit gesagt zu haben und gegen Nepotismus, Machtmissbrauch und Korruption vorgegangen zu sein.
1.6. Am 20.08.2018 wurde die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt dem BVwG vorgelegt.
1.7. Am 08.06.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF, dessen Rechtsvertretung und einer Dolmetscherin durchgeführt und das Erkenntnis mündlich verkündet.
Im Rahmen dieser Verhandlung legte der BF eine Bestätigung für eine eingetragene Gewerbeberechtigung vom XXXX.03.2020 vor.
1.8. Mit Eingabe vom 20.06.2020 stellte der BF im Wege seiner Rechtsvertretung einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 08.06.2020 verkündeten Urteils.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Identitätsfeststellungen
Der BF führt die im Spruch angegebene Identität, XXXX, geboren am XXXX, und ist irakischer Staatsangehöriger. Er gehört der Ethnie der Kurden an und bekennt sich nach eigenen Angaben zu keiner Religionsgemeinschaft. Seine Muttersprache ist Kurdisch-Sorani und verfügt er über Deutschkenntnisse auf einem Niveau A1. Er ist ledig und kinderlos [Kopie des Staatsbürgerschaftsnachweises AS 101; Auszug aus dem Zentralen Melderegister-ZMR; Kursbestätigung AS 67].
Er hat seit dem XXXX.10.2015 den Hauptwohnsitz im Bundesgebiet (seit dem XXXX.08.2020 an der Anschrift XXXX) [Auszug aus dem Zentralen Melderegister-ZMR-Auszug].
1.2. Zur Ausreise, Reise, Einreise der beschwerdeführenden Partei in Österreich und ihrer darauffolgenden Asylantragstellung:
Vor seiner Ausreise aus dem Irak lebte er in XXXX, einem Ort in der Provinz XXXX [VH-Niederschrift S. 8].
Er ist an einem nicht feststellbaren Tag Anfang Oktober 2015 von XXXX ausgehend mit einem Reisebus legal in die Türkei gefahren. Nach fünf Tagen in Istanbul setzte er -schlepperunterstützt - mit einem Schlauchboot auf die Insel XXXX über, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Nach zwei Tagen gelangte er mit einem Schiff nach Athen und von hier mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln über die Balkanroute bis an die österreichische Grenze, welche er zu Fuß überquerte. Mit Unterstützung der Polizei gelangte er von XXXX nach XXXX, wo er am 19.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer auf der Insel XXXX erkennungsdienstlich erfasst und behandelt wurde [Erstbefragung AS 7; EURODAC-Abgleich AS 23f]
1.3. Zur individuellen Situation des Beschwerdeführers im Heimatstaat:
Im Herkunftsstaat besuchte der BF sechs Jahre die Grundschule, drei Jahre die Mittelschule und drei Jahre das Gymnasium. Im Anschluss daran absolvierte er eine zweijährige technische Akademie in XXXX. Ein Studium der Betriebswirtschaftslehre schloss er zwar mit einem Diplom ab; allerdings verfügt er nicht über den Bachelor-Abschluss. 2008 wurde er als XXXX in seiner Heimatstadt angestellt, diesen Beruf übte er bis zum XXXX.09.2015 aus. Zudem erlernte er den Beruf eines Installateurs für Satelitenanlagen und Telefonreparaturen. Diese Tätigkeit übte er neben seiner Anstellung als XXXX bis zu seiner Ausreise aus. Der BF konnte ob seiner beiden Tätigkeiten in seiner Heimat sehr gut leben und war nicht auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Er und die Angehörigen seiner Kernfamilie konnten die Bedürfnisse des täglichen Lebens durch nahegelegene Märkte decken. Den Wasserbedarf konnte er durch den Bezug von Wasser aus einem nahegelegenen Stausee befriedigen. In seinem Heimatort gibt es ein Krankenhaus, Apotheken und Arztpraxen [VH-Niederschrift S. 5ff].
Die im Herkunftsstaat lebende Kernfamilie des BF besteht aus seiner im Jahr XXXX geborenen Mutter und sieben Geschwistern. Der Vater des BF, XXXX, verstarb XXXX an einer natürlichen Todesursache. Sämtliche Geschwister, die denselben Nachnamen wie der BF führen, leben im Herkunftsstaat verstreut in den Regionen Suleimaniya, Erbil, Dokan und Pira Magrun. Der Bruder des BF ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in einem eigenen Haus Heimatort des Beschwerdeführers. Eine seiner Schwestern lebt in einem Haushalt mit der Mutter des BF und ist unverheiratet. Die anderen Schwestern sind verheiratet und haben Kinder in zum Teil schulpflichtigem Alter. Zu seinen Angehörigen, hier vor allem zu seiner Mutter und der bei ihr lebenden Schwester, hat er Kontakt über Facebook [VH-Niederschrift S. 7].
1.4. Zu den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei:
Der BF war Mitglied der XXXX, trat jedoch nicht nach außen hin auf, sondern war lediglich für das Finanzwesen der Partei zuständig [VH-Niederschrift S. 11f]. Er war jedoch nicht Mitglied einer sonstigen politischen Bewegung oder bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates. Er hatte weder mit den Gerichten, noch mit den Verwaltungsbehörden, noch mit der Polizei des Herkunftstaates noch mit sonstigen dritten Personen Probleme. Er war auch nie Ziel einer strafgerichtlichen Verfolgung oder Anklage; eine strafgerichtliche Verurteilung gegen ihn liegt nicht vor. Er sah auch nie wegen einer Straftat im Gefängnis.
Der BF wurde nie von staatlichen Organen oder von einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates wegen seiner ursprünglichen Glaubensrichtung oder aus politischen Gründen, etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer politischen Partei des Herkunftsstaates verfolgt [Niederschrift-BFA AS 85f; VH-Niederschrift S. 8].
Der BF konnte nicht glaubhaft machen, dass er aufgrund der Veröffentlichung von Dokumenten, die Ungereimtheiten und erhöhte Lohnauszahlungen an hochrangige Politiker beweisen sollten, von XXXX bedroht wurde. Anhaltspunkte, dass eine Bedrohung von dieser Person ausgingen und gegenwärtig ausgehen liegen nicht vor. Einen Vorfall dieser Art hat er nach eigenen Angaben bei der Polizei des Herkunftsstaates nie zur Anzeige gebracht.
Dass er im Herkunftsstaat einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre bzw. nach einer Rückkehr in diesen Herkunftsstaat einer solchen ausgesetzt sein könnte, konnte der BF nicht dartun.
Seine Heimat hat er wegen der dort herrschenden allgemeinen Lage verlassen.
1.5. Zu etwaigen Integrationsschritten des BF im Bundesgebiet:
Der BF hat nachweislich an einem Deutschkurs auf dem Niveau A1/A und A1/B teilgenommen und konnte sich bereits bei der Einvernahme vor dem BFA bruchstückhaft auf Deutsch verständigen. Auch im Rahmen der hg. Verhandlung auf Deutsch gestellte Fragen konnte er beantworten. Für ihn liegt ein Unterstützungsschreiben vor [BFI-Teilnahmebestätigungen AS 67f; VH-Niederschrift S. 9; Unterstützungsschreiben AS 71].
Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und weist eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf [Strafregisterauszug; ZMR-Auszug].
Am XXXX.03.2020 meldete der BF ein selbständiges Gewerbe an, mit welchem er ein derzeitiges Einkommen von etwa EUR 1.500,00 erwirtschaftet, indem er auf Werkvertragsbasis (Vertragsdauer XXXX.03.2020 bis XXXX.09.2020) für ein in XXXX ansässiges Unternehmen Gehäuse für XXXX zusammenbaut. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte er von Leistungen aus der Grundversorgung [Gewerbeanmeldung; Werkvertrag; AJ-Web-Auszug; GVS-Auszug].
Auf weitere integrationsverfestigende Merkmale konnte er nicht verweisen.
1.6. Zur Lage im Irak wird festgestellt:
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines „Kalifats“ in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Der Konflikt zwischen Bagdad und Erbil hat sich im Lauf des Jahres 2018 wieder beruhigt, und es finden seither regelmäßig Gespräche zwischen den beiden Seiten statt. Grundlegende Fragen wie Öleinnahmen, Haushaltsfragen und die Zukunft der umstrittenen Gebiete sind jedoch weiterhin ungelöst zwischen Bagdad und der KRI.
Die KRI ist seit Jahrzehnten zwischen den beiden größten Parteien geteilt, der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP), angeführt von der Familie Barzani, und deren Rivalen, der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), die vom Talabani-Clan angeführt wird. Die KDP hat ihr Machtzentrum in Erbil, die PUK ihres in Suleimaniya. Beide verfügen einerseits über eine bedeutende Anzahl von Sitzen im Irakischen Parlament und gewannen andererseits auch die meisten Sitze bei den Wahlen in der KRI im September 2018. Der Machtkampf zwischen KDP und PUK schwächt einerseits inner-kurdische Reformen und andererseits Erbils Position gegenüber Bagdad. Dazu kommen Gorran („Wandel“), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinerer islamistischer Parteien.
Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.
Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war diese Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.
Der BF war im Herkunftsstaat keiner asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt. Er hatte mit der Polizei, den Gerichten und den Verwaltungsbehörden des Herkunftsstaates keine Probleme. Auch war er nie Adressat einer gegen ihnen gerichteten strafgerichtlichen Verfolgung. Ebenso liegt keine strafgerichtliche Verurteilung gegen ihn vor. Er war nie Mitglied einer im Herkunftsstaat tätigen bewaffneten Gruppierung (IS bzw. Milizen) bzw. wurde er von einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates zu keinem Zeitpunkt für etwaige Kampfhandlungen angeworben. Er war zwar (einfaches) Mitglied der XXXX. Nach außen ist er jedoch nicht aufgetreten. Dass er wegen der einfachen Mitgliedschaft zu dieser politischen Partei einer Verfolgung durch die von ihm namentlich genannte Person ausgesetzt gewesen wäre, vermochte er weder glaubhaft zu machen, noch darzutun. Den Länderberichten zum Irak lässt sich überdies nicht entnehmen, dass einfache Mitglieder der XXXX einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen seien bzw. ausgesetzt seien. Insgesamt kam anlassbezogen nicht hervor, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre.
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges- amt- bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.08.2020
- ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zum Irak: Aktivitäten der Asa'ib Ahl al-Haqq, insbesondere Verhalten gegenüber sunnitischen MuslimInnen 02.02.2018, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424853.html Zugriff am 13.08.2020
- - ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (11.12.2019): ecoi.net-Themendossier zum Irak: Schiitische Milizen, https://www.ecoi.net/en/document/2021156.html, Zugriff 13.08.2020
- BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Von schiitischen Milizen dominierte Gebiete (Ergänzung zum Länderinformationsblatt), 04.01.2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1422124/5618_1516263925_irak-sm-von-schiitischen-milizen-dominierte-gebiete-2018-01-04-ke.doc Zugriff am 13.08.2020
- France24 (22.2.2020): Iraqi Kurds rally against 'corruption' of ruling elite, https://www.france24.com/en/20200222-iraqi-kurds-rally-against-corruption-of-ruling-elite, Zugriff 13.08.2020
- - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 13.08.2020
- - KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.08.2020
- - Süß, Clara-Auguste (21.8.2017): Al-Hashd ash-Sha’bi: Die irakischen „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMU/PMF), in BFA Staatendokumentation: Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1410004/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 13.08.2020
- UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017 https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf Zugriff am 13.08.2020
- UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf Zugriff am 13.08.2020
1.6.2. Berufsgruppen:
Aus den Länderinformationen zum Herkunftsstaat der bfP geht hervor, dass Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats besonders gefährdet seien (AA 12.01.2019).
Inhaber von Geschäften, in denen Alkohol verkauft wird - fast ausschließlich Angehörige von Minderheiten, vor allem Jesiden und Christen (AA 12.1.2019; vgl. USDOS 21.6.2019), Zivilisten, die für internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen oder ausländische Unternehmen arbeiten sowie medizinisches Personal seien ebenfalls immer wieder Ziel von Entführungen oder Anschlägen (AA 12.1.2019).
Der BF verdingte sich von 2008 bis zu seiner Flucht 2015 als XXXX sowie mit XXXX. Er gehörte damit keiner Berufsgruppe an, die in den Länderberichten zum Irak als besonders gefährdet gelten würden. Vielmehr hat der BF sogar angegeben, dass er die von ihm ausgeübten Erwerbstätigkeiten unbehelligt ausgeführt hat.
Quellen:
- - AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.08.2020
- - USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: https://www.ecoi.net/de/dokument/2011175.html, Zugriff 13.08.2020
1.6.3. Medizinische Versorgung
Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können - für den Zugang zum Gesundheitswesen wird lediglich ein irakischer Ausweis benötigt - haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben maximal eine Stunde vom nächstgelegenen Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 1.4.2019). Staatliche, wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD (Anm.: ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 12.2019).
Insgesamt bleibt die medizinische Versorgungssituation angespannt (AA 12.1.2019). Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung (GIZ 12.2019). In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser mit eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, doch haben viele aus Angst vor Entführung oder Repression das Land verlassen. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 12.1.2019). Spezialisierte Behandlungszentren für Personen mit psychosoziale Störungen existieren zwar, sind jedoch nicht ausreichend (UNAMI 12.2016). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).
Ob der Tatsache, dass sich der BF selbst als gesund bezeichnete und angegeben hatte, dass er keine Medikamente einnehme, steht fest, dass er gesund ist und keine, über das normale Maß hinausgehende, medizinische Betreuung benötigt. Der Abschiebung in den Herkunftsstaat stehen somit keine gesundheitlichen Probleme entgegen.
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 30.06.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2019): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff 13.08.2020
- IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698617/18363939/Irak_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101157&vernum=-2, Zugriff 13.08.2020
- UNAMI - United Nations Assistance Mission to Iraq (12.2016): Report on the Rights of Persons with Disabilities in Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNAMI_OHCHR__Report_on_the_Rights_of_PWD_FINAL_2Jan2017.pdf, Zugriff 13.08.2020
- WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care, http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html, Zugriff 13.08.2020
1.7. Aus den Angaben des BF lassen sich keine Anhaltspunkte dahin entnehmen, dass er mit den Behörden, der Polizei oder den Gerichten des Herkunftsstaates etwa wegen seines früheren Religionsbekenntnisses, seiner ethnischen Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe oder aus politischen Gründen Probleme gehabt hätte. Den Länderberichten lässt sich nicht entnehmen, dass einfache Parteimitglieder der Gorran-Partei, die, wie der Beschwerdeführer selbst, nach außen hin nicht in Erscheinung treten, einer Verfolgung ausgesetzt wären bzw. sein könnten. Es gibt auch keinerlei Hinweise in die Richtung, dass der Beschwerdeführer oder die Angehörigen seiner Kernfamilie darüber hinaus politisch aktiv gewesen wären oder als Mitglied einer politisch aktiven Bewegung oder einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates angehört hätten. Vielmehr steht fest, dass die im Herkunftsstaat verbliebenen Angehörigen mit ihren eigenen Familien ein unbehelligtes Leben führen.
Mit den Angehörigen derselben Glaubensrichtung oder mit den Angehörigen einer anderen, im Herkunftsstaat beheimateten Glaubensrichtung hatte er keine Probleme, zumal zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens religiös motivierte Probleme behauptete.
Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ist der BF keiner, aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort, realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte, oder dass er als Zivilpersonen einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und die in der Folge getroffenen (sachverhaltsbezogenen) Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF anlässlich seiner Befragung durch die Organe der belangten Behörde.
2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache zur Identität, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers Feststellungen getroffen wurden, beruhen diese im Wesentlichen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, den vom BF vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, andererseits vor den Organen der belangten Behörde getätigten Angaben sowie auf den im Akt befindlichen Kopien der vorgelegten Dokumente und Urkunden.
Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Die zu seiner Ausreise aus dem Irak, zur weiteren Reiseroute und zur Einreise ins Bundesgebiet getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der Sicherheitsbehörde, die im Wesentlichen unstrittig geblieben sind und der gegenständlichen Entscheidung daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.
2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Die zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat getroffenen Feststellungen beruhen einerseits auf seinen Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde sowie auf den vor den Organen der belangten Behörde gemachten Angaben und auf seinen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde hatte der Beschwerdeführer angegeben, Mitglied der kurdischen XXXX gewesen zu sein. Diese habe Probleme mit anderen Parteien im Nordirak. Es habe auch politische Probleme gegeben. Man habe ihm erklärt, dass auch er dadurch Probleme bekommen würde. Außerdem habe er einen Sprachfehler und sei deswegen bei verschiedenen Ämtern verspottet worden. Bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er sich davor, dass er an Parteiproblemen beteiligt werden könnte. Zudem hätten die Angestellten dieser Partei vier Monate vor seiner Ausreise keine Gehälter bekommen.
Anlässlich seiner Einvernahme vor dem BFA gab der BF als Fluchtgrund an, XXXX gewesen zu sein. Zu diesem Zeitpunkt habe es Politiker gegeben, die zwei oder drei Gehälter bekommen hätten, manche hätten sogar fünffache Lohnzahlungen erhalten. Er habe Einsicht in all diese Dokumente gehabt und diese sowie Zahlungsbestätigungen an die XXXX weitergegeben, da auch er ein Mitglied Partei gewesen sei. Oft habe er miterlebt, wenn einfache Menschen oder alte Männer und Frauen gekommen seien um ihre Rente abzuholen, diese jedoch ausgezahlt bekommen hätten, weil es hieß, es gäbe XXXX kein Geld. Das habe jedoch nicht gestimmt. Wenn einflussreiche Politiker gekommen wären, hätten diese ihre Löhne auf der Stelle bekommen. Die Mitarbeiter seien in diesem Fall sogar gezwungen gewesen, erhöhte Löhne an einflussreiche Politiker auszuzahlen. Man hätte sie auch mit viel Respekt behandeln müssen. Er habe das nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Deshalb habe er diese Dokumente an die XXXX weitergegeben. Als diese Informationsweitergabe von seinem Vorgesetzten aufgedeckt worden sei, habe ihn dieser am XXXX zu sich gerufen. Er habe dem BF vorgeworfen, geheime Informationen an die XXXX weitergegeben zu haben, da nur er (Anm.: der BF) Zugriff zu diesen Daten gehabt hätte und er auch bekanntlich ein Mitglied dieser Partei war. Am nächsten Tag vormittags sei der BF dienstlich nach XXXX gefahren, um Lohnlisten zu holen. Als er dort war, habe er einen Anruf von XXXX erhalten, der ihm gedroht und gesagt hätte, dass er ihn umbringen würde, weil er Beweise weitergegeben habe. Er habe ihn auch beschimpft. Dieser sei auch zur Familie des BF gefahren und habe die Drohungen vor seiner Mutter wieder ausgesprochen mit der Begründung, der BF hätte seinen Ruf und den Ruf seiner Partei (der Partei des XXXX) geschädigt. Daraufhin soll ihn seine Mutter angerufen und mitgeteilt haben, was geschehen war. Der BF sei dann nicht mehr nach Hause gegangen und hätte sich bei einer seiner Schwestern, welche verheiratet sei und in XXXX lebe, versteckt. Er habe gewusst, dass sein Leben in Gefahr war und habe er sich auch in XXXX nicht frei bewegen können. Daher habe er sich zum Verlassen des Landes entschlossen, jedoch nicht über den Flughafen auszureisen, weil dieser Politiker einflussreich sei und seine Beziehungen spielen lassen könne. Dann sei er zum Bus Terminal in der Nähe des Stadtparks von XXXX gegangen, habe dort ein Ticket gekauft und sei nach XXXX gefahren. Weitere Gründe für seine Flucht habe er nicht.
Dokumente über die Auszahlungen habe er mit dem Handy abfotografiert und an die Partei, in welcher er für Finanzangelegenheiten zuständig war, weitergegeben. Der Veröffentlichung dieser Listen im Fernsehen erfolgte ohne sein Zutun und ohne Nennung seines Namens.
Insgesamt sei es nur zu drei Situationen gekommen, in denen XXXX diese Drohungen gegen ihn ausgesprochen habe, diese binnen eines Monats. Seitdem der BF das Land verlassen habe, habe seine Familie keine Probleme. Es sei zudem nie zu einem direkten Kontakt zwischen ihm und XXXX gekommen.
Auch zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem BFA könne seine Familie unbehelligt in ihren Heimatregionen leben.
Während die Fluchtroute und deren Verlauf - abgesehen von einer nicht entscheidungsrelevanten Diskrepanz zwischen den Zeitpunkten der Ausreise - im Wesentlichen glaubhaft geschildert wurden, konnte der BF die Fluchtgründe nicht glaubhaft machen.
Zu der vom BF behaupteten, angeblichen, Bedrohung durch die Privatperson XXXX ist auszuführen, dass das Fluchtvorbringen im Laufe des Verfahrens insgesamt eine Steigerung erfuhr, was insgesamt die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF untergräbt. Zum Zeitpunkt seiner Erstbefragung, erwähnte er diese Bedrohung (noch) nicht. Hier nannte er lediglich Probleme, die mit seiner Parteimitgliedschaft und nicht ausbezahlten Löhnen zu tun hatten als Fluchtgrund. Erst vor dem BFA ergänzte der BF seine Angaben durch die Todesdrohung des XXXX.
Nach eigenen Angaben will der Beschwerdeführer Listen korrupter Personen mittels Mobiltelefon (ausschließlich) abfotografiert und an die Partei weitergegeben haben. Diese Listen sollen – ohne sein Zutun und ohne Nennung seines Namens – im Fernsehen veröffentlicht worden sein. Auch hatte er nach eigenen Angaben keinen Einfluss auf die Veröffentlichung dieser Listen, dies nicht zuletzt deshalb, da er lediglich für die Finanzen der Partei zuständig gewesen sein soll. Bei der Veröffentlichung der Listen soll der Name des Beschwerdeführers, seinen eigenen Angaben zufolge, nicht erwähnt worden sein. Dennoch soll er von XXXX auf diese Listen angesprochen und deshalb auch bedroht worden sein. Das erscheint dem erkennenden Gericht nicht nachvollziehbar und insgesamt unglaubwürdig, zumal sich dem erkennenden Gericht verschließt, wie XXXX dahinter kommen hätte sollen, dass die Listen jener Personen, die bei den Auszahlungen bevorteilt worden sein sollen, ausgerechnet vom Beschwerdeführer weitergegeben worden sein sollen. Eine entsprechende Verantwortung hatte der BF gegenüber XXXX nach eigenen Angaben nicht abgegeben. Hinzu kommt, dass der BF angegeben hatte, nach außen nicht aufgetreten zu sein.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch ob des Kontakts zu XXXX mehr als zweifelhaft. So gab er vor der belangten Behörde und im Rahmen der hg. durchgeführten mündlichen Verhandlung an, keinen direkten Kontakt zu XXXX gehabt zu haben. Dieser habe ausschließlich (einmal) über Telefon mit ihm kommuniziert und dreimal die Mutter des BF aufgesucht, jeweils in dessen Abwesenheit. Stichhaltige Beweise, welche eine unmittelbare Gefährdung durch XXXX selbst belegen würden, konnte der BF nicht vorbringen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der BF an, dass seine Telefonnummer eine interne Nummer gewesen sei. Es erscheint nicht logisch, dass ein hochrangiger Politiker, welcher den Tod eines „Whistleblowers“ möchte, zuerst dessen Name und Telefonnummer ausforscht um diesen mittels Anruf zu warnen und noch drei Versuche der Warnung unternimmt. Hätte diese Person wirklich den vom BF vorgegebenen Einfluss und würde tatsächlich das Leben des Beschwerdeführers gefährden, so widerspricht eine solche, in Summe vierfache, Warnung nicht der Lebenserfahrung. Aus den Angaben des BF ist zudem zu folgern, dass XXXX diese mutmaßliche Drohung als Privatperson ausgesprochen hat und diese Verfolgung nicht von Parteiebene ausging.
Auffällig ist zudem, dass der BF bei seiner Erstbefragung angab, dass er sich vor einer Rückkehr wegen Problemen mit Parteien und aus finanziellen Gründe fürchte, da über vier Monate keine Gehälter ausbezahlt worden seien. Eine Gefährdung seines Lebens erwähnte er zu diesem Zeitpunkt nicht.
Dabei wird nicht verkannt, dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass gemäß § 19 Abs. 1 AsylG die Erstbefragung nicht vordergründig der Ermittlung der Fluchtgründe, sondern der Erforschung der Identität und Reiseroute dient. Dennoch sind die für die Ausreise maßgeblichen Motive zu würdigen, wenn diese im Lauf des Verfahrens eine starke Veränderung erfahren. Der Wechsel von der Bedrohung durch politische Aspekte und ausständigen Löhnen im Rahmen der Erstbefragung, bis hin zu der Furcht vor der Ermordung durch XXXX lassen ein Bild erkennen, dass der BF ein tatsachenwidriges Gedankenkonstrukt ersann um sein Verfahren ins für ihn Positive zu lenken.
Insgesamt hat der BF auch vor dem Bundesverwaltungsgericht einen unglaubwürdigen persönlichen Eindruck vermittelt und erscheint das Fluchtvorbringen wegen der Inkonsistenzen und der mangelnden Nachvollziehbarkeit insgesamt unglaubwürdig.
Die getroffenen Konstatierungen waren somit im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen.
2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.
2.5. Zur Integration des BF in Österreich
Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Integrationsschritten (Deutschkursbesuch) ergaben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Nachweisen im Akt. Die Integration der beschwerdeführenden Partei wird auch durch das im Akt befindliche Unterstützungsschreiben bestätigt. Der Bezug aus Leistungen der Grundversorgung ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des BF und einem GVS-Auszug, die Gewerbeanmeldung konnte anhand der vorliegenden Anmeldebestätigung festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
3.1.1. Die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX.08.2018 erhobene Beschwerde des BF ist rechtzeitig und legte die belangte Behörde die Beschwerdesachen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der sich eignet, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; vom 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 05.11.1992, Zl. 92/01/0792 und vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH vom 01.06.1994, Zl. 94/18/0263 und vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor einer konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH vom 08.09.1999, Zlen. 98/01/0503 und 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/20/0399 und vom 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine gegen eine Person gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde vom Beschwerdeführer weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht.
Der BF vermochte die von ihm behauptete Bedrohung durch XXXX als gegenwärtige Furcht nicht glaubhaft zu machen. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung hervorgehoben, nannte er im Rahmen seiner Erstbefragung ausschließlich politische und finanzielle Probleme als Fluchtgrund und erweiterte diese erst vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht auf XXXX. Vor dem Bundesverwaltungsgericht hielt er seine Behauptung, der Bedrohung aus rein politischen Gründen, nicht weiter aufrecht. Er gab explizit an, nicht wegen seiner Mitgliedschaft zur XXXX verfolgt zu sein, sondern wegen der bereits oben erwähnten Weitergabe von Lohnlisten, auf welchen auch XXXX aufscheine. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die vom BF vorgebrachten Bedrohungen ausschließlich in dem Monat des angeblichen Anrufes erfolgt sein sollen und die Familie des BF dennoch unbehelligt in der Heimat lebt. Das ist insgesamt atypisch, wenn tatsächlich eine Bedrohungssituation gegen eines der Familienmitglieder (hier: des BF) besteht. Auch der zu keinem Zeitpunkt vorhanden gewesene persönliche Kontakt zu XXXX und der Umstand, dass die Telefonnummer des BF nicht öffentlich einsehbar war, spricht gegen eine ernstzunehmende Gefahr, die von XXXX ausgehen könnte. Zudem handelt es sich bei XXXX in diesem Fall um eine Privatperson, welche die mutmaßlichen Drohungen ausgesprochen hatte. Selbst bei Wahrunterstellung der erfolgten Todesdrohung würde es sich folglich nicht um staatliche Akteure handeln, welche den Tod des BF wollten, sondern eine Gefährdung von privater Seite.
Für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens spricht auch der Umstand, dass der BF eine etwaige Drohung durch XXXX der Polizei des Herkunftsstaates nie zur Anzeige gebracht hat.
Aus den angeführten Gründen droht dem BF im Herkunftsstaat Irak keine Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK.
Zumal der BF wie soeben dargelegt eine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung nicht glaubhaft machen konnte, erübrigt sich auch das Prüfen einer Fluchtalternative.
3.2.3. Aus den angeführten Gründen war daher der gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gerichtete Teil der Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn der beschwerdeführenden Partei eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH vom 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; vom 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; vom 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; vom 26.06.1997, ZI. 95/18/1291 und vom 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umständ