TE Bvwg Beschluss 2020/9/3 W255 2232792-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.09.2020

Norm

AlVG §10
AlVG §38
AVG §13 Abs3
AVG §13 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W255 2232792-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzer über die Beschwerde und den Vorlageantrag von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX , VN: XXXX in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 03.06.2020, GZ: 2020-0566-9-000916, betreffend den Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 iVm § 38 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gemäß § 13 Abs. 4 iVm Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

1.       Verfahrensgang:

1.1.    Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: AMS) vom 11.03.2020, VN: XXXX , wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 28.02.2020 bis 23.04.2020 verloren habe. Die BF sei dem am 10.12.2019 niederschriftlich vereinbarten Auftrag, Nachweise über Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung (mindestens eine Bewerbung pro Woche) vorzulegen, nicht nachgekommen. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. hätten nicht berücksichtigt werden können.

1.2.    Gegen den unter Punkt 1.1. genannten Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass sie am 04.03.2020 eine Liste über ihre Bewerbungsaktivitäten in das Postfach des AMS gelegt habe. In der Folge habe sie den gegenständlich angefochtenen Bescheid erhalten.

1.3.    Mit Bescheid (Beschwerdevorentscheidung) des AMS vom 03.06.2020, GZ: 2020-0566-9-000916, wurde die Beschwerde der BF abgewiesen. Die Beschwerdevorentscheidung vom 03.06.2020 wurde der BF am 04.06.2020 zugestellt.

1.4.    Mit Email vom 19.06.2020 beantragte der BF die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Der Vorlageantrag wies keine Unterschrift der BF auf.

1.5.    Am 08.07.2020 wurde der Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

1.6.     Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2020 wurde der BF aufgetragen, dem Bundesverwaltungsgericht binnen zwei Wochen den Vorlageantrag samt eigenhändiger Unterschrift zu übermitteln, da der von der BF mit Email vom 19.06.2020 eingebrachte Vorlageantrag keine Unterschrift aufwies.Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 13 Abs. 4 AVG bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens Abs. 3 leg.cit. mit der Maßgabe sinngemäß gilt, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt. Der BF wurde ausdrücklich mitgeteilt, dass ihr Vorlageantrag als zurückgezogen gilt, sollte sie die eigenhändige Unterschrift nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens des Bundesverwaltungsgerichts nachreichen.

Weiters wurde der BF mit demselben Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2020 vorgehalten, dass sich ihr Vorlageantrag nach der Aktenlage als verspätet darstellt, da die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 03.06.2020 von der BF am 04.06.2020 rechtswirksam empfangen wurde, die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags am 18.06.2020 geendet hat und der Vorlageantrag erst am 19.06.2020 per E-Mail beim AMS eingebracht wurde. Das Bundesverwaltungsgericht forderte die BF auf, binnen einer Frist von zwei Wochen Stellungnahme zu diesem Vorhalt zu erstatten.

1.7. Am 22.07.2020 übermittelte die BF eine Haftbestätigung an das Bundesverwaltungsgericht und führte in einem mit 20.07.2020 datierten Schreiben aus, dass sie sich in Haft befinde und daher das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2020 nicht von der Post holen könne. Sie ersuche daher um Zusendung des Schreibens an die Adresse der Justizanstalt XXXX .

1.8. Das Bundesverwaltungsgericht beauftragte am 24.07.2020 die Leitung der Justizanstalt XXXX , der BF das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts (Verspätungsvorhalt/Mängelbehebungsauftrag) vom 13.07.2020 auszufolgen.

1.9. Am 29.07.2020 übermittelte die Justizanstalt XXXX die Übernahmebestätigung (Datum der Übernahme durch die BF: 29.07.2020) an das Bundesverwaltungsgericht.

1.10.   Die BF brachte keine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt ein und ist dem Mängelbehebungsauftrag nicht nachgekommen.

2.       Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1.    Feststellungen

Mit Bescheid des AMS vom 11.03.2020, VN: XXXX , wurde festgestellt, dass die BF den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 28.02.2020 bis 23.04.2020 verloren hat.

Gegen den Bescheid vom 11.03.2020 hat die BF fristgerecht Beschwerde erhoben, welche mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 03.06.2020, GZ: 2020-0566-9-000916, abgewiesen wurde.

Die Beschwerdevorentscheidung vom 03.06.2020, GZ: 2020-0566-9-000916, welche eine richtige Rechtsmittelbelehrung beinhaltet, wonach die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags zwei Wochen ab Zustellung beträgt, wurde der BF am 04.06.2020 zugestellt.

Die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags endete sohin am 18.06.2020.

Der Vorlageantrag, welcher keine Unterschrift der BF aufwies, wurde jedoch erst am 19.06.2020 – sohin verspätet – per Email beim AMS eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2020 wurde die BF aufgefordert, die eigenhändige Unterschrift binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens nachzureichen. Mit demselben Schreiben wurde der BF ein Verspätungsvorhalt gemacht.

Die Frist zur Mängelbehebung ist – trotz des Hinweises auf die diesbezüglichen Rechtsfolgen durch das Bundesverwaltungsgericht – fruchtlos verstrichen. Die eigenhändige Unterschrift wurde seitens der BF nicht nachgeholt.

2.2.    Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verfahrensakt des AMS und jenem des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am 04.06.2020 ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Rückschein und wird von der BF auch nicht bestritten. Ebenso wenig bestreitet die BF, den Vorlageantrag erst am 19.06.2020 per Email an das AMS übermittelt zu haben.

Unstrittig ist weiters, dass der Vorlageantrag keine Unterschrift der BF aufwies.

2.3.    Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Einstellung des Beschwerdeverfahrens:

Gemäß § 13 Absatz 1 erster und zweiter Satz AVG können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen.

Gemäß § 13 Absatz 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 13 Absatz 4 AVG gilt bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

Gemäß der Rechtsprechung des VwGH (vgl. jüngst das Erkenntnis vom 31.03.2016, 2013/07/0023) bedürfen schriftliche Anbringen nicht notwendig einer Unterschrift des Einschreiters; das folgt aus § 13 Abs. 4 AVG, wonach bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters und der Authentizität des Anbringens § 13 Abs. 3 AVG mit der Maßgabe sinngemäß gilt, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

Selbst dann, wenn man einen Zweifelsfall erblickt und eine Verpflichtung annimmt, sich in Bezug auf eine bestimmte Person in sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG Klarheit darüber zu verschaffen, ob auch sie Rechtsmittelwerberin ist, steht es im Ermessen der Behörde, entweder förmlich eine Bestätigung aufzutragen oder aber auf andere Weise den Nachweis der Authentizität zu erbringen.

Da der Vorlageantrag durch die BF ohne eine Unterschrift per Email übermittelt wurde, bestanden berechtigte Zweifel an der Identität der Einschreiterin und der Authentizität des Anbringens.

Das Bundesverwaltungsgericht forderte die BF daher zu Recht auf, zum Nachweis der Identität der Einschreiterin und der Authentizität des Anbringens binnen angemessener Frist den Vorlageantrag eigenhändig zu unterschreiben und dem Bundesverwaltungsgericht zu übermitteln.

Dieser Aufforderung ist die BF jedoch weder binnen der ihr eingeräumten Frist von zwei Wochen noch bis zur Erlassung des gegenständlichen Beschlusses nachgekommen.

Die mangelhafte Eingabe (fehlende Unterschrift) wurde nicht fristgerecht saniert, weil trotz ordnungsgemäßer Zustellung bis zum Ausfertigungsdatum der vorliegenden Entscheidung keine Verbesserung beim Bundesverwaltungsgericht einging.

Die Beschwerde gilt daher gemäß § 13 Abs. 4 AVG als zurückgezogen.

Daher war das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass – selbst für den Fall, dass das Verfahren nicht einzustellen wäre – der Vorlageantrag der BF jedenfalls als verspätet eingebracht zurückzuweisen wäre. Dies aus folgenden Erwägungen:

Im gegenständlichen Fall wurde der BF – den oben getroffenen Feststellungen folgend – die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 03.06.2020 am 04.06.2020 zugestellt.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags beträgt gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG – wie auch in der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung vom 03.06.2020 richtig ausgeführt – zwei Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags daher am Donnerstag, 04.06.2020 (Tag der Zustellung) zu laufen und endete in Anwendung von § 32 Abs. 2 AVG am Donnerstag, den 18.06.2020. Der Vorlageantrag wurde jedoch erst am 19.06.2020 – und sohin eindeutig verspätet – von der BF per Email an das AMS übermittelt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer diesbezüglichen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

eigenhändige Unterfertigung Fristablauf Identität Verbesserungsauftrag Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W255.2232792.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten