TE Bvwg Beschluss 2020/9/18 W262 2217299-1

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Veröffentlicht am 18.09.2020
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Entscheidungsdatum

18.09.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W262 2217299-1/23E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 19.02.2019, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:

A) Das Beschwerdeverfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 22.08.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als „belangte Behörde“ bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte medizinische Befunde und Unterlagen vor.

2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten vom 27.12.2018, eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 17.01.2019 und des zusammenfassenden Gutachtens des bereits befassten Arzt für Allgemeinmedizin vom 18.01.2019 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.02.2019 der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind. Die oa. Gutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 31.03.2019 fristgerecht Beschwerde und führte auf das Wesentliche zusammengefasst aus, seine Hörstörung sei zu niedrig eingeschätzt worden, da er an einer stark überhöhten Hörsensibilität leide und nachts oft aufwache. Darüber hinaus leide er an Beschwerden der Lenden- und Halswirbelsäule, die nicht ausreichend berücksichtigt worden seien und es bestehe der Verdacht auf Vorliegen des Sjögren-Syndroms (Autoimmunerkrankung). Der Beschwerde wurden diverse aktuelle medizinische Unterlagen beigelegt.

4. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 11.04.2019 vorgelegt. Am 11.04.2019 und am 24.04.2019 übermittelte der Beschwerdeführer weitere aktuelle medizinische Befunde.

5. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht zunächst ein Ergänzungsgutachten des bereits befassten Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde ein. In dem aufgrund der Aktenlage erstellten Ergänzungsgutachten vom 06.05.2019 wurde mit näherer Begründung ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt.

6. In seiner Stellungnahme dazu führte der Beschwerdeführer aus, dass die Beschwerden in der Halswirbelsäule nicht berücksichtigt worden seien und legte weitere Befunde vor.

7. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer bisher noch nicht befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem – auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.09.2019 erstellten – Gutachten vom 13.09.2019 führte die befasste Sachverständige mit näherer Begründung aus, dass der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers 30 v.H. betrage.

8. In der Folge informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Erkrankung im März 2020 einen neuen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt habe und legte das in Verwaltungsverfahren eingeholte Aktengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.04.2020 vor, in dem ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt wurde.

9. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.06.2020 mit, dass er die Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.02.2019 zurückziehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Nach Einräumung des Parteiengehörs seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zog der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 16.06.2020 die Beschwerde gegen den Bescheid vom 19.02.2019 zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurückgezogen hat, ergibt sich aus dem unmissverständlichen Inhalt der schriftlichen Eingabe vom 16.06.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Beschwerdeverfahrens:

3.2. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch die beschwerdeführende Partei ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6). Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offenlässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

Eine solche eindeutige Erklärung lag vor, da der Beschwerdeführer die Zurückziehung der Beschwerde – wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde – schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

3.3. In welchen Fällen „das Verfahren einzustellen“ ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Der Bescheid der belangten Behörde vom 19.02.2019 ist aufgrund der vom Beschwerdeführer erklärten Zurückziehung der Beschwerde rechtskräftig geworden. Damit ist einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des betreffenden Beschwerdeverfahrens auszusprechen war.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen Zurückziehung der Beschwerde ist ihrem Wesen nach mit einer Zurückweisung vergleichbar. Für eine Zurückweisung sieht § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich die Möglichkeit des Entfalls der mündlichen Verhandlung vor.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Einstellung bei Zurückziehung etwa VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320; 29.04.2015, Fr 2014/20/0047). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Verfahrenseinstellung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W262.2217299.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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