TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/21 W201 2233270-1

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W201 2233270-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von
XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 04.06.2020
OB: XXXX , in Form der Ausstellung eines unbefristeten Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin hat am 13.08.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung; Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. §29b Straßenverkehrsordnung 1960 gestellt, welcher auch aus Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines solchen ist.

2.       Dem, durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.01.2020 basierenden Sachverständigengutachten
Dris. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:

„Zusammenfassung relevanter Befunde:

?        Arztbrief Dr. Petra Winkler - Steininger, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie vom 12.02.2019: Echokardiographie - es zeigt sich zwar ein leicht verdickter LV mit einer sehr guten Pumpfunktion und einer Relaxationsstörung. Es besteht eine verkalkte Mitralklappe und daraus resultiert ein ganz leichtes kombiniertes Mitralvitium, es findet sich auch eine leichte Rechtsherzbelastung.

?        MRT Gehirnschädel, MRT HWS, BWS und LWS, MRT knöchernes Becken, Institut Frühwald vom 12.09.2018: Altersentsprechender Befund des Gehirnschädels. Multisegmentale Osteochondrosen der HWS sowie auch der LWS. In der LWS sind die Osteochondrosen aktiviert. Multisegmentale Discusprotrusionen. Degenerative Einengung der Neuroforamina wie oben beschrieben vor allem L2/L3 rechts. Postoperatives Zustandsbild im lumbosacralen Übergang. Multisegmentale Spondylarthrosen der HWS und der LWS.

?        Dekurs LK Krems, II. Med vom 01.10.2018: Eisenmangelanämie.

?        Arztbrief Dr.Oskar Toman, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vom 10.01.2017: Polyneuropathie, Restless legs Syndrom

Untersuchungsbefund:

Guter Allgemeinzustand. Guter Ernährungszustand. Haut: unauffällig.

Caput: unauffällig. Collum: unauffällig.

Thorax: Narbe nach Herz - OP unauffällig. Mammae: unauffällig. Cor: HA rein, rhythmisch, normofrequent. Blutdruck: 120/80. Pulmo: VA bds, Basen frei.

Abdomen: Weich, kein Druckschmerz, Leber unter dem Rippenbogen.

Obere Extremitäten: Schultergelenke: Kontur regelrecht, vorhalten und seitlich beidseits bis 140 Grad, keine Funktionseinschränkung, Nacken – und Kreuzgriff möglich. Ellenbogen: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Handgelenke: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Fingergelenke: frei beweglich, Faustschluss beidseits möglich, Pinzettengriff beidseits möglich.

Wirbelsäule: im Lot, keine Klopfdolenz, blande Narbe über der LWS, ISG beidseits frei, FBA 20 cm, KJA 0 cm, Schober 10/14, Lasegue beidseits negativ

Untere Extremitäten: Hüftgelenke: beidseits in S 0 - 0 - 120, blande Narben, beidseits frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Kniegelenke: beidseits in S 0 - 0 - 130, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung. Sprunggelenke: beidseits in S 40 - 0 - 60, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Neurologisch: Grob neurologisch unauffällig.

Gesamtmobilität – Gangbild: Trägt Konfektionsschuhe, kommt mit Rollator, Gangbild ohne Rollator frei und flüssig. Symmetrisches Armpendeln. An – und Auskleiden zum Teil mit Hilfe.

Status Psychicus: Allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, Antrieb normal, Stimmung normal, Affekt stabil, Mnestik unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Herzmuskelerkrankung

Oberer Rahmensatz berücksichtigt die subjektiven Beschwerden wie Atemnot und die Einschränkung der Herzleistungsbreite im Herzultraschall.

05.02.01

40 vH

02

Generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates

Wahl dieser Richtsatzposition berücksichtigt die Wirbelsäulenoperation und den Zustand nach Hüftgelenksersatz beidseits. Oberer Rahmensatz bei rezidivierender Beschwerdesymptomatik und gut erhaltenen Bewegungsumfängen.

02.02.02

40 vH

03

Polyneuropathie, Restless leg Syndrom

Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz berücksichtigt die Beschwerden in der Sensorik, motorisch keine Ausfälle.

04.06.01

30 vH

04

Aortenklappenstenose – erfolgreich operiertes Vitium

Fixer Rahmensatz

05.06.04

30 vH

05

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

Mittlerer Rahmensatz berücksichtigt die medikamentöse Dauertherapie mit Tabletten.

09.02.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Das führende Leiden wird durch Leiden 2 erheblich erschwert und dadurch steigt der Gesamtgrad der Behinderung. Leiden 3 bis 5 erhöhen nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: Anämie erreicht keinen Grad der Behinderung.

Dauerzustand.

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor: Die Untersuchte Bedarf einer Begleitperson.

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor wegen: Diabetes.“

3.       Mit Schreiben vom 25.02.2020 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht. Als Beilage wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt. Es wurden keine Einwendungen vorgebracht.

4.       Am 04.06.2020 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, einen Grad der Behinderung in Höhe 50 vH eingetragen und die Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Die Inhaberin des Behindertenpasses bedarf einer Begleitperson“ vorgenommen.

5.       Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Entscheidung nicht nachvollziehbar sei weshalb sie mit der Ausstellung des Behindertenpasses nicht einverstanden sei und um erneutes Begutachtungsverfahren ersuche.

6.       Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am 22.07.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 13.08.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.

Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 22.07.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.2.    Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH.

Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Herzmuskelerkrankung

Oberer Rahmensatz berücksichtigt die subjektiven Beschwerden wie Atemnot und die Einschränkung der Herzleistungsbreite im Herzultraschall.

05.02.01

40 vH

02

Generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates

Wahl dieser Richtsatzposition berücksichtigt die Wirbelsäulenoperation und den Zustand nach Hüftgelenksersatz beidseits. Oberer Rahmensatz bei rezidivierender Beschwerdesymptomatik und gut erhaltenen Bewegungsumfängen.

02.02.02

40 vH

03

Polyneuropathie, Restless leg Syndrom

Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz berücksichtigt die Beschwerden in der Sensorik, motorisch keine Ausfälle.

04.06.01

30 vH

04

Aortenklappenstenose – erfolgreich operiertes Vitium

Fixer Rahmensatz

05.06.04

30 vH

05

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

Mittlerer Rahmensatz berücksichtigt die medikamentöse Dauertherapie mit Tabletten.

09.02.01

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden wird durch Leiden 2 wegen maßgeblicher Zusatzrelevanz und negativem Zusammenwirkens mit Leiden 1 um eine Stufe erhöht. Die Leiden 3 bis erhöhen mangels relevantem negativem Zusammenwirken mit dem führenden Leiden nicht weiter.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, sowie auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Beweismittel.

Das von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und dessen Ausmaß ausführlich eingegangen. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des vorliegenden Sachverständigenbeweises.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigengutachten dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt zugeordnet.

So wurde die Herzmuskelerkrankung der Beschwerdeführerin im Einklang mit der Einschätzungsverordnung durch den Sachverständigen nachvollziehbar unter Richtsatzposition 05.02.01 beurteilt, welche für Herzmuskelerkrankungen leichter Ausprägung heranzuziehen ist. Der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Atemnot – ohne das Erfordernis mobiler Sauerstoffversorgung - und der Einschränkung der Herzleistungsbreite im Ultraschall wurde durch die Heranziehung des oberen Rahmensatzes dieser Richtsatzposition ausreichend hoch Rechnung getragen.

Auch der Zustand nach Wirbelsäulenoperation und der Zustand nach Hüftgelenksersatz beidseits wurden nach den Vorgaben der Einschätzungsverordnung korrekt beurteilt. So ist die Richtsatzposition 02.02.02 für generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades anzuwenden, wobei die rezidivierende Beschwerdesymptomatik bei gut erhaltenen Bewegungsumfängen durch die Heranziehung des oberen Rahmensatz dieser Richtsatzposition gewürdigt wurde.

Richtsatzposition 04.06.01 ist für Polyneuropathien bei sensiblen und motorischen Ausfällen leichten Grades heranzuziehen. Da bei der Beschwerdeführerin Beschwerden durch die Polyneuropathie und das Restless legs Syondrom in der Sensorik vorliegen, aber keine motorischen Ausfälle bestehen, erfolgte die Beurteilung dieses Leidens schlüssig mit zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz.

Da bei der Beschwerdeführerin bei Aortenklappenstenose ein erfolgreich operiertes Vitium dokumentiert ist, ist die Beurteilung dieses Leidens durch den Sachverständigen unter Richtsatzposition 05.06.04 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH, welche ein Fixposition darstellt, entsprechend den Vorgaben der Einschätzungsverordnung korrekt erfolgt.

Auch die Beurteilung des bei der Beschwerdeführerin vorliegenden, nicht insulinpflichten Diabetes mellitus erfolgte im Einklang mit der Einschätzungsverordnung unter Richtsatzposition 09.02.01. Die von der Beschwerdeführerin einzunehmende Dauertherapie im Form von Tabletten wurde durch die Heranziehung des Grades der Behinderung in Höhe von 20 vH – mittlerer Rahmensatz - berücksichtigt.

Die in den vorliegenden Beweismitteln dokumentierten und im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Gesundheitsschädigungen wurden somit berücksichtigt und entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen beurteilt. Medizinische Beweismittel, welche weitere bis dato unberücksichtigte Leidenszustände dokumentieren, wurden nicht in Vorlage gebracht. Auch ist die Beschwerdeführerin weder der Zuordnung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen zu den einzelnen Richtsatzpositionen der Einschätzungsverordnung, noch dem im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Ausmaß der Funktionseinschränkungen substantiiert entgegengetreten.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten
Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerdeführerin ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten nicht substantiiert entgegengetreten. Medizinische Beweismittel, durch die das Beschwerdevorbringen fundiert belegt bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten substantiiert entgegengetreten wird, sind von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde nicht vorgelegt worden. Es ist von der Beschwerdeführerin somit kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1.       Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1.       ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4.       für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1.       nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2.       zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.       ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Auf den Fall bezogen:

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind weder das Beschwerdevorbringen noch die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Beweismittel geeignet darzutun, dass der in Höhe von 50 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspräche.

Die vorliegende Gesundheitsschädigung wurden im Einklang mit den Vorgaben der Einschätzungsverordnung dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt.

Die Beschwerdeführerin ist dem durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung basierenden medizinischen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Medizinische Beweismittel welche geeignet wären eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens zu begründen wurden mit der Beschwerde nicht in Vorlage gebracht.

Das Beschwerdevorbringen wurde insofern berücksichtigt, als die vorgebrachten Einwendungen durch das Bundesverwaltungsgericht einer Überprüfung unterzogen wurden. Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten jedoch nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Da ein Grad der Behinderung von 50 vH festgestellt wurde war spruchgemäß zu entscheiden.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin basierendes ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Die Beschwerdeführerin hat von diesem Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt und wurden im erstinstanzlichen Verfahren keine Beweismittel vorgelegt welche mit der gutachterlichen Beurteilung nicht in Einklang stehen.

Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.


Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2233270.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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