Entscheidungsdatum
22.09.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W237 1303025-4/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen die Erledigung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2020, Zl. 750427302/190276776:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
1. Feststellungen:
1. Mit Bescheid vom 22.08.2019 erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer den mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.04.2009 zuerkannten Status des Asylberechtigten ab und stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme; überdies erkannte es dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation fest und erließ ihm gegenüber ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt eine Beschwerde, in der sich der Rechtsanwalt auf die ihm erteilte Vollmacht zur weiteren Vertretung im Verfahren berief. Weder dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch dem Bundesverwaltungsgericht wurde bis zum Entscheidungszeitpunkt die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt gegeben.
Das Bundesverwaltungsgericht hob mit Beschluss vom 25.02.2020 den Bescheid vom 22.08.2019 auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
2. Nach Durchführung von Einvernahmen mit dem Beschwerdeführer und seinem Vater als seinem gesetzlichen Vertreter erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit als Bescheid bezeichneter Erledigung vom 27.08.2020 dem Beschwerdeführer den mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 27.04.2009 zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 leg.cit. fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters erkannte es dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation fest (Spruchpunkt V.), legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI.) und erließ schließlich gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gegenüber dem Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verfügte die postalische Zustellung dieser Erledigung an den Vater des Beschwerdeführers als dessen gesetzlichen Vertreter mittels RSa-Sendung. Diese wurde – nach einem erfolglosen Versuch einer persönlichen Aushändigung – für den gesetzlichen Vertreter am 29.08.2020 bei seinem Wohnsitzpostamt hinterlegt.
3. Am 10.09.2020 erhob der Beschwerdeführer über seinen Rechtsanwalt gegen diesen Bescheid vollinhaltlich Beschwerde.
Der Beschwerdeschriftsatz wurde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 16.09.2020 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen und der festgestellte Verfahrensgang ergeben sich zweifelsfrei aus dem Inhalt der vorliegenden Verfahrensakten. Die Bekanntgabe des Vollmachtsverhältnisses zum Rechtsanwalt des Beschwerdeführers erfolgte in klarer Weise durch den (gegen den Bescheid vom 22.08.2019 gerichteten) Beschwerdeschriftsatz vom 23.09.2019. Den Verfahrensakten ist keine Erklärung zu entnehmen, dass dieses Vertretungsverhältnis mittlerweile aufgelöst worden wäre. Der festgestellte Zustellvorgang betreffend den Bescheid vom 27.08.2020 ergibt sich unzweifelhaft aus der Zustellverfügung des Bundesamts sowie dem ebenso im Akt aufliegenden, ausgefüllten Rückschein.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Der Beschwerdeführer begründete (über seinen gesetzlichen Vertreter) zu seinem Rechtsanwalt ein Vollmachtsverhältnis, über welches das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem – bei ihm eingebrachten – Beschwerdeschriftsatz vom 23.09.2019 in Kenntnis gesetzt wurde. Dessen ungeachtet adressierte die belangte Behörde die angefochtene, als Bescheid bezeichnete Erledigung vom 27.08.2020 mit Verfügung vom selben Tag an den gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers persönlich, worauf die Sendung für diesen an dessen Wohnsitzpostamt hinterlegt wurde. Die Verfügung der Zustellung an den Rechtsanwalt des Beschwerdeführers erfolgte hingegen nicht.
2. Voraussetzung für das rechtliche Zustandekommen eines Bescheids ist dessen Erlassung. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (vgl. VwGH 18.05.1994, 93/09/0115).
2.1. Gemäß § 21 AVG und § 1 Zustellgesetz (im Folgenden: ZustG) sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen. Gemäß § 5 ZustG hat die Behörde in geeigneter Form den Empfänger und dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen. "Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll (§ 2 Z 1 ZustG). Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Bezeichnet die Behörde hingegen eine falsche Person als "Empfänger", so ist dies ein Mangel, der nicht nach § 7 ZustG etwa dadurch heilen kann, dass das Dokument (Schriftstück) jener Person zukommt, die als Empfänger zu bezeichnen gewesen wäre (vgl. zB VwGH 18.05.1994, 93/09/0115; 27.06.1995, 94/04/0206; 22.03.2001, 97/03/0201; 24.03.2015, 2014/05/0013).
Bezeichnet also die Behörde fälschlich nicht den zustellbevollmächtigten Vertreter einer Verfahrenspartei, sondern die Partei selbst als Empfänger eines Schriftstücks (Dokuments), so liegt ein Mangel des Zustellvorgangs vor, der keiner Heilung zugänglich ist. Auf ein Verschulden der belangten Behörde kommt es dabei nicht an.
2.2. Im vorliegenden Fall sah die Zustellverfügung vom 27.08.2020 nur den Vater des Beschwerdeführers als dessen gesetzlichen Vertreter und nicht den bevollmächtigten Rechtsanwalt als Empfänger der bekämpften Entscheidung vor. Es folgte daher eine fehlerhafte Zustellung, die auch nicht dadurch zu heilen vermochte, dass die Erledigung der Behörde zu einem späteren Zeitpunkt dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers zugegangen sein mag. Die Entscheidung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl ist daher nie erlassen worden und damit rechtlich nicht zustande gekommen.
3. Ist ein Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. VwGH 09.03.1982, 81/07/0212; 30.05.2006, 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten.
Mangels Erlassung des (als solcher lediglich bezeichneten) Bescheids vom 27.08.2020 ist die Beschwerde dagegen also zurückzuweisen.
4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Beschwerden wegen (noch) nicht erlassenen Bescheiden zurückzuweisen sind.
Schlagworte
Bevollmächtigter gesetzlicher Vertreter rechtswirksame Zustellung Voraussetzungen Zustellmangel ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W237.1303025.4.00Im RIS seit
04.12.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020