TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/29 W247 2233203-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.09.2020
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Entscheidungsdatum

29.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W247 2233203-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.06.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer (BF) ist russischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Jesiden und dem christlich-orthodoxen Glauben zugehörig.

I. Verfahrensgang:

1. Der BF reiste spätestens am 16.10.2019 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am folgenden Tag vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt, sowie am 25.10.2019, am 15.11.2019 und am 12.06.2020 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), EAST Ost und Außenstelle XXXX , jeweils im Beisein eines dem Beschwerdeführer einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache RUSSISCH niederschriftlich einvernommen wurde.

2. Der BF brachte im Rahmen seiner Erstbefragung am 17.10.2019 vor, der Volksgruppe der Jesiden und dem christlichen Glauben anzugehören. Bezüglich seiner Fluchtgründe gab er an, dass er auf einer Baustelle gearbeitet habe und nach Fertigstellung seinen Lohn dafür bekommen habe. Es seien EUR 15.000,- gewesen. Als die Mafia davon erfahren habe, sei er entführt worden. Sie hätten ihn in einen Keller gesperrt und geschlagen. Sie hätten von ihm das ganze Geld verlangt und ihm gedroht, dass sie ihn sonst bei der Polizei anzeigen würden, sodass er eingesperrt würde. Er habe ihnen das ganze Geld gegeben und hätten sie ihn dann gehen lassen. Aus Angst vor der Mafia hätte er dann flüchten müssen. Bei Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

3. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 25.10.2019 gab der BF an, dass er sich nicht ganz in der Lage fühle, die Einvernahme durchzuführen, er habe sich schon zwei Tage zuvor schlecht gefühlt. Er habe dem Arzt auch gesagt, dass er durcheinander wäre und seine Nerven stark strapaziert wären. Er habe keine Geburtsurkunde bei sich, keine Zeugnisse, hätte seinen Inlandsreisepass verloren und sei nicht verheiratet. Er habe in Österreich bzw. in anderen EU-Staaten keine Verwandten oder Bekannten, welche seine tatsächliche Identität bestätigen könnten. Der BF habe auch keine familiären Beziehungen in Österreich oder in einem anderen EU-Staat.

4. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 15.11.2019 machte der BF geltend, dass seine Eltern bereits verstorben sei und er sonst niemanden habe. Er habe seinen Lebensunterhalt bestritten, indem er im Bauwesen gearbeitet habe. Der BF habe je nach Auftragslage zwischen EUR 500,- und EUR 1500,- verdient und über sechs Mitarbeiter verfügt. Er habe weder in Österreich, noch in einem anderen EU-Staat Verwandte oder Bekannte, welche seine Angaben in Bezug auf seine Identität bestätigen könnten, weiters habe er weder in Österreich, noch in einem anderen EU-Staat, familiäre Beziehungen. Er habe flüchten müssen, da er Probleme mit der kriminellen Unterwelt gehabt habe. Seine Fahrt nach Österreich habe EUR 3.000,- gekostet. Er habe für Innenausbauten in einem neuen Haus kein Geld erhalten und habe deshalb seine Mitarbeiter nicht bezahlen können. Dann hätten sich seine Mitarbeiter an Kriminelle gewendet, um das Geld zu bekommen. Der BF habe nicht zahlen können, da er kein Geld für den Auftrag erhalten habe. Die Kriminellen hätten ihn unter Druck gesetzt, da habe er versucht das Geld von anderen Baustellen zu bekommen, was ihm gelang, wodurch er seine Mitarbeiter ausbezahlt habe. Die Kriminelle seien nicht zufrieden gewesen und hätten weiter EUR 10.000,- verlangt und ihm eine Woche Zeit gegeben. Sie hätten ihn mit Waffen bedroht und geschlagen. In dieser Woche sei er geflüchtet.

5.1. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 12.06.2020 gab der BF bezüglich seines Gesundheitszustandes an, dass er an Hepatitis-C leide, dies sei erst in Österreich festgestellt worden. Dann habe er nervöse Anfälle, er kämpfe jede Nacht mit sich, habe sehr viele Gedanken im Kopf und könne nicht abschalten. Er nehme aktuell keine Medikamente in Bezug auf die Hepatitis-C-Erkrankung. In Österreich habe er keine Familienangehörigen oder sonstigen privaten Bindungen. Er lebe von der Grundversorgung und habe weder Kurse, noch eine Schule, auch keine Vereine oder die Universität im Bundesgebiet besucht. Er sei weder verheiratet, noch habe er Kinder, habe im Herkunftsstaat 8 Jahre die Grundschule besucht, sich den Beruf des Bauarbeiters selbst beigebracht, war im Herkunftsstaat selbständig als Bauunternehmer tätig und hat dort schwarz gearbeitet.

5.2. Bezüglich seiner Fluchtgründe gab er an, dass er Probleme mit den örtlichen Kriminellen gehabt habe. Er habe damals ein großes Projekt gehabt und eine Villa gebaut. Nach dem Abschluss der Arbeiten habe er von einem Beauftragten das Geld bekommen, welches er an seine Mitarbeiter verteilen habe und etwas für sich lassen müssen. Dann seien mehrere Personen zu ihm gekommen und hätten ihm vorgeschlagen, in ihr Fahrzeug einzusteigen. Er sei in einen Keller gebracht worden, wo er bedroht und geschlagen worden wäre. Er habe dann erfahren, dass sie wüssten, dass er große Summen an Geld habe und hätten sie von ihm EUR 15.000,- verlangt. Er habe nicht vorgehabt, ihnen das Geld zu geben und habe das nicht wollen. Er sei sehr stark verprügelt worden. Er habe aber trotzdem Widerstand geleistet. Eine der Personen habe ihm einen Ausweis einen Polizisten gezeigt und ihm gesagt, dass sie, wenn er ihnen das Geld nicht gebe, auf andere Art zum Geld kommen würden. Sie würden ihn umbringen oder zur Polizei bringen, wo ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet würde und er gezwungen würde, ihnen das Geld zu geben. Dann hätten sie ihn freigelassen. Er habe das Geld geholt und ihnen übergeben. Weil das nicht sein Geld gewesen sei, habe er den Arbeitern den Lohn auszahlen müssen. Er habe versucht, ihnen zu erklären, dass er das Geld habe. Sie hätten ihm jedoch nicht geglaubt und das Geld von ihm eingefordert. Dann hätten sich die Arbeiter an Kriminelle gewandt, um das Geld einzutreiben. Die ersten Kriminellen hätten ihn zuerst in Ruhe gelassen, die zweiten Kriminellen hätten ihn bedroht und geschlagen. Die Kriminellen hätten als Strafe für den ausstehenden Lohn an seine Arbeiter noch einmal EUR 10.000,- aufgeschlagen. Daraufhin habe er beschlossen, zu flüchten.

Vorgelegt wurde unter einem ein Konvolut an medizinischen Unterlagen.

6.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde (BFA) vom 16.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III., IV., V). Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

6.2. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zur Lage in seinem Herkunftsstaat und führte rechtlich aus, dass die Ausführungen zu den Fluchtgründen keine Asylrelevanz hätten, sodass der Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu den Fluchtgründen dahingestellt bleiben könne. Es hätte keine Verfolgung im Konventionssinn glaubhaft gemacht werden können. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr eine Verfolgung drohen würde. Weiters ergebe sich aus den von der Behörde herangezogenen Quellen, dass kein genereller Unwille bzw. keine generelle Unfähigkeit seitens der Behörden bestehe, ihm vor den behaupteten Gefahren durch Kriminelle Schutz zu bieten.

6.3. Beweiswürdigend führte das BFA im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen aus, dass seinem Vorbringen nicht zu entnehmen sei, dass sein Heimatstaat Russische Föderation nicht gewillt oder in der Lage sei, die von ihm behauptete Verfolgung durch Kriminelle zu unterbinden. Es sei seinem Vorbringen auch nicht zu entnehmen, dass er sich wegen der von Kriminellen ausgesprochenen Drohung bzw. Verfolgung nicht an die Sicherheitsbehörden in seinem Herkunftsstaat hätte wenden können. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der BF von einer Anzeige Abstand genommen habe, da er sich dann vor den Behörden seines Landes offenbaren hätte müssen, mit seiner Schwarzarbeit gegen geltende Gesetze verstoßen zu haben. Dahingestellt bleiben könne somit bei seinem behaupteten Ausreisegrund, ob die von ihm widersprüchlich angeführten Fluchtgründe den Tatsachen entsprechen würden, weil seinem Vorbringen ohnehin keine Asylrelevanz zukomme.

6.4. Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätte. Es ergebe sich auch keine Gefährdungslage nach § 8 AsylG und erscheint eine Rückkehr in die Russische Föderation zumutbar.

6.5. Demnach – so die belangte Behörde – könnte der vom Beschwerdeführer behauptete Fluchtgrund nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus seinem Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle seiner Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde. Es seien im Verfahren keine Ansatzpunkte einer besonderen Integration des Beschwerdeführers in Österreich hervorgekommen, zumal dieser auch keine besonderen privaten Bindungen in Österreich geltend gemacht habe. Auch sein erst kurzer Aufenthalt in Österreich spreche gegen eine solche Bindung, sodass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

7. Mit Verfahrensanordnung vom 18.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

8. Mit fristgerecht eingebrachtem Schriftsatz vom 07.07.2020 wurde für den BF durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid des BFA, zugestellt am 22.06.2020, in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger Beurteilung erhoben. Begründend wurde beschwerdeseitig ausgeführt, dass die belangte Behörde es unterlassen habe auf das individuelle Vorbringen des BF einzugehen, sowie die Gesamtbeurteilung anhand der verfügbaren Länderinformationen und entsprechend der bisherigen Rechtsprechung vorzunehmen. Der BF habe durch aus detaillierte und genaue Angaben zu den fluchtauslösenden Vorfällen gemacht, die einer Überprüfung zuzuführen gewesen wären. Die Ausführungen des BFA, wonach die russischen Behörden schutzwillig und schutzfähig wären, würden die vom BF vorgetragenen Befürchtungen hinsichtlich der engen Verflechtung der Kriminellen, die ihn bedroht hätten mit der russischen Polizei nicht zur Kenntnis nehmen. Der Beweiswürdigung fehle daher ein erkennbarer Begründungswert. Zur Asylrelevanz der Verfolgung des BF sei festzustellen, dass auch einer von Privatpersonen ausgehenden Verfolgung Asylrelevanz zukommen könne, wenn der Staat nicht gewillt oder in der Lage wäre, diese Verfolgungshandlungen zu unterbinden. Dies treffe auf den BF zu, da er von gezielten Verfolgungshandlungen zumindest betroffen gewesen sei, die von den russischen Behörden zumindest toleriert worden seien. Die gegen den BF bestehende Verfolgungsgefahr sei daher ebenso wohlbegründet wie durch die Länderberichte belegt. Im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage in der Russischen Föderation sowie die persönliche Situation des BF bestünde die Gefahr, dass er im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde, sodass ihm allenfalls auch subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Insbesondere sei auch hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des BF nur eine unzureichende Behandlung mit seinem Vorbringen erfolgt. Er habe sich in der Zeit seines Aufenthalts bereits intensiv um eine Integration bemüht, die deutsche Sprache auf ausreichendem Niveau erlernt und umfangreiche soziale Kontakte geknüpft. Beim BF sei aufgrund seiner langen Abwesenheit bereits eine Entwurzelung aus seiner Heimat eingetreten. Die Begründung, warum sein Privat- und Familienleben nicht als schützenswert angesehen werde, sei daher nicht verständlich. In der Beschwerde wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) dem BF die Flüchtlingseigenschaft zusprechen; 2.) allenfalls den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation zuerkennen; 3.) allenfalls den angefochtenen Bescheid aufheben und zur Ergänzung des Verfahrens an die 1. Instanz zurückverweisen; 4.) aufschiebende Wirkung gewähren; 5.) einen landeskundlichen Sachverständigen beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in der Russischen Föderation befasst; 5.) eine mündliche Verhandlung anberaumen; 6.) allenfalls einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen, 7.) allenfalls feststellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und 8.) allenfalls feststellen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation unzulässig ist.

9. Die Beschwerdevorlage vom 16.07.2020 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsbericht (BVwG) am 21.07.2020 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 16.10.2019, der polizeilichen Erstbefragung des BF am 17.10.2019, der Eivernahmen am 25.10.2019, am 15.11.2019 und am 12.06.2020 vor dem BFA, der für den Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerde vom 07.07.2020 gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16.06.2020, der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen und der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, der Auszüge des Zentralen Melderegisters, des Fremden- und Grundversorgungsinformationssystems, des Strafregisters der Republik Österreich, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, der Volksgruppe der Jesiden und dem christlich-orthodoxen Glauben zugehörig. Der BF reiste spätestens am 16.10.2019 illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde in XXXX in der Russischen Föderation geboren, ist dort aufgewachsen und hat dort bis zu seiner Auseise nach Europa gelebt. Der BF spricht Russisch auf muttersprachlichem Niveau. Der BF ist ledig und kinderlos.

Der BF hat in der Russischen Föderation 8 Jahre Grundschule besucht und als Bauarbeiter Berufserfahrung gesammelt. Der BF verfügt über keine Verwandten in der Russischen Föderation mehr. Der BF verfügt im Herkunftsland über soziale Anknüpfungspunkte, zu denen er derzeit keinen Kontakt hat.

Der BF verfügt über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er hat keine Deutschkurse absolviert, noch hat er Sprachzertifikate vorgelegt. Er ist im Bundesgebiet weder vereinsmäßig aktiv, noch verfügt er über österreichische Freunde, noch ist er im Bundesgebiet einer sonstigen Aus-, Fort- oder Weiterbildung nachgegangen. Der BF ist nicht selbsterhaltungsfähig und befindet sich in Grundversorgung.

Der BF leidet an XXXX , Genotyp 1, sowie an XXXX , und XXXX . Wegen eines Gallensteinleidens unterzog sich der BF im Jänner 2020 einer XXXX (chirurgische Entfernung der Gallenblase). Er gibt an, nervöse Anfälle zu haben, war diesbezüglich jedoch nicht in ärztlicher Behandlung.

Der BF nimmt aufgrund psychischer Belastung aktuell XXXX 75 mg und XXXX 0,5 mg ein und bei Bedarf XXXX . In Bezug auf die XXXX -Erkrankung ist seit Juni 2020 eine ambulante, medikamentöse Behandlung mit XXXX vorgesehen.

Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohenden Erkrankungen, die de facto ein Rückkehrhindernis in den Herkunftsstaat darstellen würden bzw. im Herkunftsstaat nicht behandelbar wären. Er ist arbeitsfähig.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtgrund des Beschwerdeführers:

Das Vorbringen der Beschwerdeseite betreffend die Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung wird den Feststellungen mangels Glaubhaftmachung nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, nach wie vor in den fallgegenständlich relevanten Teilen als aktuell anzusehenden, Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt und welche das Bundesverwaltungsgericht in casu seinem Erkenntnis zugrunde legt.

Coronavirus disease 2019 (COVID-19) weekly epidemiological update – der WHO (World Health Organization)

vom 28.09.2020

Nach aktuellem Stand zum Entscheidungszeitpunkt gibt es im ganzen Land 1.151.438 bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus und 20.324 Todesfälle.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben ausgeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.3. Die Feststellungen zu Identität, Alter, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers, sowie seinen sozialen Kontakten im Herkunftsstaat, wie auch im Bundesgebiet, ebenso wie zu seinen Aus-, Fort-, und Weiterbildungen in Österreich gründen auf seinen insofern unbedenklichen Angaben vor dem BFA, der LPD, sowie auf den in seiner Beschwerde gemachten Angaben. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zu seiner Identität vorgelegt, weshalb die Feststellung ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Verfahren gilt.

2.4. Die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise nach Österreich stützt sich auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Umgehung der für die Einreise geregelten Vorschriften – ohne die erforderlichen Dokumente – spätestens am 16.10.2019 nach Österreich eingereist ist.

2.5. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen auf seinen eigenen Angaben vor dem BFA sowie den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Die Feststellung, dass dem BF die genannten Medikamente verordnet wurden, ergibt sich aus dem vorgelegten Arztbrief XXXX , vom 15.11.2019, sowie dem ärztlichen Entlassungsbrief des Landesklinikums XXXX vom 27.01.2020, sowie der Befundbesprechung des Landesklinikums XXXX vom 08.06.2020.

2.6. Angesichts seiner vorgebrachten autonomen Selbsterhaltungsfähigkeit im Herkunftsland ist von einer Arbeits- und Versorgungsfähigkeit des Beschwerdeführers grundsätzlich auszugehen. Auch wurden eine Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit des BF in der Beschwerdeschrift auf Seite 6 explizit bejaht.

2.7. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF fußt auf einem aktuellen Strafregisterauszug.

2.8. Primär ist festzuhalten, dass das BFA ein durchwegs mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat. Dem Beschwerdeführer wurde ausreichend die Möglichkeit eingeräumt, seine persönlichen Fluchtgründe in Bezug auf seinen Herkunftsstaat geltend zu machen und es kann daher nicht der belangten Behörde angelastet werden, wenn der Beschwerdeführer davon nicht mit Erfolg Gebrauch gemacht hat.

2.9. Zu den Vorbringen im Zusammenhang mit den gegenständlichen Fluchtgründen:

2.9.1. Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat Russische Föderation vermochte der Beschwerdeführer eine asylrelevante Bedrohung nicht darzutun:

Die beschwerdeseitig vorgebrachte Gefährdungslage des Beschwerdeführers beruht auf der Behauptung, dass er von Angehörigen der Mafia bedroht, entführt und misshandelt worden wäre, die von ihm die Auszahlung eines Geldbetrages erpressen hätten wollen, der eigentlich als Lohn für Mitarbeiter des BF für die Fertigstellung eines Bauwerkes gedacht gewesen wäre.

2.9.2. Zunächst gilt es festzuhalten, dass die beschwerdeseitigen Schilderungen zum gegenständlichen Fluchtvorbringen vor der belangten Behörde in nicht unwesentlichen Aspekten vom Fluchtvorbringen des BF bei der Ersteinvernahme abgewichen sind bzw. weitere inhaltliche Steigerungen erfahren haben bzw. teils in sich selbst widersprüchlich waren:

2.9.2.1. Hat der BF im Rahmen seiner Erstbefragung am 17.10.2019 bei der Frage nach seinen Fluchtgründen noch lediglich angegeben, dass er für die Fertigstellung eines Bauwerkes EUR 15.000,- Lohn erhalten habe, von der Mafia aus diesem Grund entführt, in einen Keller gesperrt und misshandelt worden sei, sodass er den Kriminellen schließlich das Geld überlassen hätte und danach freigekommen sei, so stellte er den Ablauf des behaupteten Geschehens vor dem BFA am 15.11.2019 insoferne abweichend dar, als er auf Seite 5 des BFA-Prot. vorbrachte, dass er für den Innenausbau in einem neuen Haus überhaupt kein Geld erhalten hätte und daher seine Mitarbeiter nicht habe bezahlen können. Daraufhin hätten sich seine Mitarbeiter an Kriminelle gewandt, welche den BF unter Druck gesetzt hätten. Der BF habe jedoch nicht zahlen können, da er kein Geld für den Auftrag erhalten habe. Er habe daraufhin versucht Geld von anderen Baustellen zu bekommen, was auch gelang und habe seine Arbeiter schließlich auszahlen können. Zusätzlich hätten die Kriminellen jedoch noch EUR 10.000,- verlangt, den BF mit Waffen bedroht, geschlagen und dem BF eine Woche Zeit gegeben dieses Geld zu besorgen. Im Rahmen dieser niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 17.10.2019 hatte der BF somit erstmals im Verfahren dargetan, dass es für den BF im Herkunftsstaat nicht nur um die bei Erstbefragung von ihm erwähnten EUR 15.000, -, sondern vielmehr um insgesamt EUR 25.000,- gegangen sei und hat der BF somit auch eine inhaltliche Steigerung seines bisherigen Vorbringens vorgenommen.

2.9.2.2. Grundsätzlich hält das erkennende Gericht dem Beschwerdeführer zu Gute, dass eine Ersteinvernahme in einem fremden Land eine für jeden Asylwerber außergewöhnliche Situation ist. Eine gewisse, anfängliche Verlegenheit in der Erzählung persönlicher Erlebnisse ist daher im Allgemeinen verständlich. Ebenso ist klar, dass im Rahmen einer Ersteinvernahme in keine allzu große Detailtiefe bei der Schilderung des eigentlichen Fluchtgrundes vorgestoßen werden kann. Trotzdem trifft auch den Schutzsuchenden im Asylverfahren eine Mitwirkungspflicht an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, über welche der Beschwerdeführer im Rahmen der Ersteinvernahme nachweislich aufgeklärt worden ist. Das vom Beschwerdeführer im Rahmen der Ersteinvernahme erfolgte Weglassen grundlegender Aspekte des gegenständlichen Fluchtgrundes steht dieser Mitwirkungspflicht klar entgegen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann es einem erwachsenen Menschen durchaus zugemutet werden, bei den Behörden jenes Landes, von dem er sich Schutz und Hilfe vor behaupteter Verfolgung und Tod erwartet, möglichst zeitnahe zum Antrag auf internationalen Schutz zumindest ansatzweise Angaben zu den eigentlichen Gründen der behaupteten, gegenständlichen Verfolgung im Heimatland zu machen, und sei es um nicht Gefahr zu laufen, sich dem Vorwurf einer möglichen Steigerung des Fluchtvorbringens im weiteren Verfahren auszusetzen.

Es geht auch der VwGH davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

2.9.2.3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 12.06.2020 stellte der BF die chronologische Abfolge der angegebenen Geschehnisse, wie auch die Art des behaupteten Bedrohungsszenarios nun gänzlich unterschiedlich zu seinen bisherigen Angaben dar. So habe der BF nach Abschluss der Arbeiten im Juli 2019 von einem Beauftragten das Geld tatsächlich erhalten (Seite 9, BFA-Prot.), sei ca. 2 Tage später von drei Personen (Seite 10, BFA-Prot.) - einer davon habe sich XXXX (Seite 9, BFA-Prot.) genannt - entführt, in einen Keller gebracht, bedroht und geschlagen worden. Vom BF seien die EUR 15.000,- verlangt worden und einer seiner Entführer habe ihm einen Polizistenausweis gezeigt. Der BF sei freigelassen worden, habe das Geld geholt, es den Männern übergeben und der BF sei von diesen Männern danach in Ruhe gelassen worden. Da er nun kein Geld für die Arbeiter mehr gehabt habe, sei ihm von Seiten der Arbeiter eine Zweitagesfrist eingeräumt worden. Die Arbeiter hätten sich an eine andere Gruppe Krimineller gewendet, um das Geld vom BF einzutreiben. Diese Männer hätten den BF im September 2019 entführt, bedroht und geschlagen und als Strafe für den ausstehenden Lohn nochmal EUR 10.000,- draufgeschlagen.

2.9.2.4. An dieser Stelle gilt es festzuhalten, dass der BF am 15.11.2019 noch behauptete hatte, dass er seine Arbeiter die geschuldeten EUR 15.000,- in der Tat ausgezahlt habe und nur wegen der zusätzlichen EUR 10.000,-, welche die Kriminellen draufgeschlagen hatten, geflüchtet sei (Seite 6, BFA-Prot.). Am 12.06.2020 behauptete er hingegen die EUR 15.000,- - vor Auszahlung an die Arbeiter - an eine kriminelle Gruppierung gegeben zu haben und de facto wegen der EUR 15.000,-, welche er den Arbeitern geschuldet habe plus jenen EUR 10.000,-, welche die zweite – von den Arbeitern angeheuerte – kriminelle Gruppierung draufgeschlagen hätte, also insgesamt EUR 25.000,-, geflohen zu sein (Seite 10, BFA-Prot.). Zusätzlich vermochte der BF am 12.06.2020 auch nicht mehr von jenem bei vorheriger BFA-Befragung erwähnten Umstand zu berichten, dass er vom Auftraggeber im Herkunftsstaat zunächst überhaupt kein Geld erhalten hatte und sich daher das Geld von anderen Baustellen besorgen habe müssen (Seite 5/6 BFA-Prot.). Ebenso gilt es zu beachten, dass der BF vor dem BFA am 12.06.2020 nunmehr nicht mehr von der Bedrohung, Entführung und Misshandlung durch lediglich eine mafiöse Gruppierung zu berichten wusste, sondern vielmehr von zwei unterschiedlich agierenden kriminellen Gangs, welche den BF zu verschiedenen Zeitpunkten und unabhängig voneinander abgepasst, entführt, misshandelt und jeweils wegen der EUR 15.000,- bedroht haben sollen. Bei ersterer Gruppierung soll – den Ausführungen des BF vor dem BFA am 12.02.2020 folgend - sogar ein Polizist mitgemacht haben, welcher sich gegenüber dem BF im Rahmen der Entführung sogar ausgewiesen haben soll. Dieser Polizist sei zudem Oberleutnant und der Anführer der 3-köpfigen Entführergruppe gewesen. Hierin lässt sich eine weitere wesentliche inhaltliche Steigerung des Fluchtvorbringens erkennen, welche die behauptete Gefährdungslage des BF im Herkunftsstaat durch die Hinzufügung weitere Erzählaspekte zu mehren versucht. Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass der BF bei seinem Fluchtgrund von einem wenig durchdachten Erzählkonstrukt berichtet, welches er - je nach Belieben - durch das Hinzufügen bzw. Abändern von Verfolgungsdetails fortwährend ausbaut bzw. anpasst.

2.9.2.5. Es erscheint in der Lebensferne des behaupteten Geschehen zudem unwahrscheinlich, dass ein Polizist, sollte ein solcher tatsächlich bei der kriminellen Gruppierung, welche den BF zuerst entführt, misshandelt und bedroht habe, mitgewirkt haben, sich dem BF gegenüber mit Ausweis als Oberleutnant der Polizei zu erkennen geben würde, um diesem danach zu drohen, entweder ihn umzubringen oder zwecks Einleitung eines Strafverfahrens zur Polizei zu bringen. Vielmehr wäre zu erwarten, dass der Teilnehmer einer kriminellen Gruppierung bestrebt wäre, keine Identität preiszugeben, vor allem im Zuge der Begehung einer Straftat. Darüber hinaus erscheint es nicht plausibel, dass der BF – sollte tatsächlich ein Polizist bei seiner ersten Entführung mitgewirkt haben - diesen Umstand bei Ersteinvernahme bzw. Einvernahme vor dem BFA am 15.11.2019 völlig unerwähnt gelassen und diesen Umstand zu so einem sehr späten Zeitpunkt im Verfahren erstmalig vorgebracht hätte, um dann auf Nachfrage im Rahmen der gleichen Einvernahme auf Seite 16 anzugeben, niemals Probleme mit den russischen Behörden gehabt zu haben.

2.9.2.6. Hat der BF im Rahmen seiner bisherigen Einvernahmen – wie bereits oben erwähnt – in seinen Angaben hinsichtlich jener Geldsummen, welche im Herkunftsstaat von ihm eingefordert worden waren, bereits Unstimmigkeiten erkennen lassen, so zeigte er auch erzählerische Unsicherheiten hinsichtlich der zeitlichen Abläufe der behaupteten Ereignisse. So hat der BF in der Einvernahme am 12.06.2020 zunächst angeben, dass die erste Entführung im Juli 2019 stattgefunden hätte (Seite 10, BFA-Prot.) und sich der Vorfall mit der zweiten Gruppe Krimineller zwei Tage nach dem ersten Vorfall ereignet habe (Seite 13, BFA-Prot.). Auf Nachfrage brachte der BF wenig später vor, dass dieser zweite Vorfall vielmehr im September 2019 stattgefunden habe (Seite 13, BFA-Prot.). Es ist klar, dass beide Versionen in zeitlicher Hinsicht nicht miteinander in Einklang zu bringen sind, sondern sich gegenseitig vielmehr ausschließen.

2.9.3. In einer Gesamtschau sind die von Beschwerdeseite zum gegenständlichen Fluchtgrund vorgebrachten Angaben in sich widersprüchlich, unplausibel und in der inhaltlich gesteigerten Darstellung des behaupteten Geschehens unglaubhaft. Es ist dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen in seinem Herkunftsstaat Russische Föderation in ausreichendem Maße substantiiert vorzubringen und glaubhaft zu machen.

2.9.4. Insgesamt konnte der BF eine Gefährdungssituation nicht hinreichend substantiieren, welcher er im Falle der Rückkehr in exponierter Weise ausgesetzt wäre. Unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Berichtslage, sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ergibt sich, dass eine Rückkehr des BF in die Russische Föderation möglich ist. Wenn auf Seite 2 der Beschwerdeschrift nun behauptet wird, der BF sei aus politischen Gründen in der Russischen Föderation verfolgt, so geht diese Behauptung schon vor den Hintergrund der eigenen Angaben des BF vor dem BFA am 12.06.2020 aus Seite 9 des Prot, wonach der BF zu keiner Zeit in seiner Heimat politisch aktiv gewesen sei und auch keiner Partei angehört habe, ins Leere.

2.9.5. Selbst bei - vom erkennenden Gericht nicht vertretenen - Wahrannahme der beschwerdeseitigen Angaben iZm. den Fluchtgründen des BF kann den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, wonach vor dem Hintergrund der beschwerdeseitigen Angaben im Verfahren und im Zusammenschau mit den vorliegenden Länderinformationen nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass im Herkunftsstaat eine mangelnde Schutzwilligkeit bzw. Schutzfähigkeit der Behörden vor der – wie in casu behauptet - Verfolgung des BF durch mafiöse Gruppierungen bestehen würde, nicht entgegengetreten getreten werden. Vielmehr ist dem Beschwerdeführer entgegen zu halten, dass er zu keinem Zeitpunkt einen ernsthaften Versuch unternommen hat, sich des Schutzes des Herkunftsstaates auch tatsächlich zu bedienen und daher eine substantiierbare Verneinung der Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit der russischen Behörden in casu anzugeben auch nicht im Stande ist. So hat er seine Entführung, Misshandlung und Bedrohung durch die von ihm angegebenen mafiösen Gruppierungen bei der örtlichen Polizei nicht zur Anzeige gebracht und vor dem BFA – trotz der im Verfahren recht spät erfolgten Behauptung einer Beteiligung eines Polizisten an seiner ersten Entführung – gleichzeitig klar angegeben, niemals Probleme mit den russischen Behörden im Herkunftsstaat gehabt zu haben (Seite 16, BFA-Prot. 12.06.2020).

2.10. Zu einer möglichen Rückkehr in den Herkunftsstaat:

2.10.1. Der als jung, arbeitsfähig und arbeitswillig anzusehende BF hat im Herkunftsstaat 8 Jahre die Grundschule besucht und kann im Herkunftsstaat eine mehrjährige Berufserfahrung im Baugewerbe nachweisen. Es wäre ihm daher möglich und zumutbar, bei Rückkehr in den Herkunftsstaat seinen Unterhalt, wie bereits davor, selbst zu erwirtschaften, wenn auch zunächst durch etwaige Gelegenheitsjobs. Darüber hinaus verfügt der BF nach eigenen Angaben über Freunde in der Russischen Föderation, mit welchen der BF momentan aber nicht in Kontakt steht. Aufgrund des relativ kurzen Zeitraumes, den der BF außerhalb der Russischen Föderation verbracht hat, wird es ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit möglich sein an die vorherigen Freundschaften in der Russischen Föderation rasch anzuknüpfen und mit Unterstützung seines seinerzeitigen sozialen und beruflichen Umfeldes wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen. Dafür spricht zuletzt auch die Tatsache, dass der BF in der Lage war, völlig auf sich alleine gestellt über ihm unbekannte Länder die Flucht bis nach Österreich zu meistern, wobei er sicherlich ein überdurchschnittliches Maß an Anpassungs- und Selbsterhaltungsfähigkeit unter Beweis stellen musste.

2.10.2. Zudem hat der BF die Möglichkeit, eine Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

2.10.3. Es ist für das erkennende Gericht daher nicht nachvollziehbar, warum es dem BF nicht möglich und zumutbar sein soll, sich im eigenen Heimatland, wo er mit der Kultur, den Sitten und Gebräuchen, sowie der Sprache vertraut ist und sich rasch an die örtlichen Gegebenheiten anpassen könnte, ebenfalls eine Lebensgrundlage binnen kurzer Zeit für sich schaffen zu können.

2.10.4. Insgesamt konnte der BF eine Gefährdungssituation im Herkunftsstaat nicht hinreichend substantiieren, welcher er im Falle der Rückkehr in exponierter Weise ausgesetzt wäre. Unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Berichtslage, sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wie z.B. soziale Anknüpfungspunkte, selbständige berufliche Tätigkeit, usw.) ergibt sich, dass eine Rückkehr des BF in die Russische Föderation möglich ist.

2.11. Zu den Länderfeststellungen:

2.11.1. Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf den im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für die Russische Föderation vom 27.03.2020 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen, sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

2.11.2. Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich keine derartige Situation im Herkunftsland ableiten, wonach dem BF allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage - ohne Hinzutreten individueller Faktoren - in der Russischen Föderation aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

2.11.3. Die Situation im Herkunftsland hat sich auch seit dem Zeitpunkt der Einvernahme vom 12.06.2020 vor dem BFA in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert. Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei der Russischen Föderation um einen Staat handelt, der zwar im Hinblick auf menschenrechtliche Standards Defizite aufweist, darüber hinaus aber nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien u.v.a. - als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde, sondern sich im Wesentlichen über die letzten Dekaden als relativ stabil erwiesen hat (vgl. dazu etwa VfGH 21.09.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098).

2.11.4. Letztlich ist noch anzumerken, dass unter Zugrundelegung der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zur Grundversorgung in der Russischen Föderation auch kein Grund erkannt werden kann, wonach der arbeitsfähige und arbeitswillige BF, der sich bis zu seiner Ausreise nach eigenen Angaben selbst erhalten konnte, sowie über ausreichend Arbeitserfahrung als Bauarbeiter verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine ausweglose Situation geraten würde.

2.11.5. Was die Ausbreitung des Coronavirus in der Russischen Föderation betrifft, ist festzuhalten, dass der BF zwar bereits im Herkunftsstaat an Hepatitis C erkrankt ist, sowie unter XXXX , und XXXX und nervösen Anfällen leidet und medikamentös eingestellt ist. Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass er aufgrund der vorliegenden Krankheitsbilder als Risikopatient in Bezug auf Covid-19 einzustufen ist. Es liegen daher keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der BF persönlich bei einer Rückkehr eine Covid-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf erleiden würde. Die absoluten Zahlen in der Russischen Föderation erweisen sich mit 1.151.438 Erkrankten als so hoch, wie in kaum einem anderen Land. Dennoch erweisen sich die Todesfälle, mit insgesamt 20.324 Toten als, verglichen mit anderen Ländern, verhältnismäßig gering. Sieht man die absolute Zahl der Erkrankten jedoch im Verhältnis zur Einwohnerzahl, zeigt sich die Zahl der Erkrankungen pro 100.000 Einwohner noch davon entfernt, ein für eine Schutzgewährung signifikantes Risiko aufzuzeigen, in der Russischen Föderation an einer Lungenkrankheit Covid-19 mit schweren Verlauf zu erkranken. Darüber hinaus gehört der BF, wie bereits erwähnt, nicht zur Risikogruppe an einem schwerwiegenden Verlauf zu erkranken.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zum Spruchteil A

3.5. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht. (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011).

Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397). Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten.

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende „Gruppenverfolgung“, hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der „hierzu geeigneten Beweismittel“, insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

3.5.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten damit, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen konnte.

3.5.2. Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht.

3.5.3. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die begründete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung anknüpft.

3.5.4. Die Verfolgung aus dem Grund der (unterstellten) politischen Gesinnung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK liegt in jenen Fällen vor, in denen der ungerechtfertigte Eingriff an die (wenn auch nur vermutete) politische Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung der betroffenen Person anknüpft.

3.5.5. Wie in der Beweiswürdigung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses dargetan, ist es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung im Herkunftsstaat von maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, substantiiert vorzubringen und glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation, sowie der mangelnden Asylrelevanz des Vorbringens betreffend den ausreisekausalen Vorfall kann daher nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

3.5.6. Auch die bloße Zugehörigkeit des BF zur Volksgruppe der Jesiden (mit christlich-orthodoxem Glaubensbekenntnis) alleine reicht für eine Asylgewährung nicht aus, zumal den Länderfeststellungen keine staatliche oder staatlich geduldete generelle Verfolgung der Volksgruppe der Jesiden in der Russischen Föderation von maßgeblicher Intensität zu entnehmen ist, noch eine solche beschwerdeseitig substantiiert behauptet worden ist.

3.5.7. Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

3.5.8. Da der Beschwerdeführer sohin keine Verfolgungshandlungen in Bezug auf die Russische Föderation glaubhaft gemacht hat, liegen die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK geforderten Voraussetzungen nicht vor und war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides deshalb gemäß § 28 Abs. 2 iVm 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.6. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

§ 8 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen ist, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.04.1999, 98/20/0561; 20.05.1999, 98/20/0300).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören – der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 08.06.2000, 99/20/0203; 08.06.2000, 99/20/0586; 21.09.2000, 99/20/0373; 25.01.2001, 2000/20/0367; 25.01.2001, 2000/20/0438; 25.01.2001, 2000/20/0480; 21.06.2001, 99/20/0460; 16.04.2002, 2000/20/0131). Diese in der Rechtsprechung zum AsylG 1997 erwähnten Fälle sind nun z.T. durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FremdenG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427).

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zahl 95/18/0049; 05.04.1995, Zahl 95/18/0530; 04.04.1997, Zahl 95/18/1127; 26.06.1997, Zahl 95/18/1291; 02.08.2000, Zahl 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zahl 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zahl 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zahl 98/01/0122; 25.01.2001, Zahl 2001/20/0011).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zahl 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zahl 95/21/0294; 25.01.2001, Zahl 2000/20/0438; 30.05.2001, Zahl 97/21/0560).

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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