TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/1 W185 2232984-1

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Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W185 2232984-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Tadschikistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2020, Zl. 1259397204/200116176, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 Satz 1 BFA-Verfahrensgesetz idgF (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF), ein Staatsangehöriger aus Tadschikistan, reiste im März 2019 im Besitz eines gültigen deutschen Visums von Tadschikistan über den Luftweg nach Deutschland. Im Jänner 2020 begab sich der BF per Bus nach Österreich, wo er am 29.01.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.01.2020 gab der BF zusammengefasst an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können und keine Medikamente einzunehmen. Er habe seinen Heimatstaat im März 2019 verlassen, da er in Deutschland studieren habe wollen. Er sei am 22.03.2019 legal mittels Studentenvisums per Flugzeug nach XXXX gereist. Dort habe er sich bis 18.01.2020 aufgehalten und bei verschiedenen Firmen in verschiedenen Orten gearbeitet. Er habe sein deutsches Visum mehrmals, für insgesamt weitere sechs Monate, verlängern lassen. Am 18.01.2020 sei der BF dann per Bus nach Österreich gereist. Nunmehr wolle er in Österreich bleiben. In Tadschikistan habe der BF keine Probleme gehabt. In Deutschland sei er am 27.06.2019 von einem (namentlich genannten) Politiker angesprochen worden; vermutlich seien sie bei dem darauffolgenden Gespräch fotografiert worden. Rund einen Monat später sei der BF nämlich von seinem Onkel aus Tadschikistan angerufen worden. Dieser habe dem BF mitgeteilt, dass die tadschikische Polizei vermutlich ein Foto der Unterhaltung zwischen dem BF und dem genannten Politiker erhalten habe und der BF bei einer Rückkehr nach Tadschikistan vermutlich verhaftet werden würde. Er könne daher nicht nach Tadschikistan zurückkehren. Der BF erklärte, weder Politiker noch politisch aktiv zu sein. Da er in Deutschland bei der Arbeit von Tadschiken beobachtet worden sei, habe er Deutschland verlassen und sei nach Österreich gereist. Eigentlich habe er von Österreich weiter nach Amerika reisen wollen, habe jedoch kein Visum für Amerika erhalten. Bei einer Rückkehr nach Tadschikistan habe er Angst, verhaftet zu werden. Seine Verwandten hätten ihm mitgeteilt, dass die Polizei nach ihm suchen würde. Außer in Österreich habe der BF nirgends um Asyl angesucht. Die Frage nach Familienangehörigen in Österreich oder einem anderen EU-Land wurde vom BF verneint.

Eine Eurodac-Abfrage ergab keine Treffermeldung.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) richtete am 05.02.2020 ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge: „Dublin III-VO“) an Deutschland. Dies unter Bekanntgabe der Ausführungen des BF zu seinem Reiseweg und dem Hinweis auf fehlende Eurodac-Treffermeldungen und eine negative VIS-Abfrage.

Am 06.03.2020 teilte Deutschland mit, dass der BF am 23.03.2019 in Besitz eines Visums nach Deutschland eingereist sei. Er habe in Deutschland keinen Asylantrag gestellt. Dem Schreiben war ein Auszug der Abfrage des Visa-Informationssystems angeschlossen, welchem zu entnehmen ist, dass der BF im Besitz eines Visums der Kategorie D, ausgestellt von der deutschen Vertretungsbehörde in XXXX mit einer Gültigkeit von 15.03.2019 bis 14.09.2019 war und ihm in Deutschland am 09.01.2020 ein Aufenthaltstitel erteilt wurde.

Am selben Tag richtete das Bundesamt ein auf Art. 12 Abs. 1 oder 3 der Dublin III-VO gestütztes Gesuch an Deutschland, den BF aufzunehmen. Dies unter Hinweis auf den von Deutschland am 09.01.2020 erteilten Aufenthaltstitel.

Mit Schreiben vom 30.03.2020 stimmte Deutschland der Aufnahme des BF nach Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 24.06.2020 gab der BF, in Anwesenheit eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung, verfahrenswesentlich an, sich geistig und körperlich in der Lage zu fühlen, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er habe in Tadschikistan Hepatitis B gehabt. In Österreich habe man aktive Hepatitis C diagnostiziert. Er sei deswegen in medikamentöser Behandlung; jetzt gehe es ihm gut. Der BF habe bisher im Verfahren wahrheitsgemäße Angaben erstattet. Der BF legte einen Auszug aus einem Social-Media-Kanal vor, welcher angeblich zeige, dass ein Mann, der nach Tadschikistan abgeschoben worden sei, bei seiner Rückkehr verhaftet und zu 20 Jahren Haft verurteilt worden sei. Wenn der BF zurückkehren würde, würde dasselbe passieren. Er sei in Deutschland von einem Mann angesprochen worden. Dieser sei „politisch gewesen“ und habe „gegen die tadschikische Regierung gesprochen“. Ein Agent habe sie dabei beobachtet und fotografiert. Dieses Foto sei in der Folge an die tadschikische Regierung geschickt worden. Da die dortige Regierung nunmehr davon ausgehen würde, dass der BF ein politischer Gegner sei, würden ihn bei Rückkehr nach Tadschikistan 20 Jahre Haft erwarten. In Deutschland sei sein Leben in Gefahr, zumal er dort von Unbekannten auch ausspioniert worden sei, die auch im Besitz eines Fotos von ihm seien. In Österreich fühle sich der BF sicher. In Deutschland hingegen würden ihn die Leute der tadschikischen Regierung finden. Die Leute, die ihn in Deutschland beobachtet hätten, hätten wie Tadschiken ausgesehen. Rund einen Monat nach dem Gespräch mit dem oben erwähnten Politiker in Deutschland hätten ihn sein Onkel und seine Eltern aus Tadschikistan angerufen und gesagt, dass sie ein Schreiben von der Polizei bekommen hätten, auf welchem auch das Foto des BF und des Politikers abgebildet gewesen sei. Sie hätten seinen Eltern gesagt, dass egal wo sich der BF befinde, sie ihn finden würden. Im September 2019 habe der BF die Bedrohung in Deutschland erstmals bemerkt. „Fremde Menschen in Autos“ hätten ihn beobachtet. Auch vor seiner Arbeitsstelle seien immer wieder Autos mit Personen, welche „tadschikisch ausgesehen“ hätten, aufgetaucht. Es seien immer dieselben zwei Autos und zwei Fahrer gewesen. Der BF sei von diesen aber niemals angesprochen worden und seien diese Leute ihm nie zu nahegekommen. Er habe in Deutschland betreffend die vorgebrachte Verfolgung keine Schritte gesetzt, da er „nicht daran gedacht“ habe, Angst gehabt habe und eigentlich nach Amerika habe reisen wollen. Ihm sei gesagt worden, dass es in Österreich einfacher als in Deutschland wäre, ein Visum für Amerika zu bekommen. Über Vorhalt der Zustimmung Deutschlands zu seiner Übernahme und der Absicht, den BF nach Deutschland auszuweisen, erklärte dieser, nicht nach Deutschland zurückkehren zu wollen, da er dort bedroht werden würde und deswegen Angst habe. „Die Partei“ sei sehr mächtig und hauptsächlich in Deutschland tätig. Er sei jung und wolle nicht für lange Zeit im Gefängnis landen. In Österreich hingegen sei er sicher. Dem BF wurde ein Bericht des Robert Koch Institutes bezüglich die Behandlung von Hepatitis C in Deutschland übersetzt. Der BF gab hierzu keine Stellungnahme ab. Der BF verfüge in der EU bzw. Österreich nicht über Familienangehörige oder Verwandte. Der Rechtsberater beantragte aufgrund der vom BF glaubhaft dargelegter Gefährdungslage das Verfahren in Österreich zuzulassen.

Vorgelegt wurden Laborbefunde vom 10.03.2020 bzw vom 15.05.2020 (positiv HBs Antigen und Anti HBc). Eine Sonographie der Oberbauchorgane vom 15.05.2020 ergab einen unauffälligen Befund.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO Deutschland für die Prüfung des Antrags zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Deutschland wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht); Stand Mai 2020:

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 15.5.2020

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 3.2019; vgl. BAMF o.D.a, BAMF o.D.b, BR o.D., UNHCR o.D.a, für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

Im Berichtsjahr 2019 wurden 142.509 Erstanträge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entgegengenommen. Dies bedeutet gegenüber 2018 (161.931 Erstanträge) eine Abnahme der Erstantragszahlen um 12 %. 2019 wurden insgesamt 165.938 Asylanträge (Erstanträge und Folgeanträge) gestellt. Im gesamten Berichtsjahr 2019 wurden insgesamt 183.954 Entscheidungen über Asylanträge getroffen. Im Jahr zuvor waren es 216.873 Entscheidungen; dies bedeutet einen Rückgang um 15,2 %. Dabei lag die Gesamtschutzquote für alle Staatsangehörigkeiten im Berichtsjahr 2019 bei 38,2 % (70.239 positive Entscheidungen von insgesamt 183.954). Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert (35,0 %) stieg die Gesamtschutzquote somit um 3,2 Prozentpunkte an (BAMF 2020). In den ersten vier Monaten 2020 hat die Zahl der Asylanträge im Vergleich zu den entsprechenden Zahlen des Vorjahrs weiter abgenommen.

(BAMF 4.2020)

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a): Ablauf des Asylverfahrens, https://www.bamf.de/DE/Themen/AsylFluechtlingsschutz/AblaufAsylverfahrens/ablaufasylverfahrens-node.html, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 4.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2020): Aktuelle Zahlen (Ausgabe: Dezember 2019), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 5.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (04.2020): Aktuelle Zahlen. April 2020, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-april-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 11.5.2020

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 15.5.2020

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.4.2019).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 4.5.2020

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 15.5.2020

Bei jedem Asylantrag prüft das Bundesamt auf Grundlage des Asylgesetzes, ob eine der vier Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz, subsidiärer Schutz oder ein Abschiebungsverbot – vorliegt. Wird ein nationales Abschiebungsverbot festgestellt, darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt (BAMF o.D.b).

Im Jahr 2018 hob die Regierung ihr Abschiebeverbot für Afghanistan auf und im ersten Halbjahr wurden etwa 200 Personen dorthin abgeschoben. Die Praxis erlaubte bis dahin nur Abschiebungen von verurteilten Kriminellen und Personen, die als Sicherheitsrisiko betrachtet wurden. NGOs, darunter auch Amnesty International, kritisierten dies als Verstoß gegen das Refoulement-Prinzip (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 8.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 15.5.2020

Versorgung

Letzte Änderung: 15.5.2020

Für Versorgung und Unterkunft der Asylwerber ist die zuständige Aufnahmeeinrichtung verantwortlich. Während ihres Aufenthalts erhalten die Asylwerber existenzsichernde Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse im Alltag. Art und Höhe der Leistungen sind durch das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Zu ihnen zählen: Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt, Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt sowie individuelle Leistungen, die vom jeweiligen Einzelfall abhängen (BAMF o.D.b; vgl. AIDA 16.4.2019).

Asylwerberleistungen werden auch in der Anschlussunterbringung (wie etwa einer Gemeinschaftsunterkunft oder auch einer privaten Wohnung) erbracht (BAMF o.D.b). Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen werden die Grundleistungen als Sachleistungen bereitgestellt. Die Höhe der finanziellen Unterstützung beläuft sich je nach Unterbringung auf:

Bezieher

Betrag bei Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen

Betrag bei Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

135 €

354 €

Für jeden von zwei erwachsenen Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

122 €

318 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte im selben Haushalt

108 €

284 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

76 €

276 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

83 €

242 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

79 €

214 €

Für in Aufnahmezentren untergebrachte Asylwerber gilt, dass diese mit Essen, Heizung, Kleidung und sanitären Produkten versorgt werden. Daher sind die Sätze deutlich niedriger (AIDA 16.4.2019).

Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Für einen möglichen Arbeitsmarktzugang nehmen Beraterinnen und Berater der Bundesagentur für Arbeit vor Ort in den Ankunftszentren Erstdaten der Antragstellenden auf. Diese stehen dann den Arbeitsagenturen und Jobcentern bundesweit zur Verfügung (BAMF o.D.b).

Beim Arbeitsmarktzugang für Asylwerber und Geduldete gelten die folgenden Regelungen: Asylwerber benötigen grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis, die durch die lokale Ausländerbehörde erteilt wird. Im 1. bis zum 3. Monat befinden sich die Personen in der Wartefrist. Ab dem 4. Monat können Asylwerber sowie Geduldete in vielen Teilen Deutschlands (mit Ausnahme einiger Regionen) eine Arbeit aufnehmen. Ab dem 16. Monat ist der Arbeitsmarkt in ganz Deutschland ohne Vorrangprüfung offen. Immer dann, wenn keine Vorrangprüfung erfolgt, ist auch eine Tätigkeit als Leiharbeitnehmer möglich. Ab dem 49. Monat ist keine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit mehr erforderlich; aber weiterhin jene der Ausländerbehörde. Für Fachkräfte und bei Ausbildung gilt ein erleichterter Arbeitsmarktzugang (BMAS 26.3.2020).

Flüchtlinge und Asylsuchende sehen sich bei der Arbeitssuche mit mehreren Hürden konfrontiert, unter anderem langen Überprüfungszeiten für Vorqualifikationen, fehlenden amtlichen Zeugnissen und Abschlüssen sowie eingeschränkten Deutschkenntnissen (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 12.5.2020

-        BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (26.3.2020): Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge, https://www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Infos-fuer-Asylsuchende/arbeitsmarktzugang-asylbewerber-geduldete.html, Zugriff 12.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Unterbringung

Letzte Änderung: 15.5.2020

Zunächst werden alle Asylsuchenden in den nächstgelegenen Aufnahmeeinrichtungen des jeweiligen Bundeslandes aufgenommen. Eine solche Einrichtung kann für die vorübergehende oder auch für die längerfristige Unterbringung zuständig sein (BAMF o.D.b). In Deutschland gibt es grundsätzlich drei verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. 2015 und 2016 waren Notunterkünfte im Betrieb, die bis auf wenige Ausnahmen inzwischen wieder geschlossen wurden (AIDA 16.4.2019).

Asylwerberinnen und Asylwerber werden in der Regel zunächst in einer Erstaufnahmeunterkunft untergebracht. Nach einer Gesetzesreform vom Juli 2017 wurde die maximale Aufenthaltsdauer in der Erstaufnahmeeinrichtung von sechs auf 24 Monate erhöht. Diese Regelung wurde jedoch bis Ende 2018 nur in Bayern umgesetzt. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, kommen Asylwerber normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften unter, wobei es sich um Unterbringungszentren im selben Bundesland handelt. Asylwerber müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen eine dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Die Standards und die Lebensbedigungen in Gemeinschaftsunterkünften unterscheiden sich nicht nur regional, sondern auch oft innerhalb bestimmter Regionen stark, daher kann nur schwerlich eine allgemeingültige Aussage über die Lebensbedingungen in solchen Einrichtungen getroffen werden (AIDA 16.4.2019).

Die Ankunftszentren sind der zentrale Zugangspunkt zum Asylverfahren. In diesen Zentren werden alle für das Asylverfahren erforderlichen Schritte durchgeführt. Dies beinhaltet die ärztliche Untersuchung durch die Länder, die Erfassung der persönlichen Daten und die Identitätsprüfung, die Antragstellung, Anhörung und Entscheidung über den Asylantrag sowie erste Integrationsmaßnahmen, wie etwa die sogenannten Erstorientierungskurse durch das Bundesamt. Darüber hinaus findet eine Erstberatung zum Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Arbeitsagentur statt (BAMF o.D.b).

Mit den neuen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Einrichtungen (AnkER-Einrichtungen) wurde die Grundidee der Ankunftszentren weiterentwickelt. Das zentrale Element des AnkER-Konzepts ist die Bündelung aller Funktionen und Zuständigkeiten: von Ankunft über Asylantragstellung und Entscheidung bis zur kommunalen Verteilung, ersten integrationsvorbereitenden Maßnahmen bzw. der Rückkehr von Asylantragstellenden. Alle direkt am Asylprozess beteiligten Akteure sind vor Ort in den AnkER-Einrichtungen vertreten. Dies sind in der Regel die Aufnahmeeinrichtungen des Landes, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Ausländerbehörden, Verwaltungsgerichte, Jugendämter und die Bundesagentur für Arbeit. Für die Ausgestaltung der Zentren wird dabei kein starres Konzept vorgegeben – die Länder können hier die Schwerpunkte setzen, die ihnen besonders wichtig sind (BAMF o.D.b).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 8.5.2020

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.b): Ablauf des deutschen Asylverfahrens – Broschüre, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/AsylFluechtlingsschutz/Asylverfahren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile&v=12, Zugriff 11.5.2020

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 15.5.2020

Asylwerber sind grundsätzlich nicht gesetzlich krankenversichert, sondern haben im Krankheitsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). In Abhängigkeit von Aufenthaltsdauer und -status definiert das Gesetz unterschiedliche Leistungsniveaus (GKV 6.11.2019).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für Asylwerber in Fällen akuter Erkrankung oder bei Schmerzen vor. Hierbei werden beispielsweise auch Zahnbehandlung und Medikation umfasst. Sonstige, darüber hinausgehende Leistungen liegen im Ermessen der Sozialbehörden und können gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich sind. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Berichten zufolge werden jedoch notwendige, aber kostspielige diagnostische Maßnahmen oder Therapien von den lokalen Behörden nicht immer bewilligt (AIDA16.4.2019; vgl. GKV 6.11.2019).

Zuständig für die Umsetzung dieses Leistungsanspruchs sind die Länder bzw. die von ihnen per Landesgesetz bestimmten Behörden. Innerhalb der ersten 15 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird dies in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen (Krankenscheinen) durch die Sozialämter sichergestellt (GKV 6.11.2019). Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet (AIDA 16.4.2019). Die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG liegt demnach im Ermessen der kommunalen Leistungsträger. Nach der Wartezeit werden die Asylwerber gemäß § 264 Abs. 2 SGBV auftragsweise von den gesetzlichen Krankenkassen betreut. Sie erhalten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK), mit der Sie nahezu dieselben Leistungen erhalten wie gesetzlich Krankenversicherte. Die Krankenkassen erhalten die Aufwendungen und einen Verwaltungskostenanteil von den Trägern der Sozialhilfe erstattet (GKV 6.11.2019).

Es wird kritisiert, dass auch Asylwerber, die eine Gesundheitskarte besitzen, immer noch lediglich Zugang zu einer Notfallbehandlung hätten. Einige Gemeinden und private Gruppen sorgten für eine zusätzliche Gesundheitsversorgung (USDOS 13.3.2020).

Quellen:

-        AIDA – Asylum Information Database (16.4.2019): Country Report: Germany – 2018 Update, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_2018update.pdf, Zugriff 11.5.2020

-        GKV – GKV-Spitzenverband (6.11.2019): Fokus: Asylsuchende/ Flüchtlinge, https://www.gkv-spitzenverband.de/presse/themen/fluechtlinge_asylbewerber/fluechtlinge.jsp, Zugriff 12.5.2020

-        USDOS (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Germany, https://www.ecoi.net/de/dokument/2027519.html, Zugriff 12.5.2020

Die Identität des BF stehe fest. Der BF leide an Hepatitis C, nehme derzeit Medikamente ein und es gehe ihm gut. Entsprechende Befunde seien vorgelegt worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass sonstige schwere psychische Störungen oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden. Die zur Covid-19-Panemie getroffenen Feststellungen würden sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten der Johns Hopkins University und des österr. BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ergeben. Es sei nicht zu erkennen, dass sich die Corona-Situation in Deutschland schlechter darstellen würde als in Österreich. Es sei davon auszugehen, dass Überstellungen nur dann durchgeführt würden, wenn sich die Lage entspanne und sich die Mitgliedstaaten in der Lage sehen würden, die übernommenen Rückkehrer potentiell auch medizinisch versorgen zu können. Deutschland habe der Übernahme des BF am 30.03.2020 gemäß Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt. Der BF verfüge in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Eine besondere Integrationsverfestigung könne nicht erkannt werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF in Deutschland systematischen Misshandlungen bzw Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte. Hinsichtlich des Vorbringens des BF, in Deutschland von Tadschiken ausspioniert worden zu sein, führte das Bundesamt aus, dass daraus nicht hervorgehe, dass der BF durch diesen Umstand in Deutschland tatsächlich der Gefahr einer konkreten Verfolgung ausgesetzt sei. Selbst bei Vorliegen der behaupteten Gefährdung in Deutschland, sei den Angaben des BF keinesfalls mangelnder Schutzwille oder mangelnde Schutzfähigkeit des Staates Deutschland zu entnehmen, zumal dieser auch nie einen Schritt zu seiner Verteidigung gesetzt habe. Zudem sei auch darauf hinzuweisen, dass Deutschland als sicherer Staat im Sinne des Asylgesetzes anzusehen sei. Der BF habe jedenfalls die Möglichkeit, sich in Deutschland an die dortigen Polizeibehörden zu wenden. Dass dem BF dies nicht möglich oder zumutbar (gewesen) wäre, habe sich im Verfahren nicht ergeben. Das Vorbringen des BF sei nicht glaubhaft, da es insgesamt unlogisch sei; die Geschichte sei erfunden. Weiteres sei festzuhalten, dass der BF nie persönlich bedroht worden sei. Ein konkreter Hinweis, dass der BF verfolgt und sogar ausspioniert worden wäre, habe sich nie ergeben. Der BF habe nach eigenen Angaben keine Beweisfotos für die Verfolgung manchen können, da die Verfolger immer zu weit weg gewesen wären. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sei im gegenständlichen Fall keine drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Falle einer Überstellung nach Deutschland ersichtlich. Der BF habe nie vorgebracht, dass die medizinische Versorgung in Deutschland unzureichend sei. Hepatitis C sei in Deutschland gut behandelbar und die Behandlung auch zugänglich. Es ergebe sich insgesamt kein Hinweis darauf, dass dem BF in Deutschland in einer der EMRK widersprechenden Weise eine erforderliche medizinische Versorgung vorenthalten worden wäre oder in der Zukunft vorenthalten werden könnte. Eine Schutzverweigerung Deutschlands sei nicht zu erwarten, zumal Deutschland der Übernahme des BF ausdrücklich zugestimmt habe. Ein schützenswertes Familienleben des BF bestehe in Österreich nicht. Auch ein unzulässiger Eingriff in das Privatleben des BF liege nicht vor, zumal sich dieser erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet aufhalte. Es sei davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art 8 EMRK führe. Der Gesundheitszustand des BF sei nicht geeignet, eine Überstellung als unzulässig erscheinen zu lassen. Der BF sei nicht lebensbedrohlich erkrankt. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe nicht erschüttert werden können; ein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 der Dublin III-VO habe sich nicht ergeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 09.07.2020 fristgerecht eingebrachte, von der ARGE Rechtsberatung-Diakonie verfasste, Beschwerde. Es wurde auf die bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt vorgebrachten Gründe, welche gegen eine Überstellung des BF nach Deutschland sprechen würden, verwiesen. Der BF habe angegeben, in Deutschland vom tadschikischen Geheimdienst verfolgt zu werden, da dem BF eine feindliche politische Gesinnung unterstellt würde. Er sei dort mehrfach observiert worden. Überdies leide der BF aufgrund der diagnostizierten aktiven Hepatitis C, welche ohne entsprechende Behandlung zum Tod führen könne, an einer schweren Krankheit und sei als Teil der COVID-19 Risikogruppe anzusehen; dies insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell steigenden Zahlen in Deutschland. Der BF befinde sich in medizinischer bzw. medikamentöser Behandlung und sei als vulnerabel anzusehen. Aufgrund der Ausbreitung des COVID-19 Virus könne ein Eingriff in die Rechte des BF nach Art. 3 EMRK bei einer Überstellung nach Deutschland nicht ausgeschlossen werden. Das Bundesamt habe es unterlassen, Ermittlungen betreffend die Verfügbarkeit von Hepatitis C Therapiemöglichkeiten vor dem Hintergrund der COVID-19 Krise in Deutschland durchzuführen. Es fehle auch an der Einholung einer Einzelfallzusicherung hinsichtlich Unterbringung und Versorgung, zumal es sich beim BF um eine kranke und vulnerable Person handle. Überdies habe das BMEIA eine partielle Reisewarnung für Deutschland erlassen. Auch habe es das Bundesamt unterlassen, sich adäquat mit der bestehenden Bedrohungslage für den BF in Deutschland durch Mitglieder des tadschikischen Geheimdienstes auseinanderzusetzen. Es seien keine Ermittlungsschritte zur Verifizierung des Vorbringens des BF gesetzt worden. Auch die Annahme der Behörde, der BF wäre nie persönlich bedroht worden, sei haltlos, sei dieser doch mehrmals observiert worden. Aufgrund der besonderen Vulnerabilität sei die Überstellung nach Deutschland auszusetzen und habe Österreich vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen.

Am 06.08.2020 wurde der BF – ohne Vorkommnisse - auf dem Luftweg nach Deutschland überstellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der BF, ein volljähriger Staatsangehöriger aus Tadschikistan, reiste im Besitz eines gültigen Visums der Kategorie D, ausgestellt von der deutschen Vertretungsbehörde in XXXX am 23.03.2019 legal nach Deutschland. Am 09.01.2020 wurde dem BF in Deutschland ein Aufenthaltstitel erteilt. Der BF reiste am 18.01.2020 irregulär in Österreich ein, wo er am 29.01.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Es liegt keine Eurodac-Treffermeldung vor; eine VIS-Abfrage verlief negativ.

Das Bundesamt richtete am 06.03.2020 ein Aufnahmegesuch nach Art. 12 Abs. 1 oder 3 der Dublin III-VO an Deutschland; dies unter Hinweis auf das deutsche Visum bzw den vorliegenden deutschen Aufenthaltstitel. Mit Schreiben vom 30.03.2020 stimmte Deutschland der Übernahme des BF nach Art. 12 Abs. 1 der Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Deutschland an.

Konkrete, in den Personen des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung nach Deutschland Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der COVID-19 Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF nach Deutschland. Bei COVID-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Mit Stichtag 30.09.2020 hat es in Deutschland insgesamt 292.911 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 27.330 aktive Fälle, 256.010 genesene Fälle und 9.571 Todesfälle gegeben.

Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über die Definition der allgemeinen COVID-19-Risikogruppe (COVID-19-Risikogruppe-Verordnung) regelt in ihrem § 2 die medizinischen Indikationen für die Zuordnung zu einer COVID-19 Risikogruppe folgendermaßen:

„§ 2. (1) Medizinische Indikationen für die Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe nach § 735 Abs. 1 ASVG bzw. § 258 Abs. 1 B-KUVG sind:

1. fortgeschrittene funktionelle oder strukturelle chronische Lungenkrankheiten, welche eine dauerhafte, tägliche, duale Medikation benötigen, wie

a)       pulmonale Hypertonien,

b)       Mucoviscidosen/zystische Fibrosen sowie

c)       COPD im fortgeschrittenen Stadium GOLD III ab Patientengruppe C;

2. chronische Herzerkrankungen mit Endorganschaden, die dauerhaft therapiebedürftig sind, wie

a)       ischämische Herzerkrankungen sowie

b)       Herzinsuffizienzen;

3.

a)       aktive Krebserkrankungen mit einer jeweils innerhalb der letzten sechs Monate erfolgten onkologischen Pharmakotherapie (Chemotherapie, Biologika) und/oder einer erfolgten Strahlentherapie sowie

b)       metastasierende Krebserkrankungen auch ohne laufende Therapie;

4. Erkrankungen, die mit einer dauerhaften und relevanten Immunsuppression behandelt werden müssen, wie

a)       Knochenmarkstransplantation innerhalb der letzten zwei Jahre oder unter einer immunsuppressiven Therapie oder mit Graft vs Host Disease,

b)       Organtransplantation innerhalb des letzten Jahres oder unter einer immunsuppressiven Therapie oder mit Graft vs Host Disease,

c)       dauernde Kortisontherapie > 20 mg bzw. Prednisonäquivalent/Tag länger als zwei Wochen,

d)       Immunsuppression mit Cyclosporin, Tacrolimus, Mycophenolat Azathioprin, Methotrexat Tyrosinkinaseinhibitoren, laufender Biologikatherapie (bei nicht onkologischer Diagnose) sowie

e)       HIV mit hoher Viruslast;

5. fortgeschrittene chronische Nierenerkrankungen wie

a)       chronische Niereninsuffizienz mit glomerulärer Filtrationsrate < 45 ml/min,

b)       bei Nierenersatztherapie sowie

c)       bei St.p. Nierentransplantation;

6. chronische Lebererkrankungen mit Organumbau und dekompensierter Leberzirrhose ab Childs-Stadium B;

7. ausgeprägte Adipositas ab dem Adipositas Grad III mit einem BMI >= 40;

8. Diabetes mellitus

a)       Typ I mit regelmäßig erhöhtem HBA1c > 7,5%,

b)       Typ II mit regelmäßig erhöhtem HBA1c > 8,5%,

c)       Typ I oder II mit Endorganschäden;

9. arterielle Hypertonie mit bestehenden Endorganschäden, insbesondere chronische Herz- oder Niereninsuffizienz, oder nicht kontrollierbarer Blutdruckeinstellung.

(2) Abgesehen von den in Abs.1 genannten medizinischen Indikationen ist die Ausstellung eines COVID-19-Risiko-Attests nur dann zulässig, wenn sonstige schwere Erkrankungen mit funktionellen oder körperlichen Einschränkungen vorliegen, die einen ebenso schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 wie bei den in Abs. 1 gelisteten Krankheitsbildern annehmen lassen. Dies ist von dem/der das COVID-19-Risiko-Attest ausstellenden Arzt/Ärztin in seinen/ihren Aufzeichnungen entsprechend zu begründen und zu dokumentieren.“

Der BF leidet an Hepatitis C und wurde in Österreich diesbezüglich medikamentös behandelt. Nicht festgestellt werden kann, dass der BF unmittelbar akut an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet bzw. er sich allenfalls im Endstadium einer letalen Erkrankung befindet. In Deutschland sind (bei Bedarf) alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente erhältlich. Es besteht ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber in Deutschland, welche auch in der Praxis zugänglich ist. Der BF gehört keiner Risikogruppe nach der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung an.

Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen des BF im Bundesgebiet bestehen nicht.

Am 06.08.2020 kam es innert offener Frist zur Überstellung des BF nach Deutschland.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich des Reiseweges des BF beruhen auf den eigenen diesbezüglichen Angaben des BF in Zusammenhalt der vorliegenden Abfrage des Visa-Informationssystems durch Deutschland.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Deutschlands zur Übernahme des BF nach Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der deutschen Dublin-Behörde, welches im Akt dokumentiert ist.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat Deutschland resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Deutschland auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das deutsche Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Deutschland den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der BF nicht dargetan. Eine den BF konkret treffende Bedrohungssituation in Deutschland wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe auch unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus dessen diesbezüglichen Angaben und den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Es wurde diesbezüglich kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die getroffenen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, respektive keine Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen nur dann durchgeführt werden, wenn sich die einzelnen Mitgliedstaaten (wieder) dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen. Dies war offenkundig hier der Fall, ansonsten die deutschen Behörden den BF am 06.08.2020 nicht übernommen hätten.

Die festgestellten familiären und persönlichen Verhältnisse des BF beruhen auf den eigenen, nicht anzuzweifelnden des BF und dem Akteninhalt.

Die am 06.08.2020 erfolgte Überstellung des BF auf dem Luftweg nach Deutschland ergibt sich aus einem entsprechenden Bericht der LPD NÖ vom selben Tag.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 2018/57, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.       …

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 Abs. 5 BFA-VG lautet:

§ 21 (5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2.       …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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