TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/12 96/19/1165

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Veröffentlicht am 12.09.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs2;
AufG 1992 §5;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §113 Abs8;
FrG 1997 §12 Abs3;
FrG 1997 §15;
VwGG §27 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des 1963 geborenen MB in Wien, vertreten durch

Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 12-14/20, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. eines Antrages auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 4 Abs. 2 AufG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte über Wiedereinreisesichtvermerke für nachstehende Zeiträume:

27. Juli 1989 bis 30. Oktober 1989

31. Oktober 1989 bis 30. Oktober 1990

17. Oktober 1990 bis 30. Oktober 1991

14. November 1991 bis 7. Oktober 1992

4. Dezember 1992 bis 23. August 1993

Er verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum:

24. August 1993 bis 24. August 1995.

Am 22. Mai 1995 (Datum des Einlangens) beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung.

Am 10. August 1995 wurde dem Beschwerdeführer über diesen Antrag vom Landeshauptmann von Wien eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum vom 25. August 1995 bis 25. August 1997 erteilt.

Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer die am 21. August 1995 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangte Berufung. Er brachte vor, er sei seit 1989, somit mehr als fünf Jahre im Bundesgebiet zum Aufenthalt berechtigt. Er beantrage daher, ihm eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Mit Säumnisbeschwerde vom 17. April 1996 machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Inneres geltend.

Mit Verfügung vom 6. Mai 1996 forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Die Zustellung dieser Verfügung an die belangte Behörde erfolgte am 19. Juni 1996.

Die belangte Behörde erließ auch während der gesetzten Nachfrist keinen Berufungsbescheid, sondern legte die Akten unter Hinweis auf die eingetretene Fristversäumung vor.

Mit Verfügung vom 30. Mai 1997 hielt der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer vor, daß er in den Zeiträumen vom 31. Oktober 1991 bis 14. November 1991 und vom 8. Oktober 1992 bis 3. Dezember 1992 über keine Berechtigung zum Aufenthalt im Inland verfügte.

Der Beschwerdeführer äußerte sich dahingehend, daß die Verlängerung des bis 30. Oktober 1991 erteilten Sichtvermerkes bereits Anfang Oktober 1991 beantragt worden sei. Auch die Verlängerung des am 14. November 1991 erteilten Sichtvermerkes sei noch rechtzeitig vor dessen Ablauf beantragt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 4 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG lauten:

"(2) Eine Bewilligung gemäß Abs. 1 ist zunächst befristet für höchstens ein Jahr zu erteilen. Sie kann jeweils um höchstens zwei weitere Jahre verlängert werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) eingetreten ist. Fremden, die ohne Unterbrechung seit fünf Jahren eine Bewilligung haben, kann eine unbefristete, sofern die Voraussetzungen hiefür nicht gegeben sind, eine mehrjährige Bewilligung erteilt werden.

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen."

§ 12 Abs. 3, § 15 und § 113 Abs. 8 FrG 1997 lauten:

"§ 12. ...

...

(3) Fremden darf wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zuläßt, ein weiterer Aufenthaltstitel für denselben Aufenthaltszweck nicht versagt werden.

§ 15. (1) Werden in einem Verfahren zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels Versagungsgründe bekannt, so hat die Behörde - gegebenenfalls nach Einholung einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme - den Antragsteller vom Versagungsgrund in Kenntnis zu setzen, ihm mitzuteilen, daß eine Aufenthaltsbeendigung (§§ 33 ff) beabsichtigt ist und ihm darzulegen, warum dies unter Bedachtnahme auf den Schutz seines Privat- oder Familienlebens (§ 37) zulässig scheint. Außerdem hat sie ihn zu informieren, daß er das Recht hat, sich hiezu binnen einer gleichzeitig festzusetzenden, vierzehn Tage nicht unterschreitenden Frist zu äußern.

(2) Nach Ablauf dieser Frist ist bei unverändertem Sachverhalt das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen; der Ablauf der Frist des § 73 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, wird dadurch bis zum Abschluß dieses Verfahrens gehemmt. Sobald sich ergibt, daß eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig ist, hat die Behörde den weiteren Aufenthaltstitel zu erteilen.

(3) Erwächst jedoch eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des weiteren Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Dieses Verfahren ist fortzusetzen, sobald nach einer Aufhebung der Ausweisung oder des Aufenthaltsverbotes durch den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof feststeht, daß deren Verhängung nunmehr unterbleibt.

§ 113. ...

...

(8) Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung versagt oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung verfügt wird, dürfen nach dem 15. Juli 1997 nicht mehr erlassen werden. In diesen Fällen gelten die §§ 12 Abs. 3 und 15 bis zum 1. Jänner 1998 für die Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen."

Die belangte Behörde hat es unterlassen, über die am 21. August 1995 eingelangte Berufung des Beschwerdeführers innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 27 Abs. 1 VwGG zu entscheiden. Die Säumnisbeschwerde vom 17. April 1996 ist daher zulässig. Der fruchtlose Ablauf der gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Nachfrist bewirkte den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über diese Berufung auf den Verwaltungsgerichtshof.

Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich, daß die "Erteilung" einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung eine Form der Verlängerung einer bestehenden Aufenthaltsbewilligung darstellt, und zwar jene, die zeitlich nicht begrenzt ist. Die befristete Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung ist daher gegenüber der "Erteilung" einer unbefristeten Bewilligung kein aliud, sondern ein minus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1996, Zl. 95/19/0635). Die erstinstanzliche Behörde hat daher durch die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbewilligung implicite zum Ausdruck gebracht, daß das Mehrbegehren auf unbefristete Erteilung, also über den 25. August 1997 hinaus, abgewiesen werde.

Wie sich aus dem Systemzusammenhang mit § 113 Abs. 8 zweiter Satz FrG 1997 ergibt, sind "Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung versagt" wird im Sinne des ersten Satzes dieser Bestimmung, nur solche, mit denen ein Verlängerungsantrag zur Gänze abgewiesen wird. Nur in solchen Fällen sind die Erlassung des Bescheides nach dem 15. Juli 1997 (und damit auch eine solche meritorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im Säumnisbeschwerdeverfahren) unzulässig und die in § 12 Abs. 3 und 15 FrG 1997 vorgesehenen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung zu veranlassen. Hingegen ist die Erlassung eines Bescheides, welche lediglich dazu führt, daß die beantragte Aufenthaltsbewilligung nur um einen Teil des beantragten Zeitraumes verlängert wird, gemäß § 113 Abs. 8 FrG 1997 zulässig. Die in Rede stehende Bestimmung hinderte den Verwaltungsgerichtshof daher nicht, im Rahmen der meritorischen Erledigung der Säumnisbeschwerde auch eine das (Mehr)Begehren (auf eine längere als die erstbehördlich bewilligte Aufenthaltsdauer) abweisende Berufungsentscheidung zu treffen.

Gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz AufG setzt die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung voraus, daß der Fremde ohne Unterbrechung seit fünf Jahren eine Bewilligung besaß. Selbst wenn man dem in § 13 Abs. 1 AufG enthaltenen Hinweis auf § 4 Abs. 2 AufG entnehmen wollte, daß infolge der erstmaligen Erteilung einer (Aufenthalts)Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (hier also der Bewilligung für den Zeitraum vom 24. August 1993 bis 24. August 1995) die dieser Bewilligung nahtlos vorangegangenen durchgehenden Berechtigungen zum Aufenthalt sinngemäß als Zeiten der "verlängerten" Bewilligung zu gelten hätten, wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen.

Er verfügte nämlich erst seit 4. Dezember 1992 durchgehend über Berechtigungen zum Aufenthalt aufgrund von Wiedereinreisesichtvermerken bzw. aufgrund von Bewilligungen. Daran vermag auch sein Vorbringen nichts zu ändern, er habe "fristgerecht die Verlängerung" der bis 30. Oktober 1991 bzw. bis 7. Oktober 1992 ausgestellten Sichtvermerke beantragt. Dabei übersieht der Beschwerdeführer zunächst, daß die bloße Stellung eines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet verschafft (vgl. das hg. Erkenntis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0583). Eine rückwirkende Erteilung des mit 14. November 1991 datierten Sichtvermerkes ab 31. Oktober 1991 bzw. des mit 4. Dezember 1992 datierten Sichtvermerkes ab 8. Oktober 1992 ist diesen Sichtvermerken in Übereinstimmung mit der damaligen Rechtslage nicht zu entnehmen. Aus dem Vorgesagten folgt, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzung des § 4 Abs. 2 letzter Satz AufG für die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltsbewilligung, nämlich die Innehabung einer Bewilligung seit fünf Jahren ohne Unterbrechung derzeit noch nicht erfüllt. Seine Berufung war daher gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und § 4 Abs. 2 letzter Satz AufG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191165.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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