Entscheidungsdatum
06.10.2020Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W123 2017084-2/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2020, Zl. 644100806-200842748, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA: Kosovo, vertreten durch RA Dr. Günter SCHMID, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG idgF, § 22 BFA-VG idgF, rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 01.08.2013 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, der seitens belangten Behörde gemäß § 5 AsylG 2005 (aufgrund der Zuständigkeit Ungarns) zurückgewiesen wurde.
Die Entscheidung erwuchs mit 13.09.2013 in Rechtskraft.
2. Am 24.05.2014 stellte der Beschwerdeführer den zweiten Antrag auf internationalen Schutz, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass der Beschwerdeführer im Kosovo eine Versicherungskompanie gehabt habe, diese Firma jedoch schließen hätte müssen, da der Beschwerdeführer von Kunden bedroht worden sei. Einmal sei der Bruder des Beschwerdeführers, ein anderes Mal ein Freund des Beschwerdeführers bei einem Übergriff verletzt worden.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.09.2014 wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Kosovo zulässig ist und die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt.
Die Entscheidung erwuchs mit 30.09.2014 in Rechtskraft.
4. Am 09.01.2015 wurde der Beschwerdeführer von der Polizei in seiner Wohnung angetroffen und beim Versuch zu fliehen, festgenommen und über ihn am 10.01.2015 die Schubhaft verhängt. Am 21.01.2015 reiste der Beschwerdeführer freiwillig in seinen Herkunftsstaat aus.
5. Am 13.08.2015 stellte der Beschwerdeführer – nach neuerlicher illegaler Einreise – den dritten Antrag auf internationalen Schutz und brachte zur Begründung vor, dass er im Kosovo von der Mafia und von Auftragskillern verfolgt worden sei. Der Beschwerdeführer habe eine Sicherheitsfirma gehabt, sei aber von der Schutzgeldmafia erpresst worden. Im Jahr 2010 habe der Beschwerdeführer Probleme mit einem ehemaligen Kunden gehabt, der auf ihn geschossen habe. Der Beschwerdeführer sei ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr in den Kosovo ständig telefonisch bedroht und zudem am 31.07.2015 bei einem Angriff mit einem Messer verletzt worden. Der Beschwerdeführer habe keine Anzeige bei der Polizei erstattet.
6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.08.2015 wurde der dritte Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Kosovo zulässig ist und die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt.
Die Entscheidung erwuchs mit 01.09.2015 in Rechtskraft.
7. Am 19.11.2015 stellte der Beschwerdeführer (aus der U-Haft) den vierten Antrag auf internationalen Schutz.
8. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.08.201 wurde der vierte Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt, gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 46 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Kosovo zulässig ist. Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Die Entscheidung erwuchs mit 26.08.2016 in Rechtskraft.
9. Am 01.09.2020 stellte der Beschwerdeführer – aus der Strafhaft der Justizanstalt Ried – den fünften Antrag auf internationalen Schutz und gab an, nunmehr den Namen XXXX zu führen.
10. In der am 02.09.2020 erfolgten Einvernahme durch die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführer auf die Frage, warum er jetzt einen neuerlichen Asylantrag stelle, vor, dass sich die Gründe geändert hätten, da er im Jahr 2018 Drohungen bekommen habe. Eine dritte Person, die in Linz lebe, habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, zurück in den Kosovo zu fahren, damit die Person, welche den Beschwerdeführer bedrohen würde, dort an ihr Rache nehmen könne. Falls der Beschwerdeführer dies nicht tun würde, dann würden sie den Bruder des Beschwerdeführers im Kosovo etwas antun. Im Jahr 2009 habe der Beschwerdeführer eine Aussage bei der Polizei im Kosovo abgegeben. Die Personen hätten vom Beschwerdeführer verlangt, er solle diese Aussage zurückziehen, sonst würden sie seinem Bruder etwas antun. Im Jahr 2009 seien zwei Attentate an den Beschwerdeführer verübt worden.
11. Am 10.09.2020 langte der Abschlussbericht des SPK Linz ein, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer am 10.07.2020 festgenommen wurde, da er von einem genehmigten Haftausgang am 11.06.2020 nicht mehr in die JA Ried zurückgekehrte. Der Beschwerdeführer wurde wegen Verdachts der Annahme, Weitergabe oder Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden angezeigt, da er im Besitz eines gefälschten rumänischen Personalausweises war.
12. Am 14.09.2020 langte die Verständigung der Staatsanwaltschaft Linz ein, wonach gegen den Beschwerdeführer wegen § 224a StGB Anklage erhoben wird.
13. Am 15.09.2020 erstattete der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein ergänzendes Vorbringen und führte aus, dass der Beschwerdeführer noch weitere Gründe vorzubringen habe, warum er in seinem Herkunftsstaat Verfolgung bzw. Gewalt befürchten müsse und stellte gleichzeitig den Antrag, ihm für die Darlegung dieser Gründe eine Frist bis zum 16.11.2020 zu gewähren.
14. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 01.10.2020 vor der belangten Behörde verkündete der Leiter der Amtshandlung, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG idgF aufgehoben werde. Die belangte Behörde traf dabei Feststellungen zur Person und zum Herkunftsstaat auf Grundlage des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, aktueller Stand, und kam im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben unter I. wiedergegebene Sachverhalt wird festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde sowie aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich nachfolgender Beweiswürdigung im mündlich verkündeten Bescheid vom 01.10.2020 an:
„ - betreffend die Gründe für die voraussichtliche Entscheidung:
[…]
Gegenständlichen 5. Antrag auf auf internationalen Schutz stützen Sie wiederholt auf ihre Ausreisegründe aus ihren letzten 3 Asylverfahren, nämlich einer Verfolgung durch Privatpersonen ausgesetzt zu ein, somit kann kein neuer Sachverhalt vorliegen. Zum einem ist zu erwähnen, dass schon in den Vorverfahren erkannt wurde, dass es nicht glaubwürdig ist, dass Sie von der Gruppe um XXXX weiterhin verfolgt und erpresst werden, da Sie einerseits schon lange keine Firma mehr haben, zum anderen trotz behaupteter Bedrohungslage seit 2010 weder ihrem Bruder im Kosovo je etwas passiert ist, noch während ihres eigenen Aufenthaltes im Heimatland zwischen 2010 und 2015. Ihre vorgetragene Geschichte über eine allfällige Bedrohungslage ist wiederholt sehr oberflächlich gehalten ist, und ihre Angaben zu der geltend gemachten Bedrohungssituation erschöpfen sich in einer knappen Rahmengeschichte. Konkret gefragt, was vorgefallen ist, führten Sie nur einen Vorfall aus dem Jahre 2018 an, eine dritte Person hätten Ihnen Grüße von XXXX ausgerichtet, entweder Sie kommen zurück in den Kosovo und ziehen ihre Anzeige zurück, oder ihr Bruder wäre in Gefahr. Die Person würde von Ihnen verlangen, dass Sie eine Aussage aus dem Jahre 2009 zurückziehen, ansonsten würde man ihrem Bruder etwas antun.
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass es Ihnen auch im 5. Antrag auf internationalen Schutz nicht gelungen, ihre Verfolgungsgründe und ihr Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen und es hier mangels glaubhaften Kerns des neuen Vorbringens auch zu keiner entscheidungsrelevanten und zu berücksichtigenden Sachverhaltsänderung gekommen ist
Selbst bei Wahrunterstellung, dass Sie eine Firma hatten und Probleme mit Privatpersonen bzw. Übergriffen ausgesetzt gewesen zu sein, so haben Sie damit wiederholt nicht vorgebracht, dass Sie aus asylrelevanten Gründen ausgereist wären und ist daher auch aus diesem Blickwinkel von entschiedener Sache auszugehen.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die von Ihnen vorgebrachten Fluchtgründe den Tatsachen entsprechen, weil ihrem Vorbringen im Ergebnis keine Asylrelevanz zukommt. (vgl. AGH-Erkenntnis v.11.08.2009, B7 245.912-0/2008/5E)
Ein Antrag ihres Vertreters, dass Ihnen zur Konkretisierung und Untermauerung ihres Antragsvorbringens sowie Darlegung der weiteren Fluchtgründe mittels Verfahrensanordnung eine Frist bis zum Montag, dem 16.11.2020 gewährt werden sollte, wird abgelehnt, da aus der Aktenlage klar hervorgeht, dass ihr Haftende der 02. oder 16.10.2020 ist, und es schon wie in der Vergangenheit naheliegt, dass Sie vor der Entscheidung des BFA in die Anonymität abtauchen und sich so fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen. Zu erwähnen ist auch, dass Sie am 10.07.2020 festgenommen wurden, da Sie von einem genehmigten Haftausgang am 11.06.2020 nicht mehr in die JA Ried zurückgekehrt sind.
Soweit beantragt wird, mit der Entscheidung noch abzuwarten, da Urkunden vorgelegt werden können, ist anzuführen, dass Sie bisher ausreichend Zeit, ihr neuerliches Fluchtvorbringen darzulegen, bzw. Beweise vorzulegen, insbesondere deshalb, da Sie Unterstützung eines Vertreters haben. So gaben Sie schon im Zuge der Erstbefragung bei ihrem 4. Antrag auf internationalen Schutz im November 2015 an, dass Sie alle schriftlichen Beweise vom Strafverfahren (Gericht und Polizei) mit dabeihätten, haben es aber dann vorgezogen unterzutauchen, Beweise wurden nie vorgelegt. Zudem wird darauf hingewiesen, dass Sie im Zuge ihrer Einvernahmen in ihren Vorverfahren immer behaupteten, nie die Polizei hinzugezogen zu haben, somit können die Drohungen auch nicht bestätigt werden.
Sie führen nun in ihrer Stellungnahme an, dass gegenständlich die Voraussetzungen zur Verhängung einer Schubhaft nicht vorliegen und Sie im Falle einer negativen Entscheidung ihrer Ausreiseverpflichtung unverzüglich nachkommen würden, in diesem Verfahren wird jedoch nicht über ihre Inschubhaftnahme abgesprochen und ist deshalb nicht vor Relevanz.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass Sie ihre Asylanträge immer nur dann gestellt haben, nachdem Sie illegal aufgriffen oder bei einer Straftat betreten wurden bzw. wenn Sie kurz vor der Abschiebung gestanden sind und es wird auf die zahlreichen Straftaten und Verurteilungen verwiesen, weswegen gegen Sie schließlich ein Einreiseverbot erlassen wurde. In einer Zusammenschau ihrer kriminellen Aktivitäten sind Sie als Kriminaltourist anzusehen, der in Österreich nur Asylanträge gestellt hat, um jeweils einer Abschiebung zu entgehen, weshalb die Behörde davon ausgehen muss, dass diese Anträge offensichtlich einen Missbrauch des Asylverfahrens darstellen.
[…]
- Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:
[…]
Entgegen ihren Behauptungen in ihrer Stellungnahme kann mangels eines gemeinsamen Haushaltes und aufgrund des Umstandes, dass Sie in den letzten drei Jahren entweder inhaftiert waren, oder als U-Boot in Österreich gelebt haben, kein berücksichtigungswürdigendes Familienleben mit Frau XXXX festgestellt werden. Zudem haben Sie noch bei der Erstbefragung durch die Polizei am 02.09.2020 angegeben, dass Sie in den letzten 5 Jahren in den Ländern, Belgien, Deutschland, und Frankreich, eigentlich in ganz Europa, unterwegs gewesen wären und dies einen krassen Widerspruch zu ihrem behaupteten Familienleben mit Frau XXXX darstellt. Sie haben auch keine besonderen medizinischen Kenntnisse behauptet, die für Frau XXXX lebenswichtig wären. So geht auch aus der Stellungnahme vom 28.09.2020 zweifelsfrei hervor, dass Sie vorhaben, nach ihrer Haftentlassung bei ihrer Schwägerin und den Kindern ihren Hauptwohnsitz zu begründen.
Dass die Kinder ihrer Schwägerin nicht die leiblichen Kinder ihres Bruders sind, ergibt sich aus dem Asylverfahren ihres Bruders (1070550308/200144684), diese gehören somit nicht einmal ihrer Verwandtschaft an. Dass die Kinder ihrer Schwägerin von Ihnen abhängig wären, kann nicht erkannt werden, Sie gehen keiner Beschäftigung nach und wurden in der Vergangenheit wiederholt straffälig. Bei der Prüfung über eine hinreichend stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung sind auch die Intensität und die Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (Vgl. VwGH 26.1.2006, Zl. 2002120/0423).
[…]
Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der
Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:
01) LG LINZ 030 HV 75/2015a vom 14.03.2016 RK 14.03.2016
§§ 127, 128 (1) Z 5, 129 (1) Z 1 u 2, 130 (1) 1. Fall, 130 (2) StGB § 15 StGB
Datum der (letzten) Tat 09.08.2015
Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit
3 Jahre
zu LG LINZ 030 HV 75/2015a RK 14.03.2016
Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 14.03.2016
LG LINZ 030 HV 75/2015a vom 21.03.2016
zu LG LINZ 030 HV 75/2015a RK 14.03.2016
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG LINZ 061 HV 3/2016t vom 21.10.2016
02) LG LINZ 061 HV 3/2016t vom 21.10.2016 RK 11.01.2017
§ 83 (1) StGB
§ 229 (1) StGB
§ 107 (1) StGB
§§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (2) 2. Fall, 129 (1) Z 1 StGB
Datum der (letzten) Tat 08.09.2016
Freiheitsstrafe 2 Jahre
03) LG LINZ 037 HV 138/2016v vom 10.02.2017 RK 10.02.2017
§§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (2) 2. Fall StGB
§ 229 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 05.09.2016
Freiheitsstrafe 4 Monate
Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG LINZ 061 HV
3/2016t RK 11.01.2017
zu LG LINZ 037 HV 138/2016v RK 10.02.2017
zu LG LINZ 061 HV 3/2016t RK 11.01.2017
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 05.04.2018, bedingt, Probezeit 3 Jahre
LG RIED IM INNKREIS 040 BE 17/2018b vom 07.02.2018
zu LG LINZ 037 HV 138/2016v RK 10.02.2017
zu LG LINZ 061 HV 3/2016t RK 11.01.2017
Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG LINZ 020 HV 76/2018d vom 24.09.2018
04) LG LINZ 020 HV 76/2018d vom 24.09.2018 RK 28.09.2018
§§ 127, 129 (1) Z 1 StGB
Datum der (letzten) Tat 17.08.2018
Freiheitsstrafe 12 Monate“
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 lautet:
"§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist (§ 58 Abs. 2 FPG) und
3. darüber hinaus
a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;
b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.
Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.
(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn
1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder
2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.
(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.
(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."
3.2. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes " betitelte § 22 BFA-VG lautet:
"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
3.3. Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG, auf die gegenständlichen Fälle bezogen, im Detail:
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung oder eine Ausweisung, ist notwendiges Tatbestandselement des §12a Abs. 2 AsylG. Gegen den Beschwerdeführer besteht nach Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde (zweite Antragstellung betreffend internationalen Schutz), seit dem 30.09.2014 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit der Feststellung, dass gemäß § 46 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kosovo zulässig ist. Auch der dritte Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.08.2015 (rechtskräftig mit 01.09.2015) abgewiesen. Zudem wurde der vierte Folgeantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.08.2016 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben. In diesem Bescheid wurde ferner gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Aus dem Vorbringen zum nunmehrigen Folgeantrag ergibt sich kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen jedenfalls hinsichtlich der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gleichgeblieben. Es gab diesbezüglich auch kein gegenteiliges Vorbringen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG in seiner Z 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf. Bereits in den zuvor geführten Asylverfahren wurde seitens der belangten Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt ist oder für ihn als Zivilpersonen als ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. Auch im aktuellen Verfahren vor der belangten Behörde ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat Albanien im Sinne dieser Bestimmungen spräche.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt: Der Beschwerdeführer wurde am 23.09.2020 von der belangten Behörde einvernommen (vgl. AS 159 ff) und hatte zudem noch am 01.10.2020 die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben (vgl. AS 248).
Den Feststellungen wurden das Vorbringen in den vorangegangenen Verfahren sowie das gegenständliches Vorbringen zugrunde gelegt.
Das nunmehrige Vorbringen bezog sich auf das Vorbringen der Vorverfahren. Es hat sich bezüglich der Fluchtgründe nichts wesentliches entscheidungsrelevantes geändert.
Die belangte Behörde hat sich in ihrer Beweiswürdigung umfassend mit der Chronologie der bisherigen Verfahren auseinandergesetzt und kam – schlüssig und nachvollziehbar – zum Ergebnis, dass es dem Beschwerdeführer auch im fünften Folgeverfahren nicht gelungen sei, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen (vgl. oben, 2.).
Im nunmehrigen fünften Asylantrag bezweckte der Beschwerdeführer offenbar die wiederholte Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache (vgl. dazu die eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers, AS 163, arg. „LA: Warum stellen sie einen neuen Antrag? VP: ich werde noch 10mal einen Antrag stellen, da ich nicht in den Kosovo zurückkann.“).
In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus betont, dass das Vorbringen in den Vorverfahren nicht für asylrelevant befunden wurde.
Die belangte Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.
Mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wird voraussichtlich eine Zurückweisung des Folgeantrags erfolgen.
Anzumerken ist noch, dass der Maßstab für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a AsylG lediglich eine Prognoseentscheidung ist und diese aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers eine voraussichtliche Zurückweisung bedingt, da keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts erkennbar ist.
Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland in Verbindung mit dem nunmehrigen im Wesentlichen gleichen Vorbringen wie bei der vorangegangenen Antragstellung droht dem Beschwerdeführer keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben.
Da insgesamt die Voraussetzung des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der mündlich verkündete Bescheid der belangten Behörde vom 23.09.2020 rechtmäßig.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da in der vorliegenden Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ist nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 133 Abs. 4 B-VG auszugehen.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag PrognoseentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2017084.2.00Im RIS seit
04.12.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020