TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/19 W201 2228342-1

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Veröffentlicht am 19.10.2020
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Entscheidungsdatum

19.10.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W201 2228342-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende und die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch den KOBV – Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 30.12.2019, OB XXXX betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung " in den Behindertenpass liegen nicht vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG .



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin stellte einlangend am 21.08.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

2.       Dem, durch die belangte Behörde eingeholten, auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.11.2019 basierenden Sachverständigengutachten
Dris. XXXX , Fachärztin für Orthopädie ist (auszugsweise) Folgendes zu entnehmen:

„Klinischer Status – Fachstatus:

Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut.

Wirbelsäule: Beweglichkeit: HWS: Kinn-Jugulum-Abstand 3cm, alle übrigen Ebenen endlagig eingeschränkt. BWS gerade. LWS: Seitneigen nach links bis 30° möglich, nach rechts bis 30° möglich. FBA 30 cm.

Obere Extremitäten: Rechtshänderin. Rechts: Schultergelenk: Abduktion bis 120° möglich, Ellbogengelenk frei. Handgelenk frei, Finger oB. Links: Schultergelenk Abduktion bis 120° möglich, Ellbogengelenk frei, Handgelenk frei, Finger oB. Kraft- und Faustschluss beidseits frei. Kreuz- und Nackengriff beidseits möglich, endlagig Schmerzangabe.

Untere Extremitäten: Beinverkürzung links 1,8cm – Schuherhöhung wird getragen. Rechts: Hüftgelenk S 0-0-100, F 50-0-40, R 40-0-30, blande Narbe. Kniegelenk S 0-0-150, kein Erguss, bandstabil. OSG frei. Links: Hüftgelenk S 0-0-120, F 50-0-40, R 40-0-30. Kniegelenk S 0-0-150, kein Erguss, bandstabil. OSG frei. Varizen keine. Füße beidseits oB. Zehen- und Fersenstand beidseits möglich.

Gesamtmobilität-Gangbild: Gangbild frei. Kein Gehbehelf.

Status Psychicus: Allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, erreicht das Ziel. Mnestik unauffällig. Stimmung ausgeglichen. Antrieb im Normbereich. Affekt stabil. Gute Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen.


Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Position

GdB

01

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Bandscheibenvorfall L3/4

Oberer Rahmensatz, da eine mäßige funktionelle Einschränkung, verbunden mit glaubhaften Beschwerden besteht.

02.01.02

40 vH

02

Hüftgelenkstotalersatz rechts, Hüftgelenksabnützung links

Mittlerer Rahmensatz, da beidseits eine mäßige funktionelle Einschränkung vorliegt.

02.05.08

30 vH

03

Schultergelenksabnützung beidseits

02.06.02

20 vH

 

Gesamtgrad der Behinderung

50 vH

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Das Leiden 1 wird durch das Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da diese maßgebliche funktionelle Zusatzrelevanz aufweist. Keine weitere Erhöhung durch Leiden 3 wegen geringer funktioneller Zusatzrelevanz. Dauerzustand.“

Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird Folgendes festgehalten:

„1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Kurze Wegstrecken – laut eigenen Angaben 700 Meter – können aus eigener Kraft zurückgelegt werden. Das Ein- und Aussteigen ist bei o.a. Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten möglich. Der sichere Transport ist gewährleistet, da das Anhalten uneingeschränkt möglich ist, da die Arme über die Horizontale gehoben werden können.

2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.“

3.       Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG am 15.11.2019 erteilten Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.

4.       Am 30.12.2019 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen und die Zusatzeintragung „Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese“ vorgenommen.

5.       Mit dem am 30.12.2019 erlassenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung“ Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung begründet.

Als Beilage zum Bescheid wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 13.11.2019 übermittelt.

6.       Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung unter Vorlage weiterer medizinische Beweismittel fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass es der Beschwerdeführerin auf Grund der vorliegenden Leiden – Spinalkanalstenose, hochgradig degenerative Veränderungen an der LWS, Facettengelenkssyndrom von L4-S1, höhergradige Coxarthrose links, Zustand nach Hüft-TEP rechts, fortgeschrittene Omarthrose beidseits – keinesfalls möglich und zuzumuten sei, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Durch die massive Wirbelsäulenschädigung sowie die Hüftschädigung beidseits lägen erhebliche Funktionseinschränkungen vor, welche zu massiver Einschränkung der Gehfähigkeit führen würden. Zusätzlich bestehe eine Sensibilitätsstörung in den Beinen und ein Taubheitsgefühl. Eine Wegstrecke von mehr als 300 Meter in einer angemessenen Zeit von 10 Minuten, könne keinesfalls bewältigt werden. Wenn die Sachverständige in ihrem Gutachten ausführe, dass die Beschwerdeführerin angegeben habe, sie könne 700 Meter gehen, sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin gemeint habe, sie könne maximal von ihrem Haus zu einem Bankerl gehen und glaube dies seien 700 Meter. Durch die fortgeschrittene Omarthrose würden beidseits funktionelle Einschränkungen vorliegen. Die Beschwerdeführerin könne ihren rechten Arm kaum heben und durch diese Gesundheitsschädigung seien sowohl das Ein- und Aussteigen bei öffentlichen Verkehrsmitteln als auch die sichere Beförderung in solchen keinesfalls gewährleistet. Als Beweis würden die vorgelegten Befunde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Neurologie genannt.

7.       Im zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten
Dris. XXXX , Facharzt Neurologie und Psychiatrie wird basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.06.2020 im Wesentlichen Folgendes festgestellt:

„Neurostatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.

An den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen, die Arme werden in die Horizontale gehoben, kein Pronieren oder Absinken. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt.

An den unteren Extremitäten bestehen keine Paresen. Fersen- /Zehenspitzen- und Einbeinstand beidseits möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich untermittellebhaft auslösbar. Die Koordination ist intakt.

Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ.

Gesamtmobilität: Die Betroffene steht ohne Anhalten auf, kann sich alleine aus- und anziehen und hebt die Handtasche im Stehen vom Boden auf. Die Sensibilität wird in den unteren Extremitäten diffus als gestört angegeben mit Parästhesien sockenförmig. Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel etwas hinkend. Geht auf der Straße relativ flüssig, steigt selbständig ins Auto.

Diagnoseliste:

1)       Degenerative Wirbelsäulenveränderungen

2)       Hüftgelenksersatz rechts + Hüftgelenksabnützung links

3)       Schultergelenksabnützung beidseits

Stellungnahme:

Aus nervenärztlicher Sicht liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates vor. Es liegen keine maßgeblichen sensomotorischen Ausfälle der unteren Extremitäten vor. Es bestehen aus nervenärztlicher Sicht keine maßgeblichen sensomotorischen Ausfälle der oberen Extremitäten. Hilfsmittel werden keine verwendet. Die angegebenen Schmerzen sind subjektiv und nicht durch z.B adäquate Schmerztherapie belegt. Es bestand nie eine nervenärztliche Behandlung. Schmerzmedikamente werden lediglich bei Bedarf genommen. Es können daher keine nervenärztlichen Ausfallerscheinungen objektiviert werden, die eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel bedingen. Kein nervenärztlicher Befund, kein Neurostatus. Aus dem orthopädischen Entlassungsbrief vom 14.09.2016 geht hervor, dass eine deutliche Besserung eingetreten ist. Daher keine Änderung der Einschätzung. Eine Verschlechterung der Funktionsausfälle kann klinisch und befundmäßig nicht objektiviert werden.“

8.       Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG am 18.06.2020 erteilten Parteiengehörs hat die belangte Behörde keine Einwendungen erhoben.

Von der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 06.07.2020 einwendend vorgebracht, dass eine orthopädische Beurteilung der mit der Beschwerde vorgelegten medizinischen Beweismittel nicht erfolgt sei. Zur Beurteilung sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Orthopädie erforderlich und bleibe der Antrag auf ein solches somit aufrecht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland. Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines unbefristet ausgestellten Behindertenpasses.

1.2. Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ist am 21.08.2019 bei der belangten Behörde eingelangt.

1.3.    Bei der Beschwerdeführerin liegen Folgende Funktionseinschränkungen vor:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

01

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Bandscheibenvorfall L3/4

Oberer Rahmensatz, da eine mäßige funktionelle Einschränkung, verbunden mit glaubhaften Beschwerden besteht.

02

Hüftgelenkstotalersatz rechts, Hüftgelenksabnützung links

Mittlerer Rahmensatz, da beidseits eine mäßige funktionelle Einschränkung vorliegt.

03

Schultergelenksabnützung beidseits

1.4.    Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Die Beschwerdeführerin kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls auch ohne Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt. Es bestehen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der oberen noch der unteren Extremitäten.

Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sind ausreichend. Bei genügender Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist das Festhalten beim Ein- und Aussteigen sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich anzuhalten, genügend möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar.

Schmerzen in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen, können nicht festgestellt werden.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Gesamtbild – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.

Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Sinnesfunktionen und der Funktionen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor. Es besteht keine schwere anhaltende Erkrankung des Immungsystems.

1.5. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2.       Beweiswürdigung:

Zu 1.1. und 1.2.) Die Feststellungen zu den Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem - diesbezüglich widerspruchsfreien - Akteninhalten.

Zu 1.3. bis 1.5.) Die Feststellungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen auf dem durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf den persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin sowie auf den vorgelegten Beweismitteln.

Die mit der Beschwerde vorgelegten medizinischen Beweismittel enthalten kein medizinisches Substrat welches geeignet wäre, eine Änderung der Beurteilung zu bedingen. So wurde der Röntgenbefund von Schultern, Becken und Lendenwirbelsäule am 30.10.2019 – und somit vor der persönlichen Untersuchung Dris. XXXX erstellt und werden im MRT der LWS vom 27.11.2019 und im Befund der XXXX vom 20.12.2019 lediglich Diagnosen aufgelistet und festgehalten, dass aufgrund der Spinalkanalstenose und der degenerativen Veränderungen die Gehstrecke auf unter 300 m eingeschränkt sei. Maßgebend für die Beurteilung von Funktionseinschränkungen des Stütz- und Bewegungsapparates ist jedoch der objektivierte Bewegungsumfang. Bei radiologischen Befunden ist lediglich die Korrelation mit der klinischen Symptomatik relevant für die Beurteilung. Die vorgelegten Befunde enthalten aber keinen klinischen Befund und kommt ihnen daher mangels Beschreibung von Funktionsdefiziten keine Aussagekraft zu. Im Gegensatz dazu haben die befassten Sachverständigen im Rahmen der persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin einen klinischen Befund des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates erhoben und bewertet. Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Leidenszustände sich nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel auswirken.

Dr. XXXX erläutert im Einklang mit dem Untersuchungsbefund Dris. XXXX , dass die Beschwerdeführerin sich selbständig aus- und ankleiden konnte und dass es ihr möglich war, die auf dem Boden befindliche Handtasche im Stehen aufzuheben, was nicht auf eine Einschränkung von Lendenwirbelsäule oder Hüftgelenken in einem Ausmaß schließen lässt, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen würde. Diese Beurteilung bestätigend wurde auch im Rahmen der persönlichen Untersuchung Dris. XXXX ein Finger-Boden-Abstand von lediglich 30 cm objektiviert und war die Seitneigung nach links und rechts bis 30° möglich. Auch konnten im Rahmen beider persönlicher Untersuchungen ein – ohne Hilfsmittel - lediglich leicht hinkendes Gangbild objektiviert werden.

Auch liegen keine Hinweise auf eine relevante neurologische Störung vor. So beschreibt
Dr. XXXX im Einklang mit dem Gutachten Dris. XXXX , dass an den oberen Extremitäten keine Paresen bestehen, die Muskeleigenreflexe seitengleich mittelebhaft auslösbar sind und auch an den unteren Extremitäten keine Paresen bestehen. Die Koordination war im Rahmen der persönlichen Untersuchung intakt, die Pyramidenzeichen waren an den oberen und unteren Extremitäten negativ und waren sowohl Fersen-/Zehenspitzen- als auch der Einbeinstand beidseits gut möglich. Neurologische Befunde, welche diese Beurteilung in Zweifel ziehen könnten, liegen nicht vor und es wurde von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Anamneseerhebung auch angegeben, nicht in neurologischer Behandlung zu stehen.

Von einem Ausmaß an Schmerzen welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen könnte, kann weder aufgrund der im Rahmen der persönlichen Untersuchungen objektivierten Gesamtmobilität noch auf Grund der einzunehmenden Schmerzmedikation – lediglich bei Bedarf – ausgegangen werden. So stammt der aktuellste von der Beschwerdeführerin vorgelegte Befund, welcher eine Schmerzbehandlung dokumentiert vom 14.09.2016 und es ist in diesem ausdrücklich festgehalten, dass nach Behandlungsende eine deutliche Besserung des Beschwerdebildes eingetreten ist. Diesbezügliche aktuelle medizinische Beweismittel wurden von der Beschwerdeführerin nicht in Vorlage gebracht.

Dem Beschwerdevorbringen wurde insofern entsprochen, als nunmehr zusätzlich eine fachärztlich neurologische Untersuchung durchgeführt wurde. Das Beschwerdevorbringen und die im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwendungen sind jedoch nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften, insbesondere, da die Beschwerdeführerin bereits von der belangten Behörde einer fachärztlich orthopädischen Untersuchung unterzogen wurde, und eine Verschlechterung der Leiden nicht behauptet wurde.

Erhebliche Einschränkungen, der körperlichen Belastbarkeit, psychischer oder intellektueller Fähigkeiten und der Sinnesfunktionen sowie das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems, konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden und wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.

Die durch die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorliegenden Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten - sind schlüssig und nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden, deren Ausmaß und Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausführlich eingegangen. Die genannten Sachverständigengutachten werden daher der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Zum im Rahmen des Parteiengehörs erhobenen Einwand, es sei die Einholung eines orthopädischen Gutachtens erforderlich siehe die rechtlichen Erwägungen.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3.       die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-        erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-        erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-        erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-        eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-        eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Auf den Beschwerdefall bezogen:

Da, wie unter Punkt II.2. ausgeführt, den übereinstimmenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX zu folgen war, dass keine der vorliegenden Gesundheitsschädigungen relevante Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hat, wird der Entscheidung zugrunde gelegt, dass keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates oder der neurologischen Funktionen vorliegen.

Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus ist zumutbar und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Es ist bei der Beschwerdeführerin von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen. Bei der Beschwerdeführerin liegen auch weder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.

Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und war spruchgemäß zu entscheiden.

Soweit die Einholung von weiteren medizinischen Sachverständigengutachten der Fachrichtung Orthopädie beantragt wird, ist dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vergleichbaren Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) zu verweisen, wonach die Behörde verpflichtet ist, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an (vgl. VwGH 24.06.1997, Zl. 96/08/0114).

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden die eingeholten Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Gegenständlich liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass die Befassung von Sachverständigen der Fachrichtungen Orthopädie und Neurologie sachwidrig erfolgt ist. Die Begutachtung erfolgte nicht zu dem Zweck der Behandlung der bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen, sondern zur Erhebung der bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Diesbezüglich ist hinzuzufügen, dass bereits von der belangten Behörde ein orthopädisches Fachgutachten eingeholt wurde und dem Beschwerdevorbringen durch die Einholung eines neurologischen Fachgutachtens Rechnung getragen wurde.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten geprüft und wurde durch das Bundesverwaltungsgericht ein weiteres fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese auch in Zusammenschau als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Die Beschwerdeführerin hat von dem durch die belangte Behörde und von dem durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Die erhobenen Einwendungen waren allerdings – wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt – nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Es wurden keine Beweismittel vorgelegt, welche das Vorbringen fundiert erhärten bzw. die sachverständige Beurteilung überzeugend in Zweifel ziehen.

Die Beschwerdeführerin wurde sowohl im behördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren fachärztlich persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden in den der Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht sohin von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine – von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende – Neuregelung beabsichtigt.

Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2228342.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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