TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/20 W141 2233002-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2020
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Entscheidungsdatum

20.10.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W141 2233002-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
XXXX , bevollmächtigt vertreten durch Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 19.05.2020, XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1.    Am 28.01.2020 hat der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass und Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung gestellt.

1.2.    Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.02.2020 sowie eine ärztliche Stellungnahme vom 03.03.2020 desselben Allgemeinmediziners, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorlägen.

1.3.    Mit Schreiben vom 03.03.2020 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme gem. § 45 AVG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Der Beschwerdeführer hat keine Stellungnahme eingebracht.

1.4.    Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.

Dem Bescheid waren das Sachverständigengutachten und die ärztliche Stellungnahme beigelegt.

2.       Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertreterin des Beschwerdeführers am 09.07.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage weiterer medizinischer Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Sachverständigengutachten nicht mit dem tatsächlichen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers übereinstimme, denn der Beschwerdeführer leide an sehr starken Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat sowie an einem schweren Herzleiden, dessen Zustand sich trotz laufender Behandlung nicht bessere. Des Weiteren sei die aufgrund einer Diabetes-Erkrankung bestehende Polyneuropathie in Händen und Beinen und die damit verbundene Sensibilitätsstörung in den Extremitäten im Sachverständigengutachten nicht berücksichtigt worden. Entgegen der Feststellungen im allgemeinärztlichen Sachverständigengutachten sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar, da er bereits nach ca. 100m an einem starken Brennen in Füßen und Beinen leide. Aufgrund des Herzleidens sei der Beschwerdeführer extrem kurzatmig, sodass er sich hinsetzen müsse. Auch das Stiegensteigen sei für den Beschwerdeführer nicht mehr möglich.

3. Mit Schreiben, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 15.07.2020, hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.

3.1.    Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin und Rheumatologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.09.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzvermerkes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorlägen.

3.2. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs vom 08.10.2020 haben weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1.       Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem, für die Entscheidung maßgeblichen, Sachverhalt aus.

1.1.    Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses.

1.2.    Zur beantragten Zusatzeintragung:

Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

1.2.1. Art der Funktionseinschränkungen:

?        Cardiomyopathie bei KHK, PM Implant am 19.01.2015 (DDDR)

?        3 Gefäßerkrankung - LAD PTCA 2007

?        Hypertonie, Hyperlipidämie Hiatushernie

?        Beinverkürzung unter 3cm

?        Hüftprothese rechts

?        Knieprothese rechts

?        St.p. rez. Venenthrombose li UE

?        DM 2 mit Polyneuropathie

?        Degenerative Veränderungen im Bewegungsapparat

1.2.2.   Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: reduziert.
Ernährungszustand: normal

Größe: 180 cm  Gewicht: 91 kg

Klinischer Status — Fachstatus:

Kopf frei beweglich, Hirnnervenaustrittspunkte frei, Hörvermögen gut, Sehvermögen korrigiert,

Hals: keine vergrößerten Lymphknoten tastbar, Schilddrüse schluckverschieblich,

Herz: Herztöne arrhythmisch, Syst.p.m. 2 ICR rechts, tachycard

Lunge: Vesiculäratmen, Rasselgeräusche bds. basal, Lungenbasen verschieblich

Bauch: weich, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung, Leber und Milz nicht tastbar, Narbe bland

Caput: unauffällig

OE: Gelenke der OE endlagig schmerzbedingt eingeschränkt, Nacken und Schürzengriff aber möglich. WS klopfdolent über der LWS, leichte Kyphosierung der BWS

UE: Hüfte beidseits endlagig in der Beweglichkeit schmerzbedingt eingeschränkt, Narbe rechts bland

Knie: beidseits endlagig in der Beweglichkeit schmerzbedingt eingeschränkt, Narbe rechts bland Beinödeme bds.,

Auffallende Beinverkürzung rechts, orthopädische Schuhversorgung Hautkolorit unauffällig

Status Psychicus:

unauffälliger psychischer Status, in allen Qualitäten orientiert

Gehfähigkeit:

unauffälliges Gangbild, der Rat. kommt in normaler Straßenkleidung zur Untersuchung

1.2.3. Zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Aufgrund der beim Beschwerdeführer bestehenden eingeschränkten cardialen Leistungsbreite mit ausgeprägter Atemnot nach kurzer Belastung (Ergometrie vom 08.10.2019 nur 39% des Sollwertes), sowie der multifaktoriellen cardialen Erkrankung ist eine Belastung in üblichem Ausmaß nicht mehr zumutbar. Der Beschwerdeführer kann Wegstrecken von 300 bis 400 Metern innerhalb von 10 min nicht mehr ausreichend sicher uneingeschränkt und ohne Pause zurücklegen. Das Einlegen von Pausen ist aufgrund der Atemnot zwingend notwendig.

1.3.    Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 28.01.2020 bei der belangten Behörde eingelangt.

1.4.    Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift und den dieser beigelegten Beweismittel am 15.07.2020 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2.       Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.

Zu 1.1) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf den vorgelegten und eingeholten Beweismitteln.

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen.

Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Diese stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Der Inhalt des Gutachtens aus dem Fachbereich der inneren Medizin wurde auch im Rahmen des Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie führt im Sachverständigengutachten aus, dass trotz der Hüft- und Knieprothese rechts, der Arthrosen der anderen Gelenke sowie der vorliegenden Beinverkürzung eine Mobilisierung in ausreichendem Maße für den Beschwerdeführer sicher durchführbar ist. Die Gutachtenserstellerin führt dazu an, dass der Beschwerdeführer zur Unterstützung auch nachvollziehbar eine Gehhilfe verwendet, um der Gefahr des Stürzens und Stolperns vorzubeugen. Dazu merkte die Fachärztin weiters klar und schlüssig an, dass die wiederkehrenden Beinödeme und die Polyneuropathie allerdings erschwerend wirken, jedoch zu keiner wesentlichen Einschränkung im Hinblick auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen.

Die medizinische Sachverständige führt weiters aus, dass hinsichtlich der körperlichen Belastbarkeit eine erhebliche Einschränkung vorliegt. Sie erläutert plausibel, dass aufgrund der eingeschränkten cardialen Leistungsbreite mit ausgeprägter Atemnot nach kurzer Belastung – diese ergeht aus dem Ergebnis der Ergometrie vom 08.10.2019 mit nur 39% des Sollwertes –, sowie der multifaktoriellen cardialen Erkrankung des Beschwerdeführers eine Belastung in üblichem Ausmaß diesem nicht mehr zumutbar ist. Daher ist der Beschwerdeführer nicht mehr dazu in der Lage, Wegstrecken von 300 bis 400 Metern innerhalb von 10 Minuten ausreichend sicher, aus eigener Kraft und ohne Pause zurückzulegen. Aus medizinischer Sicht ist das Einlegen von Pausen aufgrund der Atemnot zwingend notwendig.

Des Weiteren legt die Gutachtenserstellerin unmissverständlich dar, dass sich der Beschwerdeführer laufend in fachärztlicher Behandlung befindet und es sukzessive zum Ausschöpfen der therapeutischen Angebote insbesondere Medikamente, Schrittmacher, Gefäßdehnungen kommt. Dazu erläutert sie, dass im Rahmen der Befundzusammenschau und der internistischen Untersuchung somit eine Belastung in üblichem Ausmaße nicht mehr zumutbar ist.

Des Weiteren führt die Fachärztin für Innere Medizin hinsichtlich der Schmerzen im Stütz- und Bewegungsapparat aus, dass zwar Einschränkungen festgestellt werden konnten, diese allerdings nicht wesentlich limitierend im Hinblick auf das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Metern sind. Auch ist die Gelenksbeweglichkeit beim Beschwerdeführer ausreichend, um Niveauunterschiede mit Unterstützung zu überwinden, um in ein öffentliches Verkehrsmittel einzusteigen bzw. um in einem Transportmittel einen Sitzplatz aufzusuchen. Die Polyneuropathie ist laut Angaben der Fachärztin für Innere Medizin nicht objektivierbar, da kein rezenter fachärztlicher Befund in Form eines Nervenleitgeschwindigkeitsmessung vorgelegt wurde. Die medizinische Sachverständige hält weiters fest, dass die Gelenke ausreichend sicher gebeugt werden können, um in ein öffentliches Verkehrsmittel mit Anhalten am Handlauf einzusteigen und um einen Platz aufzusuchen. Wesentlich allerdings für die Verkürzung der Wegstrecke ist die eingeschränkte cardiale Leistungsbreite. Diese ist gut dokumentiert und aus den Ergometrie- und Echocardiografie-Befunden ableitbar.

Es wird weiters von der Gutachterin festgehalten, dass infrastrukturelle Gegebenheiten nicht Gegenstand der gutachterlichen Untersuchung sind und somit diese auch nicht berücksichtigt werden können.

Zusammenfassend gibt die Fachärztin für Innere Medizin schlüssig und nachvollziehbar an, dass sie aufgrund der von ihr durchgeführten Untersuchung und der Befundzusammenschau zu einer abweichenden Beurteilung im Vergleich der erstinstanzlich eingeholten Gutachten und ärztlichen Stellungnahme kommt. In Befundzusammenschau, vor allem der cardial eingeschränkten Leistungsbreite mit ausgeprägter Atemnot bei geringer Belastung, ist es dem Beschwerdeführer nicht mehr zuzumuten, eine Wegstrecke von 300 bis 400 Metern innerhalb von 10 Minuten ohne Pause zurückzulegen.

Abschließend hält die medizinische Sachverständige noch fest, dass eine Nachuntersuchung nicht indiziert ist, da keine wesentliche Verbesserung der cardialen Leistungsbreite zu erwarten ist.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde und die vorgelegten Befunde waren sohin geeignet, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten zu entkräften und eine geänderte Beurteilung herbeizuführen.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 28.01.2020 auf.

Zu 1.4.) Das Schreiben mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum 15.07.2020 auf.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)
1.         Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen im Falle des Eintretens von Änderungen durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-        erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-        erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-        erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-        eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-        eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.05.2009,
Zl. 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014).

Beim Beschwerdeführer ist der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet. Aufgrund der vorliegenden cardial eingeschränkten Leistungsbreite und der daraus resultierenden ausgeprägten Atemnot bei geringer Belastung ist der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet. Dem Beschwerdeführer ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Metern nicht möglich.

Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „De Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2.         Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher vom Bundesverwaltungsgericht ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit, sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2233002.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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