Entscheidungsdatum
21.10.2020Norm
AlVG §49Spruch
I407 2226765-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichter Florian TAUBER und Mag. Stefan WANNER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Innsbruck, Regionale Geschäftsstelle, vom 04.11.2019, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
A)
Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Arbeitsmarktservice zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Herr XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) stellte am 10.12.2018 beim Arbeitsmarktservice Innsbruck, Regionale Geschäftsstelle (in der Folge: belangte Behörde), einen Antrag auf Arbeitslosengeld und bezog dieses bis zum 01.11.2019.
Am 10.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer schriftlich ein Kontrolltermin gemäß § 49 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) für den 15.10.2019 um 08:15 Uhr vorgeschrieben. Diesen Kontrolltermin nahm der Beschwerdeführer in der Folge nicht wahr.
Am 31.10.2019 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zum Thema "Nichteinhaltung der Kontrollmeldung am 15.10.2019 bis 28.10.2019" niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen der Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass er die Kontrollmeldung am 15.10.2019 nicht eingehalten habe, weil er eine depressive Verstimmung gehabt habe, welche sich vor allem durch Abschalten der Realität und Vermeiden jeden menschlichen Kontaktes dargestellt habe. Er habe in der Zeit von 15.10.2019 bis 28.10.2019 keine ärztliche Behandlung in Anspruch genommen.
Mit Bescheid vom 04.11.2019 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 15.10.2019 bis 28.10.2019 gemäß § 49 AlVG kein Arbeitslosengeld erhält, sowie, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen wird. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass er den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 15.10.2019 nicht eingehalten habe und sich erst wieder am 29.10.2019 bei seiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 04.11.2019 das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass er den Kontrolltermin nicht wahrnehmen habe können, weil er starke Depressionen gehabt habe. Der Beschwerde wurde ein klinisch-psychologischer Befund vom 14.12.2018 beigefügt und ein E-Mail-Verkehr, wonach er am 08.10.2019 einen Psychologen kontaktiert sowie mit diesem einen Termin für November 2019 vereinbart habe.
Mit Schreiben vom 19.12.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Ergänzend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass es aufgrund des Auslaufens der zehnwöchigen Beschwerdevorentscheidungsfrist nicht möglich gewesen sei zu klären, ob es einen Entschuldigungsgrund für das Versäumnis des Kontrolltermins am 15.10.2019 gegeben habe, da der nächstmögliche Abklärungstermin bei der Psychiaterin Dr. M P erst am 28.01.2020 möglich gewesen wäre. Das entsprechende Gutachten werde dem Bundesverwaltungsgericht umgehend nachgereicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stand von 10.12.2018 bis 01.11.2019 im Bezug von Arbeitslosengeld.
Am 10.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer schriftlich ein Kontrolltermin gemäß § 49 AlVG für den 15.10.2019 um 08:15 Uhr vorgeschrieben.
Diesen Kontrolltermin nahm der Beschwerdeführer in der Folge nicht wahr.
Mit Bescheid vom 04.11.2019 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 15.10.2019 bis 28.10.2019 gemäß § 49 AlVG kein Arbeitslosengeld erhält, sowie, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen wird.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 04.11.2019 das Rechtsmittel einer Beschwerde.
In dem von der belangten Behörde geführten Verfahren wurden notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen. Insbesondere führte die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen dahingehend durch, ob ein triftiger Grund iSd § 49 Abs. 2 AlVG für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorlag. Die durchgeführten Ermittlungen der belangten Behörde reichen nicht ansatzweise für eine Entscheidung über den vorliegenden Sachverhalt aus.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsaktes.
Es ist unstrittig, dass dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde eine Kontrollmeldevorschreibung für den 15.10.2019 ausgefolgt wurde und der Beschwerdeführer diesen Kontrolltermin nicht wahrgenommen hat.
Die Feststellungen betreffend den Bescheid und die Beschwerde vom 04.11.2019 ergeben sich aus der Aktenlage.
Das Unterlassen notwendiger Ermittlungen des Sachverhaltes durch die belangte Behörde kommt insbesondere in den Vorlageschreiben der belangten Behörde vom 19.12.2019 zum Ausdruck. Die belangte Behörde schreibt selbst, dass von der Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen worden sei, da der Sachverhalt innerhalb der zulässigen Frist nicht in einer Art und Weise ermittelt werden habe können, um zu klären, ob ein Entschuldigungsgrund für das Versäumen des Kontrollmeldetermins vorgelegen hat. Auch der Umstand, dass die belangte Behörde zur Abklärung eines Entschuldigungsgrundes eine psychiatrische Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.01.2020 in Auftrag gegeben hat, lässt auf ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren schließen. Ein entsprechendes Gutachten wurde dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde auch nicht übermittelt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.
3.2. Zu A) Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung:
3.2.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2017/24, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1) wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11).
§ 28 Abs. 3. zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.
Aus der Judikatur des VwGH zur vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung, d.h. im Tatsachenbereich, zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen und dass die verfahrensrechtliche Möglichkeit einer Rückverweisung nur ausnahmsweise möglich sein soll und hinsichtlich der Voraussetzungen der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG streng zu prüfen ist (vgl. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0168; VwGH vom 26.01.2011, 2009/07/0094).
Gemäß des Erkenntnisses des VwGH vom 28.03.2008, 2005/12/01878, zu § 66 Abs. 2 AVG ist eine Zurückverweisung nach dieser Norm nur dann zulässig, wenn die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne dieser zitierten Norm kann sich dabei immer nur im Tatsachenbereich stellen, wobei es allerdings nicht maßgebend ist, ob eine Verhandlung im kontradiktorischen Sinn oder nur eine Vernehmung der Partei erforderlich ist. Die Voraussetzung für eine Kassation nach § 66 Abs. 2 AVG ist daher auch dann erfüllt, wenn zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nur die Vernehmung einer Partei erforderlich ist.
In seinem Erkenntnis vom 20.02.2014, 2013/09/0166-10, zu einem Sachverhalt nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz stellte der VwGH zum Umfang der Ermittlungspflicht der belangten Behörde Folgendes fest:
„Gemäß § 60 AVG (...) sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (...). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrensparteien und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. 05.2005, 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung „auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26.02.2009, 2007/09/0088, mwN).
Damit stellt der Verwaltungsgerichtshof den Umfang der Ermittlungspflicht der belangten Behörde ausführlich dar.
2.2.3. Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerdeführer, dass er den Kontrolltermin am 15.10.2019 aufgrund einer depressiven Verstimmung versäumt habe und legte auch einen klinisch-psychologischen Befund vom 14.12.2018 und einen E-Mail-Verkehr, wonach er am 08.10.2019 einen Psychologen kontaktiert sowie mit diesem einen Termin für November 2019 vereinbart habe, vor. Im gegenständlichen Fall stellt sich folglich die Frage, ob der Beschwerdeführer den Kontrolltermin aus triftigem Grund versäumt hat. Von der belangten Behörde wurden keinerlei Ermittlungen betreffend das Beschwerdevorbringen angestellt. Trotz diverser Einwendungen gegen den angefochtenen Bescheid vom 04.11.2019 erging keine Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde gemäß § 14 VwGVG. Im gegenständlichen Fall erscheint jedoch für den erkennenden Senat des Bundesverwaltungsgerichts der Grad des Verschuldens des Beschwerdeführers an der Versäumnis des Kontrolltermins fraglich und erscheint eine abschließende Beurteilung mangels Ermittlungstätigkeiten der belangten Behörde nicht möglich.
Gemäß § 49 Abs. 2 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören.
Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, dass er aufgrund einer depressiven Verstimmung den Termin am 15.10.2019 nicht wahrnehmen habe können. Die belangte Behörde hätte diesbezüglich Ermittlungen durchzuführen gehabt. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass eine arbeitslose Person, die keine entsprechende Krankmeldung bei der Gebietskrankenkasse abgegeben hat, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Bedeutung eines Kontrollmeldetermins zu verstehen bzw. diesem nachzukommen (VwGH 25.06.2013, 2012/08/0015) (vgl. Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz Praxiskommentar, § 49, Rz 825).
Die Sanktion des § 49 Abs. 2 AlVG tritt nicht ein, wenn die Kontrollterminfestsetzung zwar ordnungsgemäß erfolgt ist, der Arbeitslose jedoch seine Säumnis mit triftigen Gründen entschuldigen kann. Grundsätzlich hat die Prüfung eines Entschuldigungsgrundes einzelfallbezogen zu erfolgen. Triftige Gründe, die zum Ausschluss einer Sanktionsverhängung führen, sind z.B. Erkrankung des Arbeitslosen bzw. eines Kindes, wichtige persönliche Gründe (vergleichbar den Dienstverhinderungsgründen gemäß § 8 AngG), Arbeitssuche. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorgelegen ist, muss der Regionalbeirat angehört werden. Ein solch triftiger Grund muss aber glaubhaft gemacht werden.
Der erkennende Senat des Bundesverwaltungsgerichts konnte im gegenständlichen Fall nicht erkennen, dass die belangte Behörde die vorgebrachten Gründe des Beschwerdeführers hinsichtlich seines behaupteten schlechten Gesundheitszustandes in irgendeiner Weise berücksichtigt hat. Obwohl im gegenständlichen Fall die Frage, ob ein triftiger Grund iSd § 49 Abs. 2 AlVG für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, offensichtlich strittig ist, ergibt sich aus dem Akt nicht, dass der Regionalbeirat in dieser Angelegenheit angehört wurde.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher weitere Ermittlungen hinsichtlich der geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers anzustellen haben. Hinsichtlich der Frage, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, ist gemäß § 49 Abs. 2 AlVG auch der Regionalbeirat anzuhören.
Es ist in erster Linie die Aufgabe der belangten Behörde, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung den maßgeblichen Sachverhalt vollständig zu ermitteln und diese Aufgabe nicht etwa an die Rechtsmittelinstanz auszulagern. Es kann nicht festgestellt werden, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
Es war somit der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheiten zur Erlassung eines neuen Bescheides – nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens – an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid zu beheben war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe insbesondere die zur Zuweisungsfähigkeit und Vereitelungshandlung zitierte Rechtsprechung); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich anzusehen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
In der rechtlichen Beurteilung zu Punkt A) wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH ausgeführt, dass im erstinstanzlichen Verfahren notwendige Ermittlungen und Feststellungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil § 28 Abs. 3 zweiter Satz inhaltlich § 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht und die Judikatur des VwGH betreffend die Zurückweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlung heranzuziehen ist. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eine klare, im Sinne einer eindeutigen Regelung (vgl. OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Arbeitslosengeld Ermittlungspflicht Gesundheitszustand Kassation Kontrollmeldetermin mangelnde Sachverhaltsfeststellung triftige GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I407.2226765.1.00Im RIS seit
04.12.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020