TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/29 W141 2125824-2

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Veröffentlicht am 29.10.2020
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Entscheidungsdatum

29.10.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W141 2125824-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter
Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 08.06.2020, XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 26.08.2020 betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) idgF, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid in Form der Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer hat am 18.11.2015 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt, welcher mit Bescheid vom 11.03.2016 von der belangten Behörde gemäß §§ 40, 41 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), in der geltenden Fassung, abgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.1.    Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2019 zur GZ W115 2125824-1/8E wurde der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 11.03.2016 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2.Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

1.2.    Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.01.2020, ein weiteres Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, ebenfalls basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.01.2020, sowie eine Gesamtbeurteilung desselben Facharztes für Neurologie, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 40 vH bewertet wurde.

1.3.    Mit Schreiben vom 25.03.2020 hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer in Kenntnis über das Ergebnis der Beweisaufnahme gesetzt und ihm gemäß § 45 AVG die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

1.4.    Mit Schreiben vom 07.04.2020, eingelangt bei der belangten Behörde am 09.04.2020, hat der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme eingebracht. Unter Vorlage weiterer medizinischer Beweismittels bringt dieser im Wesentlichen vor, dass er sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einverstanden erkläre. Der Beschwerdeführer leide seit Jahren an Bandscheibenvorfällen im LWS-Abschnitt. Trotz Operationen habe sich dies nicht gebessert, sondern leide er weiterhin an einer Gangstörung und Parästhesien.

1.5.    Zur Überprüfung der neuerlich vorgelegten Befunde wurde von der belangten Behörde eine ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie, mit dem Ergebnis eingeholt, dass neuerlich vorgelegte medizinische Beweismittel nicht geeignet sind, eine Abänderung der erstellten Einstufung herbeizuführen.

2.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.06.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen.

Dem Bescheid waren das orthopädische Sachverständigengutachten, das neurologische Sachverständigengutachten, die Gesamtbeurteilung sowie die ärztliche Stellungnahme beigelegt.

3.       Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer mit bei der belangten Behörde am 17.07.2020 eingelangten Schreiben fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage weiterer Befunde wurde vom Beschwerdeführer im Wesentlichen vorgebracht, dass die Einschätzung seiner gesundheitlichen Situation durch die belangte Behörde der tatsächlichen Gegebenheit nicht gerecht werde.

3.1.    Zur Überprüfung der vorgebrachten Einwendungen wurde von der belangten Behörde eine ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die vorgelegten Beweismittel keine Änderung der Beurteilung bewirken können.

3.2.     Mit Bescheid vom 26.08.2020 wurde die Beschwerde vom 08.06.2020 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 40, § 41 und § 46 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), iVm § 14 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) abgewiesen.

Begründend wurde der erhobene Sachverhalt angeführt.

3.3.    Mit Schreiben vom 22.09.2020 beantragte der Beschwerdeführer, seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

4.       Mit Beschwerdevorlage vom 24.09.2020 wurde das Beschwerdevorbringen samt dazugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1.    Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2.    Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.

1.2.1.  Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: gut
Ernährungszustand: gut
Größe: 183 cm.           Gewicht: 85,00 kg

Kommt in Begleitung der Gattin, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh, Schuheinlagen, Aus- und Ankleiden langsam im Sitzen, ohne Fremdhilfe.

Rechtshändig. Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig. Haut normal durchblutet, reizlose Operationsnarbe L4-S1

Klinischer Status - Fachstatus:

Wirbelsäule gesamt im Lot, Becken- Schultergeradstand, physiologische Krümmungen, keine Skoliose, symmetrische Tailliendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur von HWS und BWS, LWS beidseitig abgeschwächt.

HWS S 35-0-30, R 70-0-70, F 30-0-30, keine Blockierungen, Nackenmuskulatur locker, BWS R je 20, Ott 30/32
LWS FBA + 40 cm, Reklination 0, Seitneigen je 10, R je10, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Bewegungs- und Druckschmerz. Schober 10:14.
SI Gelenke nicht druckschmerzhaft, keine Blockierung.
Grob neurologisch: Hirnnerven frei.
OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich
UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft Kniebeugen + strecken links etwas abgeschwächt. Keine Pyramiedenzeichen.

Obere Extremität
Allgemein: Rechtshändig, normale Achsen, schlanke Gelenkkonturen, Schultergürtel rechts vermindert, sonst seitengleiche Muskulatur, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Seitengleiche Gebrauchsspuren.

Schulter rechts: S 40-0-90, F 90-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80, schmerzhafter Bogen.
Schulter links: S 40-0-180, F 180-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.
Ellbogen bds: S 0-0-135, R 80-0-80, bandstabil.
Handgelenk bds: S 70-0-70, Radial-, Ulnarabspreizung je 30
Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt
Schürzengriff: Rechts nicht möglich, links nicht eingeschränkt
Nackengriff: Nicht eingeschränkt, seitengleich.

Kraft Ellbogenabspreizen abgeschwächt, sonst seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.

Untere Extremität
Allgemein: Keine Beinlängendifferenz, schlanke Gelenkkonturen, Beinachse normal, seitengleiche Muskulatur, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, seitengleiche Gebrauchsspuren.

Hüfte bds: S 0-0-110, R je 30, F je 30, kein Kapselmuster, Bewegungsschmerzen in der LWs rechts stärker als links.
Knie bds: S 0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.
SG bds: S 20-0-40, bandfest, kein Erguss.
Fuß bds: Rückenfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß mit Sichelfußkomponente links.
Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung

Gesamtmobilität - Gangbild:

Mittelschrittig, flüssig, Hinken links mit Steppergang und vermehrter Innenrotation des Unterschenkels. In der Standphase auch „Durchschlagen des linken Kniegelenkes nach rückwärts., Zehen-Fersenstand, Einbeinstand und Hocke möglich aber unsicher.
Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch. Wendebewegungen rasch.

Status Psychicus:

Orientiert, freundlich, kooperativ
Pat. klar, wach, orientiert, Duktus nachvollziehbar, das Ziel erreichend, keine produktive Symptomatik oder wahnhafte Verarbeitung, Stimmung ausgeglichen, bds. ausreichend affizierbar, keine Selbst- oder Fremdgefährdung, Realitätssinn erhalten, Auffassung, Konzentration uneingeschränkt

1.2.2.  Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Abnützungsbedingter Bandscheibenschaden, Z. n. Bandscheibenentfernung nach Entlastung L4/5 links.

Oberer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da mittelgradige Funktionsbehinderungen der Lendenwirbelsäule jedoch mit Kraftabschwächung im linken Bein trotz Rehabilitation.

02.01.02

40 vH

02

Chronisches Schmerzsyndrom nach OP Bandscheibe L4/5 li

Unterer Rahmensatz, da Analgetika der WHO Stufe 1 ausreichend, jedoch geringgradige Defizite im Neurostatus erheb bar

04.11.02

30 vH

03

Begleitdepression

Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter Medikation stabil

03.06.01

20 vH

04

Chronische Darmentzündung.

Oberer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da histologisch belegt jedoch guter Ernährungs- und Allgemeinzustand.

07.04.04

20 vH

05

Schultergelenksabnützung rechts.

Fixer Richtsatz, da Beweglichkeit bis 90 Grad möglich, jedoch eine deutliche Knorpelschädigung im Sinn einer Abnützung MRT-dokumentiert.

02.06.03

20 vH

06

Hypertonie.

Fixer Richtsatz, da medikamentös eingestellt.

05.01.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

40 vH

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH. Das führende Leiden 1 wird durch das Leiden 2 nicht angehoben, da es sich um eine Leidensüberschneidung handelt. Mit den weiteren Leiden 3 bis 6 besteht keine wechselseitige Leidensbeeinflussung mit dem führenden Leiden 1, da einerseits unterschiedliche Körperregionen bzw. unterschiedliche Organsysteme betroffen sind.

1.3.    Der gegenständliche Antrag ist am 18.11.2015 bei der belangten Behörde eingelangt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.10.2019 wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 11.03.2016 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister mit Stichtag 01.10.2020.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf die von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, basierend auf persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers, auf den vorgelegten medizinischen Beweismitteln sowie der Aktenlage.

Die durch die belangte Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Der befasste Sachverständigen, Facharzt für Neurologie, fasst die vorgelegten Beweismittel nachvollziehbar wie folgt zusammen:

?        Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht vom 31.10.2019:

Bezug genommen wird auf das Sachverständigengutachten von Dr. Lechner, Arzt der Allgemeinmedizin vom 13.1.2016 (mit Untersuchung): degenerative Veränderung der Wirbelsäule 02.01.02, 30%, Omarthrose und Periarthropathie beider Schultergelenke 02.06.02, 20%, chronische Darmentzündung 07.04.04, 20%, Hypertonie 05.01.01, 10%, GdB 30%. Leiden 1 wird durch die Leiden 2 - 4 wegen fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung und fehlender maßgeblicher funktioneller Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht.

?        Aufenthaltsbestätigung Humanomed Althofen: Aufenthalt 20.08.2019 - 10.09.2019 Diagnosen: Z.n. mikrochirurg. Diskusexstirpation L4/5 li. 8.4.2019 bei großem medio-lateral gelegenem Diskusprolaps L4/5, Diskusprotrusion L1/2 und L3/4

?        MRT der LWS: 05.03.2019:

15 mm großer, li. dorsaler Bandscheibenprolaps L4/5 mit konsekutiver absoluter Vertebrostenose und Kompression der li. Nervenwurzel L5.

?        MRT der LWS: 14.01.2020:

deutliche Befundbesserung verglichen mit der Voruntersuchung. Mäßiggradiges Granulationsgewebe, Abbildung der vorbekannten Bandscheibenprotrusionen LWK 3/4 und 1/2 nach Hemilaminektomie LWK 4.

?        Ärztlicher Entlassungsbericht Franziskusspital, 10.04.2019:

?        Hauptdiagnose: großer medio-lateral li. gelegener Diskusprolaps L4/5 Therapie: unilateral mikrochirurg. Diskusexstirpation L4/5 li. Epikrise: die massive Schmerzausstrahlung ist remittiert, lediglich eine Restparästhesie gluteal bds. und im Bereich der Füße lateral wird noch angegeben.

?        Physikalische Therapie Amalienbad:

Behandlungsnachweis vom 16.10.-26.11.2019 sowie 15.1.-20.1.2020

?        AKH 18.11.2019, Interne II, Ambulanz:

Auszug: Kontrolle wegen li. seitigen OB Schmerzen. Empfohlene Medikation: Auszug: Novalgin bei Bedarf, bei Schmerzen bis 6x tägl., Metagelan 500 mg bei Bedarf

?        Arztbrief Dr. Ledwon, FA für Neurologie, 15.10.2019:

Z.n. unilateraler mikrochirurg. Diskusexstirpation L4/5 li. am 8.4.2019. Aktuell noch Parästhesien in den Beinen sowie 4plus/5 Paraparese. Gangstörung. Weiterhin neuropathische Schmerzen. ENG peron. und tibialis bds. im Normbereich. Weiters depressive Störung, Schlafstörung, Angst und Panik. Therapie: Gabapentin 3x 300 mg, Adjuvin 50 mg, Alprazolam 0,5 mg bei Bedarf

Auch der befasste sachverständige Facharzt für Orthopädie, fasst die vorgelegten relevanten Beweismittel wie folgt zusammen:

?        10.04.2019 Entlassungsbericht Franziskusspital, Hauptdiagnose: Großer mediolateraler linksgelegener Prolaps L4/5.

?        8.04.2019 unilateral mikrochirurgische Diskusexstirpation L4/5 links mit unauffällig postoperativen Verlauf. Bei Entlassung Restparästhesie gluteal beidseits. Wunde bland. Aufenthaltsbestätigung Humanomed Althofen, Rehabilitation von 20.8.-10.09.2019, ohne Befundvorlage.

?        05.03.2019 MRT Diagnostikum Gersthof, LWS: 15mm großer links dorsaler Bandscheibenprolaps L4/5 mit konsigutiver absoluter Vertebrostenose und Kompression der linken Nervenwurzel L5, geringe Diskusprotrusionen L1/2 L3/4.

?        29.01.2019 MRT rechte Schulter, DZ Meidling: Tendinitis calcarea der langen Bizepssehne, mittelgradige chronische Tendinose der Supraspinatussehne, kein Hinweis auf Riss. Deutliche Enthesiopathie im Ansatzbereich der Supraspinatussehne. Mäßige Enthesiopathie der Infraspinatussehne, mäßige chronische reaktive Synovialitis im Rezessus axiallaris mit konsigutiv geringem Gelenkserguss. Fortgeschrittene Omarthrosis deformans mit Chondropathie Grad III, mäßig aktivierte AC-Arthrose.

?        15.10.2019 Arztbrief Dr. Ledwon, eine Diagnosenauflistung mit Z. n. Unilaterale

?        Diskusexstirpation L4/5 links und neuropathische Schmerzen. Nervus peroneus und tibialis im Normbereich. Tendinitis calcarea rechts. Als Therapievorschlag Gabapentin 3x1, Adjuvin 1x50mg.

?        14.01.2020 Wirbelsäule, Diagnostikum Gersthof: deutliche Befundverbesserung verglichen mit der Voruntersuchung, mäßiggradiges Granulationsgewebe. Abbildung der vorbekannten Bandscheibenprotrusion wie beschrieben. Die übrigen nervalen Strukturen sind frei.

Die vorgelegten medizinischen Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befassten Sachverständigen haben sich im Rahmen ihrer Gutachtenserstellung damit auseinandergesetzt. Die angeführten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis der eingeholten Sachverständigenbeweise, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Im Gesamtgutachten, erstellt durch den Facharzt für Neurologie, zählt dieser das führende Leiden 1, Abnützungsbedingter Bandscheibenschaden, Z. n. Bandscheibenentfernung nach Entlastung L4/5 links, unter der Richtsatzposition 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH auf. Dazu führt er nachvollziehbar aus, dass diese Einschätzung dem oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer entspricht und rechtfertigt die Wahl dieser Richtsatzposition anhand der vorliegenden mittelgradigen Funktionsbehinderungen der Lendenwirbelsäule, jedoch mit Kraftabschwächung im linken Bein trotz Rehabilitation.

Als weiteres Leiden gibt der Sachverständige das Leiden 2, Chronisches Schmerzsyndrom nach OP der Bandscheibe L4/5 li, unter der Richtsatzposition 04.11.02 an, welches er mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet. Dies entspricht dem unteren Rahmensatz dieser Positionsnummer, deren Wahl vom Facharzt für Neurologie dahingehend argumentiert wird, dass Analgetika der WHO Stufe 1 aus fachärztlicher Sicht zwar ausreichend sind, wobei dennoch geringgradige Defizite im Neurostatus erhebbar sind.

Das Leiden 3, Begleitdepression, wird unter der Richtsatzposition 03.06.01 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH angeführt. Diese Bewertung liegt eine Stufe über dem unteren Rahmensatz. Der Sachverständige führt dazu bestätigend aus, dass dieses Leiden anhand der Medikation stabil ist.

Weiter findet sich im Gutachten das Leiden 4, Chronische Darmentzündung, welches unter der Positionsnummer 07.04.04 angegeben wird und mit einer Bewertung in Höhe von 20 vH gewertet wird. Der Sachverständige beschreibt dazu plausibel, dass die Wahl des oberen Rahmensatz gewählt wurde, da diese Funktionseinschränkung histologisch bewiesen ist und beim Beschwerdeführer ein guter Ernährungszustand objektivierbar ist.

Weiter findet sich das Leiden 5, Schultergelenksabnützung rechts, in der Gesamtbeurteilung, welches unter der Positionsnummer 02.06.03 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH angegeben wird. Dies entspricht einem fixen Rahmensatz, den der Sachverständige plausibel dadurch begründet, dass eine Beweglichkeit bis 90 Grad objektiviert werden konnte, jedoch eine deutliche Knorpelschädigung im Sinn einer Abnützung MRT-dokumentiert ist.

In der Auflistung der Funktionseinschränkungen findet sich weiter das Leiden 6 Hypertonie unter der Richtsatzposition 05.01.01 und einer Bewertung des Grades der Behinderung mit 10 vH. Der Facharzt für Neurologie führt dazu begründend aus, dass dies dem fixen Rahmensatz entspricht und die Hypertonie medikamentös eingestellt ist.

Den Gesamtgrad der Behinderung bewertet der Facharzt für Neurologie nachvollziehbar in Höhe von 40 vH. Er führt dazu aus, dass der abnützungsbedingte Bandscheibenschaden, Zustand nach. Bandscheibenentfernung nach Entlastung L4/5 links, als führendes Leiden 1 durch das Leiden 2, Chronisches Schmerzsyndrom nach OP Bandscheibe L4/5 links, nicht angehoben wird, da sich diese beiden Leiden überschneiden. Weiters führt er nachvollziehbar aus, dass zwischen dem führenden Leiden 1 durch die weiteren Leiden 2 bis 6 keine wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht, da unterschiedliche Körperregionen bzw. unterschiedliche Organsysteme betroffen sind.

In weiterer Folge nimmt der Facharzt für Orthopädie in seinem Gutachten zu den Einwendungen und den im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Beweismittel ausführlich Stellung. Zu der vom Beschwerdeführer beantragten TIA erläutert der Sachverständige, dass sich für dieses Leiden in der Dokumentation kein Hinweis findet. Ebenso konnte anhand der vorgelegten Befunde kein Hinweis auf die vom Beschwerdeführer behaupteten kognitiven Defizite und Konzentrationsstörungen objektiviert werden bzw. wurden diese auch nicht in der vom Gutachtensersteller durchgeführten persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers bestätigt.

Der Sachverständige hält darüber hinaus nachvollziehbar fest, dass im Vergleich zum Vorgutachten ein Fortschreiten des Wirbelsäulenleidens zu dokumentieren ist. Aus medizinischer Sicht finden sich deutliche Restbeschwerden trotz chirurgischer Intervention und Rehabilitation mit Beinschwäche links. Er hält auch fest, dass sich im Bereich der Schultergelenke keine Veränderung findet.

Auch geht der Facharzt für Neurologie in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 05.05.2020 ausführlich auf die vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers ein und hält klar und nachvollziehbar fest, dass die Grundlagen eines jeden Gutachtens objektivierbare behinderungsrelevante Funktionseinschränkungen sind und diese von ihm auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Befundberichte im Rahmen der persönlichen Untersuchung einer adäquaten Einschätzung gemäß der Einstufungsverordnung unterzogen wurden. Die subjektiven Leidens- und Symptomschilderungen in der gegenständlichen Beschwerde beinhalten aus fachärztlicher Sicht keine Hinweise auf noch nicht ausreichend berücksichtigte behinderungsrelevante Funktionsdefizite.

Auch auf den neuerlich vorgelegten medizinischen Beweis geht der Sachverständige in der ärztlichen Stellungnahme ein und beschreibt unmissverständlich, dass der nachgereichte Arztbrief eines Neurologen vom 02.04.2020 weder einen aktuellen Neuro-Status noch neue fachspezifische Diagnosen enthält. Aufgrund dessen ist aus gutachterlicher Sicht somit insgesamt keine Abänderung der bereits erstellten Einstufung möglich und hält der Sachverständige seine vorgenommene Gesamtbeurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in Höhe von 40 vH unverändert aufrecht.

Die bei dem Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden somit in den eingeholten Sachverständigengutachten dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel steht nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und es enthält auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Das Beschwerdevorbringen war somit nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH vorliegt, zu entkräften.

Die Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie dem vorgelegten Beweismittel kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag des Beschwerdeführers weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 18.11.2015 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungs-gerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1.       ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4.       für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1.       in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2.       in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

–        Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

–        Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

–        In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1.       nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2.       zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.       ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 18.11.2015 gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da beim Beschwerdeführer ein Grad der Behinderung von 40 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher von der belnagten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers vom 24.01.2020, eingeholt, ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers vom 24.01.2020, ein Gesamtgutachten sowie eine ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Neurologie eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet diese eingeholten Sachverständigengutachten als schlüssig und frei von Widersprüchen. Die erhobenen Einwendungen waren nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen hervorzurufen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W141.2125824.2.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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