TE Vwgh Beschluss 2020/11/5 Ra 2020/10/0137

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Veröffentlicht am 05.11.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
82/04 Apotheken Arzneimittel

Norm

ApG 1907 §10 Abs2
ApG 1907 §10 Abs2 Z1
ApG 1907 §10 Abs3
ApG 1907 §29
ApG 1907 §29 Abs1
ApG 1907 §29 Abs3
ApG 1907 §29 Abs4
ApG 1907 §47
ApG 1907 §48 Abs2
ApG 1907 §51
ApG 1907 §51 Abs3
ApG 1907 §53
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision des N N in H, vertreten durch Mag. Markus Lechner, Rechtsanwalt in 6911 Lochau, Althaus 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 27. Juli 2020, Zl. LVwG-AV-723/001-2020, betreffend Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach; mitbeteiligte Partei: B B in W, vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 6), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Arzt für Allgemeinmedizin; er verfügt über eine Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in H.

2        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Mai 2020 wurde dem Mitbeteiligten die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke für die Ordination am Standort F erteilt (I.) sowie der dagegen vom Revisionswerber erhobene Einspruch zurückgewiesen (II.).

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich wurde die gegen diesen Bescheid vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen (1.) und die Revision nicht zugelassen (2).

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber komme im gegenständlichen Verfahren zur Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke gemäß § 51 Abs. 3 Apothekengesetz (ApG) keine Parteistellung zu; das ApG gewähre hausapothekenführenden Ärzten ausschließlich in einem Verfahren zur beantragten Konzession einer öffentlichen Apotheke Parteistellung, wenn aufgrund der Konzessionserteilung die Bewilligung für die Hausapotheke zurückgenommen werden könne. Die Nichtzulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Hinweis auf die diesbezüglich eindeutige Rechtslage.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass zur Frage, ob benachbarten Hausapotheken führenden Ärzten für Allgemeinmedizin im Verfahren auf Erteilung einer „Hausapothekenkonzession“ Parteistellung zukommt, keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

9        Die Revision ist nicht zulässig.

10       Gemäß § 29 Abs. 1 ApG ist einem Arzt für Allgemeinmedizin auf Antrag die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke unter den dort genannten Voraussetzungen zu erteilen.

11       Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nach Maßgabe des Abs. 4 bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke unter näher genannten Voraussetzungen zurückzunehmen.

12       Gemäß Abs. 4 zweiter Satz leg. cit. hat die Behörde die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid auszusprechen.

13       Gemäß § 48 Abs. 2 ApG können gemäß § 29 Abs. 3 und 4 ApG betroffene Ärzte, welche den Bedarf an einer neuen öffentlichen Apotheke als nicht gegeben erachten, etwaige Einsprüche gegen die Neuerrichtung bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Standort der neuen öffentlichen Apotheke in Aussicht genommen ist, geltend machen.

14       Gemäß § 51 Abs. 3 ApG steht den gemäß § 29 Abs. 3 und 4 betroffenen Ärzten, welche gemäß § 48 Abs. 2 leg. cit. rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, gegen die Erteilung der Konzession zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke die Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes zu.

15       Gemäß § 53 ApG sind für das Verfahren bei Anträgen auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke im Sinne des § 29 die §§ 47 bis 51 ApG sinngemäß anzuwenden.

16       Nach dem klaren Wortlaut des § 48 Abs. 2 und 51 Abs. 3 iVm mit § 29 Abs. 3 und 4 ApG steht das Einspruchs- bzw. das Beschwerderecht - und sohin die Parteistellung - den Haltern ärztlicher Hausapotheken lediglich in Verfahren zur Erteilung der Konzession einer öffentlichen Apotheke und ausschließlich in dem Fall zu, dass die Hausapothekenbewilligung bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen ist.

17       Das ApG legt damit jene Interessen von eine Hausapotheke führenden Ärzten fest, die sie im Rahmen der Bedarfsprüfung geltend zu machen berechtigt sind. Hausapotheken führende Ärzte sind demnach im Rahmen ihrer Parteistellung lediglich berechtigt, das Vorhandensein einer ärztlichen Hausapotheke in einer sogenannten „Ein-Arzt-Gemeinde“ iSd § 10 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 ApG, in der die Betriebsstätte einer neuen öffentlichen Apotheke errichtet werden soll, einzuwenden (vgl. VwGH 26.9.2019, Ra 2018/10/0147, 0148).

18       Die Bedeutung (im vorliegenden Kontext) des § 53 ApG, wonach für das Verfahren bei Anträgen auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke im Sinne des § 29 ApG die §§ 47 bis 51 ApG „sinngemäß“ anzuwenden sind, besteht darin, dass damit jenen Inhabern öffentlicher Apotheken im Verfahren betreffend die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke Parteistellung eingeräumt wird, die gemäß § 48 Abs. 2 ApG rechtzeitig Einspruch erhoben haben (vgl. VwGH 24.10.2018, Ro 2017/10/0010, und 27.3.2019 Ro 2019/10/0003, mit Hinweis aufVwGH 29.5.1995, 93/10/0138, zum Umfang der Parteistellung von „Nachbarapothekern“ im Verfahren zur Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke).

19       Nach den erwähnten Bestimmungen des ApG kommt sohin - unter den jeweils genannten Voraussetzungen - Parteistellung einerseits den eine Hausapotheke führenden Ärzten, denen die Zurücknahme ihrer Hausapothekenbewilligung droht, im Verfahren zur Erteilung der Konzession einer öffentlichen Apotheke, sowie andererseits den (benachbarten) Inhabern öffentlicher Apotheken im Bewilligungsverfahren zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zu.

20       Ein rechtlich geschütztes Interesse von eine Hausapotheke führenden Ärzten an der Nichterteilung einer Bewilligung zur Haltung einer (anderen) ärztlichen Hausapotheke ist dem ApG hingegen fremd, zumal das Gesetz auch die Zurücknahme einer bestehenden Hausapothekenbewilligung im Fall der Erteilung einer beantragten (neuen) Hausapothekenbewilligung nicht vorsieht.

21       Eine Hausapotheke führenden Ärzten ist im Verfahren gemäß § 29 ApG betreffend die Bewilligung zur Haltung einer anderen ärztlichen Hausapotheke weder ein Einspruchs- noch ein Beschwerderecht eingeräumt; Parteistellung kommt ihnen in diesem Verfahren nicht zu.

22       Die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht haben im Revisionsfall die Parteistellung des Revisionswerbers sohin zu Recht verneint.

23       Da die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen des ApG klar und eindeutig ist, wirft die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. auch dazu den zitierten Beschluss VwGH Ra 2018/10/0147 sowie weiters etwa VwGH 20.12.2019, Ra 2019/10/0124, und 20.4.2020, Ra 2019/10/0176, jeweils mwN).

24       Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. November 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100137.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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