TE Vwgh Beschluss 2020/11/5 Ra 2020/10/0133

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Veröffentlicht am 05.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/04 Apotheken Arzneimittel

Norm

ApG 1907 §10 Abs2 Z3
ApG 1907 §10 Abs6a idF 2016/I/103
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der V B in E, vertreten durch die Rohregger Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 17/15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 24. September 2019, Zl. LVwG-AV-769/004-2014, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Parteien: 1. W-Apotheke A KG, 2. Apotheke L A KG, 3. „M-Apotheke“ R KG, alle drei vertreten durch Riel/Grohmann/Sauer, Rechtsanwälte in 3500 Krems an der Donau, Gartenaugasse 1, 4. A-Apotheke G KG in K, 5. Apotheke E R KG in K, sowie 6. S KG, vertreten durch Dr. Wolfgang Winiwarter, Rechtsanwalt in 3500 Krems an der Donau, Utzstraße 9), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Sechstmitbeteiligten auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1        1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 24. September 2019 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in K, W-Straße, ab, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.

2        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, im näheren Umkreis der voraussichtlichen Betriebsstätte der beantragten Apotheke in der W- Straße lägen (u.a.) folgende Apotheken: die (von der Sechstmitbeteiligten betriebene) „Apotheke M“ in einer Entfernung von ca. 1,6 km, die (von der Erstmitbeteiligten betriebene) „W-Apotheke“ in einer Entfernung von ca. 1,7 km, die (von der Zweitmitbeteiligten betriebene) „Apotheke L“ in einer Entfernung von ca. 1,8 km, die (von der Drittmitbeteiligten betriebene) „M-Apotheke“ in einer Entfernung von ca. 2,1 km und die (von der Viertmitbeteiligten betriebene) „A-Apotheke“ in einer Entfernung von ca. 2,4 km.

3        Nach dem eingeholten Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 20. März 2019 würde sich das Versorgungspotential der bestehenden öffentlichen „Apotheke M“ infolge der Errichtung und des Betriebes der beantragten Apotheke auf 5.191 Personen verringern.

4        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Bedarf an der beantragten Apotheke gemäß § 10 Abs. 2 Z 3 Apothekengesetz (ApG) sei schon in Bezug auf die „Apotheke M“ nicht gegeben, sodass sich Ausführungen zum Versorgungspotential der weiteren von den Mitbeteiligten betriebenen Apotheken erübrigten.

5        Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin sei die beantragte Apothekenkonzession auch nicht in Anwendung des § 10 Abs. 6a ApG zu erteilen: Nach der hg. Judikatur zu dieser Bestimmung (Hinweis auf VwGH 8.8.2018, Ra 2017/10/0103) zähle zu den darin geforderten Voraussetzungen (u.a.) eine „Versorgungslücke“ (der Wohnbevölkerung im Fall der Nichterrichtung der beantragten Apotheke); eine solche Versorgungslücke liege allerdings schon mit Blick darauf, dass sich innerhalb eines Umkreises von 5 km von der beantragten Betriebsstätte aus fünf öffentliche Apotheken befänden, nicht vor.

6        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        3.1. Die Revisionswerberin erachtet sich in ihrem „Recht auf Erteilung einer Konzession zur Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke unter der Anwendung des § 10 Abs 6a ApG“ verletzt.

10       Dem entsprechend wendet sie sich in den Zulässigkeitsausführungen ihrer außerordentlichen Revision gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung nach § 10 Abs. 6a ApG und bringt dazu im Wesentlichen vor, die Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke liege einerseits im näheren Umkreis einer „größeren medizinischen Einrichtung“ (Hinweis auf VwGH 24.10.2018, Ra 2018/10/0049), nämlich des Universitätsklinikums K, und weiterer medizinischer Einrichtungen, andererseits in einem Einkaufszentrum an einem hoch frequentierten Verkehrsknotenpunkt in K, infolge dessen in einem Gebiet, „das nach der Struktur seines Bevölkerungsbestandes geeignet ist, eine besondere Bedarfssituation hinsichtlich der sicheren und qualitativ hochwertigen Versorgung mit Arzneimitteln zu indizieren“ (vgl. dazu das bereits vom Verwaltungsgericht zitierte Erkenntnis Ra 2017/10/0103 [Rz 21]).

11       3.2. Damit gelingt es der Revisionswerberin allerdings nicht, die von ihr behauptete fehlerhafte Beurteilung durch das Verwaltungsgericht aufzuzeigen, spricht sie mit ihrem Vorbringen doch lediglich die erste von drei in der hg. Judikatur zu § 10 Abs. 6a ApG entwickelten, kumulativ geforderten Voraussetzungen an, nämlich die Situierung der Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke in einem Gebiet mit bestimmten demographischen Besonderheiten (vgl. näher das erwähnte Erkenntnis Ra 2017/10/0103 [Rz 21]).

12       Das angefochtene Erkenntnis stützt sich jedoch klar auf das Fehlen der zweiten für die Anwendung des § 10 Abs. 6a ApG geforderten Voraussetzung, nämlich einen aufgrund der konkret vorliegenden demographischen Besonderheiten bestehenden oder unmittelbar bevorstehenden „Mangel in der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln [...], dem durch die beantragte Apotheke begegnet werden kann“; ein solcher Mangel liegt dann vor, wenn„ansonsten - d.h. bei Nichterrichtung der neuen Apotheke - eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken (einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken) nicht gewährleistet ist, weil die bestehenden Apotheken infolge der konkreten örtlichen Gegebenheiten und Verkehrsverhältnisse nicht ausreichend rasch bzw. nur unzumutbar erreichbar sind“ (vgl. dazu das erwähnte Erkenntnis Ra 2017/10/0103 [Rz 22] oder etwa das bereits von der Revisionswerberin genannte Erkenntnis Ra 2018/10/0049).

13       Wenn das Verwaltungsgericht einen derartigen Versorgungsmangel angesichts des Umstandes, dass fünf bestehende öffentliche Apotheken weniger als 3 km von der beabsichtigten Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke entfernt (und drei bestehende Apotheken weniger als 2 km davon entfernt) sind, verneint hat, ist dies nicht zu beanstanden, kommt doch nach der hg. Judikatur die Anwendung des § 10 Abs. 6a ApG nicht in Betracht, wenn - unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken - eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung auch bei Nichterrichtung der beabsichtigten Apotheke gewährleistet ist (vgl. etwa VwGH 27.9.2018, Ra 2017/10/0069).

14       Zu dem weiteren Argument der Revisionswerberin, ihre Apotheke läge direkt an der Stadteinfahrt, weshalb im Gegensatz zu den in der Innenstadt gelegenen Apotheken (namentlich der „A-Apotheke“, der „M-Apotheke“ und der „W-Apotheke“) die „problemlose und rasche Erreichbarkeit“ der Apotheke jedenfalls gegeben sei, ist darauf hinzuweisen, dass ein bloßer „Zeitersparnis- und Bequemlichkeitsvorteil“ durch Errichtung der beantragten Apotheke nicht ausreicht, um die beschriebene zweite Voraussetzung für eine Anwendung des § 10 Abs. 6a ApG (einen Versorgungsmangel im gerade umrissenen Sinn) darzutun (vgl. wiederum VwGH Ra 2018/10/0049).

15       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16       Die Revision war daher zurückzuweisen.

17       Aufwandersatz für die von der Sechstmitbeteiligten erstattete Revisionsbeantwortung kommt mangels Einleitung des Vorverfahrens nicht in Betracht.

Wien, am 5. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100133.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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