TE Vwgh Beschluss 2020/11/5 Ra 2020/10/0086

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2020
beobachten
merken

Index

L66508 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke Flurbereinigung Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
80/06 Bodenreform

Norm

ABGB §825
B-VG Art133 Abs4
FlVfGG §15
FlVfLG Vlbg 1979 §31
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/10/0087
Ra 2020/10/0088
Ra 2020/10/0089
Ra 2020/10/0090
Ra 2020/10/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. M B, 2. J B, 3. A B, 4. V S und 5. E S, alle in L sowie 6. E B in R, alle vertreten durch die Rechtsanwälte Mandl GmbH in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3/I, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 26. Februar 2020, Zl. LVwG-342-1/2020-R16, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vbg Sportgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Lech), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Jänner 2020 wurde der Gemeinde Lech gemäß § 4 Abs. 1 Vbg. Sportgesetz das Recht eingeräumt, während der Zeit der Schneedecke auf zwei näher genannten Grundstücken auf einer Trasse in einer Breite von sechs Metern mit den dazu bestimmten Geräten und Mitteln die Voraussetzungen für die Ausübung des Langlaufsports zu verbessern, Zeichen im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b leg. cit anzubringen und Rettungsgeräte einzusetzen.

2        Die dagegen von den revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. Februar 2020 zurück; die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, bei den gegenständlichen Grundstücken handle es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke, die gemeinschaftlich von den Anteilsberechtigten genutzt würden; die Revisionswerber seien Anteilsberechtigte der beiden betroffenen Agrargemeinschaften „Waldinteressenschaft Z W“ und „Innere Z A“. Es liege in beiden Fällen keine Miteigentumsgemeinschaft der Anteilsberechtigten vor, sondern würden vielmehr die Anteilsrechte der Mitglieder durch die jeweilige Agrargemeinschaft repräsentiert. Die Anteilsrechte an den Agrargemeinschaften vermittelten den revisionswerbenden Parteien daher keine Parteistellung im Verfahren betreffend die Einräumung von Rechten nach § 4 Vbg. Sportgesetz.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ua. dann nicht entsprochen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. jüngst etwa VwGH 5.10.2020, Ra 2020/10/0132, mwN).

8        Die Revision erweist sich daher schon deshalb als unzulässig.

9        Im Übrigen wendet sich die Revision (in der Sache) im Wesentlichen gegen die dem angefochtenen Beschluss zu Grunde liegende Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die „Waldinteressenschaft Z W“ und die „Innere Z A“ Agrargemeinschaften (mit eigener Rechtspersönlichkeit) im Sinne des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes darstellten.

10       Dem ist zu entgegnen, dass die Frage, ob eine Agrargemeinschaft vorliegt, jeweils eine Einzelfallbeurteilung erfordert. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Prüfung grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis führen würde (vgl. VwGH 21.2.2020, Ra 2018/07/0411-0417). Im Revisionsfall ist nicht erkennbar, dass dem Verwaltungsgericht ein derartiger Fehler unterlaufen wäre.

11       Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) stellt eine Agrargemeinschaft aber kein Miteigentumsverhältnis iSd §§ 825 ff ABGB, sondern eine Sachgemeinschaft (bzw. Gesamthandgemeinschaft) im Sinne einer „realrechtlich zweckgebundenen Gemeinschaft“ dar, bei der die freie Verfügung der einzelnen Mitglieder über ihre Anteilsrechte weitgehend ausgeschlossen ist. Anders als bei der Miteigentumsgemeinschaft kommt auch die Verwaltung nicht allen Teilhabern insgesamt zu, sondern ist in der Regel Organen übertragen, die die Agrargemeinschaft auch nach außen vertreten (vgl. OGH 27.5.2019, 1 Ob 231/18d, mit Hinweis auf OGH 21.12.2011, 9 Ob 35/11d).

12       Ausgehend davon ist der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts (im Ergebnis) nicht zu beanstanden.

13       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100086.L00

Im RIS seit

22.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten