TE Vwgh Beschluss 2020/11/5 Ra 2020/10/0074

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Veröffentlicht am 05.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art130 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art132 Abs3
B-VG Art133 Abs1 Z2 impl
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der S G in H, vertreten durch Dr. Stella Spitzer-Härting, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 28. April 2020, Zl. LVwG-AV-656/005-2018, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 28. April 2020 gab das Verwaltungsgericht - im zweiten Rechtsgang - der Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22. Mai 2018, mit dem ihr Antrag auf Zuerkennung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach dem Niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetz (NÖ MSG) abgewiesen worden war, dahingehend Folge, dass dem Antrag vom 24. August 2017 auf Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes „teilweise“ stattgegeben wurde und ihr ab dem 1. August 2017 bis längstens zum 31. Juli 2018 Geldleistungen in näher bezeichneter Höhe zuerkannt wurden. Die Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG für unzulässig.

2        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird ausgeführt, es sei zu klären, ob im Sinne des NÖ MSG „eine Entscheidung des LVwG über den Zeitraum des Anspruches auf Geldleistungen zu erfolgen hat, wenn die belangte Behörde den Antrag auf Geldleistungen dem Grunde nach abgewiesen hat.“ Das Verwaltungsgericht vertrete die Rechtsmeinung, dass der Revisionswerberin eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes bzw. eine Gewährung von Mindestsicherung über einen 12 Monate übersteigenden Zeitraum nicht zustehe. Das Verwaltungsgericht hätte in Erledigung der verwaltungsbehördlichen Angelegenheit nicht nur zu entscheiden gehabt, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe eine Geldleistung zustehe, sondern auch über den Zeitraum der Gewährung absprechen müssen. Schließlich seien dem Verwaltungsgericht Sachverhaltselemente zum Einkommen aus der geringfügigen Beschäftigung nur im Zeitraum von Anfang August 2017 bis Ende Juli 2018 vorgelegen, nicht jedoch über diesen Zeitraum hinaus. Ebenso sei dem Verwaltungsgericht kein aktuelles Beweisergebnis zur Arbeits(un)fähigkeit der Revisionswerberin vorgelegen. Das Verwaltungsgericht hätte somit die Beschwerde bzw. den Antrag nur für jenen Zeitraum erledigen dürfen, für den der maßgebliche Sachverhalt festgestanden sei. Für die Erledigung des Antrags „hinsichtlich des Zeitraumes der Gewährung“ hätte das Verwaltungsgericht jedoch an die belangte Behörde zurückverweisen müssen. Jedenfalls hätte diese Rechtsfrage nicht ohne Anberaumung einer Verhandlung beantwortet werden dürfen.

7        Die Revisionswerberin bringt damit zum Ausdruck, das Verwaltungsgericht hätte nicht nur über den Zeitraum bis 31. Juli 2018 absprechen dürfen, sondern - in Form einer Zurückverweisung an die belangte Behörde - auch über den Zeitraum ab 1. August 2018, weil dieser auch Verfahrensgegenstand sei.

8        Das Verwaltungsgericht hat keine spruchgemäße Entscheidung über den Zeitraum ab 1. August 2018 getroffen. Soweit die Revisionswerberin rügt, das Verwaltungsgericht habe über die beantragte Mindestsicherungsleistung für den Zeitraum ab 1. August 2018 nicht entschieden, behauptet sie daher eine Verletzung der Entscheidungspflicht. Damit macht sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses geltend (vgl. VwGH 21.1.2015, Ro 2014/10/0027; 24.6.2015, 2012/10/0178; 26.9.2019, Ra 2018/10/0083).

9        In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 5. November 2020

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100074.L00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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