Entscheidungsdatum
29.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
I417 2201986-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXXXXXX, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH, Wolfeggstraße 1, 6900 Bregenz, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgericht Feldkirch vom 04.07.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Zwangsstrafverfügung des Landesgerichtes (als Handelsgericht) Feldkirch vom 12.08.2016 zu XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe gemäß § 283 UGB von EUR 3.200,- und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von zusammen ? 3.208,- verhängt.
2. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 10.04.2018, nachweislich zugestellt am 13.04.2018 schrieb die Kostenbeamtin des Landesgerichtes Feldkirch für dessen Präsidenten dem Beschwerdeführer die gegen ihn verhängte Zwangsstrafe im Betrag von EUR 3.200,- sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG, idHv EUR 8,00, somit einen Betrag von EUR 3.208,- zur Zahlung vor.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 25.04.2018 Vorstellung, in welcher mittels Vergleiches zur BRD die "völlig überzogene Umsetzung in Österreich, der Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die absolute Nichtigkeit der Zwangsstrafen, die verfahrensrechtliche Nichtigkeit und die unionsrechtlich unwirksame Beschränkung des Prüfungsauftrages monierte. Der Vorstellungswerber beantragte, "die dem Zahlungsauftrag zugrunde liegende Rechtssache wegen absoluter Nichtigkeit und evidenter unionsrechtlicher Gleichheitswidrigkeit außer Acht zu lassen. Damit ergibt sich von selbst, dass der Zahlungsauftrag ohne Rechtsgrundlage, nämlich auf der Basis unionsrechtlich verdrängter innerstaatlicher Judikatur, ergangen ist." und weiters, den angefochtenen Auftrag zur Zahlung einer Zwangsstrafe ersatzlos aufzuheben.
4. Mit Schreiben vom 16.05.2018 wurde der Beschwerdeführer von der beabsichtigten weiteren Vorgangsweise in Kenntnis gesetzt und gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, Akteneinsicht bzw. Stellung zum Schreiben zu nehmen.
5. Mit Stellungnahme vom 20.06.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass seit 25.05.2017 ein neuer Oppositionsgrund vorliege. Darin wurde auf ein Parallelverfahren in Deutschland verwiesen und darauf, dass seit 25.05.2018 die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46 EG in Kraft getreten sei. Daraus resultierend herrsche ein völlig neuer Rechtsrahmen und erweise sich die Bestrafung der verpflichteten Partei wegen Nichtoffenlegung der Jahresabschlüsse als unionsrechtswidrig.
6. Mit Bescheid vom 04.07.2018, XXXX, , XXXX, verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die im Firmenbuchverfahren XXXX des Landesgerichts Feldkirch verhängten Zwangsstrafen in Höhe von EUR 3.200,-und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a GEG in der Höhe von EUR 8,00 auf das Konto des Landesgerichts Feldkirch, BIC: BUNDATWW, IBAN: AT53 0100 0000 0548 0302, Verwendungszweck: XXXX, einzuzahlen.
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom 17.07.2018, mit welcher der Bescheid in vollem Umfange angefochten wird. Der Beschwerdeführer beantragte über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der in Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der weiteren Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf die vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsunterlagen. Das Vorliegen von dem Einbringungsverfahren zu Grunde liegenden rechtskräftigen und vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen über die Zahlungspflicht des Beschwerdeführers steht anhand dieses Akteninhaltes unzweifelhaft fest und wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - im Einklang mit dieser Aktenlage - festgehalten.
Der Beschwerdeführer trat dem nicht mit konkreten substantiierten Tatsachenbehauptungen entgegen.
3.Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die Beschwerde bringt im Ergebnis ausschließlich verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken gegen die gerichtlichen Entscheidungen betreffend die Verhängung von Zwangsstrafen, die dem hier relevanten Einbringungsverfahren zugrunde liegen, vor.
Damit ist der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Denn die Ansicht des Beschwerdeführers, dass im Einbringungsverfahren die diesem Verfahren zu Grunde liegenden gerichtlichen Entscheidungen, mit denen die einzubringenden Zwangsstrafen verhängt wurden, nochmals zu überprüfen seien, ist nicht zu teilen. Dem steht der eindeutige Wortlaut der - mit BGBl I Nr 190/2013 eingeführten - Bestimmung des § 6b Abs 4 GEG entgegen, wonach im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden können. Diese Bestimmung entspricht dem (bereits vor Inkrafttreten der Bestimmung mit 01.01.2014) geltenden Grundsatz, dass die Vorschreibungsbehörde als Justizverwaltungsorgan an die Entscheidungen der Gerichte gebunden ist und gegen einen Zahlungsauftrag, mit dem sich aus einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ergebende Beträge vorgeschrieben werden, ein Rechtsmittel nur dann erhoben werden kann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder der Zahlungsauftrag der ihm zugrunde liegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht (vgl § 7 Abs 1 GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung). Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 Abs 1 GEG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung ist auch für das GEG in der (seit der Novelle BGBl I Nr 190/2013) geltenden Fassung maßgeblich (vgl VwGH 20.05.2015, Ra 2015/10/0050).
Die Entscheidung, mit der die Zahlungspflicht im Sinne des § 6b Abs 4 GEG rechtskräftig festgestellt wurde, ist im Falle der Einbringung von Geldstrafen (Zwangsstrafen) die gerichtliche Entscheidung über die Verhängung der Geldstrafe (Zwangsstrafe) (vgl VwGH 13.10.2004, 2000/10/0033, welches die Einbringung einer rechtskräftig verhängten Geldstrafe betraf, sowie VwGH 22.12.2010, 2010/06/0173 betreffend Zwangsstrafen nach dem UGB; vgl auch die jüngst die Beschwerdeführer in identischen Angelegenheiten betreffenden Verfahren VfGH 26.02.2018, E 4325/2017, sowie die Beschlüsse VwGH 14.06.2018, Ra 2018716/0081 bis 0082; 07.06.2018, Ra 2018/16/0069, /0070; vgl auch bereits VwGH 11.09.2014, Ro 2014/16/0058).
Umgelegt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass eine Bindung an die dem Einbringungsverfahren zu Grunde liegenden rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen über die Verhängung der Zwangsstrafen besteht und weder der belangten Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht eine selbständige Prüfungsbefugnis bezüglich der Rechtmäßigkeit dieser gerichtlichen Entscheidungen zukommt und diese nicht im Wege der Justizverwaltung hinterfragt oder gar abgeändert/revidiert werden können. Sache des gegenständlichen Verfahrens ist nicht die Verhängung von Zwangsstrafen nach § 283 UGB sondern deren gerichtliche Einbringung, die weder eine Straf- noch eine Disziplinarsache darstellt (zur Einordnung der Strafen nach § 283 UGB sowie zur unions- und verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Verhängung dieser Strafen vgl im Übrigen die unter RIS-Justiz RS0113285 wiedergegebene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, insbesondere OGH 21.2.2008, 6 Ob 20/08x (6 Ob 21/08v) sowie 13.9.2012, 6 O6 b 152/12i, mwN).
In Ansehung des Betrages, der in Durchführung von einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag der Justizverwaltungsbehörde aufgenommen wurde, könnten vielmehr nur mehr Einwendungen hinsichtlich einer unrichtigen Bestimmung der Zahlungsfrist im Zahlungsauftrag oder hinsichtlich einer Nichtentsprechung des Zahlungsauftrages mit der ihm zu Grunde liegenden Entscheidung des Gerichtes erfolgreich sein (vgl VwGH 27.01.2009, 2008/06/0227). Solche Gründe (Einwendungen), insbesondere dahingehend, dass der angefochtene Bescheid bzw der Zahlungsauftrag nicht der zu Grunde liegenden rechtskräftigen Zwangsstrafverfügung des Gerichtes entspricht, wurden allerdings weder vorgebracht noch sind sie sonst ersichtlich geworden. Der Kern des Vorbringens des Beschwerdeführers lässt sich vielmehr dahin zusammenfassen, dass die Zwangsstrafen als Ergebnis von "verfassungs- unions- und menschenrechtswidrigen" gerichtlichen Verfahren verhängt worden und die den gerichtlichen Verfahren zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften verfassungswidrig bzw unionsrechtswidrig seien und daher auch der angefochtene Bescheid bzw die Zahlungsaufträge rechtswidrig seien. Derartige Einwendungen gegen den Grund der Zahlungspflicht richten sich - wie dem Beschwerdeführer bereits ua in den vom Verwaltungsgerichtshof zur Zl 2008/06/0227 (vom 27.01.2009) und zur Zl 2010/06/0173 (vom 22.12.2010) sowie jüngst zu Zl Ra 2018716/0081 bis 0082 (vom 14.06.2018) und zu Zl Ra 2018/16/0069, /0070 (vom 07.06.2018) entschiedenen Beschwerdefällen, die hinsichtlich Sachverhalt und Rechtsfragen mit dem vorliegenden Beschwerdefall vergleichbar sind, mitgeteilt wurde - daher gegen die Entscheidungen des Gerichtes, die nicht im Verwaltungsverfahren (Einbringungsverfahren), sondern vor den ordentlichen Gerichten (im Rechtsmittelweg) geltend zu machen sind. Neue Umstände wurden im gegenständlichen Fall nicht releviert,
Schon aus diesem Grund sieht sich (auch) das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der gegenständlichen Beschwerde nicht veranlasst, die vom Beschwerdeführer gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen, da im hier gegenständlichen Einbringungsverfahren kein Raum dafür ist, das gerichtliche Grundverfahren und die diesem Verfahren zu Grunde liegenden Normen, die zu der rechtskräftig ausgesprochenen Zahlungsverpflichtung des Beschwerdeführers geführt hat, auf seine Rechtmäßigkeit, Verfassungsmäßigkeit und Übereinstimmung mit dem Unionsrecht hin zu überprüfen (vgl VwGH 16.07.2014, 2013/01/0129).
Da auch nicht behauptet wurde, dass die Zwangsstrafe bereits bezahlt worden wäre, war die belangte Behörde aufgrund bindender gerichtlicher Entscheidungen gemäß § 1 iVm § 6a Abs. 1 GEG verpflichtet, den sich daraus ergebenden Betrag zu bestimmen und gleichzeitig eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben.
Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Von der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung wurde aus folgenden Gründen abgesehen:
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305 mwN). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art. 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Unter Verweis auf § 39 Abs 2 Z 6 Verwaltungsgerichtshofgesetz, BGBl Nr 10/1985 (VwGG), welcher im Wesentlichen § 24 Abs 4 VwGVG entspricht, hat der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung in einer Frage der Gebührenpflicht nach dem GGG Abstand genommen (VwGH 28.03.2014, 2013/16/0218).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt in den sowohl hinsichtlich des Sachverhalts als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfragen Beschlüssen vom 14.06.2018, Ra 2018/16/0081 bis 0082 und vom 07.07.2018, Ra 2018/16/0069, /0070, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von besonderer Bedeutung die jeweiligen Revisionen der Beschwerdeführer zurückgewiesen.
Schlagworte
Bindungswirkung Grundverfahren Jahresabschluss Mandatsbescheid Offenlegungspflicht Rechtskraft der Entscheidung Unionsrecht verfassungsrechtliche Bedenken Vorabentscheidungsersuchen Vorstellung Zahlungsauftrag ZwangsstrafeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I417.2201986.1.00Im RIS seit
03.12.2020Zuletzt aktualisiert am
03.12.2020