TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/19 W108 2211244-1

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Veröffentlicht am 19.06.2020
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Entscheidungsdatum

19.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §6 Abs1 Z1
GEG §6a Abs1
GGG Art1 §15 Abs3a
GGG Art1 §32 TP1
GGG §1 Abs1
IO §110
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W108 2211244-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rainer KORNFELD, gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichtes Wien vom 01.10.2018, Zl. Jv 4482/18p-33,

betreffend Gebührenvorschreibung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1. Im Grundverfahren brachte die Beschwerdeführerin am 09.10.2015 beim Handelsgericht Wien als Insolvenzgericht eine Prüfungsklage gemäß § 110 Insolvenzordnung (IO) ein, mit der sie das Urteil begehrte, es werde festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin im Insolvenzverfahren 38 S 64/15m des XXXX angemeldete Forderung von EUR 898.173,68 zu Recht bestehe. Der Streitwert wurde von der Beschwerdeführerin in der Klage (aufgrund geringfügiger Befriedigungsaussicht) mit EUR 4.000,00 bewertet und die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 27.10.2015 wurde die Klage der Beschwerdeführerin zur Verbesserung mit der Begründung zurückgestellt, der Wert des Streitgegenstandes im Prüfprozess entspreche dem der bestrittenen Konkursforderung, deren Feststellung begehrt werde. Eine Bewertung habe nicht zu erfolgen.

Am 06.11.2015 legte die Beschwerdeführerin eine Verbesserung der Klage samt eines Vermögensverzeichnisses vor, nach ergänzenden Verbesserungsaufträgen hinsichtlich des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mit Beschluss vom 21.12.2015 abgewiesen.

Dem dagegen erhobenen Rekurs wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 12.01.2016 stattgeben und der Beschluss ersatzlos behoben.

Mit Eingabe vom 04.11.2016 wurde die Klage ohne Anspruchsverzicht zurückgezogen.

2. Im gegenständlichen Einbringungsverfahren erließ die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Bescheid - nach Außer-Kraft-Treten des zunächst ergangenen Mandatsbescheides/Zahlungsauftrages vom 08.08.2018 – (erneut) einen Zahlungsauftrag gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG), mit dem die Beschwerdeführerin als zahlungspflichtige Partei aufgefordert wurde, die im Grundverfahren angefallene Gerichtsgebühr (Pauschalgebühr) nach TP 1 iVm Anm 3 zu TP 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) in der Höhe von EUR 3.441,27 und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,00, sohin einen Betrag von insgesamt EUR 3.449,27 binnen 14 Tagen auf ein näher genanntes Konto des Handelsgerichtes Wien bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Rechtlich erwog die belangte Behörde, dass bei Prüfungsprozessen nach § 110f IO die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Gerichtsgebühr die Höhe der bestrittenen Forderung sei.

Gemäß § 15 Abs. 3a GGG bilde – ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 JN – jener Geldbetrag die Bemessungsgrundlage, der in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren Gegenstand der Klage sei. Bei einem Streitwert von EUR 898.173,68 betrage die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 GGG EUR 13.765,08. Durch die erfolgte Zurückziehung der Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner ermäßige sich nach Anmerkung 3 zur TP 1 die Pauschalgebühr auf ein Viertel.

Dem Einwand, es sei davon auszugehen, dass die Klage bis zur rechtskräftigen Bewilligung der Verfahrenshilfe - zumindest die Gerichtsgebühren betreffend – als gar nicht eingebracht anzusehen sei, sei entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin die Eingabe vom 09.10.2015 selbst als Klage bezeichnet und auch die Eingabe vom 04.11.2016 die Zurückziehung der Klage ohne Verzicht auf den Anspruch beinhalte.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Im vorliegenden Fall sei für die Beschwerdeführerin kein Verhalten der belangten Behörde erkennbar, wonach diese irgendein Ermittlungsverfahren eingeleitet hätte. Sofern tatsächlich ein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden wäre, seien dessen Ergebnisse der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis gebracht worden, weshalb das Verfahren jedenfalls mangelhaft geblieben sei. Auch ein Vorstellungsbescheid sei innerhalb der 14-tägigen Frist nicht erfolgt. Abgesehen davon sei die entscheidende Behörde nicht klar nachzuvollziehen, da der Briefkopf auf „Hanelsgericht [richtig: Handelsgericht] Wien, die Präsidentin“ verweise, was auf die Präsidentin hindeute, der Bescheid mit „Handelsgericht Wien, XXXX “ gefertigt sei, was auf das Handelsgericht Wien hindeuten würde. Jedenfalls seien beide dieser Spruchkörper für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung unzuständig. Der angefochtene Bescheid erkenne richtig, dass gemäß § 56 Abs. 2 JN der Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden Vermögens rechtlicher Gegenstände in der Klage anzugeben sei, was insbesondere auch für die vorliegende Feststellungsklage gelte. In Anbetracht der Tatsache, dass nicht einmal der Masseverwalter voll habe bezahlt werden könne, habe sich der von der Beschwerdeführerin angegebene Wert ihres Interesses als richtig erwiesen. Weiters interpretiere die belangte Behörde § 15 Abs. 3a GGG nicht verfassungskonform und nicht in Übereinstimmung mit den sonstigen Bewertungsregeln und Wertungen des Gesetzes. Beim Streitwert seien die Nebenforderungen, insbesondere Verzugszinsen, nicht zu berücksichtigen, wodurch sich die Gerichtsgebühr verringert hätte. Wäre die Klage vor Konkurseröffnung eingebracht worden, wäre ebenfalls nur diese verringerte Gerichtsgebühr angefallen. Im Prüfungsprozess gegen eine ohnehin zahlungsunfähige Gesellschaft führe die Tatsache, dass auch Nebenforderungen ziffernmäßig im Feststellungsbegehren mit geltend zu machen seien, zu einer weiteren erheblichen Erhöhung der Gerichtsgebühren. Dies sei nicht sachgerecht und damit verfassungswidrig. Der Zugang zu Gericht und ein effektiver Rechtsschutz werde verhindert. Im vorliegenden Fall sei durch die Gebührengestaltung jegliche Befriedigungsaussicht der Beschwerdeführerin verhindert und dadurch in ihr Recht auf ein „fair trial“ eingegriffen worden. Die Beschwerdeführerin habe daher um den eigenen Konkurs abzuwenden, die Klage zurückziehen müssen.

4. Die belangte Behörde sah von einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Justizverwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) bzw. Sachverhalt werden festgestellt.

Damit steht insbesondere fest, dass die Beschwerdeführerin mit Ihrer Klage vom 09.10.2015 die Feststellung einer Forderung in der Höhe von EUR 898.173,68 begehrt hat und die Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner am 04.11.2016 ohne Anspruchsverzicht zurückgezogen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid in Verbindung mit der Beschwerde. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt festgestellt. Diesem Sachverhalt ist die Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Sie stellt insbesondere nicht in Abrede, dass sie mit ihrer Klage die Feststellung einer Forderung in der Höhe von EUR 898.173,68 begehrt und die Klage vor Zustellung an den Verfahrensgegner ohne Anspruchsverzicht zurückgezogen hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Zur behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde:

Gemäß § 1 Z 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) sind Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren von Amts wegen einzubringen.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 GEG ist zuständige Behörde für die Vorschreibung der nach § 1 einzubringenden Beträge aus Verfahren, die im Zeitpunkt der Vorschreibung der Beträge in erster Instanz anhängig sind oder zuletzt in erster Instanz anhängig waren (Grundverfahren), sowie für die Entscheidung über sonstige mit deren Einbringung zusammenhängende Anträge, einschließlich Rückzahlungsanträge und Einwendungen nach § 35 EO, der Präsident des Gerichtshofs erster Instanz für Beträge aus Grundverfahren bei seinem Gericht oder den ihm unterstellten Bezirksgerichten.

Gemäß § 6a Abs. 1 GEG sind die nach § 1 GEG einzubringenden Beträge, wenn sie nicht sogleich entrichtet werden (§ 4 GGG) oder die Einziehung erfolglos geblieben ist, durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung zu enthalten, den Betrag binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 vorzuschreiben.

Im vorliegenden Fall ist eine Gerichtsgebühr (Pauschalgebühr) aus einem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien einzubringen, sodass sich die Zuständigkeit der belangten Behörde (der Präsidentin dieses Gerichtes) zur Erlassung des angefochtenen Zahlungsauftrages aus § 6 Abs. 1 Z 1 GEG ergibt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin wurde im vorliegenden Fall daher die zuständige Einbringungsbehörde tätig, zumal nach dem Kopf, wo eindeutig die „Präsidentin“ angeführt ist und der Fertigungsklausel ( XXXX , welche die Präsidentin des Handelsgerichtes Wien ist), auch kein Zweifel bestehen kann, wem die Entscheidung zuzurechnen ist.

Es liegt hier auch keine Sachverhaltskonstellation vor, in welcher die belangte Behörde – unzuständigerweise - als Vorstellungsbehörde einen bereits außer Kraft getretenen Mandatsbescheid bestätigt hätte, vielmehr erließ die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid – nach Außer-Kraft-Treten des Mandatsbescheides/Zahlungsauftrages vom 08.08.2016 – als zuständige Einbringungsbehörde neuerlich einen Zahlungsauftrag gemäß § 6a Abs. 1 GEG, mit dem sie der Beschwerdeführerin die offene Pauschalgebühr zur Zahlung vorschrieb. In einem solchen Fall ist nicht zu ersehen, dass die Behörde nicht zuständig wäre.

3.3.2. Zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Der belangten Behörde ist kein Ermittlungs- bzw. Feststellungsmangel anzulasten. Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, hat die belangte Behörde die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen und liegt dem angefochtenen Bescheid ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zu Grunde. Da es sich beim angefochtenen Bescheid um keinen Mandatsbescheid handelt, ist die Bestimmung des § 57 Abs. 3 AVG, wonach die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten hat, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt, nicht anzuwenden.

3.3.3. Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides:

Gemäß § 1 Abs. 1 Gerichtsgebührengesetzes (GGG) unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

Gemäß Tarifpost (TP) 1 GGG betragen die Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz bei einem Wert des Streitgegenstandes über EUR 350.000 1,2 % vom jeweiligen Streitwert zuzüglich EUR 2.987,00.

Gemäß Anmerkung 3 zur TP 1 ermäßigen sich, wenn die Klage oder ein in den Anmerkungen 1 oder 2 zur Tarifpost 1 angeführter Antrag vor Zustellung an den Verfahrensgegner zurückgezogen wird, die Pauschalgebühren auf ein Viertel.

Die Gebühr entsteht gemäß § 2 Z 1 lit. a GGG mit der Überreichung der Klage.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 15 Abs. 3a GGG bildet, wenn ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage ist, – ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm – dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.

Gemäß § 110 Abs. 1 Insolvenzordnung (IO) können Gläubiger, deren Forderungen in Ansehung der Richtigkeit oder Rangordnung streitig geblieben sind, deren Feststellung, sofern der streitige Rechtsweg zulässig ist, mit Klage geltend machen, die gegen alle Bestreitenden zu richten ist (§ 14 ZPO). Das Klagebegehren kann nur auf den Grund, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist, gestützt und nicht auf einen höheren als den dort angegebenen Betrag gerichtet werden.

Gemäß § 61 IO kann, wenn eine Forderung im Insolvenzverfahren festgestellt und vom Schuldner nicht ausdrücklich bestritten worden ist, wegen dieser Forderung auch auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis auf das zur freien Verfügung bleibende oder nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erworbene Vermögen des Schuldners Exekution geführt werden. Bestehen zugunsten derselben Forderung mehrere Exekutionstitel und ist auf Grund eines von ihnen die Exekution bewilligt worden, so ist während der Dauer des hierauf beruhenden Exekutionsverfahrens die Bewilligung der Exekution auf Grund eines anderen Exekutionstitels unzulässig; eine dennoch bewilligte Exekution ist von Amts wegen oder auf Antrag ohne Vernehmung der Parteien einzustellen.

Umgelegt auf den hier vorliegenden Sachverhalt ergibt sich daraus Folgendes:

Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer im Grundverfahren eingebrachten Klage nach § 110 EO die Feststellung einer Forderung in der Höhe von EUR 898.173,68 begehrt.

Dafür entstand (mit der Überreichung der Klage; vgl. § 2 Z 1 lit. a GGG) die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG.

Im Beschwerdefall ist die Höhe der Bemessungsgrundlage strittig.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die von ihr vorgenommene Bezifferung des Streitwertes mit EUR 4.000,00 für die Berechnung der in Rede stehenden Pauschalgebühr nicht relevant.

Auf Klagen betreffend die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer ziffernmäßig bestimmten Geldforderung findet die Bewertungsvorschrift des § 56 Abs. 2 JN keine Anwendung (vgl. VwGH 23.01.2003, 2001/16/0267 unter Hinweis auf VwGH 06.10.1994, 93/16/0091, 15.03.2001, 2000/16/0755, und 26.04.2001, 2000/16/0650).

In einem solchen Fall ist die Höhe der Forderung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl. VwGH 23.01.2003, 2001/16/0267 unter Hinweis auf VwGH 06.10.1994, 93/16/0091), was nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für Prüfungsprozesse gemäß § 110f IO gilt (vgl. VwGH 23.01.2003, 2001/16/0267 unter Hinweis auf VwGH 06.10.1994, 93/16/0091, 15.03.2001, 2000/16/0755, 26.04.2001, 2000/16/0650 und 15.03.2001, 2000/16/0755).

Gemäß § 15 Abs. 3a GGG bildet der Geldbetrag, der durch ein Feststellungsbegehren Gegenstand einer Klage ist, die Bemessungsgrundlage, und zwar ungeachtet einer vorgenommenen Bewertung (vgl. VwGH 21.11.2017, Ra 2017/16/0134; 30.03.2017, Ra 2017/16/0033; 26.06.2014, Ro 2014/16/0033; 29.04.2014, 2012/16/0199).

Mit dem Klagsbegehren, das Gericht möge feststellen, dass die von der Beschwerdeführerin im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung mit EUR 898.173,63 zu Recht besteht, hat sie diesen Geldbetrag (dessen ziffernmäßige Feststellung sie begehrt hat) gemäß § 15 Abs. 3a GGG zum Gegenstand ihrer Klage erhoben. Die Bestimmung des § 15 Abs. 3a GGG trifft keine Unterscheidung nach der Art der Forderung. Auch dann, wenn das Bestehen einer ziffernmäßig bestimmten Konkursforderung festgestellt werden soll, ist die Höhe der Forderung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen (VwGH 29.04.2013, 2012/16/0173 unter Hinweis auf VwGH 17.03.2005, 2004/16/0237). Abgesehen vom eindeutigen Gesetzeswortlaut der Bestimmung des § 15 Abs. 3a GGG ist die zu § 110 KO ergangene Rechtsprechung wegen der identen Rechtslage auch auf Prüfungsprozesse nach § 110 IO anzuwenden (VwGH 29.04.2013, 2012/16/0173).

Die belangte Behörde ist hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Pauschalgebühr daher zutreffend von der Höhe der Forderung, zu deren Feststellung die Klage eingebracht wurde, bzw. vom Geldbetrag, der durch das Feststellungsbegehren Gegenstand der Klage wurde, ausgegangen und hat die Bemessungsgrundlage im angefochtenen Bescheid richtig gemäß § 15 Abs. 3a GGG mit EUR 898.173,68 festgesetzt.

Daraus resultiert bei einer mit 1,2 % vom Streitwert zu bemessenden Pauschalgebühr zuzüglich EUR 2.987,00 ein Betrag von EUR 13.765,08. Unter Berücksichtigung der Zurückziehung der Klage der Beschwerdeführerin vor Zustellung an den Verfahrensgegner ermäßigen sich gemäß Anmerkung 3 zur TP 1 GGG die Pauschalgebühren auf ein Viertel, sohin auf den von der belangten Behörde errechneten Betrag von EUR 3.441,27. (Dass ausgehend von der dargelegten [dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden] Bemessungsgrundlage die Gerichtsgebühr von der belangten Behörde nicht in korrekter Höhe bestimmt worden wäre, wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgebracht.)

Da dieser Betrag nicht entrichtet wurde, war die belangte Behörde gemäß § 1 iVm § 6a Abs. 1 GEG verpflichtet, der zahlungspflichtigen Beschwerdeführerin die ausstehende Gerichtsgebühr gleichzeitig mit der Einhebungsgebühr in Höhe von EUR 8,00 zur Zahlung vorzuschreiben. Die von der Beschwerdeführerin begehrte Aufhebung des angefochtenen Bescheides kommt daher nicht in Betracht.

Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist der belangten Behörde kein gesetzwidriges (verfassungswidriges) Vorgehen vorzuwerfen. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb es unsachlich sein sollte, für die Berechnung der Pauschalgebühr die Höhe der Forderung, deren Feststellung begehrt wird, bzw. den Geldbetrag, der durch das Feststellungsbegehren Gegenstand der Klage ist, als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Angesichts der Wirkungen der Feststellung einer Forderung in einem Prüfungsprozess (vgl. § 61 IO) ist eine verminderte Gebührenpflicht für Feststellungsklagen gemäß § 110 IO (bzw. das von der Beschwerdeführerin angestrebte Abstellen auf einen Betrag, der ihrer Befriedigungsaussicht entspricht) verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. dazu die in Dokalik, Gerichtsgebühren13, GGG unter E 25. zu § 14 GGG wiedergegebene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich aufgrund der gegenständlichen Beschwerde nicht veranlasst, einen Antrag auf Aufhebung der die gerichtlichen Verfahren tragenden Rechtsnormen beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die Beschwerdeführerin hat daher dem mit dem angefochtenen Bescheid erlassenen Zahlungsauftrag Folge zu leisten und den offenen Gesamtbetrag auf das dort angegebene Gerichtskonto einzuzahlen. Dazu wird bemerkt, dass es der Beschwerdeführerin freisteht, beim Verwendungszweck bloß die im Bescheid angegebene Geschäftszahl anzuführen.

3.4. Die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheides liegt nicht vor. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Bescheid aus anderen, nicht geltend gemachten Gründen iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG rechtswidrig wäre. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Entstehung Pauschalgebühren Ermäßigung Feststellungsklage Gerichtsgebühren - Bemessungsgrundlage Gerichtsgebührenpflicht Insolvenzverfahren Pauschalgebühren Pauschalgebührenauferlegung verfassungswidrig Zahlungsauftrag Zurückziehung der Klage Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W108.2211244.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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