TE Bvwg Beschluss 2020/7/1 W256 2226737-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2020
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Entscheidungsdatum

01.07.2020

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1
Auskunftspflichtgesetz §4
AVG §18 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W256 2226737-1/5E

beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von Dr. XXXX , vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, gegen die Erledigung der Bundeskanzlerin vom 2. Dezember 2019, BKA-184.490/0067-I/6/2019:

A) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Zur Vorgeschichte wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2019, So 2019/03/0001-7, verwiesen, mit welchem dieser die Anträge des Beschwerdeführers betreffend die Gewährung von Akteneinsicht und auf Mitteilung des Termins einer mündlichen Disziplinarverhandlung in Bezug auf ein von ihm angeregtes Disziplinarverfahren gegen näher bezeichnete Richter des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen hat.

Mit Schreiben vom 10. September 2019 stellte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das obige Verfahren folgendes Ersuchen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz:

„Ich ersuche Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, den Verwaltungsgerichtshof zu veranlassen (oder dies Ihrerseits zu tun), mir mitzuteilen,

?        ob iSd §§ 132, 133 RStDG eine öffentliche mündliche Verhandlung stattfindet,

?        wann und wo eine solche stattfindet oder

?        ob der Verwaltungsgerichtshof womöglich gemäß § 133 (1) RStDG die Öffentlichkeit ausgeschlossen hat, in welchem Fall mir eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt werden möge.“

Dazu wurde dem Beschwerdeführer seitens des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz mit Schreiben vom 19. September 2019 mitgeteilt, dass dieser keinerlei Zuständigkeit für den Verwaltungsgerichtshof habe, sondern diese – soweit hier überhaupt eine Zuständigkeit der Verwaltung bestehe – bei der Bundeskanzlerin liege.

Daraufhin richtete der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes zur Zahl So 2019/03/0001 und sein an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz gerichtetes Schreiben, ein Schreiben vom 25. September 2019 an die Bundeskanzlerin mit folgendem Ersuchen:

„Aus diesem Grund darf ich Sie bitten, den Verwaltungsgerichtshof zu veranlassen, mir jene Mitteilungen zukommen zu lassen, um die ich in meinem letzten Absatz meines Schreibens vom 10.09.2019 ersucht habe.“

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 teilte das Bundeskanzleramt dem Beschwerdeführer mit, dass keine Zuständigkeit der Bundeskanzlerin in der Angelegenheit bestehe. Allfällige Disziplinarverfahren seien ausschließlich Sache der Disziplinargremien der betreffenden Gerichte.

Daraufhin richtete der Beschwerdeführer ein als Auskunftsersuchen nach dem Auskunftspflichtgesetz bezeichnetes Schreiben vom 23. Oktober 2019 an die Bundeskanzlerin. Darin führte er im Wesentlichen aus:

„Den Ihnen vorliegenden Unterlagen ist zu entnehmen, worum es mir geht, nämlich um die Fragen (siehe das Ihnen übermittelten Schreiben an [..] vom 10.09.2019),

?        ob iSd §§ 132, 133 RStDG eine öffentliche mündliche Verhandlung stattfindet,

?        wann und wo eine solche stattfindet oder

?        ob der Verwaltungsgerichtshof womöglich gemäß § 133 (1) RStDG die Öffentlichkeit ausgeschlossen hat, in welchem Fall mir eine Ausfertigung des Beschlusses zugestellt werden möge.

[..]

Ich ersuche Sie hiemit unter Berufung auf das Auskunftspflichtgesetz in der geltenden Fassung sowie im Hinblick auf das vorher erwähnte Schreiben vom 07.10.2019 um die Auskunft, wie eine Partei – in diesem Fall ich – vom Verwaltungsgerichtshof eine Beantwortung der vorher angeführten Fragen erwirken kann. Auf §§ 3, 4 des Auskunftspflichtgesetzes darf ich hinweisen.“

Daraufhin wurde folgende Erledigung der Bundeskanzlerin vom 2. Dezember 2019 an den Beschwerdeführer gerichtet:

„Sehr geehrter Herr Dr. XXXX !

Bezugnehmend auf Ihr Auskunftsersuchen vom 23.10.2019 dürfen wir Ihnen mitteilen, dass keine Zuständigkeit der Frau Bundeskanzlerin in den von Ihnen genannten Angelegenheiten besteht.

Zwar ist mit der Vollziehung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1085 gemäß dessen § 78 (im Wesentlichen) die Bundesregierung betraut, der gemäß Art. 69 Abs. 1 B-VG die Bundeskanzlerin vorsitzt. Dieser Wirkungsbereich geht aber – insbesondere unter Bedachtnahme auf die verfassungs- und unionsrechtlich garantierte richterliche Unabhängigkeit – nicht so weit, dass darunter auch Disziplinarverfahren fielen. Diese sind vielmehr ausschließlich Sache des Disziplinargremiums des betreffenden Gerichts.

Zudem dient nach der Rechtsprechung des VwGH das Auskunftspflichtgesetz nicht dazu, Behörden zur (rechtlichen) Wertung von Tatsachen zu verhalten, um auf diesem Umweg rechtskräftige Entscheidungen, in denen diese Wertungen bereits vorgenommen wurden, einer neuerlichen Überprüfung zugänglich zu machen (VwGH 19.11.1997, 96090192, 0193). Der VwGH hat bereits mit Beschluss vom 26.6.2019, So 2019/03/0001-7, den Antrag betreffend die Gewährung von Akteneinsicht sowie einen weiteren Antrag auf Mitteilung des Termins einer mündlichen Disziplinarverhandlung rechtskräftig zurückgewiesen.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Äußerung einer Rechtsmeinung nicht Gegenstand der Auskunftspflicht ist [..]. Auf eine solche würde die von Ihnen erbetene „Auskunft, wie eine Partei … vom Verwaltungsgerichtshof eine Beantwortung der .. angeführten drei Fragen erwirken kann“, hinauslaufen.

Wien, am 2. Dezember 2019

Für die Bundeskanzlerin:

[..]“

Gegen dieses „als Bescheid zu wertende Schreiben“ richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Dieses sei als Bescheid iSd III. Teils des AVG zu werten, weil es als wesentliche Voraussetzung für einen Bescheid, die Bezeichnung der Behörde, nämlich das Bundeskanzleramt/die Bundeskanzlerin aufweise und iSd Auskunftspflichtgesetzes einen rechtsverbindlichen Inhalt habe, mit dem das Auskunftsersuchen des Beschwerdeführers erledigt, nämlich zurückgewiesen/abgewiesen werde.

Das Bundeskanzleramt legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 16. Dezember 2019 für die Bundeskanzlerin vor. Darin wird ausgeführt, dass es sich beim in Rede stehenden Schreiben um keinen Bescheid handle. Dieses enthalte weder die Bezeichnung als Bescheid, noch einen Spruch, noch eine Rechtsmittelbelehrung. Vielmehr handle es sich dabei lediglich um eine Mitteilung, dass dem Beschwerdeführer mangels Zuständigkeit keine Auskunft in der Sache erteilt werden könne.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

2. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A)

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 Bundesverfassungsgesetz erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Im vorliegenden Fall bringt der Beschwerdeführer vor, das vor dem Bundesverwaltungsgericht in Beschwerde gezogene Schreiben sei als Bescheid zu qualifizieren.

§ 58 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) enthält nähere Regelungen in Bezug auf die (äußere) Ausgestaltung eines Bescheides. Demnach ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten (Abs. 1). Auch sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird (Abs. 2). Im Übrigen gilt auch für Bescheide § 18 Abs. 4 (Abs. 3).

Nach § 18 Abs. 4 1. Satz AVG hat jede schriftliche Ausfertigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten.

Die in Rede stehende Erledigung weist diese für Bescheide gesetzlich vorgesehene Form nicht auf. Weder ist sie – wie von der belangten Behörde auch aufgezeigt – ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, noch sonst in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert. Auch die im Schreiben verwendete Grußformel („Sehr geehrter Herr“) lässt nicht darauf schließen, dass ein (förmlicher) Bescheid vorliegen soll (vgl. etwa VwGH 19.12.2001, 2001/12/0053 m.v.w.H., wonach der Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln eher darauf schließen lässt, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt.).

Allein die Bezeichnung der ausstellenden Behörde ist – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – für sich allein jedenfalls nicht geeignet, eine bloße Erledigung von einem förmlichen Bescheid abzugrenzen; hat doch auch eine formlose Erledigung die Bezeichnung eines Absenders zu enthalten.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung auch der Inhalt maßgeblich, weshalb eine Erledigung, die nicht – wie im gegebenen Fall – die Form eines Bescheides aufweist, auch dann als Bescheid zu qualifizieren wäre, wenn sie in einer der Rechtskraft fähigen Weise rechtsbegründend oder rechtsfeststellend gegenüber individuell bestimmten Personen abspricht (siehe dazu VwGH 15.12.1977, Slg. 9458/A; VwGH 16.7.2003, 2002/01/0500; VfSlg 15893/2000 u.v.m).

Dabei muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den - objektiv erkennbaren - Willen hatte, mit der Erledigung gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. etwa VwGH 19.12.2001, 2001/12/0053 m.v.w.H.).

Der Inhalt des angefochtenen Schreibens erschöpft sich allerdings allein darin, dass mitgeteilt wird, dass die Bundeskanzlerin zur Erteilung der begehrten Auskunft nicht zuständig ist. Daraus ist, letztlich auch im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang gewählte sprachliche Formulierung („dürfen wir Ihnen mitteilen“), kein Wille der Bundeskanzlerin erkennbar, das Auskunftsersuchen des Beschwerdeführers zu erledigen bzw. irgendwie darüber normativ abzusprechen.

Für die Erlassung eines Bescheides bestünde im vorliegenden Fall im Übrigen aber auch gar keine gesetzliche Grundlage.

§ 4 Auskunftspflichtgesetz ordnet nämlich ausdrücklich an, dass im Falle der Verweigerung einer Auskunft lediglich auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen ist.

Ein solcher Antrag wurde im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer aber nicht gestellt und auch nicht behauptet, weshalb für die Erlassung eines Bescheides letztlich auch kein Raum bestanden hätte. Der bloße Verweis des Beschwerdeführers auf § 4 Auskunftspflichtgesetz und das ihm darin eingeräumte Antragsrecht kann jedenfalls einen entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers nicht ersetzen.

Da somit die vom Beschwerdeführer angefochtene Erledigung insgesamt in keiner Weise als Bescheid zu werten und damit die Entscheidungskompetenz des erkennenden Gerichts darüber auch nicht gegeben ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall konnte das Unterlassen einer – nicht einmal beantragten – mündlichen Verhandlung darauf gestützt werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt und im Übrigen allein eine Rechtsfrage zu beurteilen war (siehe dazu VwGH,22.6.2016, Ra 2015/12/0080). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher zur Klärung des Sachverhaltes nicht beitragen und insofern unterbleiben.

zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Auskunfterteilung Auskunftsbegehren Mitteilung Nichtbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W256.2226737.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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