Entscheidungsdatum
08.07.2020Norm
BDG 1979 §115Spruch
W208 2226022-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL, 1010 WIEN, Franz-Josef-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 02.10.2019, Disz.Zahl: W 05/16, mit dem ein „Schuldspruch ohne Strafe“ verhängt wurde nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:
„ XXXX , ist am 14.02.2017 zu der von der Dienstbehörde am 17.01.2017 angeordneten ärztlichen Untersuchung beim als Sachverständigen von der Dienstbehörde herangezogenen Allgemeinmediziner und Neurologen Dr. XXXX , im Zeitraum von 10:28 bis 10:48 Uhr zwar erschienen, hat aber - obwohl es ihm zumutbar war - nicht gehörig an der Untersuchung mitgewirkt, indem er die Fragen des Arztes zu den Gründen seiner vorhergehenden achtmonatigen - nur durch Urlaube unterbrochene - Krankenstände nur vage insofern beantwortet hat, dass er Beschwerden an der Lendenwirbelsäule habe bzw Arztbesuche zu absolvieren gehabt hätte und nichts Näheres dazu ausführte sowie die Vorlage von notwendigen Befunden bzw die Erteilung seines Einverständnisses zu deren Einholung, dem ärztlichen Sachverständigen verweigerte und die Untersuchung abbrach, was zur Folge hatte, dass dem beauftragten Arzt die Erstellung eines Gutachtens samt Leistungskalkül nicht möglich war.
Damit hat er schuldhaft seine Dienstpflicht gemäß § 51 Abs 2, Satz 2, 3 Fall iVm § 52 Abs 2 BDG, sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und daran soweit zumutbar mitzuwirken iSd § 91 BDG verletzt.“
II. Der von der belangten Behörde gemäß § 115 BDG verhängte Schuldspruch ohne Strafe bleibt aufrecht.
III. Für das Verfahren vor dem BVwG werden XXXX gemäß § 117 Abs 2 BDG die Verfahrenskosten – das sind die dem Zeugen Dr. XXXX gemäß § 3 Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) zu vergütenden Zeugengebühren – zur Zahlung auferlegt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der XXXX GmbH zur Dienstleistung zugewiesen.
2. Mit Schreiben vom 03.11.2016 erstattete das zuständige Personalamt XXXX der XXXX AG als Dienstbehörde Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission (DK).
3. Am 15.11.2016, fasste die DK einen Einleitungsbeschluss (EB), der in Folge einer Beschwerde des BF an das BVwG mit Erkenntnis vom 27.01.2017, W208 2144112-1/2E auf folgenden Spruch abgeändert wurde:
„ XXXX , Beamter, PKZ XXXX , wird beschuldigt die Weisung der Dienstbehörde vom 03.08.2016, sich am 29.08.2016 und am 29.09.2016 einer fachärztlichen Untersuchung bei der beauftragten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. XXXX in XXXX , XXXX zu unterziehen, nur insoweit befolgt zu haben, dass er zum Untersuchungstermin zwar erschienen ist, dort aber – obwohl es im zumutbar war - an der Untersuchung nicht mitgewirkt hat, weil er die Auskunft über bisherige medizinische Erkrankungen oder Behandlungen verweigert und auch keine Befunde über seine aktuelle Erkrankung vorgelegt hat. Es besteht daher der Verdacht einer schuldhaften Verletzung seiner Dienstpflichten gem. § 91 iVm § 44 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 BDG.“
Dieser Beschluss wurde vom BF mit Beschwerde an den VfGH vom 22.03.2017 bekämpft und die aufschiebende Wirkung beantragt. Der VfGH gab diesem Antrag mit Beschluss vom 30.03.2017, E 874/2017-7 nicht statt.
4. Mit Schreiben vom 16.03.2017 erstattete die Dienstbehörde die hier beschwerdegegenständliche Nachtragsdisziplinaranzeige, in der dem BF vorgeworfen wurde, er habe sich nach Beendigung einer Kur am 12.01.2017 bis 28.02.2017 krank gemeldet und eine Bestätigung seines Hausarztes vorgelegt. Nachdem ihm ein Urlaub für den gesamten März 2017 abgelehnt worden sei, habe er eine weitere ärztliche Bestätigung seines Hausarztes (ebenfalls datiert mit 12.01.2017) vorgelegt, dass er bis voraussichtlich 31.03.2017 arbeitsunfähig sei. Am 14.02.2017 habe er an einer von der Dienstbehörde angeordneten ärztlichen Untersuchung nicht gehörig mitgewirkt.
5. Mit Nachtragseinleitungsbeschluss vom 06.04.2017 hat die DK beschlossen gegen den BF ein weiteres Disziplinarverfahren einzuleiten und in das bestehende einzubeziehen. Der relevante Spruchteil lautete wie folgt:
„ XXXX , Beamter, PKZ XXXX , XXXX , XXXX Personalpool XXXX , seit 3. April 2017 gemäß § 39 BDG 1979 vorübergehend dem Unternehmensbereich ‚ XXXX ‘, Organisationseinheit ‚ XXXX ‘, Arbeitsplatz XXXX , Dienstort ‚ XXXX ‘, vorübergehend (bis 1. Juli 2017) zur Dienstleistung zugewiesen, wird beschuldigt,
am 14. Februar 2017 an einer von der Dienstbehörde angeordneten ärztlichen Untersuchung nicht gehörig mitgewirkt zu haben, was zur Folge hatte, dass die Erstellung eines Gutachtens samt Leistungskalkül nicht möglich war.
Durch sein Verhalten habe [der BF] gegen die Pflicht, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979), sowie gegen die Pflicht des Beamten, der durch Krankheit Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert ist, die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung nicht zu verweigern (§ 51 Abs. 2, Satz 2, 3. Fall, leg. cit.), verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 leg. cit. schuldig gemacht.“
6. Die gegen diesen Beschluss eingebrachte Beschwerde wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 09.06.2017, W208 2157908-1/3E, mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch wie folgt zu lauten habe:
„ XXXX , Beamter, PKZ XXXX , XXXX , XXXX Personalpool XXXX , seit 3. April 2017 gemäß § 39 BDG 1979 vorübergehend dem Unternehmensbereich ‚ XXXX ‘, Organisationseinheit ‚ XXXX ‘, Arbeitsplatz XXXX , Dienstort ‚ XXXX ‘, vorübergehend (bis 1. Juli 2017) zur Dienstleistung zugewiesen, wird beschuldigt,
am 14.02.2017 zu der von der Dienstbehörde am 17.01.2017 angeordneten ärztlichen Untersuchung beim Arzt Dr. XXXX , im Zeitraum von 10:28 bis 10:48 Uhr zwar erschienen, aber
a) obwohl es ihm zumutbar war, nicht gehörig mitgewirkt zu haben, indem er die Fragen des Arztes nur vage beantwortet und die Vorlage von notwendigen Befunden verweigert hat, was zur Folge hatte, dass dem beauftragten Arzt die Erstellung eines Gutachtens samt Leistungskalkül nicht möglich war;
b) bei der angeführten Untersuchung unwirsch und laut geworden zu sein sowie den Arzt mehrmals vehement unterbrochen zu haben.
Durch sein Verhalten steht er im Verdacht zu a) gegen die Dienstpflicht des Beamten, der durch Krankheit Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert ist, an einer von der Dienstbehörde angeordneten ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes soweit zumutbar mitzuwirken (§ 51 Abs. 2, Satz 2, 3. Fall iVm § 52 Abs. 2 BDG) und zu b) in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG) verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG schuldig gemacht zu haben.“
7. Die DK führte am 08.08. und 02.10.2019 eine Verhandlung durch und fasste das folgende beschwerdegegenständliche Disziplinarerkenntnis (Anonymisierung und Kürzung auf das Wesentliche durch BVwG):
„[Der BF], Beamter, geboren am XXXX August XXXX , in Verwendung bei der XXXX , ernannt in der Verwendungsgruppe PT 7, seit 1. Juli 2018 auf Karenzurlaub vor Ruhestandsversetzung, ist schuldig, die im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 9. Juni 2017, GZ W208 2157908-1/3E, unter Punkt a) angeführten Dienstpflichtverletzungen, und zwar am 14. Februar 2017 zu der von der Dienstbehörde am 17. Jänner 2017 angeordneten ärztlichen Untersuchung beim Arzt Dr. XXXX , im Zeitraum von 10:28 bis 10:48 Uhr zwar erschienen, aber - obwohl es ihm zumutbar war - nicht gehörig mitgewirkt zu haben, indem er die Fragen des Arztes nur vage beantwortet und die Vorlage von notwendigen Befunden verweigert hat, was zur Folge hatte, dass dem beauftragten Arzt die Erstellung eines Gutachtens samt Leistungskalkül nicht möglich war, begangen zu haben. […]
Durch sein Verhalten hat [der BF] gegen die Dienstpflicht des Beamten in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979), sowie gegen die Pflicht des Beamten, der durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert ist, an einer von der Dienstbehörde angeordneten ärztlichen Untersuchung zur Prüfung des Gesundheitszustandes soweit zumutbar mitzuwirken (§ 51 Abs. 2, Satz 2, 3. Fall, iVm § 52 Abs. 2 leg. cit.) verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 leg. cit. schuldig gemacht.
Von der Verhängung einer Strafe wird gemäß § 115 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 abgesehen.
Der Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemäß § 117 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 nicht zu ersetzen.“
Von den übrigen Vorwürfen im Einleitungsbeschluss wurde er freigesprochen.
8. Gegen das am 24.10.2019 zugestellte Disziplinarerkenntnis brachte der BF mit Schriftsatz vom 21.11.2019 Beschwerde ein und beantragte einen Freispruch zu allen Vorwürfen.
9. Mit Schriftsatz vom 02.12.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde und die Akten des Verfahrens dem BVwG zur Entscheidung vor.
10. Am 18.06.2020 fand – nachdem die ursprünglich für 16.03.2020 anberaumte Verhandlung wegen der Nichtverfügbarkeit von Zeugen abberaumt werden musste – eine Verhandlung vor dem BVwG statt, bei der der Disziplinaranwalt, der BF und sein Rechtsanwalt anwesend waren sowie der Arzt als Zeuge befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der XXXX geborene BF ist gelernter Schlosser und steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Nach Auflösung der Schlosserei 2002/2003 arbeitete er in diversen Bautrupps bis er aufgrund interner Umstrukturierungsmaßnahmen nicht mehr gebraucht und 2008 in einen Personalpool kam und sich zur Verfügung zu halten hatte. In den kommenden fünf Jahren wurde er nicht zur Arbeit herangezogen und erst 2013 wieder aktiviert. Es kam zu mehreren Dienstzuteilungen und Versprechungen hinsichtlich eines fixen Arbeitsplatzes. Es wurden ihm auch drei Arbeitsplätze angeboten, die aber seinen Vorstellungen – unter anderem weil Außendienst bei allen Witterungsverhältnissen zu verrichten war – nicht entsprachen. Daraufhin beschloss der BF seine Zustimmung zu mehr als 3-monatigen Dienstzuteilungen zu verweigern (VHS 5).
Der BF war von 09.05. bis 07.07.2016 im Krankenstand, am Freitag den 08.07.2016 auf Urlaub. Von Montag 11.07. bis Freitag 15.07.2016 war er wieder im Krankenstand und von Montag 18.07. bis Freitag 29.07.2016 auf Urlaub. Von Montag 01.08. bis Mittwoch 31.08.2016 wieder im Krankenstand und am Donnerstag 01.09. bis Freitag 02.09.2016 war er auf Urlaub. Am Montag den 05.09. bis Freitag 16.09.2016 ging er erneut in Krankenstand und von Montag 19.09. bis –Freitag 23.09.2016 in Urlaub. Von Montag 26.09. bis Dienstag 25.10.2016 war er wieder in Krankenstand und von Donnerstag 27.10. bis 31.10.2016 sowie von 02.11. bis 20.12.2016 ebenfalls. Danach folgte ein Kuraufenthalt von 21.12.2016 bis 11.01.2017 und danach ab 12.01.2017 neuerlich Krankenstand (AS 198 und AS 182).
Nachdem ihm aufgrund der vorgeworfenen Verweigerung der Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung das Gehalt eingestellt worden war, trat er von April 2017 bis November 2017 seinen Dienst wieder an. Am 01.07.2018 nahm er – wegen gesundheitlicher Probleme - das ihm angebotene Vorruhestandsmodell (Karenzurlaub unter Bezahlung eines Vorruhestandsentgeltes bis zur gesetzlich möglichen Versetzung in den Ruhestand) an, was ihm einen Bezug von € 1.435,-- netto/Monat einbringt (VHS 5). Er hat Schulden von rund € 60.000,-- und keine Sorgepflichten. Er lebt gemeinsam mit seiner Frau in einer Mietwohnung, weil er sich das bisher bewohnte Reihenhaus nicht mehr leisten kann. Seine Frau bezieht Notstand und arbeitet gelegentlich geringfügig als Assistentin für ein lernschwaches Kind.
1.2. Der BF wurde mit Schreiben der Dienstbehörde vom 17.01.2017 aufgefordert sich zwecks Beurteilung seiner Dienstfähigkeit vom gerichtlich beeideten Sachverständigen und Arzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Neurologie Dr. XXXX (H.) einer Untersuchung zu unterziehen (AS 194). In der dem BF zugegangenen Aufforderung der Dienstbehörde wird ua. wörtlich ausgeführt:
„Dieser Termin ist jedenfalls wahrzunehmen. Wir ersuchen Sie dem Arzt ein umfassendes Bild Ihrer Beschwerden zu geben, allenfalls vorhandene aktuelle Befunde und Gutachten über ihren Gesundheitszustand mitzubringen und dem Gutachter unaufgefordert vorzulegen.“
1.3. H. teilte dem BF als Termin den 14.02.2017, 10:30 Uhr, schriftlich mit und forderte ihn ebenfalls auf Befunde mitzubringen (VHS 10).
1.4. Der BF empfand die Ladung zu H. - der seine Ordination rund 150 km vom Wohnort des BF hatte - als Schikane (VHS 6), erschien jedoch am 14.02.2017, 10:28 Uhr bei der Untersuchung. Er füllte mit der Ordinationsassistentin einen Fragebogen aus und ließ sich von ihr Blutdruck messen, abwiegen und Größe messen. Bereits zu diesem Zeitpunkt verweigerte er eine Unterschrift, die den H. ermächtigt hätte, Einsicht in seine Krankengeschichten zu nehmen. Sodann wurde er zur Untersuchung bei H. gebeten.
1.5. H. las dem BF die Fragen der Dienstbehörde vor und klärte ihn über seine Rolle als Sachverständiger auf. Der BF unterbrach dabei mehrfach, sagte, dass er dazu überhaupt nichts sagen könne und forderte den H. auf das ganze Schreiben der Dienstbehörde vorzulesen. Der H. kam diesem Wunsch nicht nach. Daraufhin zeigte sich der BF empört und behauptete die Dienstbehörde würde ihn mobben. Der H. wies auf seine Rolle als der Objektivität verpflichteter Sachverständiger hin, dass der weitere Inhalt des Schreibens nicht relevant sei und es nur darum ginge seinen allgemeinen Gesundheitszustand zu erheben. Der BF wurde aufgefordert zu den langen Krankenständen Aussagen zu machen und Befunde vorzulegen. Der BF beantwortet die Fragen des Arztes zu den Gründen seiner vorhergehenden Krankenstände nur vage und gab z.B an, dass er Beschwerden an der Lendenwirbelsäule sowie Arztbesuche zu absolvieren gehabt hätte. Näheres dazu führte er auch auf Nachfrage nicht aus und war teilweise unwirsch und laut, insbesondere als ihn der H. fragte, wo er auf Kur gewesen war, der BF dies nicht sogleich beantworten konnte und er gefragt wurde, ob er an Demenz leide.
An Befunden legte er nur eine Honorarnote eines Facharztes für Innere Medizin (Dr. XXXX [SCH.]) mit den Diagnosen: Chronische Polyarthritis, Polyarthralgien beider Hände, Synovitiden Fingergelenke, Hypertonie vor. Er ärgerte sich, weil der H. daraufhin seine Finger nicht untersuchte.
Die von H. vorgelegte Einverständniserklärung zur Einholung allfälliger weiterer Befunde, die der Gutachtenserstellung dienen sollten, verweigerte er beharrlich mit der Begründung, er müsse erst seine Rechtsanwältin kontaktieren, obwohl ihm auch diese bereits vor der Untersuchung empfohlen hatte, Befunde vorzulegen bzw. die Einverständniserklärung zu deren Einholung zu unterschreiben.
Als H. aufgrund der gereizten Stimmung seine Assistentin als Zeugin dazu holte, verlangte auch der BF eine Vertrauensperson beiziehen zu können, erklärte die Untersuchung um 10:48 Uhr für beendet und ging. Er nahm auch danach nicht mehr Kontakt mit dem Arzt auf, um Befunde anzubieten.
H. hat seinerseits ebenfalls keinen Anlass gesehen, den BF noch einmal zu kontaktieren. Die Herstellung des gewünschten Gutachtens samt Leistungskalkül war dem H. mangels Kooperation des BF bei dieser Untersuchung nicht möglich. Er verfasste ein sechsseitiges Schreiben an die Dienstbehörde, indem er den Ablauf der Untersuchung am 14.02.2017 darstellte (AS 181-186).
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den Angaben des BF, den Ausführungen des Arztes Dr. H. im Gutachten vom 20.02.2017 und seiner Zeugenaussage beim BVwG sowie aus den vorliegenden Urkunden im Akt.
Die Feststellungen zu den Punkt 1.1. bis 1.4. sind unbestritten.
Zu Punkt 1.5. (Untersuchung durch den Arzt) stellte der BF die Kommunikation anders dar. Er bestritt jedoch nicht bestimmte Befunde/Informationen bei der Untersuchung nicht parat gehabt zu haben und sich mit seiner Anwältin habe beraten wollen. Weiters gab er unter anderem an, er sei vom Arzt provoziert worden und vom unsachlichen Ton geschockt gewesen. Er wäre bereit gewesen, die Zustimmung zu Einholung der Befunde zu geben, das Gespräch sei jedoch von Dr. H. abgebrochen worden.
Dass der H. die Untersuchung abgebrochen hat, ist nicht glaubhaft. Der H. hat unter Wahrheitspflicht sowohl bei der DK (AS 269) als auch beim BVwG (VHS 12) ausgesagt, dass der BF, nachdem er seine Assistentin beigezogen hatte, dieser aufgestanden und gegangen sei. Auch die weiteren Aussagen des H. sind glaubhaft. Er schilderte die angespannte Stimmung bei der Befragung die auch der BF bildhaft und lebensnah dargestellt hat.
Die Angaben des Zeugen H. zu den Inhalten der vom BF nur spärlich beantworteten Fragen bzw Antworten, schilderte er sowohl bei der DK (AS 269) als auch beim BVwG - abgesehen von kleineren Erinnerungslücken und Unschärfen, die aber durch den bereits über drei Jahre zurückliegenden Zeitpunkt der Untersuchung erklärbar sind. So erwähnte er beispielsweise die Lendenwirbelsäulenprobleme beim BVwG nicht, die er noch bei der DK erwähnte. Bei keiner der Einvernahmen und auch nicht im Schreiben vom 14.02.2017 (AS 181-186) erwähnte H. hingegen die Herzrhythmusstörungen, was er getan hätte, wären sie tatsächlich zu Sprache gekommen, wie der BF behauptet (VHS 14). Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Sachverständige als Zeuge falsche Angaben machen und dem BF etwas unterstellen sollte, weil er keinerlei Interesse an einem bestimmten Ausgang der Untersuchung hatte.
Dass der BF trotz der zweimaligen Aufforderung (einmal durch die Dienstbehörde/einmal durch den Arzt) Befunde zur Untersuchung mitzubringen, nur einen einzigen Befund bzw. Honorarnote (SCH.) mithatte, obwohl er 8 Monate nur durch Urlaube unterbrochene wiederholte Krankenstände hatte, ist unstrittig. Der BF hat selbst angeführt, dass es auch Befunde zu den Herzrhythmusstörungen gab (VHS 14). Die Nichtvorlage der vorhandenen Blutbefunde des Internisten SCH. ergibt sich aus dem Schreiben vom 14.02.2017 (AS 185) und hat der H. diese auch in der Verhandlung vor der DK (AS 268) erwähnt. Dass er die Nichtvorlage in der Verhandlung vor dem BVwG nicht explizit erwähnte, vermag die Glaubhaftigkeit seiner Aussage nicht zu erschüttern, wonach der BF ihm verweigert habe, Befunde einzuholen.
Schließlich hat der BF auch selbst eingeräumt, dass ihm seine Rechtsanwältin geraten habe bei der Untersuchung zu kooperieren und alle Befunde mitzunehmen (VHS 8). Dass er dies nur auf den aktuellen Befund bezüglich seiner Fingerpolyarthrose bezog, ist angesichts des 8 Monate langen Krankenstandes nicht nachvollziehbar.
Zusammengefasst sind die Schilderungen sowohl des Zeugen H als auch des BF selbst hinsichtlich des Ablaufes der Untersuchung schlüssig und ergeben das klare Bild, dass der BF – weil er sich provoziert und schikaniert gefühlt hat und den Sachverständigen als verlängerten Arm der Dienstbehörde sah – die gestellten Fragen des Arztes mehrheitlich nicht bzw nur vage und oberflächlich beantwortet hat, nicht alle Befunde vorgelegt und schließlich die Untersuchung abgebrochen hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zulässigkeit und Verfahren
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über einen Schuldspruch ohne Strafe keine Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):
„Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.
Abwesenheit vom Dienst
§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.
(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.
Ärztliche Untersuchung
§ 52. (1) Bestehen berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen gesundheitlichen Eignung des Beamten, so hat sich dieser auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
(2) Der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte hat sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen.“
Die Höchstgerichte haben dazu ua. folgende einschlägige Aussagen getroffen:
§ 51 Abs. 2 Satz 2 BDG 1979 stellt der Bescheinigungspflicht zwei weitere Verpflichtungen des Beamten zur Seite, nämlich 1. die Pflicht zur zumutbaren Krankenbehandlung, die die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit sicherstellen soll, und 2. die Pflicht zur zumutbaren Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung. Die zuletzt genannte Mitwirkungspflicht dient offenkundig der Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten. Sie bezieht sich jedenfalls auf den Fall, dass der Beamte unter Berufung auf seine Erkrankung dem Dienst fernbleibt. In diesem Fall dient sie der Kontrolle, ob die vom Beamten geltend gemachte krankheitsbedingte Dienstverhinderung überhaupt vorlag oder noch vorliegt bzw. die zumutbare Krankenbehandlung stattfindet oder stattgefunden hat. Diese Kontrollfunktion ergibt sich auch aus dem Zusammenhang mit § 52 Abs. 2 Satz 1 BDG 1979 (zum Verhältnis dieser Bestimmung zu § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG 1979 siehe das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl. 97/12/0108), der die Dienstbehörde ermächtigt (und nach dem dritten Satz auch verpflichtet) den Gesundheitszustand des unter Berufung auf eine Krankheit abwesenden Beamten durch eine ärztliche Untersuchung überprüfen zu lassen. Damit soll es letztlich der Dienstbehörde ermöglicht werden, die von ihr zu entscheidende Rechtfrage der Dienstfähigkeit im vorher dargestellten Sinn, deren Lösung zur Klärung des maßgebenden Sachverhalts im Regelfall die Heranziehung entsprechender medizinischer Sachverständiger erforderlich macht, zu klären und die jeweils nach dem Prüfungsergebnis allenfalls gebotenen dienstrechtlichen Maßnahmen zu ergreifen. Daraus erklärt sich auch, dass eine Verletzung dieser Mitwirkungspflicht vom Gesetzgeber als ein Fall einer nicht gerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst eingestuft wird, weil der Nachweis, ob die geltend gemachte bescheinigte krankheitsbedingte Abwesenheit tatsächlich gerechtfertigt war, aus Gründen, die in der Sphäre des Beamten liegen, von der Dienstbehörde nicht geführt werden kann (so bereits das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1999, 97/12/0108; VwGH 29.03.2012, 2011/12/0095)
§ 51 Abs 2 BDG 1979 regelt den Fall, dass der Beamte von sich aus dem Dienst fernbleibt. Davon ausgehend hat er den Nachweis des Grundes für diese, seine Dienstverhinderung (meist Krankheit) zu führen. Die Beurteilung, ob diese Krankheit dann die Dienstverhinderung im konkreten Fall rechtfertigt, stellt eine Rechtsfrage dar, deren Lösung der Dienstbehörde obliegt. Gelangt die Dienstbehörde zur Feststellung, dass der Beamte in Wahrheit durch die angegebene Krankheit nicht an der Dienstleistung gehindert war, so liegt jedenfalls ab dieser Feststellung eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst vor. Es fehlt am Nachweis eines ausreichenden Entschuldigungsgrundes, was bei Vorliegen der übrigen Tatbestandserfordernisse des § 13 Abs 3 Z 2 GehG zum Bezugsentfall für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst führt. Losgelöst vom Ergebnis einer solchen Beurteilung der Dienstunfähigkeit durch die Dienstbehörde sind die drei Tatbestände des § 51 Abs 2 letzter Satz BDG 1979 zu sehen. Diese stellen nämlich auf den Fall ab, dass der Beamte seinen diesbezüglich normierten Verpflichtungen nicht hinreichend nachkommt und die Behörde - was den ersten und dritten Tatbestand betrifft - dadurch nicht in der Lage ist, ein ordnungsgemäßes Verfahren durchzuführen. In diesen Fällen gilt dann die Abwesenheit vom Dienst als nicht gerechtfertigt, weil der Beweis aus Gründen, die in der Sphäre des Beamten gelegen waren, von der Dienstbehörde nicht geführt werden kann (VwGH 17.02.1999, 97/12/0108,).
Art. 8 EMRK schützt u.a. den Grundrechtsträger in seinem Recht, selbst über den eigenen Körper zu bestimmen. Schutzgut ist die physische und psychische Integrität des Einzelnen (Hinweis Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 205 RNr 7 mwH). In dieses Recht wird eingegriffen, wenn der Gesetzgeber ärztliche Untersuchungen mit Zwang anordnet und durchführen lässt, auch wenn die körperliche Beeinträchtigung im Einzelfall gering sein mag (Hinweis Grabenwarter, aaO, 217, RNr. 22 mwH; Hinweis E 19.12.2001, 98/12/0139, Pkt. 3.2.5. zu den Grundrechtsschranken der Erteilung einer Weisung an einen Beamten, sich gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 iVm § 52 Abs. 2 BDG 1979 einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen).(Hier: Die unter die Sanktion des Verlustes des Leistungsanspruches gestellte Verpflichtung von Arbeitslosen, sich gegebenenfalls zur Feststellung ihrer Arbeitsfähigkeit einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, muss daher den Eingriffskriterien des Art. 8 Abs. 2 EMRK entsprechen, dh. einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziel dienen, zur Erreichung dieses Ziels geeignet und verhältnismäßig sein; VwGH 20.10.2004, 2003/08/0271).
Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG hat in Form einer Weisung zu erfolgen (vgl. E 19. Februar 2003, 2002/12/0122). Die Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung […] hat jedenfalls so weit zu erfolgen als dies dem Beamten zumutbar ist. Dazu gehört es vorerst zum Untersuchungstermin jedenfalls zu erscheinen und an der Untersuchung - soweit zumutbar - mitzuwirken. Stellt sich im Zuge einer psychologischen Untersuchung heraus, dass die Beantwortung bestimmter Fragen bzw. die Dauer der Testung die Menschenwürde des Beamten verletzt, so könnte er insoweit die (weitere) Mitwirkung an der Untersuchung mangels Zumutbarkeit verweigern. Das vom Beamten bereits verweigerte bloße Erscheinen zur psychologischen Untersuchung wäre dem Beamten aber jedenfalls zumutbar gewesen. Eine Verweigerung der zumutbaren Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung liegt dann vor, wenn eine solche ärztliche Untersuchung von der Behörde wirksam angeordnet wurde und dem Beamten die Mitwirkung an der ärztlichen Untersuchung - mangels hinreichenden Entschuldigungsgrundes - objektiv zumutbar gewesen ist. Dem Beamten unterlaufene diesbezügliche Fehleinschätzungen hindern den Eintritt der gesetzlichen Vermutung nach § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG 1979 nicht (vgl. E 29. März 2012, 2011/12/0095). Durch die in Rede stehenden Gesetzesbestimmungen wird eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung (Fiktion) begründet. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob die Abwesenheit des Beamten vom Dienst objektiv aus gesundheitlichen Gründen gerechtfertigt war, nicht an (VwGH 29.01.2014, 2012/12/0152).
Mit der Bestimmung des § 51 Abs 2 BDG 1979 werden mehrere Dienstpflichten normiert. Zum einen wird der Beamte verpflichtet, Dienstverhinderungen (wegen Krankheit, Unfall oder Gebrechen) zu melden, wobei auf Verlangen des Vorgesetzten oder bei einer mehr als drei Tage dauernden Abwesenheit eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen ist. Zum zweiten ist die Verpflichtung, sich einer zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen, normiert und zum dritten die Verpflichtung, an einer ärztlichen Untersuchung mitzuwirken. Wird eine dieser Verpflichtungen verletzt, so hat der Beamte dafür sowohl besoldungsrechtliche Konsequenzen (§ 51 Abs 2 letzter Satz BDG 1979 iVm § 13 Abs 3 Z 2 GehG = Entfall der Bezüge) zu tragen als auch iSd § 91 BDG 1979 hiefür disziplinär einzustehen (VwGH 18.05.1994, 93/09/0114).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes
3.3.1. Vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhaltes, liegt – entgegen der Ansicht des BF - eine ihm vorwerfbare Verletzung des § 51 Abs 2 letzter Satz BDG vor, weil der BF die zumutbare Mitwirkung bei der Untersuchung unterlassen hat.
Soweit er argumentiert, dass die in §§ 51, 52 BDG enthaltene „zumutbare Mitwirkung“ nicht beinhalte, dass er zur Vorlage sämtlicher Befunde verpflichtet wäre, die seine komplette Krankengeschichte offenlegen würden, weil dies ein Verstoß gegen den Datenschutz wäre, weil diese letztlich der Dienstbehörde zugänglich wären, ist ihm einerseits entgegen zu halten, dass die Dienstbehörde keine dem Sachverständigen vorgelegten Befunde vom Gutachter bekommt, sondern nur ein Gutachten von ihm selbst und dass es dafür mit den §§ 51 und 52 BDG eine entsprechende gesetzliche Grundlage gibt, die auch als Ermittlungs- und Übermittlungsbefugnis nach dem Datenschutzgesetz gilt.
Das Gutachten ist erforderlich, damit die Dienstbehörde ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen kann und ist es dem Gutachter zu überlassen, welche Befunde und Untersuchungen notwendig sind, damit er den Gutachtensauftrag erfüllen kann. Dem BF ist es zumutbar, bei einem als Sachverständigen von der Dienstbehörde beauftragten Allgemeinmediziner Fragen zu körperlichen Gebrechen/Erkrankungen zu beantworten die binnen 8 Monaten zu mehreren nur durch Urlaube unterbrochene Krankenständen geführt haben. Ob er sich durch diese Fragen subjektiv provoziert oder beleidigt gefühlt hat oder ein angespanntes Gesprächsklima geherrscht hat, ist für die Zumutbarkeit, dann nicht relevant, wenn diese Fragen objektiv keine Beleidigungen darstellten. Die Frage eines Allgemeinmediziners und Neurologen bei einer Diesttauglichkeitsuntersuchung an einen zu Untersuchenden im Lebensalter des BF - der sich an den Namen der Kuranstalt nicht mehr erinnern kann, wo er vor kurzem einen mehrwöchigen Kuraufenthalt gemacht hat - ob er an Demenz leide, ist weder eine Provokation noch eine Beleidigung noch greift sie in die Menschenwürde des BF ein. Die Fehleinschätzung diesbezüglich hat der BF zu verantworten.
Ebenso ist die Vorlage von vorhandenen Befunden bzw die Abgabe einer Einverständniserklärung zur Einholung zumutbar, weil ohne diese eine Beurteilung der Dienstfähigkeit nicht möglich ist.
Sofern der BF anführt, er sei nicht aufgefordert worden, alle Befunde vorzulegen und habe diese seiner Erinnerung nach „dabeigehabt“, ist auf die mehrmaligen nur durch Urlaube unterbrochenen Krankenstände über 8 Monate hinweg hinzuweisen und besteht bei objektiver Beurteilung der Aufforderung „vorhandene aktuelle Befunde und Gutachten“ mitzunehmen, kein Zweifel daran, dass damit alle jene gemeint sind, die die Notwendigkeit der Krankenstände dieser 8 Monate belegen könnten. Dass das dem BF nicht erkennbar gewesen sein soll, ist nicht glaubhaft und ist dazu auf die glaubhaften Aussagen der Zeugen in den Verhandlungen hinzuweisen. Selbst wenn der BF die Befunde „dabeigehabt“ aber nicht vorgelegt hätte, würde dies eine mangelnde zumutbare Mitwirkung darstellen, ebenso, wenn er nur einen einzigen vorlegt, obwohl er mehrere besitzt. Wenn der BF anführt, der Arzt habe ihn danach nicht mehr kontaktiert und wäre er – nach Rücksprache mit seiner Rechtsanwältin – bereit gewesen, die Befunde nachzureichen, verkennt der BF, dass es nicht am Arzt lag, ihn, nachdem er die Einholung einer Einverständniserklärung verweigert hat und der vorgestaffelten zweifachen Aufforderung aktuelle Befunde mitzunehmen, nicht nachgekommen war, noch einmal zur Vorlage aufzufordern. Vor dem Hintergrund der Aussage, wonach ihm seine Anwältin bereits zuvor empfohlen hatte alle Befunde mitzunehmen, ist dies weder glaubhaft noch hat der BF die Befunde danach tatsächlich vorgelegt.
Dass der BF - und nicht wie von ihm behauptet der Arzt - die Untersuchung abgebrochen hat ergibt sich ebenfalls aus den Feststellungen. Selbst wenn der Arzt die Untersuchung abgebrochen hätte, ist dies aufgrund des unkooperativen Verhaltens des BF erfolgt und letztlich wiederum dem BF zuzurechnen.
3.3.2. Zum Verschulden hat die belangte Behörde „grobe Fahrlässigkeit“ angenommen. Dabei hat sie jedoch verkannt, dass der BF nach der Beweislage mehrfach aufgefordert wurde mitzuwirken und auch dementsprechend von seiner Anwältin beraten wurde. Er hat daher durch die Verweigerung der ausführlichen Beantwortung der Fragen bzw. der Nichtvorlage der Befunde, nicht nur in Kauf genommen, dass er die Untersuchung verunmöglicht, sondern es darauf angelegt.
Von Fahrlässigkeit, kann daher keine Rede sein, es lag Vorsatz vor. Dieser Umstand kann vom BVwG aber aufgrund des Verschlechterungsverbotes (§ 129 BDG), weil nur der BF eine Beschwerde erhoben hat, nicht mehr aufgegriffen werden. Die DK hat zwar im Spruch des bekämpften Bescheides nur ausgeführt, dass sich der BF „schuldig“ gemacht hat, geht aber in der Begründung ausdrücklich von Fahrlässigkeit aus. Das Verschulden des BF ist vor diesem Hintergrund aber jedenfalls nicht als geringfügig anzusehen.
3.3.3. Zur Strafbemessung
Dazu ist vorerst festzustellen, dass § 93 BDG die Schwere der Pflichtverletzung als vorrangige Grundlage für die Strafbemessung normiert. Die Schuld ist das grundlegende Kriterium für die Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung. Relevant dafür ist die Bedeutung der verletzten Pflicht sowie in welchem objektiven Ausmaß gegen die einem Beamten auferlegten Pflichten verstoßen oder der Dienst beeinträchtigt wird. Es geht hier, um die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetriebes, der unter anderem nur gewährleistet ist, wenn ein Beamter seinen gesetzlichen Pflichten nach § 51 Abs 2 letzter Satz BDG nachkommt, bei einer krankheitsbedingten – hier noch dazu längeren - Abwesenheit vom Dienst, bei einer mittels Weisung angeordneten ärztlichen Untersuchung nicht nur zu erscheinen, sondern an der Untersuchung - soweit zumutbar – auch mitzuwirken, wozu die Vorlage der die Krankenstände rechtfertigenden Befunde und die ausreichend konkrete Beantwortung der Fragen des ärztlichen Sachverständigen zählt, sodass dieser in der Lage ist ein Gutachten zu erstellen.
Für die Strafbemessung im engeren Sinn ist weiters zu prüfen, inwieweit eine Disziplinarstrafe erforderlich ist, um den Täter von der weiteren Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten; ferner sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer - insbesondere unter Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat - so kann von der Verhängung einer hohen (Disziplinarstrafe allerdings nur abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten (VwGH 24.03.2009, 2008/09/0219).
Der Schuldspruch ohne Strafe gemäß § 115 BDG erfordert nach der Intention des Gesetzgebers, dass das Verschulden gering ist und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sind (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 100).
Das Verschulden des BF ist, wie dargestellt nicht als gering zu betrachten.
Ebenso ist – bezieht man die Beispielwirkung eines derartigen Verhaltens für andere Beamten und damit die generalpräventiven Aspekte mit ein – nicht zu sagen, dass die dienstlichen Interessen dadurch nicht verletzt würden. Die Dienstbehörde könnte ihre Aufgaben nach § 52 BDG nicht mehr wahrnehmen, wenn die beauftragten Gutachter ihre Untersuchungen nicht durchführen können, weil die Probanden zwar hingehen, dann dort aber die Fragen nicht ausreichend beantworten und sich weigern Befunde vorzulegen oder einholen zu lassen. Generalpräventive Gründe sind neben den spezialpräventiven Gründen bei der Strafbemessung als gleichrangig zu betrachten. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. (VwGH 03.10.2013, 2013/09/0077).
Ein Absehen von der Strafe gem § 115 BDG wäre im vorliegenden Fall schon aus generalpräventiven Grund nicht zulässig gewesen. Auch das kann aber von BVwG – aufgrund des Verschlechterungsverbotes (§ 129 BDG) - nicht mehr aufgegriffen werden.
Die DK hat weiters – wenn sie anführt, dass der BF aufgrund seiner dauerhaften Karenzierung und anschließenden Versetzung in den Ruhestand keine dienstlichen Verfehlungen mehr begehen kann - verkannt, dass der BF trotz der Karenzierung und der bevorstehenden Ruhestandsversetzung Dienstpflichtverletzungen begehen kann, weil auch ein im Ruhestand (oder wie hier in Karenz) befindlicher Beamte noch Dienstpflichten hat, sodass sehr wohl noch spezialpräventive Gründe vorliegen (vgl VwGH 20.11.2001, 2001/09/0014).
Die von der belangten Behörde angenommenen Milderungsgründe (Unbescholtenheit, schwierige Situation im Personalpool) liegen vor und wertet das BVwG den Umstand, dass sich der BF subjektiv tatsächlich provoziert gefühlt hat als weiteren Milderungsgrund (VwGH 30.09.1985, 85/10/0120).
Erschwerungsgründe sind nicht hervorgekommen und wurden im bekämpften Erkenntnis auch nicht angenommen. Die belangte Behörde hat aber übersehen, dass es durch die Freisprüche (zum vorgeworfenen unwirschen und lauten Auftreten sowie der mehrmals vehementen Unterbrechung des Arztes) keinen Sachverhalt mehr gibt, der unter den § 43 Abs 2 BDG zu subsumieren wäre.
Der Schuldspruch ist vor diesem Hintergrund sowohl aus generalpräventiven als auch aus spezialpräventiven Gründen gerechtfertigt.
Der Spruch ist insofern anzupassen, dass die vom BF gesetzten Verhaltensweisen und Unterlassungen durch die speziellere Norm des § 51 Abs 2, Satz 2, 3. Fall in vollem Umfang umfasst sind und nicht zusätzlich unter den § 43 Abs 2 BDG (oder auch § 44 Abs 1 BDG) subsumiert werden können.
3.3.4. Zur Auferlegung der Verfahrenskosten
Gemäß § 117 Abs 2 BDG – der gemäß § 17 VwGVG auch im Verfahren vor dem BVwG anzuwenden ist – ist, wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe verhängt wird, im Erkenntnis auszusprechen, ob und inwieweit er mit Rücksicht auf den von ihm verursachten Verfahrensaufwand, seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit die Kosten des Verfahrens zu ersetzen hat; dasselbe gilt, wenn im Schuldspruch von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wird. Die aus der Beiziehung eines Verteidigers erwachsenden Kosten hat in allen Fällen der Beamte zu tragen.
Gemäß § 117 Abs 3 BDG ist hinsichtlich der Gebühren der Zeugen das Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 136, sinngemäß anzuwenden (vgl auch VwGH 29.04.2011, 2009/09/0043).
Da die Behauptung des BF, nicht er, sondern der Zeuge Dr. H. habe die Untersuchung abgebrochen und die gestellten Fragen seien unzumutbar gewesen, vom BVwG durch nochmalige Zeugeneinvernahme des Dr. H. zu überprüfen war, sind die Kosten dafür vom BF verursacht.
Seine in der Verhandlung angeführten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (vorne II.1.1.) geben keinen Anlass von einer Auferlegung der Gebühren, die dem Zeugen vom BVwG gemäß § 3 Abs 1 GebAG iVm § 26 Abs 1 VwGVG zu erstatten sein werden, abzusehen. Die Kosten werden die Höhe des Nettomonatsbezug von € 1.435,-- netto des BF nicht erreichen, weil der vom Zeugen geforderte Kostenersatz € 822,90 (4 Stunden Einkommensentgang à € 180,-- plus € 102,90 amtliches Kilometergeld für 245km) beträgt und keinesfalls höher sein kann. Da zur genauen Höhe der Zeugengebühr ein eigenes Verfahren zu führen ist, dessen Ausgang noch nicht feststeht, wird dazu eine gesonderte Entscheidung ergehen.
Das Verschlechterungsverbot des § 129 BDG – wonach, bei einer nur vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde, das Disziplinarerkenntnis nicht zu seinen Ungunsten abgeändert werden darf – steht der Auferlegung der beim BVwG entstandenen Verfahrenskosten nicht entgegen, weil der Kostenausspruch der DK, wonach dem BF die Kosten des Verfahrens vor der DK nicht auferlegt werden, nicht abgeändert wird und er nach wie vor die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens nicht zu begleichen hat.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Judikatur darf verwiesen werden.
Schlagworte
ärztliche Untersuchung - Verweigerung Beamter Dienstfähigkeit Dienstpflichtverletzung Dienstverhinderung Disziplinaranwalt Disziplinaranzeige Generalprävention Maßgabe Mitwirkungspflicht neurologisches Sachverständigengutachten Schuldspruch ohne Strafe Spezialprävention ungerechtfertigte Abwesenheit Verfahrenskosten Verfahrenskostenersatz vorsätzliche Begehung ZumutbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2226022.1.00Im RIS seit
03.12.2020Zuletzt aktualisiert am
03.12.2020