TE Bvwg Beschluss 2020/8/19 W193 2155743-1

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Veröffentlicht am 19.08.2020
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Entscheidungsdatum

19.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs1 Z1
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGG §33 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W193 2155743-1/395E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER über die Beschwerde des XXXX (im Folgenden: BF) gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, den Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Schreiben vom 04.04.2017 erhob der BF gemeinsam mit einer Vielzahl an weiteren Personen, vertreten durch Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde vom XXXX mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

I.2. Nach Behebung der diesbezüglich ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungs-gerichts vom 29.11.2017, W193 2155743-1/14E, durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/05/0013-17) wurde das Verfahren neuerlich am Bundesverwaltungsgericht anhängig.

I.3.Mit Schreiben vom 01.07.2020 teilte die Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG mit, dass die Mandatsverhältnisse im gegenständlichen Beschwerdeverfahren beendet wurden.

I.4. Infolge der Vollmachtsauflösung und der dadurch geänderten Zustellverhältnisse wurden durch das Bundesverwaltungsgericht Ermittlungen zum Wohnsitz des BF durchgeführt. Diese führten zum Ergebnis, dass der BF bereits seit 06.03.2018 verstorben ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF erhob mit Schreiben vom 04.04.2017 gemeinsam mit einer Vielzahl an weiteren Personen, vertreten durch Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde vom XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Der BF ist am 06.03.2018 verstorben. Ein Eintrittsrecht in das Beschwerdeverfahren durch dessen Erben oder den Nachlass wurde nicht erklärt.

II.2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren unbestritten.

II. 3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit und anzuwendende Rechtsvorschriften:

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 i.d.F. BGBl. I Nr. 95/2013 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt im Feststellungsverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, oder wenn es dies für erforderlich, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt – ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Gemäß § 3 Abs. 9 UVP-G 2000 ist […] ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, wenn die Behörde gemäß Abs. 7 feststellt, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 gelten als Nachbarn/Nachbarinnen Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit.

II.3.2. Zu A) Einstellung des Verfahrens

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall des Untergangs des Beschwerdeführers zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren², § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlischt die Rechts- und damit auch die Parteifähigkeit des Beschwerdeführers durch seinen Tod. Über eine Beschwerde kann ungeachtet ihrer Zulässigkeit im Zeitpunkt der Einbringung nicht mehr meritorisch entschieden werden, wenn der Beschwerdeführer verstorben und kein Rechtsträger vorhanden ist, der die Rechtspersönlichkeit des Beschwerdeführers in Ansehung jener Rechte fortsetzt, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist und in welche der angefochtene Bescheid eingreift (VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189).

Der Tod des Beschwerdeführers führt daher grundsätzlich zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens (vgl. VwGH 19.11.1996, 95/08/0323). Das Verfahren ist nur dann nicht als gegenstandslos einzustellen, wenn nach dem Gegenstand des Verfahrens eine Rechtsnachfolge der Erben (des Nachlasses) in der Parteistellung des Beschwerdeführers möglich ist und die Erben (der Nachlass) auch erklären, das Verfahren fortsetzen zu wollen (VwGH 08.09.1998, 97/08/0151). Eine P?icht der Behörde, einen solchen Parteiwechsel von Amts wegen aufzugreifen, besteht nicht (vgl. in diesem Sinne auch VwGH 30.10.1990, 89/04/0127, [hier zum Wechsel in der Person des Antragstellers]).

In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen findet hingegen eine Rechtsnachfolge nicht statt, weshalb die Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189; 26.09.2011, 2011/10/0020).

Gemäß § 3 Abs. 9 iVm § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 kann die Nachbareigenschaft und sohin eine Parteistellung auch einem dinglich Berechtigten (zB Eigentümer, Pächter) zukommen. Soweit daher die Parteistellung auf einer dinglichen Berechtigung gründet, kann auch der Rechtsnachfolger in diese dingliche Berechtigung das Verfahren fortsetzen, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist und in welche der angefochtene Bescheid eingreift.

Im gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist nicht auszuschließen, dass der Verstorbene seine Nachbareigenschaft/Parteistellung zumindest auch auf eine dingliche Berechtigung stützte, weshalb auch ein Eintrittsrecht in dessen Beschwerdeverfahren nicht von vornherein auszuschließen war. Weder die Erben noch der Nachlass haben jedoch gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht bis zur Erlassung des hg. Beschlusses erklärt, das Beschwerdeverfahren des bereits im Jahr 2018 verstorbenen BF fortsetzten zu wollen.

Im vorliegenden Fall besteht kein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung mehr, da der angefochtene Bescheid ein Recht betraf, in das eine Rechtsnachfolge nicht erklärt wurde und daher auch eine Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht kommt. Infolge des Todes des Beschwerdeführers war das Beschwerdeverfahren daher für gegenstandslos zu erklären und einzustellen.

II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben zitierte Judikatur des VwGH; insbesondere VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189; 19.11.1996, 95/08/0323; 08.09.1998, 97/08/0151; 30.10.1990, 89/04/0127; 26.09.2011, 2011/10/0020) noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beschwerdeführer verstorben Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Nachbarrechte Parteifähigkeit Umweltverträglichkeitsprüfung Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W193.2155743.1.01

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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