TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/2 W127 2232825-1

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Veröffentlicht am 02.09.2020
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Entscheidungsdatum

02.09.2020

Norm

AVG §13 Abs7
B-VG Art133 Abs4
UVP-G 2000 §3 Abs7
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W127 2232825-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi in dem

Verfahren über die Beschwerde des Landesumweltanwalt Tirol gegen den Bescheid der Tiroler

Landesregierung vom 03.06.2020, Zl. U-UVP-10/39/20-2020, betreffend das UVP

Feststellungsverfahren über das Vorhaben „Erweiterung der Beschneiungsanlage Stubaier

Gletscher, Speicherteich Gamsgarten II“ zu Recht erkannt:

A)       Der Bescheid wird ersatzlos behoben.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 14.01.2020 stellte die XXXX , vertreten durch XXXX , diese vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden XXXX , (in der Folge Projektwerberin) den Antrag, die belangte Behörde möge feststellen, ob für das Vorhaben „Erweiterung der Beschneiungsanlage Stubaier Gletscher, Speicherteich Gamsgarten II“, eine UVP- Pflicht besteht.

2. Mit angefochtenem Bescheid stellte die Tiroler Landesregierung (in der Folge belangte Behörde) fest, dass keine UVP durchzuführen sei.

3. Dagegen erhob der Landesumweltanwalt Tirol Beschwerde.

4. Mit Schreiben vom 08.07.2020 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Mit Schreiben vom 25.08.2020 teilte die Projektwerberin dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass der dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegende Antrag vom 14.01.2020 auf UVP-Feststellung für das Vorhaben „Erweiterung der Beschneiungsanlage Stubaier Gletscher, Speicherteich Gamsgarten II“ zurückgezogen wird.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Allgemeines und Zuständigkeit

Gemäß Artikel 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 40 Abs. 2 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, BGBl. Nr. 697/1993 idgF (UVP-G 2000), Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs. 7 erster und zweiter Satz UVP-G 2000 hat die Behörde auf Antrag des Projektwerbers, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 leg. cit. durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen.

Das behördliche Verfahren wurde über Antrag der Projektwerberin vom 14.01.2020 eingeleitet.

Gemäß § 13 Abs. 7 AVG kann ein verfahrenseinleitender Antrag in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Diese Bestimmung ist gemäß § 17 VwGVG auch auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anwendbar.

Wie sich aus dem festgestellten Verfahrensgang ergibt, wurde der verfahrenseinleitende Feststellungsantrag während des Beschwerdeverfahrens zurückgezogen (VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005).

Die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages bewirkt den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz zur Erlassung des Erstbescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit und ist der Erstbescheid daher durch das Verwaltungsgericht (ersatzlos) aufzuheben (VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005; 23.01.2014, 2013/07/0235; 05.03.2015, Ra 2014/02/0159; 26.02.2020, Ra 2019/05/0065, letztere zur konkludenten Antragszurückziehung). Die Unzuständigkeit einer Behörde hat das Verwaltungsgericht von Amts wegen gemäß § 27 VwGVG wahrzunehmen.

Da der verfahrenseinleitende Feststellungsantrag vom 14.01.2020 mit Schriftsatz vom 25.08.2020 zurückgezogen und der angefochtene Bescheid dadurch von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, erwies sich dieser als (rückwirkend) rechtswidrig und war daher – vor einer inhaltlichen Prüfung – spruchgemäß von Amts wegen ersatzlos zu beheben.

Bei dieser Art der Entscheidung handelt es sich um eine negative Sachentscheidung, womit auch das Beschwerdeverfahren erledigt wird. Eine darüber hinausgehende Einstellung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich daher (VwGH 17.03.1992, 91/05/0181).

3.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur hier maßgeblichen Rechtsfrage, dass ein Bescheid ersatzlos zu beheben ist, wenn der verfahrenseinleitende Antrag während des Beschwerdeverfahrens zurückgezogen wird, liegt – wie oben ausgeführt – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor.

Schlagworte

Antragszurückziehung Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Feststellungsantrag Feststellungsverfahren Kassation Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-Pflicht Zurückziehung Zurückziehung Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W127.2232825.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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