TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/4 I403 2234529-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.2020
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Entscheidungsdatum

04.09.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
StGB §125
StGB §127
StGB §287
StGB §83 Abs1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2234529-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Ungarn, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH (ARGE Rechtsberatung), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2020, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz auf drei (3) Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet wurde ihm am 19.03.2019 mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Möglichkeit gewährt, eine Stellungnahme zur geplanten Erlassung eines Aufenthaltsverbots abzugeben. Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2019 wurde gegen ihn eine Ausweisung erlassen und wurde er am 20.08.2019 aus dem Bundesgebiet abgeschoben.

Der Beschwerdeführer wurde neuerlich im Bundesgebiet angetroffen, er wurde darauf hingewiesen, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und ihm am 07.09.2019 neuerlich die Möglichkeit für eine Stellungnahme gewährt, die wiederum nicht genutzt wurde. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2019 wurde neuerlich eine Ausweisung erlassen und wurde er am 05.12.2019 aus dem Bundesgebiet abgeschoben.

Am 16.01.2020 wurde ihm zum dritten Mal die Möglichkeit für eine Stellungnahme gewährt. Ein weiteres Mal wurde ihm mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 28.05.2020, zugestellt am 04.06.2020, vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Möglichkeit gewährt, eine Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer gab auch diesmal keine Stellungnahme ab.

Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 15.07.2020 wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von acht Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz wurde ihm kein Durchführungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 12.08.2020 Beschwerde erhoben und darauf verwiesen, dass nach höchstgerichtlicher Judikatur der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Verhängung aufenthaltsbeendender Maßnahmen eine besondere Bedeutung zukomme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist Staatsangehöriger Ungarns. In Österreich war er von 01.12.2011 bis 09.12.2011 obdachlos, von 09.12.2011 bis 19.03.2011 bei einer Einrichtung der Caritas, von 02.10.2013 bis 27.01.2014 wiederum obdachlos und dann vom 26.03.2020 bis 13.08.2020 in einer Justizanstalt gemeldet, ehe er von 13.08.2020 bis 22.08.2020 in Verwaltungshaft war. Die Ersatzfreiheitsstrafen wurden wegen Verstößen gegen das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz – WLSG und die Straßenverkehrsordnung (vgl. Strafverfügung von 30.08.2019 wegen Verstößen gegen § 1 Abs 1 Z 1 WLSG (Verletzung des öffentlichen Anstands), § 2 Abs. 1 lit a WLSG (Bettelei) und wegen § 78 lit c StVO (Behinderung des Fußgängerverkehrs am Gehsteig)) und aufgrund von vier Strafen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts verhängt.

Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet. Gesundheitliche Beeinträchtigungen wurden nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer hat im Bundesgebiet keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen. Während seiner Anhaltung in der Justizanstalt XXXX vom 26.03.2020 bis 13.08.2020 erhielt er keinen Besuch.

Am 22.08.2020 wurde der Beschwerdeführer aus Österreich abgeschoben; zuvor war er bereits am 05.12.2019 und am 20.08.2019 abgeschoben worden.

Der Beschwerdeführer war an den folgenden Tagen für die Stadt XXXX , als geringfügig beschäftigter Arbeiter tätig: 14.12.2011, 19.12.2011, 23.12.2011, 27.12.2011, 13.02.2012, 15.02.2012, 17.02.2012, 20.02.2012, 22.02.2012, 24.02.2012, 27.02.2012, 05.03.2012, 12.03.2012, 14.03.2012, 02.04.2012, 13.04.2012, 19.05.2012-30.05.2012, 11.06.2012, 13.06.2012, 22.06.2012, 25.06.2012, 29.06.2012, 02.07.2012, 04.07.2012, 06.07.2012, 11.07.2012, 16.07.2012, 18.07.2012, 27.07.2012, 03.08.2012, 06.08.2012, 08.08.2012, 20.08.2012, 22.08.2012, 24.08.2012, 17.09.2012, 21.09.2012, 28.09.2012, 01.10.2012, 08.10.2012, 15.10.2012, 22.10.2012, 31.10.2012, 29.11.2013, 06.12.2013, 13.12.2013, 20.12.2013, 08.01.2014, 10.01.2014, 15.01.2014, 17.01.2014, 20.01.2014, 22.01.2014, 24.01.2014, 31.01.2014, 03.02.2014, 05.02.2014, 14.02.2014, 21.02.2014, 24.02.2014, 07.04.2014, 09.04.2014, 11.04.2014, 14.04.2014,16.04.2014, 18.04.2014, 25.04.2014, 16.06.2014, 18.06.2014, 20.06.2014, 25.06.2014, 27.06.2014, 30.06.2014, 04.07.2014, 14.07.2014, 10.09.2014, 12.09.2014, 19.09.2014, 22.09.2014, 26.09.2014, 03.10.2014, 06.10.2014, 08.10.2014, 15.10.2014, 17.10.2014, 24.11.2014, 26.01.2015, 23.02.2015, 22.04.2015, 24.04.2015, 27.04.2015, 29.04.2015, 04.05.2015, 06.05.2015, 08.06.2015, 25.01.2017, 27.01.2017, 03.02.2017. Seit dreieinhalb Jahren geht er im Bundesgebiet keiner Beschäftigung mehr nach.

Der Beschwerdeführer wurde bereits zweimal – in Durchsetzung von gegen ihn erlassenen rechtskräftigen Ausweisungen – aus dem Bundesgebiet abgeschoben, doch kehrte er jeweils wieder innerhalb kürzester Zeit nach Österreich zurück. Ihm wurde von der belangten Behörde viermal die Möglichkeit gewährt, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, doch kam er dem nie nach.

Der Beschwerdeführer wurde viermal strafrechtlich im Bundesgebiet verurteilt:

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.11.2013 (rechtskräftig am 28.11.2013), Zl. XXXX wegen versuchten Diebstahls nach § 15 StGB § 127 StGB und der versuchten Begehung einer Straftat im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB § 125 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Tagen verurteilt. Er hatte am 22.07.2013 versucht ein Paar Schuhe zu stehlen und sich am 03.08.2013, nachdem er sich durch Genuss von Whisky in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt hatte, die Scheibe eines PKW eingeschlagen. Mildernd wurden das reumütige Geständnis und die Unbescholtenheit, erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen gewertet.

Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 16.12.2016 (rechtskräftig am 20.12.2016), Zl. XXXX wegen § 15 StGB § 287 StGB § 127 StGB; § 15 StGB § 141 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Wochen verurteilt. Er hatte am 12.08.2015 versucht, eine Flasche Wodka zu stehlen, dann am 20.12.2015 versucht, eine Flasche Marillenlikör zu stehlen. Erschwerend wurde die einschlägige Vorstrafe, mildernd das reumütige Geständnis und der Umstand, dass es beim Versuch geblieben war, gewertet.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 27.02.2019 (rechtskräftig am 04.03.2020), Zl. XXXX wegen versuchten Diebstahls nach § 15 StGB § 127 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, am 18.10.2017 versucht zu haben, Lebensmittel und Socken und am 27.11.2017, wiederum in einem Supermarkt, eine Getränkedose, Socken und ein Grillhuhn zu entwenden. Mildernd berücksichtigt wurden das Geständnis, die schwierigen Lebensumstände, Geldnot und der Umstand, dass es beim Versuch geblieben war, gewertet, erschwerend kamen die zwei einschlägigen Vorstrafen hinzu.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 02.07.2020, Zl. XXXX wegen des Vergehens der Entwendung nach § 15 StGB § 141 StGB, des Vergehens des Diebstahls nach § 15 StGB § 127 StGB, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 15 StGB § 269 Abs. 1 3.Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 15 StGB §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Zudem wurde die mit Urteil des BG XXXX vom 18.12.2016 gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen. Er hatte am 11.03.2019 versucht, in einem Supermarkt eine Flasche Wein zu entwenden, wurde aber vom Ladendetektiv angehalten. Am 18.09.2013 wurde er ebenfalls von einem Detektiv angehalten, nachdem er eine Flasche Wein und ein Stück Käse zu stehlen versucht hatte. Am 11.09.2019 wurde er zur Identitätsfeststellung von zwei Polizisten angehalten, wobei er einem Polizisten mit der Faust gegen den Brustbereich schlug. Mildernd wurden die teilweise geständige Verantwortung und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, drei einschlägige Vorstrafen und die Tatbegehung während zwei offener Probezeiten gewertet.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Insbesondere wurden auch Auszüge aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Sozialversicherungsdatenbank und dem Strafregister eingeholt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines in Kopie im Akt enthaltenen Personalausweises fest.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich nur für einzelne Tage und dies auch nur bis Februar 2017 einer Beschäftigung nachging, ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenbankauszug.

Die Erlassung von zwei Ausweisungen und die daraufhin erfolgten Abschiebungen ergeben sich aus dem Akt und dem IZR und blieben auch in der Beschwerde unbestritten.

Dass der Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Einschränkungen und in Österreich keine Familie hat, ergibt sich aus dem Umstand, dass beides im gesamten Verfahren, auch in der Beschwerde, nie vorgebracht wurde. Der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen hat, wurde nicht konkret entgegengetreten. Dass er während seiner Haft keinen Besuch erhielt, ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht getätigten Anfrage bei der Leitung der Justizanstalt.

Die näheren Umstände seiner Verurteilungen ergeben sich aus den Urteilen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

§ 67 FPG lautet:

§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1.         der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4.         der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder jener, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist. Der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger Ungarns ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

3.2. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner ungarischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt und da die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit zehn Jahren nicht erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG für Unionsbürger zur Anwendung.

Gegen den Beschwerdeführer als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG daher zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Dem angefochtenen Aufenthaltsverbot liegen im Wesentlichen die rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und seine fehlende Verankerung im Bundesgebiet zugrunde.

Der Beschwerdeführer war insgesamt viermal verurteilt worden; im Wesentlichen stand immer dahinter, dass er sich unrechtmäßig bereichern wollte. Auch wenn jede einzelne Tat für sich genommen nicht besonders schwer anmuten mag, so steht doch fest, dass der Beschwerdeführer auch durch mehrmalige Verurteilungen sein Verhalten nicht änderte. Auch nachdem er etwa nach seiner dritten Verurteilung am 27.02.2019 wegen versuchten Diebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt und dann am 11.03.2019 von einem Ladendetektiv angehalten wurde, da er eine Flasche Wein hatte stehlen wollen, änderte er sein Verhalten nicht, sondern wurde er am 18.09.2013 wiederum von einem Detektiv angehalten, nachdem er eine Flasche Wein und ein Stück Käse zu stehlen versucht hatte. Darüber hinaus schreckte der Beschwerdeführer auch nicht davor zurück, Gewalt anzuwenden, schlug er doch am 11.09.2019 einem Polizisten mit der Faust gegen den Brustbereich und beging so eine schwere Körperverletzung.

Die belangte Behörde stellte zu Recht fest, dass dieses Verhalten des Beschwerdeführers zeigt, dass er nicht bereit ist, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, dass er keinen Respekt vor den österreichischen Sicherheitsbehörden zeigt und dass, auch aufgrund der fehlenden beruflichen Verankerung im Bundesgebiet, von einer hohen Rückfallwahrscheinlichkeit auszugehen ist.

Der Beschwerdeführer wurde zudem bereits zweimal – in Durchsetzung von gegen ihn erlassenen rechtskräftigen Ausweisungen – aus dem Bundesgebiet abgeschoben, doch kehrte er jeweils wieder innerhalb kürzester Zeit nach Österreich zurück.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann kein Zweifel daran bestehen, dass durch einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

In den Verurteilungen bzw. bei der Bemessung des Strafausmaßes wurden mildernd das Geständnis des Beschwerdeführers und der Umstand, dass es zumeist beim Versuch geblieben war, berücksichtigt; erschwerend dagegen etwa zuletzt das Zusammentreffen mehrerer Vergehen, drei einschlägige Vorstrafen und die Tatbegehung während zwei offener Probezeiten gewertet. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass bei der dritten Verurteilung mildernd auch die schwierigen Lebensumstände und die Geldnot des Beschwerdeführers berücksichtigt wurden. Diese Umstände mögen eine Erklärung für das kriminelle Verhalten des Beschwerdeführers bieten, sind aber im Rahmen der gegenständlichen Gefährdungsprognose negativ zu werten, ist doch im Fall des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass keine Besserung seiner finanziellen Situation und damit auch keine Änderung des Verhaltens in den nächsten Jahren anzunehmen sind. Ihm war es während seines mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich nie gelungen, sich eine gesicherte Existenz zu schaffen und einen ordentlichen Wohnsitz zu haben. Selbst während der Zeit, als er tageweise für die XXXX tätig war, wurde er zweimal wegen Diebstahls verurteilt. Zudem lagen jeder seiner Verurteilungen mehrere Straftaten zugrunde.

In der Beschwerde wurde insbesondere moniert, dass die belangte Behörde es verabsäumt habe, sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer zu verschaffen. Dazu ist festzuhalten, dass das Parteiengehör durch das BFA gewahrt wurde, indem der Beschwerdeführer insgesamt viermal vom Ergebnis der Beweisaufnahme hinsichtlich der beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung bzw. eines Aufenthaltsverbotes verständigt wurde und er zur Beantwortung von Fragen zu seiner Integration sowie zur Vorlage von entsprechenden Belegen aufgefordert wurde. Dem kam der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt nach und wurden auch keine Beweismittel für eine Integration in Österreich in Vorlage gebracht. Ferner wurde auch die Abhaltung einer mündlichen Einvernahme nicht beantragt. Demzufolge gereicht die Nichtabhaltung einer Einvernahme durch das BFA dem Beschwerdeführer auch nicht zum Nachteil und wurde es in der Beschwerde auch unterlassen aufzuzeigen, zu welchen anderen Feststellungen die belangte Behörde durch eine Einvernahme hätte kommen können. Zur ebenfalls in der Beschwerde geforderten mündlichen Verhandlung, siehe Punkt 4.

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass die Verurteilungen des Beschwerdeführers zum Teil bereits sehr lange zurückliegen würden und abgesehen von der letzten Freiheitsstrafe alle Freiheitsstrafen bedingt nachgesehen worden seien, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass die mit Urteil des BG XXXX vom 18.12.2016 gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde. Die belangte Behörde hatte sich zunächst auch damit begnügt, gegen den Beschwerdeführer Ausweisungen auszusprechen; er kehrte allerdings immer wieder ins Bundesgebiet zurück und ließ sich auch durch die Androhung eines Aufenthaltsverbotes nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten. Darüber hinaus rechtfertigt der Umstand, dass jemand bereits zuvor mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist, aus Sicht des Gesetzgebers (beim Einreiseverbot nach § 53 Abs. 3 FPG, das auf Drittstaatsangehörige anzuwenden ist) die Annahme, dass der Aufenthalt dieser Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Auch wenn die Verurteilungen bis ins Jahr 2013 zurückreichen, erfolgten die letzten zwei Verurteilungen knapp hintereinander und beruhen alle auf der gleichen schädlichen Neigung, nämlich sich fremdes Eigentum anzueignen. Alleine die letzte Verurteilung würde übrigens dem (hier aufgrund der Unionsbürgerschaft nicht anzuwendenden) Gefährdungsmaßstab des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG entsprechen (wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bzw. zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wurde).

Dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich darstellt, wurde in der Beschwerde auch gar nicht behauptet, sondern nur erklärt, die belangte Behörde habe die privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt. Der Beschwerde ist es damit nicht gelungen aufzuzeigen, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre.

Bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes kann aber ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss anhand der Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG überprüft werden, ob im vorliegenden Fall ein Eingriff in das und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers gegeben ist.

In der Beschwerde wurde zwar behauptet, die belangte Behörde habe die privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt, doch wurde es unterlassen, diese in irgendeiner Form auszuführen. Der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen habe, wurde damit nicht entgegengetreten. Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer in Österreich keiner Beschäftigung nachgeht und keinen Wohnsitz hat und nie auf soziale oder familiäre Bindungen verwiesen hat, sieht das erkennende Gericht auch keinen Grund, an dieser Feststellung zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer viermal die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme hatte, diese aber nie nützte.

Im Übrigen wurde bereits in den beiden rechtskräftig gewordenen Bescheiden der belangten Behörde, mit denen der Beschwerdeführer im Jahr 2019 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde, festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben führt.

Das familiäre und private Interesse des Beschwerdeführers am Aufenthalt im Bundesgebiet konnte somit im Lichte einer durch Art. 8 EMRK gebotenen Interessensabwägung das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nicht überwiegen.

Zur Befristung des Aufenthaltsverbotes ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall ein Aufenthaltsverbot nach Maßgabe von § 67 Abs. 2 FPG höchstens für die Dauer von zehn Jahren verhängt werden kann. Zur Festlegung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist eine Einzelfallbetrachtung iSd § 67 Abs. 1 und 2 FPG anzustellen. Hält man sich vor Augen, dass gegen den Beschwerdeführer erst einmal eine unbedingte Freiheitsstrafe und diese nur in der Dauer von sechs Monaten ausgesprochen wurde, erscheint die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in der Dauer von acht Jahren als zu hoch. Im Hinblick auf die Art seines Verhaltens und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers ist eine Aufenthaltsverbotsdauer in der Höhe von acht Jahren unangemessen, da der Beschwerdeführer keine schweren Straftaten begangen hat und eine Veränderung seiner Persönlichkeitsstruktur und seines Verhaltens nicht auf eine derart lange Dauer auszuschließen ist.

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass gegenständlich die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zwar verhältnismäßig ist (zumal sich der Beschwerdeführer nach Abschiebung aus dem Bundesgebiet jedes Mal wieder binnen kürzester Zeit nach Österreich begab und hier Straftaten beging), doch erscheint ein Zeitraum von drei Jahren ausreichend, um dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, sich neu zu orientieren und sich eine regelmäßige Erwerbsquelle zu sichern, so dass danach nicht mehr von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen wäre. Die Dauer des Aufenthaltsverbots war somit antragsgemäß zu reduzieren und auf drei Jahre herabzusetzen.

3.3. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Anhand seines Gesamtfehlverhalten zeigte der Beschwerdeführer unzweifelhaft, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Zudem verfügt er über keinen ordentlichen Wohnsitz, so dass davon auszugehen war, dass er sich dem Zugriff der Behörden entzogen hätte. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Bevölkerung erforderlich und dringend geboten ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

In der Beschwerde wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gefordert und dazu auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen, wonach der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eine besondere Bedeutung zukomme (zB VwGH, 26.03.2015, Ra 2014/22/0154 oder auch 30.06.2015, Ra 2015/21/0002). Zugleich wurde aber auch erwähnt, dass „bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes“ in der Beschwerde außer Betracht bleiben kann. In der gegenständlichen Beschwerde wurden die wesentlichen Feststellungen des angefochtenen Bescheides (Verurteilungen, keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen) aber gar nicht bestritten, sondern nur vage behauptet, es sei notwendig, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen.

Die wesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, insbesondere zu den vom Beschwerdeführer in Österreich begangenen Straftaten und zu seinem fehlenden Familienleben und seiner fehlenden Integration am Arbeitsmarkt, blieben unbestritten. Unter diesen Umständen hätte selbst ein positiver persönlicher Eindruck zu keinem anderen Ergebnis geführt. Somit lag kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/002).

Im vorliegenden Fall konnte daher, in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2234529.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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