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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Keine Zulässigkeit der Beschwerde sowohl des antragstellendenRechtsanwaltes als auch des Zweitbeschwerdeführers gegen dieAbweisung eines Antrages auf Eintragung des türkischenZweitbeschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und aufErteilung einer Substitutionsberechtigung; keine Beschwer mehraufgrund der nach Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaftan den Zweitbeschwerdeführer erfolgten Entsprechung des AntragsSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1.1. Der Erstbeschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Wien. Am 31. Juli 2003 stellte er einen Antrag auf Eintragung des Zweitbeschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und auf Erteilung einer kleinen Legitimationsurkunde (im Folgenden: kleine LU) gemäß §15 Abs3 Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO). Der Zweitbeschwerdeführer unterfertigte den Antrag, der mit Beschluss des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien, Abteilung II, vom 4. November 2003, abgewiesen wurde. Begründend wird ausgeführt, dass der Zweitbeschwerdeführer als türkischer Staatsangehöriger nicht die Voraussetzungen des §30 Abs1 und 5 RAO erfülle. Gemäß §30 Abs5 RAO sei die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft der österreichischen Staatsbürgerschaft gleichzuhalten. Die Türkei zähle nicht zu den genannten Staaten.
1.2. Die dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Beschluss des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 1. Juni 2004 abgewiesen.
2. Mit Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: OBDK) vom 1. August 2006 wurde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben. Begründend wird ausgeführt, dass dem Zweitbeschwerdeführer am 18. Juni 2004 (gemeint wohl: 17. August 2004) die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei. Der Erstbeschwerdeführer habe am 18. August 2004 einen neuerlichen Antrag auf Eintragung des Zweitbeschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und auf Erteilung einer kleinen LU gestellt. Mit Wirksamkeit vom 1. September 2004 sei diesem Antrag stattgegeben worden.
3. Gegen dieses als Bescheid zu wertende Erkenntnis der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Gleichheit von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung behauptet wird. Darüber hinaus rügen die Beschwerdeführer die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §30 Abs1 und 5 RAO und regen die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof an.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit erwogen:
1. Die Erhebung einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat u.a. zur Voraussetzung, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt werden konnten (vgl. VfSlg. 11.764/1988, 13.289/1992). Dieses subjektive Recht muss kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht sein. Die Möglichkeit der Verletzung eines subjektiven Rechtes ist dann gegeben, wenn der Bescheid subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt.
Die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen Bescheid setzt auch ein objektives Interesse der Beschwerdeführer an der Beseitigung des angefochtenen, sie beschwerenden Bescheides voraus. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Beurteilung durch die Beschwerdeführer, sondern darauf an, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes davon ausgegangen werden kann, dass der angefochtene Bescheid die Rechtsposition der Beschwerdeführer zu deren Nachteil verändert (vgl. VfSlg. 11.764/1988, 13.289/1992).
2. Der Antrag der Beschwerdeführer vom 31. Juli 2003 war ausschließlich darauf gerichtet, die Eintragung des Zweitbeschwerdeführers in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und auf Erteilung einer kleinen LU zu erwirken. Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, stellte der Erstbeschwerdeführer am 18. August 2004 auf Grund der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Zweitbeschwerdeführer am 17. August 2004 einen neuerlichen Antrag desselben Inhalts. Mit Wirksamkeit vom 1. September 2004 wurde der Zweitbeschwerdeführer in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen und ihm eine kleine LU gemäß §15 Abs3 RAO erteilt. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 1. August 2006 war dem Antrag der Beschwerdeführer daher bereits entsprochen worden. Es fehlt ihnen somit an der notwendigen Beschwer, um den an sie ergangenen Bescheid beim Verfassungsgerichtshof bekämpfen zu können.
3. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Rechtsanwälte, Berufsrecht, BeschwerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:B1887.2006Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009