TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/21 I419 2235114-1

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I419 2235114-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch RA Mag. Hubert WAGNER, LL.M., gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 05.08.2020, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem bekämpften Bescheid erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus „berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ (Spruchpunkt I), erließ wider ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II), stelle fest, dass dessen Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III), verhängte ein 3-jähriges Einreiseverbot (Spruchpunkt IV), aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt V) und gewährte für die freiwillige Ausreise keine Frist (Spruchpunkt VI).

2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer halte sich seit vier Jahren hier auf und führe eine Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die erwarte, am 04.10.2020 Mutter eines gemeinsamen Kindes zu werden. Eine Eheschließung sei beabsichtigt. Nach der Niederkunft werde es nötig sein, Mutter und Kind persönlich zu betreuen, was unbedingt seine Anwesenheit erfordere. Es lägen geordnete Lebens- und Wohnverhältnisse sowie ausreichende finanzielle Mittel vor.

Der sozialversicherte und unbescholtene Beschwerdeführer könne sofort wieder zu arbeiten beginnen und damit Geld verdienen. Er sei integriert und nicht mittellos, habe in der Vergangenheit ein ausreichendes Einkommen gehabt, gute Deutschkenntnisse und ein Bankkonto.

3. Die vom BFA vorgelegte Beschwerde langte beim Verwaltungsgericht am 18.09.2020 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Weil das Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung zu treffen hat, wird eine Prognose aufgrund der Aktenlage nötig. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen der Beschwerdeführer beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.

Im vorliegenden Fall erscheint das Beschwerdevorbringen durch die kurzfristig möglichen Registerabfragen – sieht man von der behaupteten Aufenthaltsdauer ab – weithin plausibel, denen sich im Kern entnehmen lässt, dass dem strafgerichtlich unbescholtenen Beschwerdeführer, der seit Juni 2017 durchgehende Hauptwohnsitzmeldungen im Inland aufweist, im Mai 2017 ein Aufenthaltstitel als Familienangehöriger erteilt wurde. Nach Abweisung eines Verlängerungsantrags am 14.01.2020 beantragte er am 20.01.2020 eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus, worüber noch kein Bescheid erging. Seit März 2020 ist er an der Anschrift der genannten Österreicherin gemeldet, weshalb der Sachverhalt in Gesamtschau mit dem Beschwerdevorbringen in Bezug auf das Privat- und Familienleben zu klären ist.

Ohne eingehende Prüfung des Sachverhaltes, insbesondere unter diesem Aspekt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Vollstreckung der Entscheidung zu einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK zulasten des Beschwerdeführers führt. Zur Klärung des Sachverhaltes ist ein längerer Zeitraum als die für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbleibende Frist notwendig.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten. Vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG in Bezug auf Rechte nach Art. 8 EMRK derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden. Eine Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG vor dieser Entscheidung entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz aufschiebende Wirkung Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2235114.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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