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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache der IK in Seeboden, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Mag. Hannes Gabriel, 9871 Seeboden, Hauptstraße 84/1, gegen den Bescheid des Ausschusses (Vollausschusses) der Rechtsanwaltskammer für Kärnten vom 11. September 1996, Zl. 257/96, betreffend Bestellung eines Rechtsanwaltes nach § 10 Abs. 3 der Rechtsanwaltsordnung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Kärnten (Abteilung 2) vom 30. Juli 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bestellung eines Rechtsanwaltes gemäß § 10 Abs. 3 der Rechtsanwaltsordnung (RAO) zur Unterfertigung der von der Beschwerdeführerin verfaßten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (betreffend die Teilung einer Stammsitzliegenschaft, hg. Verfahren Zl. 96/07/0144) abgewiesen. Als Begründung wurde ausgeführt, daß die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof weder formal noch materiell den Anforderungen an eine an sich in diesem Fall zulässige Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde genüge. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für die Bestellung eines Rechtsanwaltes nach § 10 Abs. 3 RAO nicht gegeben, da - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, elf Rechtsanwälte hätten ihre Vertretung abgelehnt - zumindest zwei Rechtsanwälte bereit gewesen seien, gegen vorherige Bezahlung eines Honorarbetrages die Vertretung zu übernehmen. Es seien daher auch die formellen Voraussetzungen für die Bestellung eines Rechtsanwaltes nach § 10 Abs. 3 RAO nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung, der mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Vollausschusses der Rechtsanwaltskammer für Kärnten vom 11. September 1996 keine Folge gegeben wurde. Die belangte Behörde verwies auf die ihres Erachtens zutreffende Begründung des bekämpften Bescheides und vertrat ebenfalls die Rechtsauffassung, daß die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 RAO nicht gegeben seien.
Zwischenzeitig hatte die Beschwerdeführerin die nicht von einem Rechtsanwalt unterschriebene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, wo sie unter der hg. Zl. 96/07/0144 protokolliert wurde. Diese Beschwerde entsprach den Vorschriften des § 28 VwGG in mehrfacher Hinsicht nicht. Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. August 1996 wurde der Beschwerdeführerin ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung der dieser Beschwerde anhaftenden, näher bezeichneten Mängel zurückgestellt. Am 9. Oktober 1996 langte schließlich beim Verwaltungsgerichtshof eine vom - von der Beschwerdeführerin frei gewählten - damaligen Rechtsvertreter, Rechtsanwalt Dr. P, unterfertigte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein. Der Vertreter der Beschwerdeführerin berief sich auf eine ihm von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht. Mit Beschluß vom 12. Dezember 1996, Zl. 96/07/0144, wurde das dortige Verfahren wegen Unvollständigkeit der Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages und des Eintritts der im § 34 Abs. 2 VwGG statuierten Zurückziehungsfiktion gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.
Mit Verfügung vom 4. Juni 1997 richtete der Verwaltungsgerichtshof an den im Verfahren zu Zl. 96/19/3189 einschreitenden Vertreter der Beschwerdeführerin die Anfrage, ob sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich des angefochtenen Bescheides des Vollausschusses der Rechtsanwaltskammer für Kärnten infolge des Auftretens eines frei gewählten Rechtsanwaltes im Verfahren betreffend die Teilung der Stammsitzliegenschaft klaglos gestellt erachte. Diese Anfrage wurde mit Schriftsatz des Vertreters der Beschwerdeführerin vom 1. Juli 1997 verneint.
Gemäß § 10 Abs. 3 RAO hat der Rechtsanwaltsausschuß einer zahlungsfähigen Partei, deren Vertretung kein Rechtsanwalt freiwillig übernimmt, einen Rechtsanwalt als Vertreter zu bestellen, in welchem Fall dieser gegen Sicherstellung der Vertretungsgebühren die Vertretung übernehmen muß.
Gemäß § 26 Abs. 5 RAO kann gegen den Beschluß einer Abteilung binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses Vorstellung erhoben werden; über diese entscheidet der Ausschuß.
Der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 RAO durch die zuständige Rechtsanwaltskammer kein Rechtsanwalt zur Verfügung gestellt. Schließlich bevollmächtigte die Beschwerdeführerin aus eigenem Rechtsanwalt Dr. P mit ihrer Vertretung und war daher im hg. Verfahren zu Zl. 96/07/0144 anwaltlich vertreten. Aus § 10 Abs. 3 RAO ist bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen der Rechtsanspruch auf Bestellung eines Rechtsanwaltes abzuleiten, sofern kein Rechtsanwalt freiwillig die Vertretung der Partei übernommen hat. Ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht an Rechtsanwalt Dr. P war die Beschwerdeführerin aber durch einen Rechtsanwalt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertreten. Eine bessere Position als die von ihr selbst geschaffene, nämlich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt vertreten zu sein, wäre für die Beschwerdeführerin auch bei Stattgebung ihres Antrages bzw. ihrer Vorstellung nicht erreichbar gewesen.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Voraussetzung für eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher - abgesehen von der Einhaltung der Vorschriften über Form und Inhalt der Beschwerde -, daß keine der im § 34 Abs. 1 VwGG angeführten Zurückweisungsgründe entgegenstehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der (die) Beschwerdeführer(in) durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde.
Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. hg. Beschluß vom 30. Oktober 1984, Slg. Nr. 11.568/A, und andere). Die Rechtsverletzungsmöglichkeit muß nicht nur im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides, sondern - worauf es im vorliegenden Zusammenhang ankommt - auch (noch) im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung gegeben sein (vgl. hiezu auch die hg. Beschlüsse vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/03/0247, vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/11/0144, u.v.a.). Der Verwaltungsgerichtshof ist zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen. Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ist u.a. dann zu verneinen, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer ohne objektiven Nutzen ist und die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen daher nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. den hg. Beschluß vom 9. April 1984, Slg. Nr. 11.393/A).
Im vorliegenden Fall würde sich die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht ändern, weil auch eine Beigebung eines Rechtsanwaltes in dem einer allfälligen Aufhebung folgenden fortgesetzten Verfahren für den bereits in der Vergangenheit liegenden Verfahrensschritt der Unterschriftsleistung auf ihrer eigenhändig verfaßten Beschwerde (in Befolgung des entsprechenden Verbesserungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes) infolge zeitlicher Überholung von der Beschwerdeführerin nicht mehr genutzt werden und auch in keiner anderen denkbaren Hinsicht eine Verbesserung ihrer Rechtsposition herbeiführen könnte.
Der von der Beschwerdeführerin bevollmächtigte Rechtsanwalt trat erstmals am 1. Oktober 1996 im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf und berief sich mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1996 auf eine ihm von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 14. November 1996 eingebracht und somit zu einem Zeitpunkt erhoben, in dem die Beschwerdeführerin im Verfahren betreffend die Teilung der Stammsitzliegenschaft bereits anwaltlich vertreten war.
Im Sinne der obigen Ausführungen war daher eine Rechtsverletzungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Beschwerderhebung nicht mehr gegeben, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auch auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996193189.X00Im RIS seit
20.11.2000