TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/12 G314 2207586-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch

G314 2207586-1/4E
G314 2207585-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerden der bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen 1. XXXX , geboren am XXXX , und 2. XXXX , geboren am XXXX , gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX , diese vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Stefan ERRATH, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .09.2018, Zl. XXXX und XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) und ihre minderjährige Tochter, die Zweitbeschwerdeführerin (BF2), besitzen seit XXXX .02.2016 Aufenthaltskarten als Angehörige eines EWR-Bürgers. Nach der Scheidung ihrer Ehe mit einem kroatischen Staatsangehörigen beantragte die BF1 die Erteilung von Aufenthaltstiteln „Rot-Weiß-Rot - Karte plus“ für sich und die BF2.

Mit Schreiben vom 29.03.2018 kontaktierte die Magistratsabteilung 35 des Amts der Wiener Landesregierung als Behörde nach dem NAG das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und ersuchte um Prüfung einer Beendigung des Aufenthalts der BF gemäß § 55 Abs 3 NAG.

Am 11.07.2018 wurde die BF1 vor dem BFA zur Frage der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen. Mit Schreiben vom 16.07.2018 forderte das BFA sie auf, sich binnen 14 Tagen zu der beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung zu äußern. Die BF1 erstattete am 02.08.2018 eine entsprechende Stellungnahme und beantragte, von einer Ausweisung Abstand zu nehmen.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wurden die Beschwerdeführerinnen (BF) gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Ihnen wurde gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.). Die Ausweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Ehe der BF1 mit einem kroatischen Staatsangehörigen weniger als drei Jahre lang bestanden habe. Danach habe sie wieder ihren ersten Ehemann geheiratet, der in Bosnien und Herzegowina lebe. Er besuche sie und die beiden gemeinsamen Kinder, die BF2 und den am XXXX geborenen XXXX , regelmäßig in Österreich. Die BF1 arbeite zwar in Österreich als XXXX , sei hier aber (abgesehen davon, dass sie einen Deutschkurs für das Sprachniveau A1 absolviert habe) nicht integriert. Die BF2 besuche in Österreich die Schule. Die BF hielten sich mehrmals jährlich in Bosnien und Herzegowina auf, um dort ihre Angehörigen zu besuchen. Sie würden die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht mehr erfüllen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die gemeinsame Beschwerde der BF mit den Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Die BF begründen die Beschwerde zusammengefasst damit, dass sie sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Der BF1 sei ein weiteres Zusammenleben mit ihrem kroatischen Ehemann, der fremdgegangen sei, nicht zumutbar gewesen. Die Ausreise aus Österreich würde für beide BF eine besondere Härte darstellen. Die BF1 spreche sehr gut Deutsch, sei in Österreich erwerbstätig und engagiere sich im Elternverein der Schule der BF2. Sie habe ein besonderes Naheverhältnis zu ihrer Schwester, die aus XXXX nach XXXX übersiedelt sei, um sie nach der Scheidung zu unterstützen. Die BF2 besuche seit mehreren Jahren in Österreich die Schule; ein Umstieg in das Schulsystem in Bosnien und Herzegowina sei mit größten Schwierigkeiten verbunden. Sie sei fast ausschließlich in Österreich sozial integriert. Eine Ausweisung der BF sei daher unzulässig.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Am 20.11.2018 wurde ein Empfehlungsschreiben des Arbeitgebers des BF1 nachgereicht, am 14.02.2019 eine Bestätigung.

Feststellungen:

Die BF1 kam am XXXX in XXXX in der heutigen Föderation Bosnien und Herzegowina unter dem Geburtsnamen XXXX zur Welt. In ihrer Heimat besuchte sie acht Jahre die Grundschule sowie vier Jahre die Mittelschule, machte aber keine weitere Berufsausbildung. Danach heiratete sie XXXX , der wie sie Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina ist und dort ein Restaurant betreibt, in dem sie mitarbeitete. Der Ehe entstammt die am XXXX in XXXX geborene BF2, ebenfalls eine Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina.

Nach ungefähr acht Jahren wurde die Ehe zwischen der BF1 und XXXX geschieden. Anfang 2016 übersiedelte sie gemeinsam mit der BF2 nach Österreich, wo sie seither in einer Mietwohnung in XXXX leben. Am XXXX heiratete die BF1 vor dem Standesamt XXXX den in XXXX lebenden kroatischen Staatsangehörigen XXXX . Daraufhin wurden den BF am XXXX .02.2016 Aufenthaltskarten ausgestellt. In XXXX besuchte die BF2 besuchte die Schule; die BF1 war ab Juni 2016 als XXXX erwerbstätig.

Ende 2016 trennte sich die BF1 von XXXX , weil sie im Sommer 2016 erfahren hatte, dass er eine außereheliche Beziehung eingegangen war, und nahm kurz darauf die Beziehung mit ihrem ersten Ehemann, XXXX , wieder auf. Mit dem (rechtskräftigen) Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde die Ehe zwischen der BF1 und XXXX , der keine Kinder entstammten, gemäß § 55a EheG im Einvernehmen geschieden. Am 11.09.2017 informierte die BF1 die MA 35 von der Scheidung.

Am XXXX schloss die BF1 vor dem Standesamt XXXX erneut die Ehe mit XXXX . Am XXXX kam der gemeinsame Sohn XXXX in XXXX zur Welt. Am XXXX .02.2018 beantragte die BF1 die Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ für ihn. Über diesen Antrag wurde noch nicht entschieden, ebensowenig über die Anträge der BF auf Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ vom XXXX .03.2018.

XXXX lebt in Bosnien und Herzegowina, wo er ein monatliches Erwerbseinkommen von ca. EUR 2.500 bezieht. Er hat keinen Aufenthaltstitel für Österreich und besucht die BF1 und die Kinder, für die er (gemeinsam mit der BF1) mit der Obsorge betraut ist, regelmäßig im Rahmen visumfreier Aufenthalte. Die BF halten sich ihrerseits mehrmals im Jahr für einige Tage in Bosnien und Herzegowina auf, wo auch die Eltern und der Bruder der BF1 sowie andere, entferntere Verwandte leben. Die BF1 hat jeden Tag telefonisch Kontakt zu ihren Familienangehörigen in Bosnien und Herzegowina. In Österreich leben ihre Schwester sowie Onkel und Tanten.

Die BF1 war in Österreich von XXXX .06.2016 bis XXXX .09.2017 als Arbeiterin bei der XXXX beschäftigt. Von XXXX .09.2017 bis XXXX .01.2018 bezog sie Wochengeld, danach war sie in Elternkarenz und wurde von ihrem Ehemann und ihren Eltern finanziell unterstützt. Zwischen XXXX .11.2018 und XXXX .12.2018 arbeitete sie für die XXXX . Seit XXXX .01.2019 ist sie wieder für die XXXX tätig. Die BF2 und XXXX sind aufgrund der Mitversicherung mit der BF1 ebenfalls krankenversichert.

Die BF sind strafgerichtlich unbescholten. Es sind ihnen keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung anzulasten. Die BF sind gesund, die BF1 uneingeschränkt arbeitsfähig.

Die Muttersprache der BF1 ist Bosnisch, sie verfügt zumindest über Basiskenntnisse der deutschen Sprache. Die BF2 hat sehr gute Deutschkenntnisse und Grundkenntnisse der bosnischen Sprache. Weitere Anhaltspunkte für eine Integration der BF in sozialer oder gesellschaftlicher Hinsicht bestehen nicht.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsaktes des BVwG.

Die Feststellungen basieren insbesondere auf den von den BF vorgelegten Urkunden und ihren Angaben vor dem BFA, dem Beschwerdevorbringen und den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), Strafregister und beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger.

Name, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und Geburtsort der BF werden anhand ihrer Reisepässe, deren Datenblätter dem BVwG in Kopie vorliegen, festgestellt. Auch eine Kopie des Datenblatts des Reisepasses von XXXX liegt vor. Die Ausstellung von Aufenthaltskarten sowie die Anträge auf Ausstellung von „Rot-Weiß-Rot – Karten plus“ sind im IZR dokumentiert; ersteres wird auch durch das Schreiben der MA 35 vom 29.03.2018 belegt. Kopien der Aufenthaltskarten der BF liegen vor.

Die Feststellungen zur Ausbildung der BF1 und zu ihrer ersten Ehe mit XXXX folgen ihren Angaben vor dem BFA.

Die BF sind laut ZMR seit Jänner 2016 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Der Mietvertag für ihre Wohnung wurde vorgelegt, ebenso die Heiratsurkunden über die von der BF1 in Österreich geschlossenen Ehen, der Scheidungsbeschluss und die Geburtsurkunde von XXXX .

Die Erwerbstätigkeit der BF1 in Österreich ergibt sich aus dem Versicherungsdatenauszug und den vorgelegten Schreiben ihres Arbeitgebers.

Die Trennung der BF1 von XXXX wird anhand ihrer Angaben vor dem BFA und in der Stellungnahme vom 02.08.2018 festgestellt. Die Feststellung, dass sie die Beziehung zu XXXX wieder aufnahm, ergibt sich aus Eheschließung, die nur drei Monate nach der Scheidung von XXXX erfolgte. Ausgehend vom Wochengeldbezug ab XXXX .09.2017 und von der Geburt des gemeinsamen Sohnes am XXXX hat die BF1 die Beziehung zu ihrem früheren Ehemann schon vor der Scheidung von XXXX , und zwar jedenfalls ab Februar oder März 2017, wieder aufgenommen.

Die Feststellungen zu den Lebens- und Einkommensverhältnissen von XXXX , zu seinen Besuchen in Österreich, der gemeinsamen Obsorge, den Aufenthalten der BF in ihrem Herkunftsstaat sowie zu ihren dort und in Österreich lebenden Angehörigen basieren auf den glaubhaften und plausiblen Angaben der BF1 vor dem BFA.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF1 geht aus dem Strafregister hervor; für die BF2 ergibt sie sich schon aus ihrem strafunmündigen Alter. Es sind weder Hinweise auf andere Verstöße gegen die öffentliche Ordnung aktenkundig noch auf gravierende gesundheitliche Probleme, zumal die BF1 seit Jänner 2019 durchgehend berufstätig ist.

Aufgrund der Herkunft der BF1 und ihrer in Bosnien und Herzegowina absolvierten schulischen Ausbildung ist von entsprechenden Kenntnissen der bosnischen Sprache auszugehen, zumal sie vor dem BFA unter Beiziehung eines Bosnisch-Dolmetschers vernommen wurde. Dass die BF2 auch über (zumindest grundlegende) Kenntnisse der bosnischen Sprache verfügt, ergibt sich daraus, dass sie bis zu ihrem achten Lebensjahr in Bosnien und Herzegowina lebte, sowie aus ihrem bosnisch geprägten Familienhintergrund. Aufgrund des mehrjährigen Schulbesuchs in XXXX ist die Behauptung, sie spreche sehr gut Deutsch, nachvollziehbar. Dass die BF1 zumindest über Basiskenntnisse der deutschen Sprache verfügt, ergibt sich aus dem vorgelegten ÖSD-Zertifikat vom XXXX .08.2016 für das Sprachniveau A1. Das in der Beschwerde erwähnte Zertifikat für das Sprachniveau B1 wurde bislang nicht nachgereicht.

Es gibt keine Beweisergebnisse für über die Feststellungen hinausgehende Anbindungen der BF im Inland.

Rechtliche Beurteilung:

Als Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG gilt eine Fremde, die weder EWR-Bürgerin noch Schweizer Bürgerin ist. Als begünstigte Drittstaatsangehörige gilt gemäß § 2 Abs 4 Z 11 FPG unter anderem die Ehefrau eines EWR-Bürgers, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, sowie ihre Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, insofern sie den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger, von dem sich die unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleiten oder ihm nachziehen.

Gemäß § 54 Abs 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind und die in § 52 Abs 1 Z 1 bis 3 NAG genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren (oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer) auszustellen. Das Aufenthaltsrecht drittstaatsangehöriger Ehegatten bleibt (soweit entscheidungswesentlich) bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe gemäß § 54 Abs 5 NAG erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs 1 Z 1 und 2 NAG erfüllen und die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet (Z 1); ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird (Z 3); es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe nicht zugemutet werden kann (Z 4) oder ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf ( Z 5).

§ 55 NAG („Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate“) lautet:

„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs 3 und 54 Abs 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs 2 oder § 54 Abs 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, welches eine Aufenthaltskarte dokumentieren soll, ist nicht automatisch auch der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet beendet. Ein Fremder, für den eine Dokumentation eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts ausgestellt wurde, bleibt selbst bei Wegfall des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bis zum Abschluss des nach § 55 NAG vorgesehenen Verfahrens gemäß § 31 Abs 1 Z 2 FPG rechtmäßig aufhältig. Es soll ihm möglich sein, trotz des Wegfalls der Voraussetzungen für ein aus dem Unionsrecht abgeleitetes Aufenthaltsrecht während seines Aufenthalts im Inland auf einen für seinen künftigen Aufenthaltszweck passenden Aufenthaltstitel "umzusteigen", ohne dass dies zur Folge hätte, dass während dieses Verfahrens sein Aufenthalt unrechtmäßig wäre (VwGH 18.06.2013, 2012/18/0005; siehe auch Abermann et al, Kommentar NAG 2016, § 55 Rz 7 ff).

Kommt die Niederlassungsbehörde – wie hier - bei der Prüfung des Fortbestands der Voraussetzungen für das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen dafür nicht mehr vorliegen, hat sie die in § 55 Abs 3 NAG vorgesehenen Verfahrensschritte (Befassung des BFA und Information des Betroffenen) zu setzen.
Die Frage des Bestehens des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts und der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung hat dann das BFA zu beurteilen (vgl VwGH 17.11.2011, 2009/21/0378). Diese Frage ist anhand des § 66 FPG zu prüfen, ohne dass es auf das Vorliegen einer Eigenschaft des Fremden als begünstigter Drittstaatsangehöriger
iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG ankommt.

Die BF sind als Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina grundsätzlich Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Durch die Ehe der BF1 mit einem kroatischen Staatsangehörigen, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, erlangten sie den Status von begünstigten Drittstaatsangehörigen iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG; ihnen wurden Aufenthaltskarten gemäß § 54 Abs 1 NAG ausgestellt.

Die Ehe zwischen der BF1 und XXXX dauerte weniger als drei Jahre und blieb kinderlos. Trotz der Behauptung der BF1, ein Festhalten an der Ehe könne ihr wegen des Fremdgehens ihres Ex-Ehemanns nicht zugemutet werden, liegt kein Härtefall iSd § 54 Abs 5 Z 4 NAG vor. Mit dieser Bestimmung wurde Art 13 Abs 2 lit c der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG, siehe § 2 Abs 4 Z 18 FPG) im nationalen Recht umgesetzt, wonach die Ehescheidung dann nicht zum Verlust des Aufenthaltsrechts führt, wenn es aufgrund besonders schwieriger Umstände erforderlich ist, wie etwa bei Opfern von Gewalt im häuslichen Bereich während der Ehe. Vor dem Hintergrund dieses Beispielfalls stellt der "typische Fall einer Ehescheidung, bei dem ein Eheteil einen anderen Partner findet", keine "besonders schwierigen Umstände" dar, aufgrund derer die Aufrechterhaltung des bisherigen Aufenthaltsrechts des anderen Eheteils "erforderlich" wäre (VwGH 15.03.2018, Ro 2018/21/0002). Vor dem Hintergrund, dass die BF1 noch vor der Scheidung von XXXX die Beziehung zu ihrem früheren Ehemann wieder aufgenommen hatte, von dem sie ein Kind erwartete und den sie kurz nach der Scheidung zum zweiten Mal heiratete, liegt hier jedenfalls kein Härtefall iSd § 54 Abs 5 Z 4 NAG vor. Da die BF weder Opfer häuslicher Gewalt während der Ehe wurden noch vergleichbare andere "besonders schwierige Umstände" vorliegen, aufgrund derer die Aufrechterhaltung ihres bisherigen Aufenthaltsrechts "erforderlich" wäre, sind die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht infolge der Ehescheidung unter Berücksichtigung von § 54 Abs 1 und 5 NAG weggefallen.

Gemäß § 66 Abs 1 FPG können begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt. Die Einschränkung "es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden" bezieht sich nur auf EWR-Bürger (und Schweizer Bürger), die ihr Aufenthaltsrecht iSd § 51 Abs 1 Z 1 NAG auf ihre Erwerbstätigeneigenschaft stützen können, nicht aber auch auf Personen wie die BF, die - als Drittstaatsangehörige - ihr Aufenthaltsrecht nur gemäß § 54 NAG von einem EWR-Bürger ableiten (siehe VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0147). Nach dem Erwerb des Daueraufenthaltsrechts (§§ 53a, 54a NAG) ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn der Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Gemäß § 66 Abs 2 FPG sind bei einer Ausweisung insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter des Betroffenen, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Die Erlassung einer Ausweisung gegen begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist gemäß § 66 Abs 3 FPG zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20.11.1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist ua eine Ausweisung gemäß § 66 FPG, die in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingreift, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im
Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß
§ 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Gemäß § 9 Abs 1 und 2 BFA-VG sind bei einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, von der Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die BF halten sich seit Anfang 2016 (und damit seit weniger als fünf Jahren) kontinuierlich und rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wobei sich die BF1 ab der Scheidung ihrer Ehe von XXXX im Juni 2017 ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, zumal die BF den Status als begünstigte Drittstaatsagehörige von dieser Ehe herleiten. Eine Trennung der BF1 von der BF2 ist mit der Ausweisung nicht verbunden, zumal die BF gleichermaßen von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind. Da der knapp dreijährige Sohn der BF1 und Bruder der BF2 kein Aufenthaltsrecht mehr hat, kann eine gemeinsame Rückkehr mit seiner Mutter und seiner Schwester nach Bosnien und Herzegowina zu seinem Vater unterstellt werden. Dem steht der damit verbundene Eingriff in sein Privatleben nicht entgegen, zumal er im gewohnten Familienverband bleiben kann und seine Sozialisation außerhalb des engsten Familienkreises erst begonnen hat (vgl. VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162). Die Ausweisung greift daher nicht in das Familienleben der BF ein.

Sie greift aber in das Privatleben der BF ein, die – teilweise in Kenntnis ihres unsicheren Aufenthaltsstatus – in Österreich Integrationsschritte gesetzt und Sozialkontakte geknüpft haben. Die BF1 ist seit Juni 2016 (unterbrochen von etwas über einem Jahr Beschäftigungsverbot und Elternkarenz) unselbständig erwerbstätig und hat zumindest grundlegende Deutschkenntnisse erworben; die BF2 besucht in Österreich seit mehreren Jahren die Schule und spricht gut Deutsch. Es wird den BF aber möglich sein, die Kontakte zu ihren in Österreich lebenden Freunden und Verwandten über diverse Kommunikationsmittel (etwa Internet oder Telefon) und durch wechselseitige Besuche aufrechtzuerhalten, zumal sie Österreich auch nach ihrer Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina im Rahmen visumfreier Aufenthalte besuchen können.

Die BF haben demgegenüber nach wie vor starke Bindungen zu ihrem Heimatstaat, wo sie sprachkundig und mit den Gewohnheiten vertraut sind. Die BF1 wuchs in Bosnien und Herzegowina auf und verbrachte dort den weitaus überwiegenden Teil ihres Lebens. Die BF2 lebte dort bis zu ihrem achten Lebensjahr. Vor allem lebte der Ehemann der BF1 und Vater der BF2 in Bosnien und Herzegowina, sodass das gemeinsame Familienleben dort fortgesetzt und wieder intensiviert werden kann. Die BF1 ist gesund und erwerbsfähig; sie hat Berufserfahrung als XXXX und in der XXXX . Es wird ihr daher – gemeinsam mit ihrem Ehemann, der ein regelmäßiges Erwerbseinkommen hat und gegen den Unterhaltsansprüche bestehen – möglich sei, auch nach der Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Kinder aufzukommen.

Eine Ausweisung der minderjährigen BF2 setzt gemäß § 66 Abs 3 letzter Satz FPG voraus, dass dies zu ihrem Wohl notwendig ist, zumal ihr Verbleib die öffentliche Ordnung der Republik Österreich nicht nachhaltig und maßgeblich gefährden würde. Da sie bis zu ihrem achten Lebensjahr in Bosnien und Herzegowina aufwuchs und bei einer Rückkehr dorthin wieder intensivere persönliche Kontakte zu ihren Großeltern und vor allem zu ihrem Vater haben wird, den sie derzeit nur bei gelegentlichen Besuchen trifft, entspricht die Ausweisung ihrem Wohl, auch wenn sie dazu führt, dass die BF2 ihre Schulbildung in einem anderen Staat fortsetzen muss. In der Rechtsprechung wird für Kinder im Alter von sieben bis elf Jahren eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit angenommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob das auch noch für die aktuell zwölfjährige BF2 gilt, zumal sie bereits im Herkunftsland eine grundsätzliche Sozialisierung erfahren hat, was eine Wiedereingliederung jedenfalls zumutbar erscheinen lässt (vgl VwGH 30.07.2015, 2014/22/0055).

§ 138 ABGB dient auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab (siehe VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274). Wichtige Kriterien dabei sind eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes (Z 1); die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes (Z 2); die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern (Z 3); die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes (Z 4); die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung (Z 5); die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte (Z 6); die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben (Z 7); die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen (Z 8); verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen (Z 9); die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes (Z 10); die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes (Z 11) sowie die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung (Z 12). Eine gewichtende Bedachtnahme auf diese Kriterien ergibt, dass die Ausweisung dem Wohl der BF2 dient, insbesondere, weil sie verlässliche Kontakte und sichere Bindungen der BF2 zu beiden Elternteilen und auch zu ihren Großeltern fördert, zumal dadurch der Familienverband mit Eltern und Bruder aufrecht bleibt und sie in den Staat, in dem sie den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht hat, zurückkehrt. Ihre materiellen Bedürfnisse sind aufgrund des Erwerbseinkommens ihres Vaters als gesichert anzusehen, eine Fortsetzung ihrer Schulbildung ist in Bosnien und Herzegowina, das gemäß § 1 Z 1 HStV überdies als sicherer Herkunftsstaat gilt, ebenso was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der dortigen Behörden spricht (vgl. zuletzt VwGH 25.06.2020, Ra 2019/18/0441), ebenso gewährleistet.

Die Behörde ist daher im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes das persönliche Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die Ausweisung daher Art 8 EMRK nicht verletzt, zumal dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide ist daher als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist ua begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung grundsätzlich von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen. Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht zu beanstanden.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterbleibt eine mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG. Dem angefochtenen Bescheid ging ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren des BFA voran. Das BFA hat die die entscheidungswesentlichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung offengelegt, die das BVwG teilt, zumal keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufgetreten sind. In der Beschwerde wurde kein für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet, der dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegensteht oder darüber hinausgeht.

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausweisung Familienverfahren Herkunftsstaat Interessenabwägung Rechtskraft Resozialisierung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2207586.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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