Entscheidungsdatum
14.10.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W109 2160438-1/37E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 08.05.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.12.2018, 14.11.2019 und am 27.05.2020 zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1., 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 Abs. 1, 2 und 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 12.05.2016 stellte der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Pashai, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 13.05.2016 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, stamme aus Kapisa und habe zwölf Jahre die Schule besucht. Zum Fluchtgrund befragt führte er aus, die Lage in Kapisa sei sehr schlecht, ein großes Gebiet werde von den Taliban kontrolliert. Aus Angst, getötet zu werden, sei er in den Iran geflüchtet. Dort habe er sich eine Zukunft aufbauen wollen, sei aber nicht akzeptiert worden. Deshalb habe er beschlossen, nach Europa zu gehen.
Am 03.03.2017 führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, seine Familie habe seit Jahren Feinde, der ältere Bruder des Beschwerdeführers sei in diesem Konflikt getötet worden. Einer der Feinde habe mit einem Luftdruckgewehr auf den Beschwerdeführer geschossen. Der Vater habe nichts davon gewusst, er hätte sonst den Beschwerdeführer aufgefordert, Rache zu nehmen. Die Mutter habe ihm finanziell geholfen und ihn nach Kabul geschickt. Er wisse nicht, warum es den Konflikt gebe, der Vater wolle nicht darüber reden. Die Familie lebe im Nachbardorf. Jetzt wolle der Vater nicht mehr mit ihm reden, weil er aus Afghanistan geflüchtet sei. Der Vater habe gewollt, dass der Beschwerdeführer Rache nehme.
Am 09.03.2017 wurde der Beschwerdeführer erneut niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und nochmals zu seinen Familienverhältnissen befragt.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.05.2017, zugestellt am 10.05.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, die Angaben zur Bedrohung durch Familienstreitigkeiten seien vage, detailarm und widersprüchlich. Der Beschwerdeführer habe auch in der Erstbefragung völlig andere Gründe angegeben. Der Beschwerdeführer sei alleinstehend, jung, gesund und arbeitsfähig und könne auf sein familiäres Netzwerk zurückgreifen.
3. Am 24.05.2017 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bei der belangten Behörde ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei in eine Blutfehde verwickelt und fürchte, innerhalb dieser ebenfalls umgebracht zu werden. Das Ermittlungsverfahren sei mangelhaft, die belangte Behörde habe unvollständige, teilweise veraltete Länderberichte herangezogen. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft. Sicherheits- und Versorgungslage seien schlecht, eine Rückkehr nicht zumutbar.
Am 18.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin und ein Dolmetscher für die Sprache Dari teilnahmen. Die Verhandlung wurde, weil der Beschwerdeführer angab, wenn möglich eine Einvernahme in seiner Muttersprache Pashai zu bevorzugen, vertagt.
Am 14.11.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht erneut eine mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein bevollmächtigter Rechtsvertreter, eine Dolmetscherin für die Sprachen Dari, Farsi und Paschtu, sowie ein länderkundlicher Sachverständiger teilnahmen. Die belangte Behörde nahm nicht an der Verhandlung teil. Die Verhandlung wurde im Einverständnis mit dem Beschwerdeführer in Deutsch, Dari und Paschtu durchgeführt. Im Zuge der Verhandlung wurde XXXX mit der Erstellung eines Gutachtens zur Plausibilitätsprüfung der Herkunft und des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers beauftragt.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat verfolgt, weil seine Familie in eine Feindschaft verwickelt sei, aufrecht.
Am 04.12.2019 langte das Gutachten von XXXX am Bundesverwaltungsgericht ein.
Am 27.05.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht erneut eine mündliche Verhandlung durch, in der dem Beschwerdeführer das am 04.12.2019 eingelangte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.
Mit Schreiben vom 17.09.2020 brachte das Bundesverwaltungsgericht aktuelle Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 01.10.2020 am Bundesverwaltungsgericht ein. Es wird ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer als Opfer einer Blutfehde landesweite Verfolgung drohe, wobei staatlicher Schutz nicht bestehe. Als Angehöriger der Minderheit der Pashai sei der Beschwerdeführer einem erhöhten Risiko ausgesetzt, insbesondere in einem anderen Landesteil als seiner Heimatprovinz diskriminiert und verfolgt zu werden. Er sei eindeutig als Pashai erkennbar. Die allgemeine Sicherheitslage sei schlecht, insbesondere in der Provinz Kapisa sei die Sicherheitslage höchst gefährlich. Die Versorgungslage habe sich infolge der COVID-Pandemie verschlechtert, die Krankheit werde religiös stigmatisiert. Rückkehrer aus Europa würden unter einer starken Stigmatisierung leiden. Der Beschwerdeführer wäre im Fall seiner Rückkehr einem enormen Gesundheitsrisiko ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:
? Medizinische Unterlagen
? Deutschkurspass
? Schulunterlagen
? Empfehlungsschreiben
? Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde im Jahr XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Pashai. Er bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Pashai. Er spricht auch Dari, jedoch mit Akzent. Der Beschwerdeführer verfügt auch über gute Deutschkenntnisse zumindest auf dem Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen.
Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer wurde in einem Dorf in XXXX in der Provinz Kapisa, Distrikt Alasay geboren und hat im Herkunftsdorf sieben Jahre die Schule besucht, vier Jahre fand der Unterricht in Paschtu und drei Jahre in Dari statt. Die Familie besitzt eine Landwirtschaft und ein Lebensmittelgeschäft auf einem Basar in XXXX . Neben der Schule hat der Beschwerdeführer im Lebensmittelgeschäft als Verkäufer mitgearbeitet.
Im Alter von etwa 17 Jahren reiste der Beschwerdeführer mit seinem Onkel mütterlicherseits in den Iran aus, von wo aus er nach etwa vier Monaten nach Europa weiterreiste.
Die Familie des Beschwerdeführers, bestehend aus seinen Eltern, zwei Schwestern und vier jüngeren Brüdern, lebt nach wie vor im Herkunftsdorf in der Provinz Kapisa, Kontakt besteht. Ein Onkel väterlicherseits und weitere Verwandte leben ebenso im Herkunftsdorf.
Eine Tante väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Kabul. Die Tante väterlicherseits ist verwitwet und hat drei Söhne und eine Tochter, der älteste Sohn arbeitet beim Militär. Die Tante mütterlicherseits ist ebenso verheiratet und hat Kinder, einer ihrer Söhne lebt in Norwegen. Im Zuge seiner Ausreise war der Beschwerdeführer mehrere Tage bei seiner Tante mütterlicherseits in Kabul aufhältig, er wurde von seinem Onkel mütterlicherseits bei der Ausreise unterstützt.
Der Beschwerdeführer steht in Kontakt zu seinen Eltern, sowie zu seinen Tanten in Kabul.
Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Antragstellung im Mai 2016 durchgehend im Bundesgebiet auf. Er hat einige Deutschkurse besucht und im Schuljahr 2017/18, sowie im Schuljahr 2018/19 die Übergangsstufe unterschiedlicher BMHS abgeschlossen, hat jedoch jeweils nicht alle Unterrichtsgegenstände positiv absolviert. Der Beschwerdeführer bezieht Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Die Familie des Beschwerdeführers war vor 1370 des islamischen Kalenders (dies entspricht dem Jahr 1991) in eine Feindschaft verwickelt. Eine Tante väterlicherseits des Beschwerdeführers war an XXXX verheiratet worden. In der Hochzeitsnacht bezichtigte er die Tante des Beschwerdeführers, sie sei keine Jungfrau, schor ihr den Kopf und schickte sie in ihr Elternhaus zurück. Die Familie des Beschwerdeführers griff daraufhin das Haus von XXXX an. Bevor das Haus in Brand gesetzt oder jemand getötet werden konnte, schalteten sich die Dorfältesten in den Konflikt ein und der Streit konnte in einer Jirga vorläufig beigelegt werden. XXXX zog in die Provinz Kabul, Distrikt Sorobi um. XXXX ist Anfang der 1370er Jahre (entspricht 1991) verstorben. Seit seinem Tod ist der Streit zwischen den Familien nicht neu ausgebrochen. XXXX hatte keine Söhne, jedoch zwei Brüder und Neffen.
Dass ein Angehöriger der verfeindeten Familie mit einem Luftdruckgewehr auf den Beschwerdeführer geschossen hat, wird nicht festgestellt.
Im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in das Herkunftsdorf ist nicht zu erwarten, dass ihm aufgrund dieser alten Feindschaft Übergriffe durch Angehörige der verfeindeten Familie drohen.
Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr in das Herkunftsdorf keine Übergriffe wegen seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Pashai.
1. 3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat
Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.
Die Provinz Kapisa gehört zu den volatilen Provinzen des Herkunftsstaates. Es kommt immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften. Auch Luftangriffe werden durchgeführt. Von Unsicherheit sind insbesondere die südlichen Distrikte, darunter auch Alasay, betroffen. In Alasay kam es auch zuletzt zu Vertreibungen. Das Herkunftsdorf des Beschwerdeführers steht unter Kontrolle der Taliban.
Regierungsfeindliche Kräfte begehen in Gebieten unter ihrer Kontrolle Menschenrechtsverletzungen, darunter extralegale Hinrichtungen, Folter und Misshandlungen, Einschränkungen der Bewegungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit, der politischen Teilhabe, dem Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung, sowie dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Sie etablieren parallele „Justiz“-Strukturen und setzen diese durch.
Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Herkunftsdorf besteht die Gefahr, dass er im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommt, oder misshandelt oder verletzt wird.
Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen, über den die Stadt sicher erreicht werden kann.
Es ist nicht wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Kabul im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode kommt oder misshandelt oder verletzt wird.
Afghanistan ist von der COVID-19-Pandemie betroffen, dies gilt insbesondere für Kabul. Es gibt landesweit Beschränkungen von Mobilität, sozialen und geschäftlichen Aktivitäten sowie Regierungsdiensten. In größeren Städten wird auf die Einhaltung der Maßnahmen stärker geachtet. Der Flugverkehr wurde wenn auch eingeschränkt wiederaufgenommen. Der Verkehr in den Städten hat sich wieder normalisiert, Restaurants und Parks sind wieder geöffnet. Die Nahrungsmittelpreise steigen, aufgrund der Maßnahmen gibt es weniger Gelegenheitsarbeit. Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie hat negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, was zu einer Verschärfung von Armut und einem Rückgang der Staatseinnahmen führt.
Im Fall einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Kabul ist davon auszugehen, dass er sich eine Lebensgrundlage wird aufbauen und die Grundbedürfnisse seiner menschlichen Existenz wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft wird decken können und im Fall seiner Niederlassung ein Leben ohne unbillige Härten wird führen können, so wie es auch seine Landsleute führen. Mit Übergriffen auf den Beschwerdeführer wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit zu den Pashai ist in Kabul nicht zu rechnen.
Es gibt in Afghanistan unterschiedliche Unterstützungsprogramme für Rückkehrer von Seiten der Regierung, von NGOs und durch internationalen Organisationen. IOM bietet in Afghanistan Unterstützung bei der Reintegration an.
Die medizinische Versorgung des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr nach Kabul ist gewährleistet.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Muttersprache und seinen Lebensumständen ergeben sich aus seinen gleichbleibenden und plausiblen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch die belangte Behörde hegte keine Zweifel an den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers.
Zu den festgestellten Kenntnissen des Beschwerdeführers in der Sprache Dari ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer selbst angegeben hat, dass er in der Schule in den Sprachen Dari und Paschtu unterrichtet wurde (OZ 12, S. 7) und im Verfahren vor der belangten Behörde am 03.03.2017 (AS 87) und am 09.03.2017 (AS 119) noch keinerlei Einwände gegen eine Einvernahme in der Sprache Dari erhob. Auch die Erstbefragung wurde in Dari durchgeführt (AS 11). Erstmals im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.12.2018 an, er spreche nicht gut Dari (OZ 7, S. 2) und setzte dies im gesamten Verfahren fort. Nachdem aber der Beschwerdeführer mehrere Jahre in Dari und Paschtu unterrichtet wurde und seinen Angaben zufolge das Herkunftsdorf immer wieder verlassen hat und insbesondere eigenen Angaben zufolge als Verkäufer im Lebensmittelgeschäft der Familie gearbeitet hat (OZ 12, S. 7), dass sich nach seinen Angaben auf einem Bazar in XXXX befindet (AS 97), erscheint nicht plausibel das der Beschwerdeführer nicht Dari spricht. So gab auch der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, Pashai würden üblicherweise neben ihrer Muttersprache in einem Kulturraum, wo mehrheitlich Dari gesprochen würde, auch Dari fließend sprechen (OZ 12, S. 5). Dass der Beschwerdeführer, wenn er Dari spricht, eine Pashai-Sprachfärbung aufweist, hat der Dolmetscher in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.12.2018 bestätigt (OZ 7, S. 2). Insbesondere konnte sich der Beschwerdeführer auch im Lauf seines Aufenthaltes in Österreich bereits gute Deutschkenntnisse aneignen, weswegen von einer vorhandenen Sprachbegabung auszugehen ist. Auch deswegen erscheint nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer trotzdem er in der Schule auf Dari unterrichtet wurde und zweifellos mit der Dari-sprachigen Bevölkerung in Kontakt gekommen ist – wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ebenso ausführte – kaum Kenntnisse dieser Sprache haben sollte. Zudem war der Beschwerdeführer vier Monate im Iran aufhältig und musste sich dort ebenso in Dari (bzw. Farsi) verständigen. Dass der Beschwerdeführer Dari schlecht sprechen kann, war somit insgesamt nicht glaubhaft. Von den guten Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers konnte sich der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichts im Zuge der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht – zuletzt am 27.05.2020 – überzeugen. Zudem geht aus dem vorgelegten Abschlusszeugnis der „Übergangsstufe an BMHS“ vom 28.06.2019 hervor, dass der Beschwerdeführer im Unterrichtsgegenstand „Deutsch als Fremdsprache A2“ mit der Note „2“ benotet wurde (Beilage zu OZ 12), weswegen festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer mindestens über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass im Lauf des Verfahrens kein anderslautendes Vorbringen erstattet und auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine aktuelle gesundheitliche Beeinträchtigung oder Erkrankung des Beschwerdeführers nachweisen würden. So sind lediglich medizinische Unterlagen von Februar 2017 aktenkundig (AS 129 ff.), denen zufolge beim Beschwerdeführer Metallteile am Hinterkopf operativ entfernt wurden. Aus dem ärztlichen Entlassungsbrief geht hervor, dass der Eingriff komplikationslos durchgeführt werden konnte und lediglich eine anschließende Wundkontrolle beim Hausarzt erforderlich ist. Aktuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen sind damit nicht ersichtlich.
Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.
Die Feststellungen zu Herkunft, Schulbesuch und Lebensverhältnissen des Beschwerdeführers beruhen auf dessen plausiblen Angaben. Zudem wurden die Angaben des Beschwerdeführers im Zuge der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Erhebung im Herkunftsstaat im Wesentlichen bestätigt. Dass der Unterricht in Paschtu und Dari erfolgte, hat der Beschwerdeführer selbst angegeben (OZ 12, S. 7), ebenso, dass seine Familie eine Landwirtschaft und ein Lebensmittelgeschäft besitzt und er dort mitgearbeitet hat (OZ 12, S. 7; AS 97). Dass der Beschwerdeführer zunächst noch vier Monate im Iran aufhältig war, hat er gleichbleibend angegeben (AS 17; AS 95; OZ 12, S. 11).
Die Feststellungen zum Verbleib der Angehörigen des Beschwerdeführers beruhen auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2019 (OZ 12, S. 8). Hier gab der Beschwerdeführer auch an, mit seinen Tanten in Kontakt zu stehen und vier Mal mit seiner Mutter gesprochen zu haben (OZ 12, S. 9). Der Aufenthalt der Angehörigen konnte überdies im Zuge der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Recherche verifiziert werden, wobei es hinsichtlich der Mutter des Beschwerdeführers offenkundig zu einem Missverständnis kam. Die Feststellungen zu den Familienverhältnissen der Tanten des Beschwerdeführers beruhen auf seinen detaillierten Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung am 14.11.2019 (OZ 12, S. 10) und in der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 09.03.2017 (AS 123). Dass der Beschwerdeführer vom Onkel mütterlicherseits bei der Ausreise unterstützt wurde und mehrere Tage bei seiner Tante mütterlicherseits in Kabul aufhältig war, hat er ebenso selbst angegeben. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer von seinem Onkel mütterlicherseits bei der Ausreise unterstützt wurde, beruht ebenso auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 03.03.2017 (AS 101).
Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet seit seiner Antragstellung wieder verlassen hätte, sind nicht hervorgekommen. Zu seinen Deutschkursbesuchen hat der Beschwerdeführer Teilnahmebestätigungen vorgelegt, zu seinem Schulbesuch die jeweiligen Abschlusszeugnisse (Beilagen zu OZ 7 und OZ 12), aus denen auch hervorgeht, dass er drei bzw. zwei Unterrichtsgegenstände nicht positiv absolviert hat. Die Feststellung zum Grundversorgungsbezug beruht auf dem im Akt einliegenden aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem. Eine Erwerbstätigkeit wurde nicht behauptet.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Feindschaft der Familie des Beschwerdeführers beruhen auf den Ergebnissen der vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Erhebung im Herkunftsstaat durch XXXX (OZ 17), die die Angaben des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Vorfälle der Vergangenheit im Wesentlichen bestätigen (und ergänzen). Diesen trat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.05.2020 auch nicht entgegen, sondern beschränkte sich auf Einwände hinsichtlich der mangelnden Aktualität, der hieraus resultierenden Bedrohung, der Möglichkeit, der Bedrohung durch Umzug innerhalb des Landes zu entgehen, sowie auf das bereits erwähnte Missverständnis im Hinblick auf den Wohnort seiner Mutter.
Im Hinblick auf eine hieraus resultierende aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat hat das Bundesverwaltungsgericht unter anderem aktuelle Länderberichte herangezogen. Zur Blutfehde berichtet die vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.09.2020 (OZ 33) in das Verfahren eingebrachte EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge: EASO Country Guidance), dass Blutfehden aus persönlicher Gewalt oder Fehlverhalten entsteht, dass als ehrverletzend betrachtet wird, etwa im Zusammenhang mit Familienkonflikten oder -beziehungen. Diese würden insbesondere im ländlichen Raum auftreten, könnten extrem gewaltsam verlaufen und sich über Generationen hinziehen. Die sozialen und familiären Verpflichtungen, Rache auszuführen seien stark und es sei schwierig für Einzelne, der Blutfehde zu widerstehen oder zu entkommen. Sie würden unter allen ethnischen Gruppen vorkommen (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 18. Individuals involved in blood feuds and land disputes, Buchstabe a. Blood feuds, S. 71-72). Auch die UNHCR Richtlinien zur Feststellung des Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender von 30.08.2018 (in der Folge: UNHCR-Richtlinien) – ebenso vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.09.2020 (OZ 33) in das Verfahren eingebracht – berichten von Blutfehden, bei denen Mitglieder einer Familie als Vergeltungsakte Mitglieder einer anderen Familie töten würden. Auch hier wird bestätigt, sie kämen unter allen ethnischen Gruppen vor und könnten aus unterschiedlichen Gründen ausgelöst werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 14. In Blutfehden verwickelte Personen, S. 110-111). Eine aktuelle Bedrohung aus einer alten Feindschaft kann demnach – wie vom Beschwerdeführer behauptete – im Herkunftsstaat durchaus vorkommen. Allerdings sind die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers widersprüchlich und oberflächlich und werden zudem von der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Erhebung im Herkunftsstaat nicht bestätigt.
Als den eigentlichen fluchtauslösenden Vorfall gibt der Beschwerdeführer erstmals in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.03.2017 im Wesentlichen an, ein Mitglied dieser Familie bzw. einer seiner „Feinde“ habe mit einem Luftdruckgewehr auf ihn geschossen (AS 101). Diese Angabe des Beschwerdeführers konnten im Zuge der Erhebung zunächst nicht bestätigt werden, sondern hat diese ergeben, dass die Feindschaft für die Familie der Gegner seit dem Tod von XXXX nicht weiter relevant ist und auch die Familie des Beschwerdeführers seither keinen Versuch mehr unternommen hat. Weiter schildert der Beschwerdeführer das „Attentat“ bereits vor der belangten Behörde sehr oberflächlich und beschränkte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2019 nach Aufforderung durch den erkennenden Einzelrichter, die Gründe, warum er den Herkunftsstaat verlassen habe, abschließend und möglichst umfassend zu schildern, auf zwei Sätze, nämlich „Weil mein Vater Feinde hatte, aber auch noch hat. Jemand hat auf meinen Kopf mit einem Luftdruckgewehr geschossen.“ (OZ 12, S. 12). Erst nach mehrfacher Nachfrage durch den erkennenden Richter ergänzte der Beschwerdeführer einige Details zu seinen Fluchtgründen, wobei er den behaupteter maßen eigentlich fluchtauslösenden Vorfall – nämlich, dass jemand mit einem Luftdruckgewehr auf ihn geschossen habe – weiterhin nicht konkret schilderte und keinerlei Angaben macht, wie sich der behauptete Angriff ereignet hat. Auch vor der Behörde gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme am 03.03.2017 lediglich an, er sei im Freien gewesen und habe niemanden wahrgenommen, er habe nur einen Schuss gehört und es habe auch nicht sonderlich wehgetan, wobei er kurz später hierzu im Widerspruch behauptete, er habe mit eigenen Augen gesehen, wer auf ihn geschossen habe (AS 103). Er kenne die Familie, sie wohne im Nachbardorf (AS 105). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2019 behauptete der Beschwerdeführer schließlich mehrmals, es sei der Sohn des Feindes gewesen (OZ 12, S. 13), um kurz später anzugeben, der Feind habe nur eine Tochter und keine anderen Kinder und korrigiert, es sei der Neffe gewesen (OZ 12, S. 14).
Weiter gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 03.03.2017 an, sein älterer Bruder sei in dem Konflikt getötet worden (AS 101). Dies erwähnte der Beschwerdeführer im weiteren Verfahren nicht mehr, gab jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht plötzlich erstmals an, er (der Feind) habe seinen Großvater mit dem Messer erstochen, der aber nicht tot, sondern nur verletzt gewesen sei (OZ 12, S. 13). Der Feind habe die Tante „zurückhaben“ wollen und das Haus der Familie angegriffen (OZ 12, S. 14). Auch gab der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 03.03.2017 an, sein Vater rede nicht mehr mit ihm, weil er verlangt habe, dass der Beschwerdeführer Rache nehme. Der Beschwerdeführer sei stattdessen aus Afghanistan geflüchtet (AS 101). Auch dieser Aspekt findet im weiteren Verfahren keine Erwähnung mehr. Insgesamt ist eine im Kern gleichbleibende, stringent geschilderte Handlung in Bezug auf die die Ausreise auslösenden Vorfälle damit nicht erkennbar.
Auf die wiederholte Frage, warum sein Vater und seine Brüder nicht bedroht würden, kann der Beschwerdeführer ebenso keine plausible Antwort geben. Diesbezüglich gibt er lediglich an, er sei sein Feind und er wisse nicht, warum er auf ihn geschossen habe (OZ 12, S. 14) Allerdings betonen etwa die UNHCR-Richtlinien, dass sich die Rache grundsätzlich gegen den Täter selbst richtet, nur unter bestimmten Umständen könne auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stamme, zum Ziel der Rache werden (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 14. In Blutfehden verwickelte Personen, S. 111). Auch die EASO Country Guidance berichtet, dass insbesondere erwachsene Männer Ziel von Blutfehden werden und Rache üblicherweise gegen den Bruder oder andere unmittelbare männliche Verwandte des Täters ausgeführt werde (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 18. Individuals involved in blood feuds and land disputes, Buchstabe a. Blood feuds, S. 71-72). Der eigentliche „Täter“ bzw. das eigentliche Ziel der Rache – nämlich der Vater des Beschwerdeführers – ist allerdings noch im Herkunftsdorf aufhältig und würden sich Racheakte daher zunächst und in erster Linie gegen diesen bzw. seinen älteren, den Angaben des Beschwerdeführers zufolge ebenso im Herkunftsdorf aufhältigen Bruder (OZ 12, S. 15-16) und erst dann gegen den Beschwerdeführer (und seine Brüder) richten. Dies entspricht im Übrigen auch der Einschätzung des vom Bundesverwaltungsgericht beigezogenen länderkundlichen Experten (OZ 28, S. 5). Damit im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.05.2020 konfrontiert, flüchtet sich der Beschwerdeführer in allgemeine Angaben und behauptet ausweichend, keine exakten Aussagen über seine Familie treffen zu können, weil er nicht täglich mit ihr spreche, um zu fragen, wie es ihr gehe bzw. was vorgefallen sei (OZ 28, S. 5). Damit ist jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Person von einer großen Bedrohung ausgeht, während seinen Angehörigen seit seiner Ausreise nichts geschehen ist und der Beschwerdeführer auch keinerlei weiter diese betreffenden Gefahren schildern kann. Eine Bedrohung des Beschwerdeführers aufgrund dieser alten Feindschaft erweist sich damit auch vor dem Hintergrund der Länderberichte und dem Umstand des weiteren Aufenthaltes des Vaters des Beschwerdeführers (und dessen älterem Bruder) im Herkunftsdorf als nicht plausibel. Im Ergebnis konnte der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe im Hinblick auf die alte Feindschaft der Familie nicht glaubhaft machen und geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass für den Beschwerdeführer hieraus aktuell keine Bedrohung mehr erwächst.
Im Hinblick auf die Volksgruppenzugehörigkeit wird mit Stellungnahme vom 01.10.2020 ausgeführt, der Beschwerdeführer gehöre der Minderheit der Pashai an und Afghanistan sei den UNHCR-Richtlinien zufolge das fünftgefährlichste Land der Welt für ethnische Minderheiten, diese würden oftmals diskriminiert und würden Opfer von Angriffen. UNHCR komme zu dem Schluss, dass für Personen, die einer ethnischen Minderheit in Afghanistan angehören würden, insbesondere in Gebieten, in denen diese nicht die ethnische Mehrheit darstellen würden, jedenfalls ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen könne (OZ 35). Hierzu ist zunächst anzumerken, dass sich das diesbezügliche Vorbringen auf den Schriftsatz der Rechtsvertretung beschränkt und der Beschwerdeführer selbst keinerlei diesbezügliche Rückkehrbefürchtungen äußert. Weiter hat die vom Bundesverwaltungsgericht beauftragte Erhebung im Herkunftsstaat ergeben, dass das Herkunftsdorf des Beschwerdeführers in einer Region liegt, in der überwiegend Pashai gesprochen wird. Diesbezüglich erhob der Beschwerdeführer im Übrigen keine Einwände. Auch in der Stellungnahme selbst wird ausgeführt, die Pashai seien in der Herkunftsprovinz Kapisa, insbesondere in den gebirgigen Regionen von Alasay vertreten. Aus den in der Stellungnahme zitierten UNHCR-Richtlinien lässt sich überdies entnehmen, dass hinsichtlich einer ethnischen Gruppe, die zwar auf nationaler Ebene eine Minderheit darstellt, möglicherweise kein Risiko einer Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit in Gebieten besteht, in denen diese ethnische Gruppe lokal die Mehrheit bildet (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel 13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, S. 103). Insbesondere beschränkt sich auch die Stellungnahme selbst auf die Behauptung, dem Beschwerdeführer drohe außerhalb des Herkunftsdorfes in Afghanistan Verfolgung wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Pashai, im Hinblick auf das Herkunftsdorf selbst wird dies dagegen nicht behauptet. Demnach wurde eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr in das Herkunftsdorf wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Pashai nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat
Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan beruht auf dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.09.2020 (OZ 33) in das Verfahren eingebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 13.11.2019, letzte Information eingefügt am 21.07.2020 (in der Folge: Länderinformationsblatt), der EASO Country Guidance, und dem auch deren Grundlage bildenden EASO COI Report. Afghanistan. Security situation. von Juni 2019 – ebenso vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.09.2020 (OZ 33) in das Verfahren eingebracht – sowie den UNHCR-Richtlinien.
Die Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz Kapisa beruhen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 2. Sicherheitslage, Unterkapitel 2.16. Kapisa, der EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indiscriminate violence, Abschnitt Kapisa, S. 104-105 und dem EASO COI Report. Afghanistan. Security situation. von Juni 2019, Kapitel 2.17. Kapisa, S. 175 ff. Die Feststellung, dass das Herkunftsdorf des Beschwerdeführers unter Talibankontrolle steht, wurde von der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Erhebung im Herkunftsstaat bestätigt. Auch aus dem EASO COI Report: Afghanistan. Security situation von Juni 2019 geht hervor, dass die Taliban im Herkunftsdistrikt stark präsent sind und dieser weitgehend unter Kontrolle der Taliban steht (Kapitel 2.17. Kapisa, S. 175 ff.).
Die Feststellungen zur Menschenrechtslage in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher Kräfte beruhen auf den UNHCR-Richtlinien, Abschnitt II. Überblick über die Situation in Afghanistan, Kapitel C. Die Menschenrechtssituation, Unterkapitel 1. Menschenrechtsverletzungen, insbesondere Buchstabe c) Menschenrechtsverletzungen durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs), S. 30 ff.)
Auf der Berichtslage zur Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz und insbesondere im Herkunftsdistrikt, sowie zur allgemeinen Lage in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher Kräfte beruht die Feststellung, dass im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Herkunftsdorf die Gefahr besteht, dass er im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommt, oder misshandelt oder verletzt wird. Dies steht auch im Einklang mit der Einschätzung der EASO Country Guidance die hinsichtlich der Provinz Kapisa von einer Betroffenheit von willkürlicher Gewalt ausgeht wobei gegenständlich insbesondere das individuelle Element der Herkunft des Beschwerdeführers aus einem umkämpften Distrikt und insbesondere aus einem Dorf unter Talibankontrolle zur entsprechenden Feststellung führt.
Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Kabul beruhen auf den übereinstimmenden Informationen des Länderinformationsblattes, Kapitel 2. Sicherheitslage, Unterkapitel 2.1. Kabul, und der EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indiscriminate violence, Abschnitt Kabul, S. 101-102, insbesondere Unterabschnitt Focus on the capital: Kabul City, S. 102.
Die Feststellung zum internationalen Flughafen in Kabul beruht auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 2. Sicherheitslage, Unterkapitel 2.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Internationale Flughäfen in Afghanistan. Die EASO Country Guidance berichten, dass für den Flughafen von Kabul, fünf km vom Stadtzentrum entfernt im Stadtgebiet gelegen, zwar Zwischenfälle bekannt sind, die Erreichbarkeit sei jedoch über den Flughafen im Allgemeinen sicher gegeben (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection, Unterkapitel Travel and admittance, S. 130).
Zur Feststellung, dass es im Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kabul nicht wahrscheinlich ist, dass er im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode kommt oder misshandelt oder verletzt wird, ist auszuführen, die UNHCR-Richtlinien zwar hinsichtlich der Provinz Kabul berichten, dass diese wiederholt die höchste Zahl ziviler Opfer, die hauptsächlich auf willkürlich Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen seien, verzeichnet habe (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 4. Interne Flucht- oder Neuansiedelungsalternative in Kabul, Buchstabe a) Die Relevanz von Kabul als interner Schutzalternative S. 127-128). Auch der EASO Country Guidance zufolge ist Kabul zwar von Gewalt betroffen. Ziel sind jedoch insbesondere die zivile Administration der Regierung, religiöse Kultstätten, Bildungseinrichtungen, im Zusammenhang mit Wahlen stehende Einrichtungen, etc. (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, Unterkapitel Article 15(c) QD, Buchstabe c. Indiscriminate violence, Abschnitt Kabul, S. 101-102, insbesondere Unterabschnitt Focus on the capital: Kabul City, S. 102), wie auch aus den UNHCR-Richtlinien hervorgeht. Die konkrete Gefährdung hängt nach der Einschätzung von EASO stark von individuellen Faktoren ab. In der Person des Beschwerdeführers sind jedoch keine individuellen Elemente ersichtlich, die ein erhöhtes Risiko erwarten lassen (z.B. z.B. Behinderung, Erkrankung, Betroffenheit von Strafverfolgung oder Verhaftung, extreme Armut, Vgl. EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, S. 26-30). Zudem verfügt der Beschwerdeführer über soziale Anknüpfungspunkte in Kabul (jeweils eine Tante mütterlicher- und väterlicherseits), die ihm allenfalls erforderliche Kenntnisse vermitteln können, wobei ihm insbesondere bereits im Zuge der Ausreise Unterstützung von Seiten der Tante mütterlicherseits zu Teil geworden ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer damit auch im Fall der Rückkehr rechnen kann.
Die Feststellungen zur COVID-19-Pandemie im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsblatt, insbesondere auf den am 21.07.2020 und am 29.06.2020 eingefügten Informationen. Deren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung im Herkunftsstaat werden im vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 17.09.2020 (OZ 33) in das Verfahren eingebrachten EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von August 2020 ebenso beschrieben (insbesondere Kapitel 2.1. Economic climate, Kapitel 2.2. Employment und 2.3. Poverty).
Die Feststellung zu den Folgen einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Kabul ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.
Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, ethnischer und sprachlicher Hintergrund, Religion, das Vorhandensein von Identitätsdokumenten, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 135 ff.). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).
Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig. Außerdem hat der Beschwerdeführer bereits im Herkunftsstaat sieben Jahre und schließlich im Bundesgebiet weitere zwei Jahre die Schule besucht. Damit verfügt der Beschwerdeführer über eine für afghanische Verhältnisse gute Schulbildung, nachdem dem Länderinformationsblatt zufolge lediglich 56,1 % der Kinder im entsprechenden Alter überhaupt eine Grundschule besuchen (Kapitel 17. Relevante Bevölkerungsgruppen, Unterkapitel 17.2. Kinder, Abschnitt Schulbildung in Afghanistan). Auch ist der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgewachsen und daher zweifellos mit Sitten und Gebräuchen des Herkunftsstaates vertraut. Weiter verfügt er über im Herkunftsstaat erworbene Berufserfahrung als Verkäufer im Lebensmittelgeschäft des Vaters. Als Angehöriger der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam gehört der Beschwerdeführer außerdem zur im Herkunftsstaat mit 80 bis 89,7 % der Gesamtbevölkerung am weitesten verbreiteten Glaubensgemeinschaft (Länderinformationsblatt, Kapitel 15. Religionsfreiheit).
Im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Minderheit der Pashai führt der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 01.10.2020 (OZ 35) aus, Angehörige von Minderheiten würden oftmals diskriminiert, es komme zu Spannungen zwischen ethnischen Gruppen, die ethnische Zugehörigkeit gehe oftmals mit einer Religion oder politischen Überzeugung Hand in Hand und komme UNHCR zu dem Schluss, dass für Personen, die einer ethnischen Minderheit Afghanistans angehören, insbesondere in Gebieten, in denen diese nicht die ethnische Mehrheit darstellen, ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit der Pashai insbesondere in einem anderen Landesteil als seiner Heimatprovinz dem erhöhten Risiko ausgesetzt, diskriminiert und verfolgt zu werden. Ein konkreter Bezug zum Beschwerdeführer wird damit allerdings nicht dargetan, während eine generelle Gefährdung nicht ersichtlich ist und sich auch nicht aus den UNHCR-Richtlinien ergibt (Abschnitt III. Internationaler Schutzstatus, Kapitel 13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, S. 103 ff), die auf die konkrete Konstellation abstellen. Konkret für Kabul wird hinsichtlich der ethnischen Verteilung im Länderinformationsblatt berichtet, dass die Stadt Zielort verschiedener ethnischer, sprachlicher und religiöser Gruppen ist (Kapitel. 2. Sicherheitslage, Unterkapitel 2.1. Kabul, Abschnitt Kabul-Stadt – Geographie und Demographie). Die EASO Country Guidance berichtet hinsichtlich Kabul ebenso, die Stadt sei ein „Schmelztiegel“ verschiedener ethnischer und sprachlicher Zugehörigkeit. Kenntnisse der Sprachen Dari oder Pashtu würden ausreichen, der sprachliche Hintergrund sei ansonsten nicht relevant (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterkapitel Reasonableness to settle, S. 135-136). Nachdem der Beschwerdeführer über Sprachkenntnisse in Dari verfügt, ist folglich nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen. Weiter leben die Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Kabul und hat der Beschwerdeführer keinerlei Anhaltspunkte dargelegt, dass diese aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den Pashai Diskriminierungen, Übergriffen oder anderen Schwierigkeiten gleich welcher Art ausgesetzt wären. Insgesamt ist damit nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Niederlassung in Kabul mit Übergriffen oder Diskriminierungen aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit konfrontiert wäre.
Weiter ist die Gesundheitsversorgung in Kabul den vorliegenden Informationen zufolge grundsätzlich gewährleistet. So ist dem Länderinformationsblatt zu entnehmen, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsstaat in großen Städten und auf Provinzebene sichergestellt ist. Für Kabul wird von einigen Krankenhäusern berichtet (Kapitel 21. Medizinische Versorgung). Zwar ist im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie mit einer erheblichen Zusatzbelastung der bereits zuvor mangelhaften medizinischen Versorgung in Afghanistan zu rechnen. Nachdem aber der Beschwerdeführer – wie bereits ausgeführt – gesund ist, ist für ihn eine spezifische medizinische Problemstellung im Fall der Rückkehr nicht zu erwarten. Zur COVID-19 Pandemie ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer mit Anfang 20 und ohne Vorerkrankungen nicht zur Risikogruppe gehört und folglich in seinem Fall ein schwerer Krankheitsverlauf mit Behandlungsbedarf im Krankenhaus im Fall einer Ansteckung im Herkunftsstaat nicht wahrscheinlich ist. Entsprechend wurde festgestellt, dass seine medizinische Versorgung gewährleistet ist.
Der Beschwerdeführer verfügt zudem mit zwei Tanten – samt deren Familien – in Kabul über familiäre Anknüpfungspunkte vor Ort und damit über ein soziales Netzwerk, das dem Länderinformationsblatt zufolge für das Überleben in Afghanistan wichtig und für Rückkehrer bei der Anpassung an das Leben in Afghanistan besonders ausschlaggebend ist. Insbesondere stelle ein Mangel an Netzwerken eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar (Kapitel 22. Rückkehr). Auch EASO schätzt ein Unterstützungsnetzwerk per se als essentiell für die Ansiedelung ein (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Abschnitt Reasonableness to settle, Unterabschnitt Individual circumstances, S. 136) und berichtet, dass erweiterte Familiennetzwerke für Rückkehrer bei der Suche nach Arbeitsplätzen und Unterkunft essentiell sind (EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von August 2020, 2.2.3 Employment opportunities for IDPs and returnees, S. 31). Auch im Hinblick auf die Unterstützung, die der Beschwerdeführer bereits im Zuge der Ausreise von seiner Tante erhalten hat, ist für den Fall der Rückkehr davon auszugehen, dass er auf dieses Netzwerk auch im Fall der Rückkehr hinsichtlich Suche nach Arbeit und Unterkunft zurückgreifen wird können.
Im Hinblick auf die Lebensmittelversorgung ist dem EASO COI Report: Afghanistan. Key socio-economic indicators. Focus on Kabul City, Mazar-e Sharif and Herat City von August 2020 zu entnehmen, dass die Lebensmittelpreise zuletzt gestiegen sind, wobei mit dies infolge eines gleichzeitigen Rückganges der Kaufkraft infolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie dazu führt, dass hinsichtlich vieler Haushalte zu erwarten ist, dass diese nicht ihren gesamten grundlegenden Versorgungsbedarf decken können. Insbesondere betroffen seien Frauen und Kinder. Allerdings kam es zuletzt bereits zu Lockerungen der schon von vornherein zeitlich begrenzten Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie eingeschränkt. Der Beschwerdeführer kann weiter an den bestehenden Haushalten seiner Tanten anknüpfen und auf deren Unterstützung zurückgreifen. Hierzu wird angemerkt, dass der Beschwerdeführer angegeben hat, bereits vor seiner Ausreise bei seiner Tante Aufnahme gefunden hat. Damit wäre er im Fall der Rückkehr nicht von Obdachlosigkeit bedroht und könnte – angesichts des vorübergehenden Charakters der Maßnahmen – von seinen Angehörigen mitversorgt werden, bis ihm Arbeits- und Unterkunftssuche wieder möglich ist. Zusätzlich könnte der Beschwerdeführer – wenngleich temporär und kurzfristig – auf Rückkehrunterstützung zurückgreifen (Länderinformationsblatt, Kapitel 22. Rückkehr). Von einem Zusammenbruch der Grundversorgung wird allerdings nicht berichtet, sondern lediglich von schwierigen Umständen, wobei anzumerken ist, dass nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer als junger, gesunder, lediger, kinderloser Mann hiervon außergewöhnlich betroffen wäre. Mit seinen allgemeinen Ausführungen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.05.2020, wo er angibt, in Afghanistan könne man sich nicht einfach an einem anderen Ort niederlassen, das werde von den Bewohnern nicht akzeptiert, tut der Beschwerdeführer dies auch nicht konkret dar. Er gibt viel mehr selbst an, dies betreffe alle Afghanen (OZ 28, S. 5).
In einer Zusammenschau der zu erwartenden individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers in Kabul ist daher im Hinblick auf Unterkunft, grundlegende Versorgung und Lebensgrundlage (UNHCR-Richtlinien, Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 4. Interne Flucht- oder Neuansiedelungsalternative in Kabul, Buchstabe b) Die Zumutbarkeit von Kabul als interner Schutzalternative, S. 128-129) davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten wird ansiedeln und eine Lebensgrundlage wird aufbauen können. Entsprechende Feststellungen wurden getroffen.
Die Feststellung zur Rückkehrhilfe beruhen auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 22. Rückkehr.
Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken („Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114) und der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Einschätzung von EASO von einer besonderen Bedeutung ausgeht und eine Auseinandersetzung mit den „EASO-Richtlinien“ verlangt (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0405). Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.
Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).
3.1.1. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen einer „Blutfehde“
Der Verwaltungsgerichtshof bejaht in seiner ständigen Rechtsprechung grundsätzlich die Asylrelevanz einer Verfolgung wegen Blutrache unter dem GFK-Anknüpfungspunkt der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der „von Blutrache bedrohten Angehörigen der Großfamilie“, sofern sich die Verfolgungshandlungen gegen Personen richten, die in die Rache gegen den unmittelbar Betroffenen bloß aufgrund ihrer familiären Verbindungen zu diesem einbezogen werden (Vgl. etwa Ra 2014/18/0011, 13.11.2014).
Wie festgestellt und beweiswürdigen ausgeführt konnte der Beschwerdeführer den von ihm behaupteten aktuellen Übergriff nicht glaubhaft machen und auch nicht, dass ihm für den Fall der Rückkehr weitere Übergriffe durch Angehörige der verfeindeten Familie aufgrund dieser alten Feindschaft drohen. Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte der Beschwerdeführer damit nicht glaubhaft machen.
3.1.2. Zum Nichtvorliegen einer Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers
Nach Art. 10 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes Abl L 337/9 vom 20.12.2011 (in der Folge Statusrichtlinie) umfasst der Begriff der Rasse insbesondere Aspekte der Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe.
Der Beschwerdeführer konnte zwar glaubhaft machen, dass er der Minderheit der Pashai angehört. Allerdings konnte er nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr in das Herkunftsdorf Übergriffe wegen seiner Zugehörigkeit zur Minderheit der Pashai drohen. Auch im Hinblick auf Kabul wurde festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Übergriffen wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit nicht zu rechnen hat, wobei anzumerken ist, dass es sich bei Kabul nicht um den Herkunftsort des Beschwerdeführers handelt.
Eine Gruppenverfolgung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428) wurde dagegen nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich, nachdem der Beschwerdeführer – zumindest im Hinblick auf seine Volksgruppenzugehörigkeit – im Herkunftsdorf keiner Gefahr ausgesetzt wäre und dies auch für Kabul nicht festgestellt werden konnte. Damit konnte auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob asylrelevante Verfolgung im als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Teil des Herkunftsstaates zur Asylgewährung führen kann, obgleich am eigentlichen Herkunftsort keine Verfolgungsgefahr besteht, unterbleiben.
Der Beschwerdeführer konnte im Ergebnis im Hinblick auf seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Pashai nicht glaubhaft machen, dass ihm im Fall der Rückkehr Verfolgung im Sinne der GFK aus Gründen der Rasse droht.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war im Ergebnis abzuweisen.
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Subsidiärer Schutz)
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof sich mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinandergesetzt. Danach sei subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst sei dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK. Insofern habe der nationale Gesetzgeber die Bestimmungen der Statusrichtlinie fehlerhaft umgesetzt, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führe (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).
An diese Judikatur anschließend spricht der der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 aus, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausschließlich anhand Art. 15 Statusrichtlinie geprüft werden könne. Die Bestimmung sei – obgleich fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt – nicht unmittelbar anwendbar, weil dies zulasten eines bzw. zur Vorenthaltung von Rechten des Einzelnen nicht in Frage komme. Die nationale Regelung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 sei günstiger. Deren unionsrechtskonforme bzw. richtlinienkonforme Auslegung finde ihre Schranke jedoch in einer Auslegung contra legem des nationalen Rechtes. Eine einschränkende Auslegung des Wortlautes des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 im Sinne einer teleologischen Reduktion sei vor dem Hintergrund des klaren gesetzgeberischen Willens – den der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung herausarbeitet – nicht zu rechtfertigen. Daher halte der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat – auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird