TE Bvwg Beschluss 2020/10/15 G313 2216232-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2020
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Entscheidungsdatum

15.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

G313 2216232-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.02.2019, Zl. XXXX , beschlossen:

A)       In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 22.01.2019 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm mitgeteilt, der belangten Behörde sei zur Kenntnis gebracht worden, dass der BF mit Urteil vom (…).12.2018 wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden sei. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG habe das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Mit einer Rückkehrentscheidung könne zudem vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Es sei beabsichtigt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum zu erlassen. Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich Stellung dazu zu nehmen.

2. Daraufhin folgte mit Schreiben vom 01.02.2019 eine schriftliche Stellungnahme des BF zu dem ihm vorgehaltenen Ergebnis der Beweisaufnahme.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bosnien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1. Bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt V.).

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

5. Am 20.03.2019 langte die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina.

1.2. Am 17.01.2019 wurde dem BFA eine gekürzte Ausfertigung des Strafrechtsurteils des BF von Dezember 2018 zugestellt (AS 15ff). Nach diesem Urteil wurde der BF im Dezember 2018 wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, strafrechtlich verurteilt.

1.3. Mit Schreiben des BFA vom 22.01.2019 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. Es wurde ihm mitgeteilt, der belangten Behörde sei zur Kenntnis gebracht worden, dass der BF mit Urteil vom (…).12.2018 wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden sei. (Diesbezüglich wird festgehalten, dass es sich bei dem in diesem Schreiben des BFA angeführten Urteilsdatum nur um das Datum der strafrechtlichen und nicht um das Datum der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des BF von Dezember 2018 handelt).

Die belangte Behörde teilte dem BF weiter mit:

„Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden (§ 53 Abs. 1 FPG).

Es ist daher beabsichtigt, gegen Sie eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum zu erlassen.“

Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu diesem Parteivorhalt schriftlich Stellung zu nehmen.

1.4. Mit Schreiben vom 01.02.2019 nahm der BF zum Ergebnis der Beweisaufnahme auszugsweise, wie folgt, Stellung:

„(…) Seit 22.05.2016 besitze ich den Aufenthaltstitel für, der somit meinen durchgehenden rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich begründet und einen Asylstatus ausschließen lässt. Im Zuge meines Aufenthaltes habe ich primär Integration und Sozialisierung angestrebt, daher habe ich auch zwei Deutsch-Zertifikate mit dem Niveau A1 und A2 bestanden. Abgesehen von den Deutsch-Zertifikaten habe ich in meinem Heimatland eine Ausbildung als Fremdenführer in einer Höheren Lehranstalt für Tourismus abgeschlossen. In meinem letzten Beschäftigungsverhältnis war ich bei der Firma (…) als Transporter tätig; derzeit befinde ich mich auf Arbeitssuche. Die Nachweise für eine ausreichende Krankenversicherung und für die Bestreitung meiner Existenz sind im Anhang angefügt. (…)

Zu den persönlichen Verhältnissen ist anzumerken, dass eine Heirat mit meiner Ehefrau (…) besteht. Ein gemeinsamer Haushalt besteht derzeit nicht, da wir uns einvernehmlich für eine Beziehungspause entscheiden haben. Ferner konnte ich sowohl innerhalb der Familie als auch außerhalb Freundschaften in Graz eschließen, wodurch ich meines Erachtens – auch in Verbindung mit meiner Integration – sehr profitieren konnte.

Eine Bindung zu meinem Heimatland Bosnien und Herzegowina besteht insofern, dass meine Familie (Eltern und Bruder) und langjährigen Freunde dort wohnhaft sind. Ein wichtiger Grund meiner Migration nach Österreich ist die Lage Bosniens. Viele Punkte, die im Länderbericht erwähnt wurden, lassen sich meinerseits bestätigen. Viele dieser Dinge lassen sich hören, sehen und miterleben. Auch ich war Zeuge von Korruption, ethnischen Konflikten, politischer und wirtschaftlicher Instabilität. In Bosnien und Herzegowina gibt es keine bzw. nur wenig feste Regelungen, die von Politikern ohnehin umgangen werden. Es herrscht eine ungleiche Machtverteilung und keine geregelte Justiz, sowie große Ungerechtigkeit in Anbetracht auf die Rechte der Bürger. Zwar bestehen wenig Verfolgungen jeglicher Art, aber die Lage lässt sich insgesamt als extrem instabil bezeichnen.“ (AS 27)

Diesem Schreiben beigelegt bzw. der belangten Behörde vorgelegt wurden

?        Kopien der Vorder- und Rückseite einer Aufenthaltskarte über einen aufrechten Aufenthaltstitel des BF als „Familienangehöriger“ mit der Angabe „Freier Zugang zum Arbeitsmarkt“ (in Großbuchstaben) unter „Sonstige Angaben“ auf der Kartenrückseite,

?        die Kopie der ecard des BF,

?        Reisepasskopien mit Ein- und Ausreisestempeln vom 25.03.2018 und 27.03.2018 und dem Stempel über die letzte Einreise des BF in den Schengenraum am 05.12.2016 (AS 29f),

?        Kopie der „Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister“ über eine Hauptwohnsitzmeldung des BF an einer bestimmten Andresse in Österreich ab 04.10.2018 (AS 33),

?        weitere Kopie der „Bestätigung der Meldung aus dem Zentralen Melderegister“ über eine Hauptwohnsitzmeldung des BF an einer bestimmten Adresse in Österreich ab 14.03.2016 (AS 35),

?        Kopie der Heiratsurkunde des BF über eine Eheschließung in Österreich im März 2012 (AS 37),

?        Nachweis über bezogene Notstandshilfe im Zeitraum vom 25.01.2019 bis 23.01.2020 (AS 43).

1.5. Die belangte Behörde hat sich nicht mit der schriftlichen Stellungnahme des BF von Februar 2019 und den der Stellungnahme beigelegten Nachweisen auseinandergesetzt und keine näheren Ermittlungen zur individuellen Situation des BF bzw. seinen persönlichen Verhältnissen im Bundesgebiet angestellt.

1.6. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bosnien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1. bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt V.).

Bezüglich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird festgestellt, dass die belangte Behörde in Spruchpunkt IV. ein Einreiseverbot nach § 53 Abs. 1 FPG iVm § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG angeführt, sich in der Begründung der Entscheidung jedoch auf § 53 Abs. 1 FPG, § 53 Abs. 2 FPG gestützt hat (AS 95f)

1.6.1. Begründend dafür wurden unter anderem folgende Feststellungen „zur Person des BF“ getroffen:

„(…) Sie reisten im Jahr 2016 ins Bundesgebiet ein und haben einen Aufenthaltstitel beantragt.

Sie sind im Bundesgebiet melderechtlich registriert.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (…) wurde zur Kenntnis gebracht, dass Sie vom Landesgericht für Strafsachen (…) mit Urteil vom (…).12.2018 (…) wegen (…) des gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt wurden.“ (AS 57)

„Zum Aufenthalt des BF in Österreich“ wurde folglich zunächst festgestellt, der BF sei im Dezember 2018 wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden, bevor folgende Feststellungen getroffen wurden:

„Sie sind nicht im Besitz der erforderlichen Mittel für einen Aufenthalt in Österreich.

Sie haben ein Verhalten gesetzt, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, sodass eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot zu erlassen ist.“ (AS 58)

„Zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbots“ wurde Folgendes festgestellt:

„Sie haben durch Ihr strafbares Verhalten – rechtskräftige Verurteilung (-en, diese Endung offenbar versehentliche Mehrzahl) durch ein österreichisches Gericht zu insgesamt 6monatiger unbedingter Freiheitsstrafe – sowohl Ihre negative Einstellung sowie auch Ihre Respektlosigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung und Gesellschaft dokumentiert.

Sie verfügen über keinerlei Geldmittel und können sich nicht selbst erhalten.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ist somit für das wirtschaftliche Wohl von Österreich und auch zur Verhinderung von strafbaren Handlungen dringend geboten.“ (AS 58f).

1.6.2. Es folgten unter anderem folgende beweiswürdigende Ausführungen:

„Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich (fettgedruckt):

Ihre Aufenthaltszeit in Österreich ergibt sich aus den Anhalte Protokollen bzw. aus dem Zentralen Melderegister.

Auf Grund strafbarer Handlungen seit Ihrer Ankunft in Österreich wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen (…) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten unbedingt verurteilt.

Durch Ihr strafbares Verhalten während der Zeit Ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet ist Ihre Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung klar zu erkennen und hervorzuheben und kann demgemäß daraus wohl auf Ihre Einstellung während der Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft, der in diesem Staat lebenden Bürger geschlossen werden, die wohl geeignet ist, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft schwer zu gefährden. (AS 86f)

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben (fettgedruckt):

(…)

Zufolge der durchgeführten Ermittlungen ergibt sich nicht, dass Sie in Österreich Familie und sonstige weitere Angehörige oder Nahebeziehungen i.S.d. Art. 8 EMRK haben.

(folgender Absatz fettgedruckt:) Sie verfügen über keine familiären Anknüpfungspunkte (mit Ausnahme mit der in Trennung lebenden Ehefrau) in Österreich, außerdem überwiegt das Maß an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

Obendrein wurden Sie straffällig und in weiterer Folge rechtskräftig von einem österreichischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 6 Monaten verurteilt.

Auf Grund all dieser Tatsachen ist die Annahme gerechtfertigt, dass ein Eingriff in Ihr Privat- oder Familienleben verhältnismäßig und gerechtfertigt ist und somit Ihr weiterer Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

(…).

(folgende zwei Absätze fettgedruckt:)

Sie sind wie bereits mehrmals ausführlich dargelegt

?        nicht mehr erwerbstätig,

?        besitzen kaum Geld,

?        sind kaum sozial integriert,

?        sind straffällig und rechtskräftig zu unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden,

?        und Sie stehen in keinem Ausbildungsverhältnis.

Besonders berücksichtigungswürdige Integrationsmerkmale konnten somit nicht festgestellt werden. (…).“

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes (fettgedruckt):

Wie bereits ausführlich dargelegt haben Sie durch die Begehung der bereits im Detail angeführten strafrechtlichen Delikte in besonders geschützte menschliche Rechtsgüter eingegriffen und damit eindeutig Ihre negative Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung dokumentiert.

Für Ihr rechtswidriges Verhalten wurden Sie mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen (…) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten unbedingt verurteilt.

Zusammengefasst kann somit mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass Sie von einer besonders verwerflichen inneren Einstellung zu den von Ihnen begangenen Taten geprägt sind. Der vorliegende Sachverhalt rechtfertigt auch die Annahme, dass Sie durch Ihr persönliches Verhalten wesentliche Grundinteressen des Staates – vor allem im Hinblick auf besonders geschützte Rechtsgüter – nachhaltig beeinträchtigt haben.

Lediglich durch das Einschreiten der Polizei konnte ein weiterer gesellschaftlicher sowie wirtschaftlicher Schaden abgewendet werden.

Aufgrund der bei Ihnen offensichtlich vorliegenden Charakterdefizite kann definitiv nicht von einer positiven Zukunftsprognose gesprochen werden. Die weiterhin bestehende öffentliche Gefährdung, dass Sie ein weiteres Mal straffällig werden, hat nunmehr dazu geführt, ein Einreiseverbot in der Dauer von 2 Jahren für Österreich zu erlassen. (…).“

1.6.3. In der Rechtlichen Beurteilung wurde „zu Spruchpunkt II.:“ im Zuge der durchgeführten Interessensabwägung unter anderem Folgendes ausgeführt:

„(…)

- Sie haben in Österreich kaum familiäre Beziehungen.

- Sie halten sich noch rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal es für einen bosnischen Staatsbürger möglich wäre, sichtvermerkfrei einzureisen.

(…)

- Sie sind in Österreich nicht unbescholten. Selbst die Feststellung, wonach jemand strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur nicht einmal eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.01.1999, Zl: 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. In Ihrem Fall ist genau das Gegenteil der Fall gewesen (illegaler Aufenthalt, illegale Beschäftigung), somit ist wohl von einer Stärkung des öffentlichen Interesses an Ihrer Außerlandesbringung auszugehen.

- Seit Ihrer Einreise nach Österreich waren Sie einmalig als Transporteur tätig.

- Sie haben in Österreich nicht die Möglichkeit ihren Aufenthalt nach den NiederlassungsG zu legalisieren.
- Die Schutzwürdigkeit Ihres Privatlebens ist insbesondere unter Bezugnahme auf den erst kurzen Aufenthalt in Österreich als gering einzustufen.

Daher ist die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG hat zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist (§ 58 Abs. 2 AsylG).

Da die Voraussetzung des nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG vorliegt, Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wird und die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig ist, ist gem. § 10 Abs. 1 AsylG und § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.“

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.

3.2. Zur Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde:

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bosnien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1. Bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt V.).

3.2.1. Wird gemäß § 10 Abs. 2 AsylG einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

§ 52 Abs. 1 Z. 1 FPG besagt, dass das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen hat, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Die belangte Behörde stützte sich im angefochtenen Bescheid auf einen nicht rechtmäßigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet. Die belangte Behörde hat jedoch keine näheren Ermittlungen zum tatsächlichen Aufenthaltsstatus des BF im Bundesgebiet angestellt, sondern ist von einem nicht rechtmäßigen Aufenthalt ausgegangen und hat in dieser Annahme nach § 58 Abs. 1 Z. 5 AsylG von Amts wegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG geprüft und nach Nichterteilung eines solchen Aufenthaltstitels gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und angehängt an diese ein Einreiseverbot erlassen.

In der Rechtlichen Beurteilung „zu Spruchpunkt II.“ des angefochtenen Bescheides wurde zunächst angeführt, der BF halte sich „noch rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal es für einen bosnischen Staatsbürger möglich wäre, sichtvermerksfrei einzureisen“ (AS 93), und etwas später darauf hingewiesen, der BF habe in Österreich nicht die Möglichkeit, seinen Aufenthalt nach dem NiederlassungsG zu legalisieren“. (AS 94)

Was die Behörde mit ihrer Ausführung, der BF halte sich „noch rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal es für einen bosnischen Staatsbürger möglich wäre, sichtvermerksfrei einzureisen“, gemeint hat, geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor.

Ob und wann der BF nach seiner Einreise im Jahr 2016 aus- und wieder in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, geht aus der Begründung des Bescheides nicht hervor.

Hingewiesen wird an dieser Stelle darauf, dass Fremde aus Drittstaaten zu einer dreimonatigen sichtvermerkfreien Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum berechtigt sind.

Die belangte Behörde stellte fest, der BF sei im Jahr 2016 in das Bundesgebiet eingereist, habe einen Aufenthaltstitel beantragt, und sei im Bundesgebiet melderechtlich registriert. Eine Feststellung über die tatsächliche Aufenthaltsdauer des BF im Bundesgebiet fehlt.

Die belangte Behörde hat im Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides zwar auf die Stellungnahme des BF zu dem ihm vorgehaltenen Ergebnis der Beweisaufnahme Bezug genommen, sich im Zuge der weiteren Begründung des Bescheides jedoch nicht mit dem Inhalt der Stellungnahme und den der Stellungnahme beigelegten Kopien auseinandergesetzt.

Der BF brachte in seiner Stellungnahme vom 01.02.2019 unter anderem vor, seit 22.05.2016 im Besitz eines aufrechten Aufenthaltstitels zu sein (AS 27).

Die belangte Behörde ließ dieses Vorbringen unberücksichtigt, ebenso wie die der Stellungnahme beigelegte Kopie der Aufenthaltskarte des BF über einen bis 22.05.2021 aufrechten NAG-Aufenthaltstitel als „Familienangehöriger“ (AS 29f), und ging von einem nicht rechtmäßigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet aus.

Der mit „Arten und Form der Aufenthaltstitel“ betitelte § 8 NAG idgF lautet in Absatz 1 wie folgt:

㤠8. (1) Aufenthaltstitel werden erteilt als:

(…)

7. Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ für die Dokumentation des unbefristeten Niederlassungsrechts, unbeschadet der Gültigkeitsdauer des Dokuments;

8. Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ für die befristete Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ (Z 7) zu erhalten;

(…).“

§ 52 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 110/2019 lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit

Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       (…)

(…)

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

(…).“

Der mit „Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel“ betitelte § 11 Abs. 2 NAG lautet wie folgt:

„§ 11. (…)

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.       in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.“

Im gegenständlichen Fall wäre statt der auf einen nicht rechtmäßigen Aufenthalt des BF gestützten Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG aufgrund des auf einen aufrechten NAG-Aufenthaltstitel des BF basierenden rechtmäßigen Aufenthalts des BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 4 FPG zu erlassen gewesen, und zwar eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 Z. 1 FPG, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre, was etwa nach § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG dann der Fall ist, wenn aufgrund des strafrechtlichen Verhaltens des BF im Bundesgebiet sein Aufenthalt öffentlichen Interessen widerstreitet.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 56/2018, lautet wie folgt:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(…).“

Im Zuge der Interessensabwägung sind die privaten Interessen den öffentlichen Interessen gegenüberzustellen, um nach umfänglicher Prüfung und unter Berücksichtigung aller individuellen Umstände feststellen zu können, ob der durch die Rückkehrentscheidung erfolgende Eingriff in das Privat- und Familienleben als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Eine derart umfängliche Interessensabwägung war jedoch nicht möglich, fehlen doch gegebenenfalls über eine niederschriftliche Einvernahme des BF angestellte behördliche Ermittlungen und darauf basierende Feststellungen zum tatsächlichen Familien- und Privatleben des BF.

Im angefochtenen Bescheid wurde, ohne entsprechende nähere Ermittlungen dazu angestellt zu haben, festgestellt, der BF sei augenscheinlich aus rein wirtschaftlichen Gründen sowie zur Arbeitsaufnahme nach Österreich gereist, lebe von seiner Ehefrau getrennt und habe in Österreich weder familiäre noch berufliche oder soziale Bindungen (AS 58).

Es fehlen nähere Ermittlungen und Feststellungen zur Beziehung zwischen dem BF und seiner Ehegattin nach Einreise des BF im Jahr 2016 bzw. dazu, seit wann zwischen dem BF und seiner Ehegattin kein gemeinsamer Haushalt bzw. eine Beziehungspause vorliegt, auch im Hinblick darauf, dass die der Stellungnahme beigelegten Meldebestätigungen besagen, dass der BF nach seiner Hauptwohnsitzmeldung an einer bestimmten Adresse ab 14.03.2016 erst ab 04.10.2018 an einer anderen Adresse gemeldet war.

Das BFA ließ das Vorbringen des BF in seiner Stellungnahme, er besitze seit 22.05.2016 einen aufrechten Aufenthaltstitel, und die vorgelegte Aufenthaltskarte des BF über einen aufrechten bis 22.05.2021 gültigen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger unberücksichtigt, und hat keine Ermittlungen zum tatsächlichen Aufenthaltsstatus des BF im Bundesgebiet durchgeführt.

Auch die der Stellungnahme beigelegte Kopie der Rückseite der Aufenthaltskarte des BF, auf welcher unter „Sonstige Angaben“ in Großbuchstaben „Freier Zugang zum Arbeitsmarkt“ steht, blieb unberücksichtigt (AS 31 unten, verkehrt).

Die belangte Behörde setzte sich mit dem Vorbringen des BF in der Stellungnahme und den beigelegten Nachweisen jedoch nicht auseinander, sondern verwies im angefochtenen Bescheid auf einen illegalen Aufenthalt und eine illegale Beschäftigung des BF im Bundesgebiet (AS 93), ohne dies auf ein bestimmtes Ermittlungsergebnis stützen können zu haben.

Nähere Ermittlungen zu den tatsächlichen familiären, sozialen und beruflichen, arbeitsmäßigen Bindungen des BF im Bundesgebiet fehlen, wären jedoch notwendig gewesen, um unter Berücksichtigung aller individuellen Umstände eine alle private Interessen des BF mitumfassende Interessensabwägung durchführen zu können.

Soweit in der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides der Schluss gezogen wird, dass gegen den nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen BF eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG zu erlassen ist, wird, wie bereits oben, nochmals darauf hingewiesen, dass aufgrund des auf einen NAG-Aufenthaltstitel basierenden, rechtmäßigen Aufenthalts des BF statt einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 FPG zu erlassen gewesen wäre.

3.2.2. Die Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Bosnien in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides blieb allgemeingehalten. Es wurde auf entsprechende rechtliche Bestimmungen verwiesen und festgehalten, dass sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus dem Vorbringen des BF eine Gefährdung ergebe. Auf das Vorbringen des BF, der in seiner Stellungnahme von Februar 2019 von einer Bindung zu seiner Familie und langjährigen Freunden in Bosnien berichtete und Stellung nehmend zu den Länderberichten angab, dass ein wichtiger Grund seiner Migration nach Österreich die Lage in Bosnien sei (AS 27), wurde nicht eingegangen. Dadurch hätte jedoch die Schlussfolgerung, dass sich aus dem Vorbringen des BF keine Gefährdung ergebe, konkret untermauert werden können.

3.2.3. Zusammen mit der Rückkehrentscheidung wurde mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

㤠53.

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. (…)

(…);

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

(…) oder

9. (…)
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

(…).“

Während die belangte Behörde in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen hat, stützte sie sich, wie aus der im Folgenden wiedergegebenen Ausführung ersichtlich, in der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides auf § 53 Abs. 1 FPG und § 53 Abs. 2 FPG:

„Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden (§ 53 Abs. 1 FPG).

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist dieses vorbehaltlich Absatz 3 für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen, wobei bei der Bemessung der Dauer das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen einzubeziehen und zu berücksichtigen ist, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige (Folgendes fettgedruckt:) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Dies wurde in Ihrem Fall zweifelsfrei ermittelt.

Bei der Beurteilung der Notwendigkeit sowie bei der Bemessung des Einreiseverbotes kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind Ihre familiären und Privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden.

Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in Ihrem Fall Art. 8 EMRK nicht. Es muss daher nun, unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 2 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem verbleib in Österreich überwiegt.

Die Gesamtbeurteilung Ihres Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte hat daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Sie sind augenscheinlich nach Österreich eingereist, um hier einer unrechtmäßigen Tätigkeit nachzugehen, sind melderechtlich nicht registriert und versuchen aller Wahrscheinlichkeit nach weiter im Bundesgebiet zu verbleiben um weiterhin nicht genehmigte Tätigkeiten zu verrichten. Dies alles ohne die Mittel zu besitzen um einen Aufenthalt in Österreich finanziell zu bewerkstelligen. Das ausgesprochene Einreiseverbot ist daher zur Erreichung der in Art. 8 EMRK Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. (…).“ (AS 95f)

Soweit in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides auf § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG, in der Rechtlichen Beurteilung der behördlichen Entscheidung jedoch auf § 53 Abs. 2 FPG Bezug genommen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass diesen beiden Einreiseverbotstatbeständen verschiedene Prüfungsmaßstäbe innewohnen.

Nach § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG ist ein Einreiseverbot nach Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen, wenn die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist, die Annahme rechtfertigt, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, wobei die Tatsache der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist.

§ 53 Abs. 3 Z. 1 FPG in Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ließ vermuten, dass sich die belangte Behörde bezüglich des erlassenen Einreiseverbotes auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF von Dezember 2018 gestützt hat, auch die Feststellungen und die Beweiswürdigung deuten darauf hin:

Unter den Feststellungen „zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes“ wurde sowohl auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF als auch darauf verwiesen, dass der BF über keinerlei Geldmittel verfüge und sich nicht selbst erhalten könne. (AS 58)

In der Beweiswürdigung „betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes“ wurde nur mehr auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF Bezug genommen und diesbezüglich – rechtlich beurteilend – ausgeführt, es könne mit gutem Grund davon ausgegangen werden, dass der BF von einer besonders verwerflichen Einstellung zu den von ihm begangenen Taten geprägt sei, der vorliegende Sachverhalt auch die Annahme rechtfertige, dass der BF durch sein persönliches Verhalten wesentliche Grundinteressen des Staates nachhaltig beeinträchtigt habe und lediglich durch das Einschreiten der Polizei ein weiterer gesellschaftlicher sowie wirtschaftlicher Schaden abgewendet werden können habe, nicht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden könne und die Gesamtschau des Sachverhaltes eine hinreichende Wahrscheinlichkeit begründe, dass der BF „künftig als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bezeichnet“ werde. (AS 89)

In der Rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides wurde der in Spruchpunkt IV. angeführte Einreiseverbotstatbestand § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG und die zuvor im Bescheid angeführte rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF jedoch nicht mehr erwähnt, sondern nur auf § 53 Abs. 2 FPG verwiesen bzw. darauf hingewiesen, dass der BF den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte, womit, ohne dies ausdrücklich angeführt zu haben, auf den Einreiseverbotstatbestand § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG Bezug genommen wurde.

Mit der Angabe der belangten Behörde in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides, „die Gesamtschau des Sachverhaltes begründet eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass Sie künftig als schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bezeichnet werden“ (AS 89), hat sie jedenfalls ihren später in der Rechtlichen Beurteilung nur auf § 53 Abs. 2 FPG gestützten Ausführungen hinsichtlich einer vom BF ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit widersprochen (AS 96).

Hingewiesen wird zudem darauf, dass im angefochtenen Bescheid fehlerhafte Angaben zur rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des BF von Dezember 2018 gemacht wurden.

Bereits im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 22.01.2019 wurde dem BF eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung zu einer „Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten“ vorgehalten, obwohl es sich, wie aus dem Verwaltungsakt mit der beim BFA eingelangten gekürzten Urteilsausfertigung ersichtlich (AS 15ff), bei der über den BF mit Strafrechtsurteil von Dezember 2018 verhängten Freiheitsstrafe nicht um eine unbedingte, sondern um eine auf eine Probezeit von drei Jahren bedingte sechsmonatige Freiheitsstrafe handelt.

Dieser Fehler aus der schriftlichen „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 22.01.2019 (AS 21) wurde in den angefochtenen Bescheid übernommen, ebenso wie auch das Datum der Urteilsausfertigung als Datum der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des BF von Dezember 2018 (vgl. Datum der Urteilsausfertigung mit Datum der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung, AS. 18) sowohl in der „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ als auch im angefochtenen Bescheid aufscheint (AS 57ff).

Abgesehen davon, dass bei der Rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des BF gar nicht mehr erwähnt wurde, ist Bezug nehmend auf die Beweiswürdigung „betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes“ bzw. auf die in der Beweiswürdigung rechtlich beurteilenden Ausführungen darauf hinzuweisen, dass nie die der strafrechtlichen Verurteilung des BF zugrundeliegenden strafbaren Handlungen wiedergegeben wurden. Aus dem angefochtenen Bescheid geht, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich (AS 56), nur das Delikt „gewerbsmäßiger Betrug“, weswegen der BF strafrechtlich verurteilt wurde, nicht jedoch die der Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen hervor.

Zur mit der Gefährdungsprognose nach § 53 Abs. 1 FPG inhaltsgleichen Gefährdungsprognose nach § 67 Abs. 1 FPG judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dabei sei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die (jeweils) anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei sei nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. etwa VwGH 28.5.2020, Ra 2019/21/0325, Rn. 12, mwN).

Die belangte Behörde führte in der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides an, die Gesamtbeurteilung des Verhaltens, der Lebensumstände sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des BF habe im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. (AS 96).

Konkrete Angaben zum Verhalten, zu den Lebensumständen sowie der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des BF wurden dabei jedoch nicht gemacht bzw. konnten nicht gemacht werden, fehlen doch entsprechende Ermittlungen zu den individuellen, persönlichen Verhältnissen des BF und darauf basierende Feststellungen.

Erst auf Grund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die (jeweils) anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist.

Der BF brachte in seiner an das BFA gerichteten Stellungnahme vom 01.02.2019 etwa vor:

„(…) In meinem letzten Beschäftigungsverhältnis war ich bei der Firma (…) als Transporter tätig; derzeit befinde ich mich auf Arbeitssuche. Die Nachweise für eine ausreichende Krankenversicherung und für die Bestreitung meiner Existenz sind im Anhang angefügt. (…)“ (AS 27).

Das Vorbringen des BF in seiner Stellungnahme und die angefügten Nachweise, worunter sich eine Kopie der ecard des BF (AS 29) und eine Mitteilung des AMS über einen Anspruch des BF auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 25.01.2019 bis 23.01.2020 (AS 43) befinden, wurden von der belangten Behörde nicht berücksichtigt.

Ohne nähere Ermittlungen und Feststellungen dazu, inwieweit der BF seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet tatsächlich selbst bestreiten kann bzw. bislang bestreiten konnte und wie es bei der vom BF in seiner Stellungnahme angeführten Arbeitssuche aussieht, wurde im angefochtenen Bescheid „zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes“ festgestellt, der BF sei „nicht im Besitz der erforderlichen Mittel für einen Aufenthalt in Österreich“ und verfüge über keinerlei Geldmittel und könne sich nicht selbst erhalten (AS 58), und in der Rechtlichen Beurteilung der Schluss gezogen, der BF habe nicht den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen vermocht.

3.2.4. Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation Lebensverhältnisse mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2216232.1.00

Im RIS seit

03.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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