TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/15 97/10/0056

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Veröffentlicht am 15.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
VVG §10 Abs1;
VVG §10 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des L in Reinsberg, vertreten durch Mag. Christian Kies, Rechtsanwalt in Scheibbs, Gürtel 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Juli 1996, Zl. II/3-B-59, betreffend Vollstreckung eines naturschutzbehördlichen Auftrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs (BH) vom 17. Juni 1992 wurde dem Beschwerdeführer der auf § 25 Abs. 1 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes gestützte Auftrag erteilt, bis spätestens 30. August 1992 den auf den Grünlandparzellen 1408, 1409, 1412 und 1413, KG Robitzboden, im Gemeindegebiet von Reinsberg gelagerten Unrat (Autowracks, Batterien, Reifen u.a.) zu entfernen bzw. auf Lagerplätze zu verbringen, auf denen die Lagerung von derartigen Gegenständen gestattet ist.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Unter dem Datum des 29. Mai 1996 erließ die BH dem Beschwerdeführer gegenüber einen Bescheid (Vollstreckungsverfügung) folgenden Inhalts:

"Mit Bescheid vom 17. Juni 1992 wurde ihnen der Auftrag erteilt, den bei ihrem Anwesen auf den Grünlandparzellen 1408, 1409, 1412 und 1413, alle KG Robitzboden, im Gemeindegebiet von Reinsberg gelagerten Unrat (Autowracks, Batterien, Reifen u.a.) zu entfernen bzw. auf Lagerplätze zu verbringen, auf denen die Lagerung von derartigen Gegenständen gestattet ist.

Die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs ordnet nun die Entfernung dieses Unrates an.

Rechtsgrundlage: § 4 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991."

In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe trotz Androhung der Ersatzvornahme den ihm mit Bescheid der BH vom 17. Juni 1992 erteilten Auftrag nicht erfüllt; es habe daher die Ersatzvornahme angeordnet werden müssen.

Der Beschwerdeführer berief. Er machte geltend, es sei sofort mit der Vollstreckung begonnen worden, nachdem ihm die Vollstreckungsverfügung ausgehändigt worden sei, ohne die Berufungsfrist abzuwarten. Die Rechtsmittelbelehrung in der Vollstreckungsverfügung sei verfassungswidrig. Er berufe sich auch auf das negative Ergebnis einer Hausdurchsuchung bezüglich umweltgefährdender Gegenstände und darauf, daß eine gegen ihn erstattete Strafanzeige zu keiner gerichtlichen Verfolgung geführt habe.

Mit Bescheid vom 22. Juli 1996 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den Bescheid der BH vom 29. Mai 1996.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 25. November 1996, B 2850/96-7, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, sowohl die belangte Behörde als auch die Erstbehörde hätten es unterlassen, den maßgebenden Sachverhalt ordnungsgemäß festzustellen und dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Trotz eines diesbezüglichen Hinweises des Beschwerdeführers bzw. der ohnedies bestehenden Verpflichtung der Behörde, zu ermitteln, auf welcher Art von Grundstücken sich die zu entfernenden Gegenstände befänden, seien die Autowracks, Batterien, Reifen etc. von dem Ort, wo der Beschwerdeführer sie ordnungsgemäß gelagert habe, nämlich von der als Verkehrsfläche ausgewiesenen Parzelle Nr. 1408 der KG Robitzboden mit Zwangsmitteln entfernt worden.

Der angefochtene Bescheid sei auch inhaltlich rechtswidrig, weil die Vollstreckung unzulässig gewesen sei, weil sie auf einer Verkehrsfläche, nämlich der Parzelle 1408, vorgenommen worden sei und diese faktische Maßnahme daher mit der bekämpften Vollstreckungsverfügung in Widerspruch stehe. Die Zwangsmaßnahmen wären lediglich im Grünlandbereich rechtmäßig gewesen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 10 Abs. 1 VVG sind auf das Vollstreckungsverfahren, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, der I. und IV. Teil und hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 des AVG sinngemäß anzuwenden.

Nach § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn

1.

die Vollstreckung unzulässig ist oder

2.

die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

3.

die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

Da nach § 10 Abs. 1 VVG im Vollstreckungsverfahren der II. Teil des AVG mit seinen Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren und das Parteiengehör nicht anzuwenden ist, wird der Verpflichtete durch das Unterbleiben eines Ermittlungsverfahrens und die Nichtgewährung des Parteiengehörs in keinem Recht verletzt. Die Vollstreckungsbehörden müssen allerdings auf konkretes Vorbringen des Verpflichteten zur Wahrung der Grundsätze eines geordneten Verfahrens eingehen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1189, angeführte Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen die Vollstreckungsverfügung der BH kein auf die Berufungsgründe des §§ 10 Abs. 2 VVG zugeschnittenes Vorbringen erstattet. Für ein Ermittlungsverfahren und für die Einräumung von Parteiengehör bestand daher keine Veranlassung.

Aus dem Umstand, daß eine Vollstreckungsverfügung nur mit den im § 10 Abs. 2 VVG aufgezählten Gründen mit Berufung bekämpft werden kann, folgt, daß ein im Verwaltungsverfahren nicht geltendgemachter Berufungsgrund auch nicht in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorgebracht werden kann (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1190, angeführte Rechtsprechung). Daß die Vollstreckung deswegen unzulässig sei, weil sich die Abfälle auf einer Verkehrsfläche befänden, hat der Beschwerdeführer in der Berufung gegen die erstinstanzliche Vollstreckungsverfügung nicht geltend gemacht. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen erweist sich daher als unzulässig. Daß nach Erlassung des Titelbescheides eine Umwidmung der Grundstücke erfolgt sei, hat der Beschwerdeführer nie behauptet.

Soweit der Beschwerdeführer darzulegen versucht, daß die faktische Durchführung der Vollstreckung rechtswidrig gewesen sei, ist ihm zu erwidern, daß Gegenstand des angefochtenen Bescheides die Anordnung der Ersatzvornahme, nicht aber deren faktische Durchführung ist.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997100056.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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