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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des Mag. A in Völs, vertreten durch Dr. Peter Riedmann, Dr. G. Heinz Waldmüller und Dr. Martin Baldauf, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Tirol vom 25. März 1997, Zl. 12/276-1/1996, betreffend ein Verlangen nach § 9 Abs. 2 erster Satz VStG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer Mag. A und Dipl.-Vw. H sind die Geschäftsführer der M-GmbH. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 14. November 1996 wurde der Beschwerdeführer - dem Wortlaut des im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Spruches des bekämpften Bescheides zufolge - "als Verantwortlicher im Sinne des § 9 VStG, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M-GmbH, aufgefordert, binnen vier Wochen für die im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bestehenden Filialbetriebe und der Zentrale inklusive des Fleischwerkes verantwortliche Beauftragte zu bestellen und der Behörde namhaft zu machen, denen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nach dem Lebensmittel-, Qualitätsklassen- Bazillenausscheidergesetz obliegt."
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer und Dipl.-Vw. H zugestellt; diese erhoben Berufung. Sie brachten insbesondere vor, der Beschwerdeführer sei zum verantwortlichen Beauftragten für das ganze Unternehmen bestellt worden. Darüber sei die Bestellungsurkunde vom 3. Februar 1995 errichtet worden, die der Behörde bekannt sei und hiemit neuerlich vorgelegt werde. Damit sei der Verpflichtung nach § 9 Abs. 2 VStG entsprochen worden. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, daß die Behörde dem Geschäftsführer ohne Beziehung auf ein konkretes Strafverfahren auftragen könne, bestimmte Mitarbeiter als verantwortliche Beauftragte für bestimmte Filialbetriebe zu bestellen.
Mit dem unangefochten gebliebenen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die Berufung des Dipl.-Vw. H zurück. Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wies sie die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Begründend wies sie nach Darlegung des Verfahrensganges zur Berufung des Beschwerdeführers darauf hin, mehrere Strafverfahren hätten eingestellt werden müssen, weil im Zuge der Berufungsverfahren Bestellungsurkunden von verantwortlichen Beauftragten vorgelegt worden seien. Der Beschwerdeführer habe die Bestellungsurkunde vom 3. Februar 1995 vorgelegt, wonach er von beiden Geschäftsführern der M-GmbH gemäß § 9 Abs. 2 VStG als verantwortlicher Beauftragter für das ganze Unternehmen bestellt werde, wobei auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften und seine Anordnungsbefugnis als handelsrechtlicher Geschäftsführer hingewiesen werde. Es widerspräche jedoch dem Sinn des Gesetzes, wenn sich der Beschwerdeführer "für sich selbst" als verantwortlicher Beauftragter bestellen könne. Vielmehr könne die Behörde den Beschwerdeführer nach § 9 Abs. 2 VStG letzter Satz verpflichten, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens Personen zu verantwortlich Beauftragten zu bestellen. Dem Beschwerdeführer sei aufgetragen worden, für die im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bestehenden Filialbetriebe und die Zentrale inklusive des Fleischwerkes verantwortliche Beauftragte zu bestellen und der Behörde namhaft zu machen, denen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nach dem Lebensmittel-, Qualitätsklassen- und Bazillenausscheidergesetz obliege. Da es sich hiebei um bestimmte räumlich (Filialen) und sachlich (Lebensmittel-, Qualitätsklassen- und Bazillenausscheidergesetz) abgegrenzte Bereiche des Unternehmens handle, könnten auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden und nicht nur zur Vertretung nach außen Berufene. Im Falle von juristischen Personen und Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit seien verantwortliche Beauftragte zu bestellen, wenn die Behörde die zur Vertretung nach außen Berufenen hiezu verpflichte. Ein Auftrag nach § 9 Abs. 2 VStG setze nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen konkreten Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften nicht voraus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach der ausdrücklichen Bezeichnung des Beschwerdepunktes im Recht verletzt, "keine verantwortlich Beauftragten für die Filialbetriebe im Bereich der BH Innsbruck, die Zentrale und das Fleischwerk V. bestellen zu müssen und der Behörde namhaft zu machen, denen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften nach dem Lebensmittel-, Qualitätsklassen- und Bazillenausscheidergesetz obliegt, insoweit diese verantwortlich Beauftragten nicht aus dem Kreis der für die M-GmbH nach außen zur Vertretung Berufenen stammen."
Der angefochtene Bescheid bedeutet keine Verletzung im geltend gemachten Recht. Die Beschwerde scheint den angefochtenen Bescheid - offenbar veranlaßt durch entsprechende Andeutungen in dessen Begründung - dahin zu deuten, daß damit aufgetragen werde, mehrere von den Geschäftsführern der M-GmbH verschiedene Personen als verantwortliche Beauftragte für bestimmte Teile des Unternehmens zu bestellen; eine solche Anordnung enthält der angefochtene Bescheid jedoch gar nicht.
Der Inhalt des angefochtenen Bescheides ist anhand seines Spruches zu ermitteln; bei der Auslegung ist jenes Deutungsschema zu beachten, das die gesetzlichen Vorschriften vermitteln, auf denen der Bescheid beruht (hier: § 9 Abs. 2 VStG). Nur eine sodann noch gegebene Unklarheit des Bescheidspruches könnte es gebieten, zur Auslegung die Bescheidbegründung heranzuziehen.
Nach § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift folgt zunächst, daß das Gesetz den Verpflichteten bei der Bestellung der verantwortlichen Beauftragten aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen die Wahlmöglichkeit einräumt, den Bereich der Verantwortung auf das ganze Unternehmen zu beziehen oder im Einzelfall auf bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens zu beschränken. Die Bestellung anderer (nicht dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen angehörender) Personen, denen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit Beziehung auf bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Teile des Unternehmens übertragen wird, ist eine vom Gesetz (§ 9 Abs. 2 letzter Satz VStG) fakultativ eingeräumte Möglichkeit; es besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, den zur Vertretung nach außen Berufenen eine Verpflichtung zur Bestellung anderer Personen zu verantwortlichen Beauftragten aufzuerlegen. Den Adressatenkreis der in § 9 Abs. 2 erster Satz VStG normierten Verpflichtung betreffend knüpft die Vorschrift an der grundsätzlichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit jedes satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organs der juristischen Person bzw. Mitgliedes der Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit an; der das "Verlangen" enthaltende Bescheid ist daher an alle zur Vertretung nach außen Berufenen zu richten.
Davon ausgehend ist der Spruch des angefochtenen Bescheides dahin zu deuten, daß der bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung (jedenfalls auch) durch Bestellung eines der Geschäftsführer der M-GmbH zum verantwortlichen Beauftragten, dem für das ganze Unternehmen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt, entsprochen werden konnte. Der Spruchbestandteil "im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bestehenden Filialbetriebe und der Zentrale inklusive des Fleischwerkes" ist mangels einer entsprechenden Beifügung nicht in die Richtung einer Anordnung zu deuten, daß jeweils verschiedene verantwortliche Beauftragte für jede Filiale bzw. die "Zentrale inklusive des Fleischwerkes" zu bestellen wären; im Hinblick darauf, daß es sich dabei um unselbständige Gliederungen des Unternehmens der M-GmbH handelt, wird der betreffenden Anordnung auch dann entsprochen, wenn ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, dem die Verantwortung für das ganze Unternehmen (und somit alle seine Gliederungen) obliegt. Der Verwendung der Mehrzahl ("verantwortliche Beauftragte") kommt im vorliegenden Zusammenhang kein selbständiger normativer Gehalt in der Richtung zu, daß dem Bescheid nur durch Bestellung mehrerer verantwortlicher Beauftragter entsprochen werden könnte; ihre Verwendung folgt lediglich aus dem sprachlichen Zusammenhang mit der Aufzählung mehrerer Unternehmensgliederungen.
Dafür, daß den Verpflichteten aufgetragen würde, nicht dem Kreis der Geschäftsführer der GmbH angehörende Personen zu verantwortlichen Beauftragten zu bestellen, fehlt im Spruch des angefochtenen Bescheides jeder Anhaltspunkt. Entsprechenden Andeutungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides kommt nicht jene Eindeutigkeit zu, daß sie geeignet wären, einen relevanten Widerspruch zwischen Spruch und Begründung auszulösen; die selbständige Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch Darlegungen in der Begründung des Bescheides besteht nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde somit keine Verpflichtung begründet, verantwortliche Beauftragte zu bestellen, die - so der Beschwerdepunkt - "nicht aus dem Kreis der für die M-GmbH nach außen zur Vertretung Berufenen stammen"; der angefochtene Bescheid verletzt den Beschwerdeführer daher nicht im geltend gemachten Recht. Ob irgendein anderes subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, war im Hinblick auf die Einschränkung des Prozeßgegenstandes durch den Beschwerdepunkt nicht zu prüfen (vgl. z.B. den Beschluß vom 6. Mai 1996, Zl. 96/10/0014).
Da somit schon die Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997100079.X00Im RIS seit
11.07.2001