Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Bianca Hammer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. V*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, Stubenring 1, 1010 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, wegen 19.810 EUR sA und Feststellung (Streitwert 15.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Juli 2020, GZ 8 Ra 108/19i-21, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 65 Abs 1 VBG 1948 umfasst das Entlohnungsschema v für Vertragsbedienstete des Verwaltungsdienstes die Entlohnungsgruppen v1 bis v5, wobei nach § 65 Abs 2 VBG die für den Kläger unstrittig geltende Entlohnungsgruppe v1 in die Bewertungsgruppen v1/1 bis v1/7 unterteilt ist. Entsprechend § 65 Abs 3 VBG setzt die Einreihung in die Entlohnungsschemata v oder h eine Verwendung auf einem nach § 137 BDG 1979 bewerteten und entsprechend den Richtverwendungen der Anlage 1 Z 1 bis 7 BDG 1979 einer Verwendungs- bzw Funktionsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz des allgemeinen Verwaltungsdienstes voraus.
2. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es für die Einstufung eines Vertragsbediensteten in eine bestimmte Entlohnungsgruppe nicht auf den Dienstvertrag, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste an (RS0082007). Hat der Vertragsbedienstete verschiedenwertige Arbeiten verrichtet, ist maßgebend, welche Dienste überwiegen (RS0081547). Haben jedoch die höher qualifizierten Tätigkeiten für den Arbeitgeber die ausschlaggebende Bedeutung, dann kommt es nicht auf das zeitliche Überwiegen an (vgl RS0028025; RS0081547; RS0082007 [T5]).
3. Da nur die im Einzelfall festgestellte Tätigkeit an den Einstufungskriterien zu messen ist, kommt der Lösung von Einstufungsfragen in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0107154 [T4]), die eine vom Obersten Gerichtshof zu beantwortende Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO begründen könnte.
4. Die Vorinstanzen sind von einer Einstufung des Klägers in v1/1 ausgegangen, weil die Richtverwendungen der Anlage 1 BDG 1979 in der der Bewertungsgruppe v1/2 entsprechenden Funktionsgruppe 2 überwiegend auf Leitungsfunktionen abstellen. Eine solche übe der Kläger anders als sein Vorgesetzter gerade nicht aus.
Wenn der Kläger demgegenüber auf seine verantwortliche Tätigkeit als Amtssachverständiger verweist, so übergeht er, dass auch die Richtverwendungen in der der Bewertungsgruppe v1/1 entsprechenden Funktionsgruppe 1 zumeist Referententätigkeiten mit hoher Eigenverantwortung darstellen, die aber gerade mit keiner Leitungsfunktion verbunden sind. Damit ergibt sich gegenüber der Funktionsgruppe 2, dass ein wesentliches Kriterium für die Höherstufung die Leitungsfunktion darstellt, ohne dass es dabei im einzelnen auf die überwiegende Beanspruchung durch die Leitungsfunktion im Rahmen der Gesamttätigkeit ankommt.
5. Richtig ist, dass einzelne der Richtverwendungen in der Funktionsgruppe 2, wie beispielsweise Referenten mit Rechtsanwaltsprüfung in der Finanzprokuratur, keine Leitungsfunktion voraussetzen. Dazu hat aber bereits das Berufungsgericht darauf verwiesen, dass es sich um eine Tätigkeit handelt, die neben einem Hochschulstudium eine anspruchsvolle Berufsprüfung erfordert. Wenn der Kläger vorbringt, dass auch seine Tätigkeit „Zusatzwissen und Vertiefung des universitären Ausbildungswissens“ erfordere, lässt er offen, aufgrund welcher Kriterien darin eine vergleichbar anspruchsvolle Zusatzausbildung, die über allgemein in akademischen Berufen notwendige Fortbildung und Spezialisierung hinausgeht, liegen soll.
6. Das Argument, dass die Dienstaufsicht und Leitungsaufgabe bei inhaltlich selbstständig arbeitenden Mitarbeitern qualitativ weniger verantwortungsvoll ist, wie die Revision offenbar vermeint, ist nicht überzeugend. Die quantitative Beanspruchung ergibt sich ohnehin aus der Arbeitsplatzbeschreibung des Vorgesetzten des Klägers.
Es mag auch sein, dass den Bewertungsgruppen eine hierarchische Betrachtungsweise zugrunde liegt, diese Entscheidung wurde aber vom Gesetzgeber im Rahmen der Normierung der Richtverwendungen getroffen, die für bestimmte Einstufungen eine Leitungstätigkeit voraussetzt.
Insgesamt hält sich daher die Entscheidung der Vorinstanzen im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums.
7. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
Textnummer
E129938European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00085.20W.1021.000Im RIS seit
02.12.2020Zuletzt aktualisiert am
02.12.2020