TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/15 94/10/0027

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Veröffentlicht am 15.09.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs2 Z5;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der Mag.Mag. Dr. I, Rechtsanwalt in 1015 Wien, Goldschlagstraße 64/26, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Dezember 1993, Zl. UVS-02/11/00030/93, betreffend die Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes auf Schutz der persönlichen Freiheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Dezember 1993 wurde über die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 22. Juni 1993, mit der gegen die Organe der Bundespolizeidirektion Wien, Schottenring 7-9, 1010 Wien, der Vorwurf der rechtswidrigen Anwendung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zusammenhang mit der am 8. Mai 1993 um 04.15 Uhr erfolgten Festnahme nach Durchführung von drei öffentlichen mündlichen Verhandlungen wie folgt entschieden:

"1. Die Beschwerde wegen behaupteter Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art. I des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 sowie Art. V EMRK zufolge Festnahme durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien am 8.5.1993 um 04.15 Uhr wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerde wegen behaupteter Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art. I des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit BGBl. Nr. 684/1988 und Art. V EMRK durch die erfolgte Anhaltung am 8.5.1993 von 04.15 Uhr bis 09.25 Uhr durch die Bundespolizeidirektion Wien wird als unbegründet abgewiesen."

Mit Spruchpunkt 3. wurde der Beschwerdeführerin ein Kostenersatz auferlegt.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin sowohl Beschwerde vor dem Verfassungs- als auch Verwaltungsgerichtshof erhoben. In der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 27. September 1994, B 207/94, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG (§ 67a Abs. 1 Z. 2 AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 471/1995) erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt des Bundes in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Gemäß § 67c Abs. 2 Z. 5 AVG hat die Beschwerde das Begehren zu enthalten, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären.

Gemäß § 67c Abs. 3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist daher - ungeachtet eines auf die Feststellung der Verletzung bestimmter Rechte lautenden Begehrens zur umfassenden rechtlichen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes verpflichtet (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Februar 1996, K I-8/94, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1996, Zl. 96/01/0286; ferner das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 9. September 1997, Zl. 96/06/0096, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Demgegenüber hat die belangte Behörde über die ihr vorliegende Beschwerde jedoch ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Rechtes auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß Art. I des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, sowie Art. V EMRK erkannt. Sie hat daher, indem sie statt die gebotene umfassende rechtliche Prüfung vorzunehmen, sich in Erledigung der Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG darauf beschränkt hat, über die Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechte zu erkennen, die Rechtslage verkannt und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet (vgl. dazu das bereits genannte Erkenntnis vom 25. September 1996).

Der angefochtene Bescheid war daher - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Zur Klärung der im Beschwerdefall relevanten Rechtsfragen war die ohne nähere Begründung beantragte mündliche Verhandlung entbehrlich; von ihr wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen.

Für das festgesetzte Verfahren sei darauf hingewiesen, daß der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen ist, von welchem für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen ist (vgl. §§ 37, 56 und 60 AVG).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand konnte ein Anspruch auf Ersatz der 20 %igen Mehrwertsteuer nicht zuerkannt werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994100027.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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