TE Lvwg Beschluss 2019/9/16 VGW-102/076/10884/2019

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Veröffentlicht am 16.09.2019
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Entscheidungsdatum

16.09.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über I.) die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 Abs. 2 B-VG des Herrn A. B., Wien, C.-straße, vertreten durch Rechtsanwalt, vom 14.08.2019, wegen Verletzung in Rechten infolge Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Landespolizeidirektion Wien, am 05.07.2019, in Wien, C.-straße, sowie II.) den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 02.09.20198, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 6 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 4 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichthofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

Begründung

I.1. Mit einem an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz vom 14.08.2019 brachte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 05.07.2019 durch Organe der Landespolizeidirektion Wien beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Beschwerde langte dort am 16.08.2019 ein und wurde mit Schreiben vom 19.08.2019 zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Wien weitergeleitet, wo sie am 21.08.2019 einlangte.

Abgesehen von der vom Bundesverwaltungsgericht weitergeleiteten Beschwerde langte seitens des Beschwerdeführers keine Eingabe beim Verwaltungsgericht Wien ein.

Mit Schreiben vom 23.08.2019, zugestellt am 28.08.2019 durch Hinterlegung, brachte das Verwaltungsgericht Wien dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass seine Beschwerde offensichtlich verspätet eingebracht wurde. Unter einem wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

2. Mit E-Mail (und gleichzeitig per Post übermitteltem Schreiben) vom 02.09.2019 brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Darin wird Folgendes ausgeführt:

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und Ausführung der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien:

(…)

1. Wiedereinsetzungsantrag:

Vorangestellt wird, dass mit diesem Wiedereinsetzungsantrag in einem die Stellungnahme zum Vorhalt der Verspätung vom 23.08.2019, zugestellt am 27.08.2019 ausgeführt wird!

Die Versäumung der Frist ist – fristauslösend für diesen Wiedereinsetzungsantrag – bereits Montag, den 19.08.2019 durch Zustellung des Überweisungsbeschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes (per ERV) an den PV zu Tage getretenen.

Aus den nachstehend im Detail dargestellten Gründen war die Versäumung der Frist vor Montag, den 19.08.2019 nicht erkennbar, sodass die 14-Frist für diesen Wiedereinsetzungsantrag mit Montag, den 19.08.2019 zu laufen begann und dieser Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig und fristwahrend erfolgt:

Die Versäumung der Beschwerdefrist von sechs Wochen ab dem beschwerdefristauslösenden Ereignungen vom 05.07.2019 ist ohne Kenntnis seitens des Beschwerdeführers und dessen PV aus folgenden Gründen, die nicht einmal der leichtesten Fahrlässigkeit unterfallen sondern eine unvorhersehbare und unabwendbare Ereignung darstellen und damit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist auf keinen Fall hindern, eingetreten.

Die rechtzeitige und fristwahrende Beschwerde vom 14.08.2019, damit 2 Tage vor Fristablauf, hatte einleitend zentral (siehe unten Ausführung Beschwerde) zum Gegenstand, dass die Eingabe nur irrtümlich per ERV an das Bundesverwaltungsgericht abgefertigt wurde. In einem wurde per E-Mail die Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgezogen und mittels elektronischer Post völlig verfahrenskonform beim Verwaltungsgericht eingereicht.

Erst Montag, den 19.08.2019 ist durch ERV-Verständigung über die amtswegige Überweisung der Beschwerdesache vom Bundesverwaltungsgericht an das Verwaltungsgericht Wien zu Tage getreten, dass die rechtzeitig mittels elektronischer Post abgefertigte Beschwerde vom 14.08.2019 an das Verwaltungsgericht Wien offenkundig nicht bei diesem eingelangt sein könnte – dies insbesondere deshalb, weil bei Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien und GLEICHZEITIGEN EINLANGEN DER ZURÜCKZIEHUNG DER BESCHWERDE BEIM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT am 14.08.2019 Letzteres wohl kaum in Kenntnis der Rückziehung die Beschwerde 2 Tage später, am 16.08.2019 an das Verwaltungsgericht Wien WEITERGELEITET hätte (s. d. angeschlossene ERV-Verständigung samt ERV-Sendeprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes, eingelangt beim PV mittels ERV am 19.08.2019!!!).

In allen Fällen frustrierter Mail-Sendeversuche in allen vergangenen Jahren (seit Einrichtung der elektronischen Post in der Kanzlei des PV vor mehr als 13 Jahren im Sommer 2006) erreicht den PV über seinen Mail-Provider umgehende Verständigung der Frustration des Sendeversuchs (zum Beispiel bei falscher Adresse) wie überhaupt in Form eines sogenannten Mail-Daemons.

Der PV kam seiner Kontrollpflicht insofern nach, als dass er nach Versand des E-Mails den Posteingang auf „Mailer Daemons“ kontrollierte. Aufgrund langjähriger Erfahrung weiß der PV, dass der Eingang eines E-Mails nicht automatisiert per Retourmail bestätigt wird. Dem PV war es daher nicht ersichtlich, dass das E-Mail nicht beim Landesverwaltungsgericht eingelangt ist.

Abgesehen davon, dass die Einreichung durch elektronische Post nach AVG und sonst in Betracht kommen Verfahrensvorschriften den Formerfordernissen völlig genügt und jedenfalls in dieser Form auch immer rechtzeitig erfolgt und konkret erfolgte, konnte nach dem Offenkundigwerden der Fristversäumnis am 19.08.2019 seitens des Sekretariats des PV erhoben werden, dass wegen einer Störung beim Internet-Provider im Wechselspiel mit dem E-Mail-Provider das fristwahrende Beschwerdemail das Landesverwaltungsgericht nicht erreichte.

Es handelt sich seit nunmehr über 13 Jahren um den ersten und einzigen Fall einer solcherart frustrierten Zustellung, die nicht sofort für den PV erkennbar war.

Beweis-/Bescheinigungsmittel:

- Vernehmung des PV, zu laden über dessen Kanzleiadresse (kurze Terminabsprache über telefonische Anforderung in den Nachmittagsstunden möglich)

- Angeschlossener Auszug von der Störungsseite „www.allesstörung“ über Probleme beim Internetprovider MAGENTA am gegenständlichen Tag

- Angeschlossene ERV-Verständigung des BVwG vom 19.08.2019

Der PV erklärt unter Berufung auf seine Standespflicht ausdrücklich an Eides statt, dass sich der vorstehend als Wiedereinsetzungsgrund dargestellte Ausnahmesachverhalt in genau in der Weise ereignet hat, wie dies vorgebracht wird.

Weil sohin nicht einmal culpa laevissima anzunehmen ist, sondern die Frist durch ausnahmsweise frustrierte Zustellung per elektronischer Post in nicht erkennbarer Weise, was erst am 19.08.2019 zu Tage getreten ist, damit aus Gründen eingetreten ist, die als unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis zu werten sind, es wird daher der

A N T R A G

Auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zur Erhebung der tieferstehenden Beschwerde gestellt und in einem diese Maßnahmenbeschwerde (wortgleich wie in dem Mail an VGW und BVwG vom 14.08.2019) nochmals ausgeführt wie folgt:

(…)“

II. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit. Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben (§ 28 Abs. 6 VwGVG).

Gemäß Art. 131 Abs. 1 und Abs. 2 B-VG erkennen über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder in Angelegenheiten, der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden (wozu auch Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung zählen - vgl. Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010, RV 1618 BlgNr 24. GP, Art. I zu Art. 131). Diese verfassungsunmittelbar vorgegebene Zuständigkeit findet auch in § 88 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG ihren Ausdruck.

Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG ist die Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.

Gemäß § 20 VwGVG sind Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und die sonstigen Schriftsätze im Verfahren über diese unmittelbar beim (zuständigen) Verwaltungsgericht einzubringen. In allen sonstigen Verfahren sind die Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen.

Gemäß § 17 VwGVG sind auf Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG grundsätzlich auch die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) anzuwenden. Nach dessen § 6 Abs. 1 hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

Einer Partei ist auf Antrag gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung mit Beschluss zu entscheiden.

III.1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Ereignis ist dann „unvorhergesehen“, wenn die Partei es nicht einberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Es ist „unabwendbar“, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah.

Dem Beschwerdeführer ist das Verhalten seines rechtsfreundlichen Vertreters wie eigenes zuzurechnen (etwa VwGH vom 30.05.2017,Zl Ra 2017/19/0113).

Der Wiedereinsetzung schadet ein solches Versagen dann nicht, wenn dem Rechtsanwalt nur ein minderer Grad des Versehens vorgeworfen werden kann. Der Begriff des minderen Grads des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter dürfen also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen haben (etwa VwGH vom 15.06.2010, Zl 2010/22/0078).

Im rechtzeitig eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung bringt der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter im Wesentlichen vor, dass die Beschwerde zunächst irrtümlich per ERV beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht worden sei. In einem sei sodann per E-Mail die Beschwerde vom 14.08.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht zurückgezogen und mittels elektronischer Post beim Verwaltungsgericht Wien eingebracht worden. Aufgrund einer Störung beim Internet-Provider im Wechselspiel mit dem E-Mail-Provider habe das fristwahrende Beschwerdemail das Verwaltungsgericht Wien nicht erreicht. Der Beschwerdeführervertreter habe bisher in allen Fällen frustrierter Mail-Sendeversuche über seinen Mail-Provider eine umgehende Verständigung der Frustration des Sendeversuchs in Form eines sogenannten „Mail-Daemons“ erhalten. Gegenständlich habe der Beschwerdeführervertreter eine solche Verständigung nicht erhalten, es sei ihm daher nicht erkenntlich gewesen, dass das E-Mail nicht beim Verwaltungsgericht Wien eingelangt sei. Es liege sohin nicht einmal culpa levissima vor.

Ein – konventionelles wie auch elektronisches – Anbringen gilt nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde (der Einbringungsstelle) auch tatsächlich einlangt (vgl. etwa VwGH 13.03.2013, Zl 2011/02/0333; 26.01.2011, Zl 2010/12/0060). Diesbezüglich ist die Partei nicht nur beweispflichtig, sondern sie trägt auch die Gefahr des Verlusts einer (z.B. zur Post gegebenen oder gefaxten) Eingabe (vgl. unter vielen VwGH 30.04.2013, Zl 2012/05/0090). Auch ein technisch übermitteltes Anbringen (z.B. ein Fax oder ein E-Mail) kommt nicht schon im Zeitpunkt des Absendens, sondern erst in jenem Zeitpunkt tatsächlich bei der Behörde an, in dem die Daten vollständig in den elektronischen Verfügungsbereich (z.B. zum Faxgerät oder Server der Behörde) gelangt sind (vgl. VwGH vom 30.04.2013, Zl 2012/05/0090).

Der Beschwerdeführer hat keinen Nachweis des tatsächlichen Einlangens seiner Beschwerde innerhalb der Rechtsmittelfrist erbracht. Selbst unter der Annahme, der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers habe tatsächlich aufgrund von Problemen des Internet-Providers im Zusammenspiel mit dem E-Mail-Provider vergeblich versucht, die Beschwerde fristwahrend per E-Mail an das Verwaltungsgericht Wien zu übermitteln, so ist diesem Vorbringen im Lichte der folgenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein Erfolg beschieden, da kein lediglich minderer Grad des Versehens vorliegt:

Die Versendung eines E-Mails ohne weitere Überprüfung der erfolgreichen Übermittlung erweist sich als ein Verhalten, das nicht mehr als bloß minderer Grad des Versehens zu beurteilen ist, weil es beim Absenden von E-Mails zu (Übertragungs-)Fehlern kommen kann (z.B. VwGH vom 25.06.2013, Zl 2013/09/0074).

Die bloße Bestätigung über die Absendung eines E-Mails lässt nämlich nicht den zwingenden Schluss zu, dass die Sendung auch beim Empfänger angekommen ist - und zwar unabhängig davon, ob vom System eine Fehlermeldung generiert worden ist. Zum Nachweis des Einlangens ist vielmehr eine bei Absendung (mit Hilfe der Funktion "Übermittlung der Sendung bestätigen") anzufordernde "Übermittlungsbestätigung" erforderlich. Daraus ergibt sich, dass ein rechtskundiger Parteienvertreter, der ein fristgebundenes Rechtsmittel per E-Mail einbringt, zur Vermeidung eines über den minderen Grad hinausgehenden Versehens gehalten ist, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Bestätigung über den Erhalt der Sendung durch den Empfänger bzw. eine vom System automatisch generierte "Übermittlungsbestätigung" anzufordern bzw. seinen Kanzleibetrieb so einzurichten und zu überwachen, dass derartige Anforderungen durchgeführt werden. Er wird den für ihn geltenden Sorgfaltsanforderungen hingegen nicht gerecht, wenn er sich bloß darauf verlässt, dass nach der Absendung einer E-Mail-Nachricht keine Fehlermeldung erfolgt (VwGH vom 08.10.2014, Zl 2012/10/0100).

Dass vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers eine solche „Übermittlungsbestätigung“ zum Nachweis des Einlangens des E-Mails beim Verwaltungsgericht Wien angefordert wurde, wurde von diesem weder behauptet, noch belegt. Vielmehr hat sich dieser darauf verlassen, dass nach der Absendung des E-Mails keine Fehlermeldung erfolgt ist, ohne sich aber zu vergewissern, dass seine Nachricht tatsächlich und richtig abgesendet worden und auch wirklich beim Empfänger eingelangt ist. Der Vertreter des Beschwerdeführers – dessen Verhalten dem Beschwerdeführer wie eigenes zuzurechnen ist – hat daher im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auffallend sorglos gehandelt und ist daher vom Vorliegen eines den minderen Grad des Versehens übersteigenden Verschuldens auszugehen.

Da das Verwaltungsgericht Wien nur jene Wiedereinsetzungsgründe zu prüfen hat, die im Antrag angeführt sind (VwGH vom 31.08.2006, Zl 2004/21/0139), und auch keine tatsächlichen Umstände zu erheben braucht, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen (VwGH vom 14.10.2008, Zl 2008/22/0544), war der Antrag abzuweisen.

2. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde richtet sich gegen die Festnahme des Beschwerdeführers um 20:55 Uhr des 05.07.2019 durch Organe der Landespolizeidirektion Wien in der Wohnung des Beschwerdeführers in Wien, C.-straße, und dessen nachfolgende Anhaltung im Polizeikommissariat D., gegen im Zuge der Amtshandlung erfolgte Misshandlungen, sowie gegen das Eindringen der Organe der Landespolizeidirektion Wien in die Wohnung des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer spricht in seiner Beschwerde Handlungen an, die durch Organe der Sicherheitsverwaltung gesetzt wurden und der Landespolizeidirektion Wien zuzurechnen wären. Über die solcherart in Beschwerde gezogene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erkennen kraft verfassungsunmittelbarer Zuständigkeitsbestimmung die Verwaltungsgerichte der Länder und nicht das Bundesverwaltungsgericht. Da sich nach dem Beschwerdevorbringen die ausgeübte unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- bzw. Zwangsgewalt in Wien zugetragen haben soll, ist gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 VwGVG das Verwaltungsgericht Wien zuständig.

Demgegenüber wurde die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht und langte dort am 16.08.2019 ein. Das Bundesverwaltungsgericht leitete sie gemäß § 6 Abs. 1 AVG zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 19.08.2019 weiter. Sie langte dort am 21.08.2019 ein. Da sich die in Beschwerde gezogene Maßnahme laut Beschwerdeschrift am 05.07.2019 ereignete, begann die sechswöchige Frist zur Einbringung an diesem Tag und endete am 16.08.2019. Die Weiterleitung der Beschwerde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes an das Verwaltungsgericht Wien erfolgte auf Gefahr des Einschreiters, was zur Folge hat, dass der Beschwerdeführer, der sich mit seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht an die unzuständige Stelle gewendet hat, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile selbst zu tragen hat (z.B. VwGH vom 13.10.2010, Zl 2009/06/0181 mwN).

Die Beschwerde wurde daher beim Verwaltungsgericht Wien verspätet eingebracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

3. Die beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Weil noch keine Kosten bei den belangten Behörden angefallen sind (§ 35 Abs. 3 VwGVG), entfällt ein Kostenausspruch.

4. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Anbringen; Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.102.076.10884.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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