TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/4 W121 2196209-2

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Veröffentlicht am 04.09.2020
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Entscheidungsdatum

04.09.2020

Norm

AlVG §1
AVG §18

Spruch

W121 2196209-1/16E

W121 2196209-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Erika ENZLBERGER-HEIS als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Elke DE BUCK-LAINER (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) und Ing. Robert FODROCZI (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) XXXX vom XXXX , XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung des AMS vom XXXX , XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: AMS) vom XXXX wurde gemäß § 38 iVm § 22 Abs. 1 sowie § 24 Abs. 1 AlVG die Notstandshilfe des Beschwerdeführers ab XXXX eingestellt. Zudem wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer laut Bestätigung der Pensionsversicherungsanstalt mit Stichtag XXXX einen Anspruch auf Korridorpension erfülle. Aufgrund der Tatsache, dass sein letztes Dienstverhältnis bei „ XXXX “ am XXXX durch Auflösung durch den Dienstgeber in der Probezeit beendet worden sei, wäre gemäß § 22 Abs. 1 AlVG somit der letzte Anspruchstag auf eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung der XXXX . Diese Tatsache sei dem AMS am XXXX im Zuge der Vorsprache des Beschwerdeführers bewusstgeworden. Am selben Tag sei ihm daher zur Kenntnis gebracht worden, dass sein Leistungsbezug mit XXXX umgehend einzustellen sei.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde vom XXXX führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass ihm mit Mitteilung vom XXXX Notstandshilfe bis XXXX zuerkannt worden sei und dies eine verbindliche Zusage des AMS darstelle. Zudem sei ihm zugesichert worden, dass die Abmeldung vom AMS erst ab XXXX wegen Alterspension erfolgen würde. Die Einstellung sei mit Bescheid vom XXXX rückwirkend ab XXXX erfolgt. Er hätte erst durch den verfahrensgegenständlichen Bescheid von der Ungebührlichkeit des Notstandshilfebezuges erfahren und nun keine Möglichkeit mehr, seine Existenzsicherung und seinen Versicherungsschutz für den Monat XXXX mittels Beantragung der Korridorpension rückwirkend sicherzustellen. Eine Einstellung sei jedenfalls erst mit Stichtag XXXX zulässig gewesen.

Mit Bescheid vom XXXX wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer am XXXX niederschriftlich zur Kenntnis gebracht worden sei, dass dem AMS die Stichtage für seine Korridorpension ( XXXX ) und Alterspension ( XXXX ) vorlägen. Der Beschwerdeführer hätte sich dafür entschieden, ab dem XXXX (dem Anfallstag der Korridorpension) für die Dauer von maximal XXXX , konkret bis höchstens XXXX , die Leistungen des AMS weiter in Anspruch zu nehmen. Der Beschwerdeführer hätte die Niederschrift nicht unterfertigt. In weiterer Folge seien ihm seitens des AMS über den XXXX hinaus versehentlich weitere Anträge ausgefolgt, und rückgenommen sowie Leistungen zuerkannt und ausbezahlt worden und zwar für die Zeit von XXXX bis XXXX insgesamt XXXX ,-. Nach Einlangen eines neuerlichen Schreibens der PVA beim AMS, wonach eine Alterspension zum Stichtag XXXX beim Beschwerdeführer vorliege, habe das AMS die irrtümliche Zuerkennung und Auszahlung der Leistung ab XXXX bemerkt und den Leistungsbezug ehestmöglich ab XXXX eingestellt. Die irrtümliche Auszahlung des oben genannten Betrages sei wegen Amtsverschulden abgeschrieben und nicht zum Rückersatz vorgeschrieben worden. Da er die Voraussetzungen für die Korridorpension ab XXXX erfüllt und sein letztes Dienstverhältnis mittels Lösung in der Probezeit geendet hätte, seien ihm die Leistungen nach dem AlVG längstens bis zum XXXX zugestanden. Die Zuerkennung über diesen Zeitpunkt hinaus sei nicht gesetzeskonform gewesen. Die Einstellung seiner Leistung ab XXXX aufgrund des Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen sei daher zu Recht erfolgt, wenn auch aus Versehen des AMS bedeutend verspätet.

Der Beschwerdeführer stellte fristgerecht einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht, in dem er im Wesentlichen auf sein Beschwerdevorbringen verwies und eine Chronologie der Geschehnisse darlegte. Ebenso beteuerte er, dass er nicht gewusst hätte, dass ihm die Notstandshilfe nicht mehr zustehe, da ihm dies vom Berater anders kommuniziert worden wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine Beschwerdeverhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde in Anwesenheit XXXX von der Vorsitzenden Richterin sowie den Laienrichtern befragt. Die belangte Behörde wurde durch XXXX vertreten. Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen an, dass er nicht in Korridorpension gehen, sondern weiterarbeiten habe wollen. Es gehe ihm um die XXXX . Danach hätte er bereits Alterspension bezogen. Der Behördenvertreter verwies darauf, dass die Notstandshilfe ab XXXX jedenfalls eingestellt habe werden müssen, da dem AMS bekanntgeworden bzw. aufgefallen sei, dass der Beschwerdeführer die Anspruchsvoraussetzungen gar nicht mehr erfülle.

Mit Schreiben vom XXXX übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zur Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hatte zum Stichtag XXXX Anspruch auf Korridorpension. Sein letztes vollversichertes Dienstverhältnis bei der XXXX ab XXXX endete am XXXX mittels Auflösung durch den Dienstgeber in der Probezeit.

In weiterer Folge bezog der Beschwerdeführer durchgehend Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, unterbrochen durch Krankengeldbezüge.

Der Beschwerdeführer hatte bis längstens XXXX Anspruch auf eine Leistung nach dem AlVG.

Der - aus Versehen des AMS - zur Auszahlung gelangte Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom XXXX bis XXXX iHv insgesamt XXXX ,- wurde wegen Amtsverschuldens abgeschrieben und ist auch nicht Verfahrensgegenstand.

Seit XXXX bezieht der Beschwerdeführer eine Alterspension von der PVA.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus der beim Bundesverwaltungsgericht durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zum Leistungsbezug ergeben sich aus dem Bezugsverlauf und sind vom Beschwerdeführer im Verfahren auch nicht bestritten worden.

Aus dem in der Verfahrensakte aufliegenden Auszug der Versicherungszeiten des Beschwerdeführers ergibt sich, dass das letzte vollversicherte Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bei der XXXX ab XXXX war und am XXXX endete. Der Endigungsgrund des Dienstverhältnisses ist unstrittig.

Dass der Beschwerdeführer zum Stichtag XXXX einen Anspruch auf Korridorpension hatte, ergibt sich aus der in der Verfahrensakte aufliegenden Mitteilung der PVA und ist ebenfalls unstrittig.

Dass der Leistungsbezug iHv insgesamt XXXX ,- wegen Amtsverschulden abgeschrieben und nicht zum Rückersatz vorgeschrieben wurde, ergibt sich aus der Beschwerdevorentscheidung und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Dass der Beschwerdeführer seit XXXX Alterspension von der PVA bezieht ergibt sich aus dem in der Verfahrensakte aufliegenden diesbezüglichen Bescheid der PVA vom XXXX und den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

Zum Beschwerdevorbringen des Beschwerdeführers und seinen Ausführungen im Vorlageantrag und der mündlichen Verhandlung ist festzuhalten, dass diese nicht geeignet waren, um darzulegen, dass die Einstellung des Notstandshilfebezugs ab XXXX zu Unrecht erfolgt wäre. Im vorliegenden Fall sind die für die rechtliche Beurteilung relevanten Umstände allesamt unstrittig. So ist insbesondere festzuhalten, dass es im vorliegenden Fall nicht auf eine Kenntnis oder Unkenntnis des Beschwerdeführers von den Anspruchsvoraussetzungen bzw. eine vermeintliche Zusage des AMS über den Leistungsanspruch ankommt, zumal der Leistungsbezug iHv insgesamt XXXX ,- ohnehin nicht zum Rückersatz vorgeschrieben wurde und dieser auch nicht Verfahrensgegenstand ist. Auf einen etwaigen Vorsatz des Beschwerdeführers, etwa im Zusammenhang mit einer (nicht vorliegenden) Rückforderung, kommt es daher nicht an. Ebenso wenig relevant für die hiesige Entscheidung ist, ob der Beschwerdeführer im Monat der Rückforderung versichert gewesen ist. Verfahrensgegenständlich relevant ist nur, ob die Einstellung der Notstandshilfe ab XXXX zu Recht erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern.

In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Beschwerdegegenstand:

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfungsumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht

selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßbegebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

„§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer

1. eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat,

2. nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und

3. keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.

[…]

Ausschluss bei Anspruch auf Alterspension

§ 22. (1) Arbeitslose, die eine Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters aus der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG), BGBl. I Nr. 142/2004, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG), BGBl. Nr. 560/1978, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) oder dem Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger (FSVG), BGBl. Nr. 624/1978, ein Sonderruhegeld nach dem Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz (NSchG), BGBl. Nr. 354/1981, oder einen Ruhegenuss aus einem Dienstverhältnis zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft beziehen oder die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllen, haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG steht dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz für den Zeitraum von einem Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, nicht entgegen, wenn die letzte Beschäftigung

[…] 4. durch Lösung während der Probezeit, […] beendet wurde.

(2) Für die Zeit eines laufenden Verfahrens auf Zuerkennung einer im Abs. 1 genannten Leistung gebührt die Leistung nach diesem Bundesgesetz bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Anspruch auf die im Abs. 1 genannte Leistung nur vorläufig. Bedingung für die Inanspruchnahme der vorläufigen Leistung ist eine Bestätigung des Pensionsversicherungsträgers, dass voraussichtlich eine Leistungspflicht dem Grunde nach binnen zwei Monaten nach dem Stichtag für die Pension nicht festgestellt werden kann. Wird eine im Abs. 1 genannte Leistung zuerkannt, so tritt ein Übergang des Anspruches gemäß § 23 Abs. 6 ein.

(3) Der Ausschluss des Anspruches gemäß Abs. 1 gilt auch bei Bezug vergleichbarer ausländischer Leistungen oder Leistungen internationaler Organisationen, wenn diese hinsichtlich der Zuerkennung einer Ausgleichszulage inländischen Leistungen gleich gestellt sind oder diese (insgesamt) monatlich mindestens die Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a ASVG erreichen.

Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.

Allgemeine Bestimmungen

§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“

Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßbegebenden Bestimmungen des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) lauten:

„Alterspension, Anspruch

§ 4. (1) Anspruch auf Alterspension hat die versicherte Person nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Regelpensionsalter), wenn bis zum Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) mindestens 180 Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz vorliegen, von denen mindestens 84 auf Grund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (Mindestversicherungszeit).

(2) Abweichend von Abs. 1 kann die Alterspension bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres beansprucht werden (Korridorpension), wenn die versicherte Person

1. mindestens 480 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat und

2. am Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs. 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt.

[…]“

Grundsätzlich führen Pensionen - auch Pensionen nach dem "neuen" APG - zum Leistungsausschluss in der Arbeitslosenversicherung. Offenbar um zu verhindern, dass für arbeitslose Personen die durch das APG neu eröffnete Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Korridorpension trotz erheblicher Abschläge bei der Pensionshöhe zu einem "Pensionszwang" wird, wurde in den letzten Satz des § 22 Abs. 1 AlVG eine Gegenausnahme eingefügt, die Personen, welche die Anspruchsvoraussetzungen für eine Korridorpension erfüllen, für den Zeitraum von maximal einem Jahr den Weiterbezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ermöglicht, wenn das Dienstverhältnis auf bestimmte Art beendet wurde. Damit sollte offensichtlich eine zeitlich begrenzte Wahlmöglichkeit zwischen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Korridorpension für Arbeitslose, bei bestimmten Beendigungsarten des vorangehenden Dienstverhältnisses eröffnet werden (vgl. Schrattbauer in Pfeil [Hrsg], Der AlV-Komm § 22 Rz 4f [43. Lfg 2016]).

Die Wahlmöglichkeit ist aber in zweifacher Weise beschränkt. Zum einen enthält § 22 Abs. 1 letzter Satz AlVG eine zeitliche Befristung auf ein Jahr. Spätestens ein Jahr nach Erfüllen der Anspruchsvoraussetzungen für die Korridorpension endet damit also jedenfalls der Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Weiters werden in der aktuellen Fassung jene Beendigungsformen taxativ aufgelisteten, die dem Dienstnehmer trotz Erfüllen der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension nun einen Leistungsbezug aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum von maximal einem Jahr ermöglichen (vgl. Schrattbauer in Pfeil [Hrsg], Der AlV-Komm § 22 Rz 12f [43. Lfg 2016]).

Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese Erwägungen Anwendung wie folgt:

Gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 1 AlVG ist die Notstandshilfe einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch wegfällt.

Gemäß § 22 Abs. 1 AlVG haben Arbeitslose, die die Anspruchsvoraussetzungen für eine Pension aus einem der Versicherungsfälle des Alters erfüllen, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe.

§ 22 Abs. 1 Z. 4 AlVG normiert, dass die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 APG dem Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz für den Zeitraum von einem Jahr, längstens bis zur Erreichung der Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer, nicht entgegensteht, wenn die letzte Beschäftigung durch Lösung während der Probezeit endete.

Die Korridorpension ist eine Pension aus einem Versicherungsfall des Alters iSd § 22 Abs. 1 AlVG. Der Beschwerdeführer erfüllte die Anspruchsvoraussetzungen für die Korridorpension bereits ab XXXX und wurde dies auch nicht bestritten. Der Beschwerdeführer hat das AMS davon auch ordnungsgemäß in Kenntnis gesetzt.

Das letzte Dienstverhältnis des Beschwerdeführers endete wie festgestellt mittels Lösung während der Probezeit.

Dem Beschwerdeführer stand die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung daher bis längstens XXXX zu.

Die Zuerkennung über den XXXX hinaus, somit ab XXXX erfolgte nicht zu Recht und war ausschließlich auf ein Amtsverschulden der belangten Behörde zurückzuführen.

Die belangte Behörde hat die Leistung daher nach Bekanntwerden dieses Umstands zu Recht ab XXXX eingestellt.

Insofern der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, dass die rückwirkende Einstellung mit XXXX nicht zulässig, sondern jedenfalls erst mit XXXX möglich gewesen wäre, ist auszuführen, dass wenn der Grund für den Widerruf (die Einstellung) im nachträglichen (aber in der Vergangenheit liegenden) Wegfall einer Leistungsvoraussetzung besteht, die Leistung einzustellen ist. Die Einstellung einer Leistung auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ist begrifflich nicht unmöglich. Durch den Ausspruch einer Einstellung statt eines Widerrufs oder umgekehrt wird der Leistungsbezieher aber jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (VwGH vom 31.05.2000, 96/08/0258; Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz, 17. Lfg. März 2020, RZ 511).

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die gänzliche Abweisung der gegenständlichen Beschwerde war auch nicht weiter auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einzugehen.

Sofern der Beschwerdeführer im Vorlageantrag vorbringt, dass dem AMS Fehler unterlaufen wären, durch die ihm ein Schaden entstanden sei, ist festzuhalten, dass ein Abspruch darüber mangels Zuständigkeit des BVwG in der zu erledigenden Sachentscheidung nicht erfolgen kann und ein vom Beschwerdeführer behauptetes allfälliges Verschulden des AMS nicht gegenständlich, sondern im Wege der Amtshaftung zu prüfen wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Enderledigung Schließen des Verfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W121.2196209.2.00

Im RIS seit

02.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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