TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/15 96/10/0105

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Veröffentlicht am 15.09.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §68 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des J in Gerlosberg, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. April 1996, Zl. 18.327/06-IA8/96, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Rodungsbewilligung wegen entschiedener Sache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich des Verwaltungsgeschehens wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0040, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die belangte Behörde habe ein öffentliches Interesse an der beantragten Rodung zwar bejaht, es aber in Verkennung der Rechtslage unterlassen, dieses mit dem an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald konkret bestehenden öffentlichen Interesse abzuwägen. Weiters wurde darauf hingewiesen, die belangte Behörde werde im fortgesetzten Verfahren auch zu prüfen haben, in welchen maßgeblichen Umständen sich die Schaffung einer Kälberweide - in Ansehung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rodungszwecks der Agrarstrukturverbesserung - von der Errichtung einer Mähwiese unterscheide, und darauf aufbauend, ob mit dem vorliegenden Rodungsantrag im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG die Entscheidung einer anderen als der bereits rechtskräftig entschiedenen Sache begehrt werde.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. April 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Juni 1992 um Erteilung einer Rodungsbewilligung für eine Fläche von 1.500 m2 auf dem Grundstück Nr. 518, KG Rohrberg, wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es habe im Jahre 1992 bereits ein mit rechskräftigem Bescheid abgeschlossenes Verfahren hinsichtlich derselben Fläche auf demselben Grundstück stattgefunden, das als Rodungszweck ebenfalls die Verbesserung der Agrarsturktur zum Inhalt gehabt habe. Dieses habe sich vom jetzigen lediglich dadurch unterschieden, daß damals als Rodungszweck die Schaffung einer Mähwiese angegeben worden sei, während nunmehr die Schaffung einer Kälberweide bezweckt werde. Im vorliegenden Fall bestehe zwischen diesen beiden Zwecken jedoch kein so gravierender Unterschied, daß von zwei unterschiedlichen Antragsgegenständen ausgegangen werden könne. Dies ergebe sich vor allem aus der Begründung des Rodungsantrages vom 20. Juni 1992, in dem ausgeführt werde, die Kälberweide solle hauptsächlich der landwirtschaftlichen Bedeckung, insbesondere in witterungsbedingt schlechten Jahren dienen. Damit werde nichts anderes als die Absicht des Beschwerdeführers umschrieben, die Futterbeschaffung für sein Vieh ohne Zukauf von Heu zu ermöglichen; der Beschwerdeführer verfolge also mit der Kälberweide prinzipiell den gleichen Zweck wie mit der Schaffung einer Mähwiese. Daß der Auslauf für die Kälber von gesundheitlicher Bedeutung sei, werde zwar aus dem Verwaltungsverfahren deutlich, dem Antrag selbst liege jedoch hauptsächlich die Futterbeschaffung zugrunde. Auch ergebe sich aus den Verfahrensunterlagen, daß die Kälber des Beschwerdeführers teilweise auf Mähwiesen ihren Auslauf fänden. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß eine bereits entschiedene Sache vorliege, sodaß wie im Spruch zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Bescherde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Zurückweisung eines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG kommt demnach nur dann in Betracht, wenn in der durch formell rechtskräftigen Bescheid bereits entschiedenen Verwaltungssache die Abänderung dieses Bescheides begehrt wird, nicht hingegen dann, wenn sich die die Verwaltungsrechtssache bestimmenden rechtlichen bzw. tatsächlichen Umstände verändert haben und daher nicht mehr dieselbe Sache wie die bereits entschiende vorliegt. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungswesentlichen Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 95/10/0012).

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid zunächst ein, mit dem im Instanzenzug ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. Mai 1992 sei die Rodungsbewilligung zur Schaffung einer Mähwiese abgelehnt, der die Rodungsbewilligung auch zum Zwecke der Schaffung einer Kälberweide ablehnende erstinstanzliche Bescheid jedoch ersatzlos behoben worden. Damit sei - auch für die belangte Behörde - verbindlich klargestellt worden, daß zwischen der Rodung für eine Mähwiese und der Rodung zur Anlegung einer Kälberweide zu unterscheiden, sohin zwei verschiedene Sachverhalte gegeben seien.

Dem Beschwerdeführer ist - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - darin zuzustimmen, daß mit dem genannten Bescheid des Landeshauptmannes u.a. die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 26. Februar 1992 über die Rodungsbewilligung zum Zwecke der Schaffung einer Kälberweide gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben wurde. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der mündlichen Verhandlung am 26. November 1991 erklärt, es sei - entgegen seinem ursprünglichen Antrag - nicht mehr beabsichtigt, eine Kälberweide zu schaffen; er beabsichtige nunmehr die Errichtung einer Mähwiese. Da ein Rodungsantrag gemäß § 19 Abs. 3 Forstgesetz u.a. den Rodungszweck zu enthalten habe, sei eine Änderung des angegebenen Rodungszweckes als Änderung eines wesentlichen Bestandteiles des Antrages und daher als Zurückziehung des ursprünglichen und Einbringung eines neuen Rodungsantrages zu werten. Demnach sei die Erklärung des Beschwerdeführers als Zurückziehung des Rodungsantrages zum Zwecke der Schaffung einer Kälberweide und Einbringung eines neuen Rodungsantrages zum Zwecke der Schaffung einer Mähwiese zu verstehen. Durch die Zurückziehung des ursprünglichen Antrages sei der Erstbehörde die Befugnis zur Entscheidung hierüber genommen und der erstinstanzliche Bescheid daher insoweit ersatzlos zu beheben gewesen.

Mit diesem Bescheid wurde somit verbindlich ausgesprochen, daß die Erstbehörde zufolge der Zurückziehung des darauf abzielenden Antrags nicht (mehr) ermächtigt sei, über eine Rodungsbewilligung zum Zwecke der Schaffung einer Kälberweide abzusprechen. Einen Abspruch dahin, daß zwischen der zunächst beantragten Kälberweide und der in der Folge beantragten Mähwiese in Ansehung des § 17 Abs. 3 Forstgesetz entscheidungswesentliche Unterschiede bestünden, enthält der Bescheid jedoch nicht; eine in diese Richtung gehende Bindungswirkung kommt ihm daher nicht zu.

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid weiters ein, bei Anlegung einer Mähwiese seien umfangreiche Planierungsarbeiten notwendig, was bei Anlegung einer Kälberweide nicht der Fall wäre. Das öffentliche Interesse an der Walderhaltung werde daher in Ansehung der zur Rodung beantragten Fläche je nachdem verschieden zu beurteilen sein, ob eine Mähweise oder eine Kälberweide angelegt werden solle. Es sei auch unrichtig, daß die Anlegung einer Kälberweide im wesentlichen der Futterbeschaffung diene. Ein ganz wesentliches Moment stelle nämlich die Schaffung eines entsprechenden Auslaufes für die Jungtiere dar.

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, das öffentliche Interesse an der Walderhaltung sei unterschiedlich zu beurteilen, je nachdem, zu welchem Zweck eine Rodung beantragt werde; vielmehr sind im Rahmen des durch § 17 Abs. 2 ForstG vorgeschriebenen Abwägungsvorganges die an der Verwirklichung des Rodungszweckes bestehenden öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung gegenüberzustellen.

Daß an der Verwendung der vom Beschwerdeführer zur Rodung beantragten Fläche als Mähwiese ein öffentliches Interesse bestünde, hat der Landeshauptmann von Tirol mit dem in Rechtskraft erwachsenen obgenannten Bescheid verneint, weil es dadurch einerseits nur zu einer allenfalls geringfügigen Verbesserung der innerbetrieblichen Struktur beim Beschwerdeführer komme, zumal auch die zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Bedeckung des Viehbestandes ausreichten und andererseits die zur Errichtung einer Mähwiese erforderlichen Planierarbeiten zu Veränderungen der Wasserabflußverhältnisse und damit zu (neuerlichen) Hangrutschungen führen könnten. Bei Verwendung der genannten Fläche als Kälberweide ist - wie der Beschwerdeführer zu Recht betont - mit den letztgenannten Auswirkungen zwar nicht zu rechnen. Gleichwohl sind aber laut den im Verwaltungsverfahren eingeholten sachverständigen Äußerungen auch mit diesem Rodungsvorhaben - selbst unter Berücksichtigung der Möglichkeit, den Kälbern auf einer Weide von

1.500 m2 ganzjährig Auslauf zu bieten - keine wesentlichen Auswirkungen auf den Betrieb des Beschwerdeführers verbunden. Solcherart vermag die in Aussicht genommene Kälberweide ebensowenig wie die Mähwiese eine Maßnahme darzustellen, die für die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig und daher aus der Sicht der Agrarstrukturverbesserung im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. z.B. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1996). Damit jedoch erweist sich die vorgenommene Änderung des Rodungszweckes als eine nur unwesentliche, weil die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides nicht zulassende Änderung in den entscheidungswesentlichen Fakten.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht von der Identität der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. Mai 1992 entschiedenen und der den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Sache ausgegangen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996100105.X00

Im RIS seit

23.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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