TE Bvwg Beschluss 2020/9/30 W250 2231539-5

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Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W250 2231539-5/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, in Schubhaft:

A)

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte nach Einreise in das Bundesgebiet am 03.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) mit Bescheid vom 18.04.2018 vollinhaltlich abwies; unter einem sprach das Bundesamt aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 - AsylG nicht erteilt werde. Das Bundesamt erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung, stellte gemäß § 52 Abs. 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und gewährte eine Frist für die freiwillige Ausreise. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.04.2018 abgewiesen.

2. Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens reiste der BF nach Frankreich weiter und stellte am 27.03.2019 dort einen weiteren Asylantrag unter Angabe eines anderen Geburtsdatums. Am 14.02.2020 wurde der BF nach Österreich rücküberstellt.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.02.2020 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 1 Z 1 FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet, seit 14.02.2020 wurde der BF in Schubhaft angehalten.

4. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 25.02.2020 erfolgte die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes; dies wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.03.2020 als rechtmäßig erklärt. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.04.2020 wurde der Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot erlassen. Dieser Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs am 16.05.2020 in Rechtskraft.

5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.06.2020, 08.07.2020, 03.08.2020 und 01.09.2020 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist.

6. Am 22.09.2020 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG sowie Teile des Verwaltungsaktes vor.

7. Am 25.09.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen um ihm die freiwillige Ausreise nach Afghanistan zu ermöglichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I.1. bis I.7. dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Insbesondere festgestellt wird, dass sich der BF seit 14.02.2020 in Schubhaft befunden hat, die Schubhaft am 25.09.2020 geendet hat und die gesetzliche Frist zur neuerlichen Überprüfung der Schubhaft am 29.09.2020 geendet hätte.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend sowie durch Einsichtnahme in die Anhaltedatei.

Die Feststellung über die Beendigung der mit Bescheid vom 14.02.2020 angeordneten Schubhaft am 25.09.2020 ergibt sich aus der Anhaltedatei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A.

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen, wenn ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden soll.

Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder "des Untergangs" des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, eine Einstellung des Verfahrens auch bei materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm. 5).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde auch dann eintreten, wenn auf andere Weise als durch Abänderung des angefochtenen Bescheides im Sinne des Beschwerdeführers durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung im Nachhinein wegfällt (vgl. zB VwGH 17.12.2007, 2005/12/0153, mwN).

Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall gegeben.

Der BF befand sich von 14.02.2020 bis 25.09.2020 in Schubhaft. Durch die Beendigung der Schubhaft ist das Rechtsschutzinteresse des BF im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG weggefallen. Seine Rechtsstellung würde sich durch die Feststellung, dass seine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht zulässig ist, nicht ändern.

Eine bloß formlose Beendigung – etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerk – eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens kommt nicht in Betracht, handelt es sich doch bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung im Sinne des § 31 Abs. 1 VwGVG.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da das Rechtsschutzinteresse des BF an der Prüfung der Verhältnismäßigkeit seiner weiteren Anhaltung in der mit Bescheid vom 14.02.2020 angeordneten Schubhaft durch Beendigung der Schubhaft weggefallen ist, war das Beschwerdeverfahren mit Beschluss einzustellen.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im gegenständlichen Verfahren findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die besondere Relevanz der Rechtskraft von Entscheidungen.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

freiwillige Ausreise Gegenstandslosigkeit Haftentlassung Schubhaft Schubhaftverfahren Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W250.2231539.5.00

Im RIS seit

02.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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