TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/5 W235 2191899-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2191899-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl. 1101062807-160019555, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX 07.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 05.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.01.2016 gab der Beschwerdeführer zunächst zu seiner Person an, dass er Christ sei. Im Iran würden noch seine Eltern, zwei Brüder und drei Schwestern leben. Der Beschwerdeführer habe schon vor fünf oder sechs Jahren beschlossen, irgendwann sein Heimatland zu verlassen. Da er zum Christentum konvertiert sei, habe er keinen Wehrdienst leisten dürfen und ohne Wehrdienst bekomme man keinen Reisepass. Daher sei er illegal ohne Pass aus dem Iran ausgereist. Er sei über die Türkei nach Griechenland gelangt und von dort aus über Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gereist.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er zum Christentum konvertiert sei. Man habe dann keine Sicherheit mehr. Seit seiner Bundesheerzeit, die er nicht habe beenden dürfen, stehe der Beschwerdeführer unter Beobachtung. Das sei auch der Grund, weshalb er von seiner Familie getrennt gelebt habe. Er habe Angst vor der Todesstrafe. Sein Onkel sei auch Christ gewesen und sei von der Regierung getötet worden, als er im Alter des Beschwerdeführers gewesen sei. Die Regierung mache das so, dass Zivilbeamte kämen und dann gebe es keinen Ausweg mehr.

1.3. Am 27.07.2017 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Farsi. Im Rahmen dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er an keinen Krankheiten leide. Seine Angaben in der Erstbefragung wolle er dahingehend korrigieren, dass sein Onkel nicht von der Regierung getötet worden sei. Der Beschwerdeführer sei in XXXX geboren und habe zuletzt ein Jahr in XXXX und davor ca. zehn Jahre in Teheran gelebt. Seine Eltern würde in XXXX und seine Geschwister in XXXX leben. Zu seinen Angehörigen habe er ein- bis zweimal pro Woche Kontakt. Weiters habe er noch Onkeln und Tanten sowie Freunde im Iran. Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Kinder. Seine Volksgruppe sei Loren bzw. Perser und er sei Christ. Im Iran habe der Beschwerdeführer zwölf Jahre lang die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen. Dann habe er ca. zehn Jahre bis zu seiner Flucht Ende Herbst 2015 als Innenarchitekt gearbeitet und Außenkompositionen gemacht. Dadurch habe er seinen Lebensunterhalt verdient. In Österreich habe er keine Familienangehörige.

Dezidiert zu seinem Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er ca. 1388 oder 1389 [Anm.: 2009 oder 2010] regelmäßig Alkohol und Drogen konsumiert habe. Dann habe er den Verein „AA“ – Anonyme Alkoholiker kennen gelernt, der von Christen geführt worden sei. Sein dortiger Berater namens XXXX habe ihn mit dem Christentum bekannt gemacht und ihn von Drogen und Alkohol befreit. Da der Beschwerdeführer „gerettet“ worden sei, habe er auch Werbung für das Christentum gemacht. Dann habe die Regierung seinen Betreuer verhaftet und der Beschwerdeführer habe das Land verlassen. Christus habe ihm das Leben gerettet und auch in Österreich nehme er an christlichen Sitzungen teil. Genauere zeitliche Angaben zur Verhaftung von XXXX könne er nicht machen; es sei im Jahr 1391/1392 [Anm.: 2012/2013] gewesen. Er sei mehrfach verhaftet worden. Damals hätten sie in verschiedenen Städten Werbung gemacht. Da es kein Internet gegeben habe, sei der Kontakt abgebrochen. Der Beschwerdeführer sei auch persönlich bedroht worden. Das sei in XXXX gewesen. Damals sei eine große Sitzung der „AA“ im Park gewesen, an der der Beschwerdeführer teilgenommen habe. Man habe Werbung für das Christentum und für die Anonymen Alkoholiker gemacht. Auf einmal seien die Basiji gekommen und hätten den Beschwerdeführer und die anderen Teilnehmer bedroht. Damals hätten sie alle ohne eine Gerichtsverhandlung umgebracht. Die Strafe sei Gefängnis und Erhängen gewesen. Die Basiji hätten den Betreuer mitgenommen und der Beschwerdeführer habe nach einigen Tagen das Land verlassen. Das sei ca. im Dezember 2015 gewesen. Dann sei er nicht mehr in Sicherheit gewesen. Es gebe keine Akten, sondern man werde einfach festgenommen wie XXXX .

Ca. 1388/1389 [Anm.: 2009/2010] habe XXXX dem Beschwerdeführer erzählt, dass er durch das Christentum „clean“ geworden sei. Da sei er neugierig geworden und habe mehr wissen wollen. So habe er Jesus und die Gebete kennen gelernt. Der Beschwerdeführer sei Protestant. Im Iran habe er keine Kirche besuchen können. Als er in Österreich die XXXX Kirche besucht habe, habe er erfahren, dass diese protestantisch sei. Er glaube generell an Jesus ohne bestimmte Zweige, weil Jesus ihm und Menschen wie ihm geholfen habe. In XXXX habe er schon einen Taufvorbereitungskurs besucht. Dann sei er nach Wien zur XXXX Kirche gekommen und habe dort den Kurs bis zur Taufe besucht. Er habe ca. vier bis fünf Monate gedauert. Die XXXX Kirche sei ihm von einem Freund empfohlen worden. Aktuell besuche er auch die XXXX Kirche, wo er auch getauft worden sei. Letzten Sonntag sei er zuletzt in dieser Kirche gewesen. Bei der Predigt habe der Priester – ein Koreaner – über die Vergebung und Liebe für schwache Menschen gesprochen. Niemand sei Anderen überlegen. Man solle wie Jesus Christus leben und auch darüber sprechen.

Im Iran habe der Beschwerdeführer für das Christentum geworben. Christentum sei Liebe und Freude, Freiheit und Hilfe. Jesus habe nicht nur für sich gelebt, sondern auch für die Anderen. Im Islam sei es nicht so. Jesus habe kein Blut vergossen, sondern den Frieden verkündet. Das habe der Beschwerdeführer im Herzen gefühlt. Im Islam herrsche Falschheit, Stehlen, Umbringen und Sklaverei. Die Gleichheit der Menschen gebe es im Islam nicht. Freude sei im Islam verboten, aber nicht im Christentum. Im Christentum gebe es Freiheit. Der Beschwerdeführer könne sich nicht vorstellen, bei einer Rückkehr wieder zum Islam zu konvertieren.

Der Beschwerdeführer werde im Iran zwar nicht behördlich gesucht, aber er habe wegen seines nicht abgeschlossenen Militärdienstes Probleme. Als „sie“ erfahren hätten, dass er Werbung für eine andere Religion mache, hätten „sie“ ihn sekkiert und in abgelegene Orte geschickt. Deshalb habe er „es“ abgebrochen. Das sei ca. 1391/1392 [Anm.: 2012/2013] gewesen.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen vor:

?        undatierte Mitgliedsbestätigung der XXXX für den Beschwerdeführer;

?        Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom XXXX 07.2017 und

?        Taufschein der XXXX Gemeinde in Wien mit dem Taufdatum XXXX 04.2017 vom selben Tag

1.4. Nach „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl langte am 29.11.2017 eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, der im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass er sich seit XXXX 01.2016 im Bundesgebiet aufhalte. Aktuell gehe er keiner Arbeit nach und lebe von der Unterstützung der Caritas. Er habe sich jedoch schon betreffend Arbeitsaufnahme umgehört und Informationen gesammelt. Einen Deutschkurs habe er besucht und auch viel in Eigeninitiative gelernt. Der Beschwerdeführer bemühe sich, seine privaten Kontakte zu erweitern. Er habe der Caritas freiwillige Arbeit angeboten und helfe in Selbsthilfegruppen wie den Anonymen Alkoholikern. In Österreich habe er Freunde und sei bei der Caritas, in Selbsthilfegruppen sowie in seiner kirchlichen Gemeinde tätig. Der Beschwerdeführer lese Bücher, lerne Deutsch und betreibe Sport. Seit ca. neun Monaten führe er eine familienähnliche Beziehung. Sie würden sich fast täglich treffen und Verschiedenes gemeinsam unternehmen.

Der Stellungnahme beigelegt waren nachstehende Unterlagen:

?        Deutschkurs-Anmeldung „Deutschkurs für AnfängerInnen (aktuell A2)“ vom XXXX 05.2017;

?        Informationen über die Caritas-Projekte „Hilfe bei der Lebensmittelausgabe“ und „Mithilfe bei der Versorgung wohnungsloser Männer“;

?        Bestätigung der Caritas über den Bezug der Grundversorgung für den Beschwerdeführer vom XXXX 08.2017 und

?        „Besuchsbestätigung“ der XXXX Gemeinde vom XXXX 11.2017, dass der Beschwerdeführer seit Feber 1997 regelmäßig den dortigen Sonntagsgottesdienst besucht

1.5. Am 24.01.2018 erfolgte eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in der er zunächst angab, dass es ihm gut gehe. Er heiße XXXX und sei am XXXX [= XXXX ) in XXXX im Iran geboren. Ca. im November 2015 habe er den Iran verlassen.

Konkret zu seinem Fluchtgrund befragt brachte der Beschwerdeführer vor, dass er wegen seiner Konvertierung bedroht worden sei und deshalb habe flüchten müssen. Sonstige Fluchtgründe habe er nicht. Es sei ca. 2010 gewesen; ein Freund von ihm, XXXX , sei bei einer Gruppe der Anonymen Alkoholiker. Dort sei der Beschwerdeführer erstmals auf das Christentum aufmerksam geworden und interessiere sich seither dafür. Es sei interessant, dass Jesus uns von unseren Sünden erlösen werde und auch, dass die geistlichen Führer hier seien, um uns zu dienen. Zu Ostern 2017 sei der Beschwerdeführer getauft worden. Die Taufe habe die Bedeutung, dass man von den Sünden erlöst und neu geboren werde. Seine Taufe sei eine Gruppentaufe gewesen. Jesus sei von Johannes im Fluss Nil getauft worden. Der Beschwerdeführer habe das Alte Testament bereits im Iran gelesen. Jesus sei nach drei Tagen wieder auferstanden. Dann sei nach 40 Tagen der Heilige Geist den Zwölf Aposteln erschienen. Die Mutter von Jesus sei Maria und sein Vater sei Gott. Sein Stiefvater sei Naser gewesen. Zum Begriff „Sakramente“ könne er sagen, dass dies eine Beichte sei. Wenn man eine Sünde begangen habe, gehe man „dorthin“ und beichte. Seine Lieblingsstelle in der Bibel sei das Gebet „Vater Unser“, weil er es auswendig kenne und es im Gedächtnis geblieben sei. Zum Zweig der Protestanten bekenne sich der Beschwerdeführer, weil er im Iran über diesen Zweig belehrt worden sei und „alle Zweige eh gleich seien“. Im Iran hätten sie sich jeden Sonntag getroffen und vor dem Essen gebetet. Sie hätten das Alte Testament gelesen und darüber gesprochen. Einen Pfarrer habe es nicht gegeben und sie hätten auch nicht so viele Informationen gehabt. Die Informationen, die sie über Jesus gehabt hätten, hätten sie an die Menschen weitergegeben, die alkoholsüchtig gewesen seien oder an keine Religion geglaubt hätten. Sie hätten gesagt, dass man im Christentum durch Jesus von seinen Sünden erlöst werde. Dem Beschwerdeführer sei es im Iran – auch finanziell – sehr gut gegangen. Aber die Situation sei sehr beengt gewesen und daher habe er fliehen müssen. Einmal, ein paar Monate bevor er den Iran verlassen habe, sei der Beschwerdeführer von den Basiji bedroht worden. Sie seien in einem Park gewesen, wo sie sich meisten getroffen hätten, hätten gebetet und andere Menschen belehrt. Die Basiji seien gekommen und hätten gesagt, sie hätten gehört, dass der Beschwerdeführer und seine Freunde Andere über das Christentum belehrten würden. Wenn sich dies als wahr herausstelle, würden sie kommen und sie festnehmen. Das sei das letzte Mal gewesen, dass ihm gedroht worden sei. Das sei ca. vier bis fünf Monate vor der Ausreise aus dem Iran gewesen. Auf Vorhalt des Widerspruches zu seiner Angabe in der letzten Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, er habe den Iran im neunten Monat 1394 [Anm.: 2015] verlassen. Auch in der letzten Einvernahme habe er gesagt, dass der Vorfall ein paar Monate vor seiner Ausreise gewesen sei. Auf die Frage, warum er noch ein paar Monate mit der Ausreise gewartet habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er nicht gewusst habe, ob die Grenze offen sei. Eine Person, die 20 Tage nach dem Vorfall den Iran verlassen habe und jetzt in Deutschland sei, habe ihn kontaktiert und mitgeteilt, dass die Grenze offen sei und er fliehen solle.

Zu den Problemen in Zusammenhang mit seinem Wehrdienst befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er sechs Monate Militärdienst geleistet habe. Er habe im Gefängnis gearbeitet und dort mit andern Kollegen über das Christentum gesprochen. Dann habe man erfahren, dass er „das“ gemacht habe und die Drohungen hätten begonnen. Eine Strafe für ihn sei gewesen, dass er der Chef des Bereiches geworden sei, der für die Todesstrafe zuständig sei. Der Beschwerdeführer habe zum Tode verurteilte Personen von der Zelle bis zum Hof begleiten müssen, wo diese dann aufgehängt worden seien. Das sei ca. 1391/1392 [Anm.: 2012/2013] gewesen.

Der Beschwerdeführer engagiere sich auch in der Kirche. Er mache sauber und andere Reinigungstätigkeiten. In einem Lebensmittelgeschäft räume er Regale ein. Als Moslem sei der Beschwerdeführer nicht religiös gewesen; er sei nur gebürtiger Moslem gewesen. Seine Angehörigen würden von der Konversion wissen und hätten damit kein Problem. Sie seien auch keine gläubigen Moslems. Der Beschwerdeführer habe 1388 [Anm.: 2009] an Demonstrationen teilgenommen, sei jedoch sonst nicht politisch aktiv gewesen. Von staatlicher Seite sei er nur wegen seiner Religion verfolgt worden, wobei es zu keinen Maßnahmen gegen seine Person gekommen sei. Bei einer Rückkehr in den Iran befürchte er, aufgehängt zu werden.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihm unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Weiters wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und unter Spruchpunkt V. gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer iranischer Staatsangehöriger sei und der Volksgruppe der Perser angehöre. Bei der von ihm vorgebrachten Konversion handle es sich um eine Scheinkonversion. Der Beschwerdeführer sei gesund, ledig sowie kinderlos, habe zwölf Jahre die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen. Er verfüge über ca. zehn Jahre Berufserfahrung. Es werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer keiner konkreten persönlichen asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung im Iran ausgesetzt gewesen sei oder eine solche zukünftig zu befürchten hätte. Sein Vorbringen sei nicht glaubhaft. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen gesunden, erwachsenen Mann im erwerbsfähigen Alter, der auch in Zukunft seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeitsleistung sichern könne. Er verfüge über ein familiäres Netzwerk im Iran, zu dem er auch in Kontakt stehe. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran nicht in eine Notlage entsprechend Art. 2 oder Art. 3 EMRK gelangen werde. Festgestellt werde, dass eine Rückkehr in sein Heimatland für den Beschwerdeführer möglich sei. Der Beschwerdeführer habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 19 bis 58 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage im Iran.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass sich die Feststellungen zu seiner Nationalität, seinem Familienstand, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seinem Gesundheitszustand und zu den beruflichen Tätigkeiten aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers ergeben haben. Seine Angabe, Christ zu sein, werde als nicht glaubhaft eingestuft. Nach Zusammenfassung des wesentlichen Vorbringens des Beschwerdeführers kam das Bundesamt mit näherer Begründung zu dem Schluss, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Konversion die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei. Seine Angaben seien rational nicht nachvollziehbar und die von ihm gemachten Zeitangaben seien nicht miteinander vereinbar. Betreffend die vorgebrachten Probleme während des Militärdienstes sei nicht verständlich, dass dies für den Beschwerdeführer keine weiteren Konsequenzen gehabt habe. Der Beschwerdeführer sei zwar in der Lage gewesen, ein paar allgemeine Fragen zum Christentum zu beantworten, habe jedoch weder glaubhafte Angaben dazu machen können, wie er seinen christlichen Glauben seit 2010 im Iran praktiziert habe wollen noch habe er einen inneren Gesinnungswandel glaubhaft machen können. Daher gehe die Behörde von einer vorgetäuschten Konversion aus, um sich den Status eines Asylberechtigten unrechtmäßig zu erschleichen. Laut seinen Angaben verfüge der Beschwerdeführer über eine abgeschlossene Schulbildung und ca. zehn Jahre Berufserfahrung sowie über familiäre Beziehungen im Herkunftsstaat. Ferner sei gemäß den vorliegenden Länderfeststellungen die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet und bestünden Möglichkeiten zur Existenzsicherung. Dass es durch die Sicherheitslage in Teheran zu einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK kommen könne, sei den Länderberichten nicht zu entnehmen. Dass keine besondere Integrationsverfestigung der Person des Beschwerdeführers in Österreich bestehe, ergebe sich einerseits aus der Kürze des bisherigen Aufenthalts und andererseits aus dem Umstand, dass er zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen habe können, dass ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich zukommen werde. Die Feststellungen zum Iran würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen seiner Konversion gänzlich unglaubwürdig seien. Eine Konversion aus asyltaktischen Gründen könne nicht zur Gewährung internationalen Schutzes führen. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich im Fall des Beschwerdeführers kein Hinweis auf das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ ergeben habe, die eine Abschiebung im Sinne von Art. 3 EMRK und § 50 FPG unzulässig machen könnten. Weiters sei festzuhalten, dass er ein gesunder und arbeitsfähiger Mann sei, der im Fall der Rückkehr die Möglichkeit habe, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Auch verfüge er über familiäre Bindungen im Herkunftsstaat. Weiters wurde zu Spruchpunkt III. festgehalten, dass im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorlägen. Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Es seien im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration seiner Person in Österreich rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen können, private Bindungen, die hier begründet worden seien, im Bundesgebiet fortsetzen zu können. Es habe ihm bei Antragstellung auch klar sein müssen, dass sein Aufenthalt in Österreich im Fall einer Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender sei. Daher sei die Rückkehrentscheidung zulässig. Schließlich wurde unter Spruchpunkt V. festgestellt, dass im Fall der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran zulässig sei und unter Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer am 12.03.2018 amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 09.04.2018 im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde nach Wiederholung des wesentlichen Vorbringens ausgeführt, dass sich die Länderfeststellungen nur am Rande mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen würden. Ferner seien sie auch veraltet. Unter teilweise wörtlicher Zitierung eines Berichtes von USDOS – US Department of State vom 15.08.2017, eines Länderberichtes „Iran“ vom Feber 2018, eines Berichtes des UK Home Office vom Dezember 2015 und eines ACCORD-Berichtes vom Dezember 2015 wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Abfall vom Islam mit der Todesstrafe bedroht sei. Öffentliche Überzeugungsarbeit oder versuchte Konversion von Muslimen sei verboten. Inhaftierte Christen seien schweren physischen und psychologischen Misshandlungen ausgesetzt gewesen. Besonders evangelische und konvertierte Christen würden überdurchschnittlich oft festgenommen und gefangen gehalten werden. Auch aus den Länderberichten der belangten Behörde gehe hervor, dass die Konversion im Iran mit der Todesstrafe bedroht sei. Ferner sei es im Iran verboten, ein Tattoo zu tragen. Wer ein Tattoo sichtbar trage, werde von der Polizei häufig aufgegriffen und schikaniert bis er damit aufhöre. Die Behörde hätte vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers glaubwürdig sei.

Die Beweiswürdigung sei unschlüssig. Der Beschwerdeführer habe bei der Erstbefragung Angst gehabt, preiszugeben, dass er Probleme mit Alkohol und Drogen gehabt habe. Zu den Zeiten habe der Beschwerdeführer nur ungefähre Angaben gemacht, sodass daraus kein Widerspruch ersichtlich sei. Zum vermeintlichen Widerspruch, der Beschwerdeführer habe in der ersten Einvernahme angegeben, der Vorfall sei einige Tage vor der Ausreise gewesen, jedoch in der zweiten Einvernahme von einigen Monaten vor der Ausreise gesprochen, sei darauf zu verweisen, dass es hierbei offensichtlich zu einem Missverständnis gekommen sei. Der Beschwerdeführer habe bereits in der ersten Einvernahme angeben wollen, dass der Vorfall einige Monate vor der Flucht stattgefunden habe. Hätte die Behörde betreffend die Schilderungen der Probleme beim Militärdienst nachgefragt, hätte der Beschwerdeführer auch dieses Missverständnis aufklären können. Seine Vorgesetzten hätten nämlich nur gerüchteweise über andere Soldaten von den Aktivitäten des Beschwerdeführers erfahren und hätten daher mangels Beweisen keine Handhabe gehabt, um dem Beschwerdeführer strengere Konsequenzen aufzuerlegen. Ferner habe der Beschwerdeführer glaubhaft dargelegt, wie er seinen Glauben im Iran praktiziert habe. Er habe auch seine eigenen Ansichten glaubhaft und ausführlich darlegen können. Die zahlreichen Fragen zum Christentum, die der Beschwerdeführer souverän habe beantworten können, hätten die Behörde nicht davon überzeugt, dass er aufgrund einer inneren Überzeugung konvertiert sei. Obwohl die Behörde selbst dargelegt habe, dass der Beschwerdeführer die Fragen habe beantworten können, argumentiere sie, das seien leicht zugängliche Fakten, die von jeder Person auswendig gelernt werden könnten. Der Beschwerdeführer habe darüber hinaus eine Taufurkunde vorgelegt, die jedoch in der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt worden sei. Dem Beschwerdeführer drohe die Verfolgung aufgrund seiner Religion, denn er sei zum christlichen Glauben konvertiert und würde diesen auch weiterhin ausleben und missionieren. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer besonders gefährdet in das Visier der iranischen Behörden zu geraten, denn er trage auf seinem rechten Arm ein Tattoo, was im Iran verboten sei. Auch ergebe sich aus dem Tattoo, dass der Beschwerdeführer Teil der christlichen Anonymen Alkoholiker sei und symbolisiere das Tattoo selbst die christliche Neugeburt.

Der Beschwerde beigelegt war eine Besuchsbestätigung der XXXX Gemeinde vom XXXX 04.2018, dass der Beschwerdeführer seit Feber 2017 am Sonntag regelmäßig den zweiten Gottesdienst besucht.

4. Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht legte der Beschwerdeführer die nachstehenden Unterlagen vor:

?        Niederschrift des Austritts aus der islamischen Glaubensgemeinschaft beim Magistrat der Stadt Wien vom XXXX 05.2018;

?        Zeugnis zur Integrationsprüfung (Sprachkompetenz B1) vom XXXX 02.2019;

?        Bestätigung von XXXX der Caritas über seine ehrenamtliche Tätigkeit seit Mai 2019 vom XXXX 08.2019 und

?        Deutschkurs-Bestätigung auf dem Kursniveau B2 vom XXXX 10.2019

5. Am XXXX 07.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi statt, an der der Beschwerdeführer und seine Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat bereits mit Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an einer Verhandlung verzichtet. Weiters wurde Herr XXXX als Zeuge einvernommen. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation im Iran zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass es ihm gut gehe, er sich nicht in ärztlicher Behandlung befinde und keine Medikamente regelmäßig nehme. Bei der Erstbefragung sei das Protokoll nicht rückübersetzt worden und da habe er auch den Dolmetscher nicht richtig verstanden. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt sei die Niederschrift rückübersetzt worden und der Beschwerdeführer habe auch den Dolmetscher gut verstanden. Er habe immer entsprechend der Wahrheit geantwortet. Er habe bei der Erstbefragung angegeben, dass sein Vorname „ XXXX “ sei; in der Geburtsurkunde stehe allerdings „ XXXX “. Auf die Frage, wo er wohnhaft sei, habe er Teheran angegeben, sei jedoch in XXXX geboren. Auch sei sein Geburtsdatum falsch umgerechnet worden. Der Beschwerdeführer sei am XXXX , sohin am XXXX , geboren. Seine Geburtsurkunde habe er in Kopie dem Bundesamt vorgelegt und befinde sich diese im Akt. Weitere Dokumente habe er nicht; diese seien bei der Fahrt von der Türkei nach Griechenland ins Meer gefallen. Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos. Er sei iranischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Loren an und sei Christ. Probleme aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er im Iran nicht gehabt. Er beherrsche die Sprachen Farsi, Laki, Lori und Deutsch in Wort und Schrift. Zu den mit der Ladung übermittelten Länderberichten des Bundesverwaltungsgerichtes zur Lage im Iran gab die Vertreterin des Beschwerdeführers an, dass sie auf eine Stellungnahme verzichte.

Im Iran würden noch seine Eltern, drei Schwestern und zwei Brüder leben. Die letzte Wohnadresse des Beschwerdeführers sei seit ca. 2014 in XXXX gewesen. Dort habe er alleine in einer Mietwohnung gewohnt. Bis zu seinem 15. Lebensjahr habe er in XXXX und danach in XXXX und Teheran gelebt. Eine seiner Schwestern und einer seiner Brüder würden in XXXX wohnen; die restliche Familie lebe noch in XXXX . Mit seiner Familie sei der Beschwerdeführer über WhatsApp in Kontakt; der letzte Kontakt zu seiner Mutter und seinen Schwestern sei gestern gewesen. Seinen Angehörigen gehe es gut. Der Beschwerdeführer habe zwar maturiert, aber das Zeugnis nicht bekommen, weil er wegen des Wehrdienstes einen Gegenstand noch nicht abgelegt habe. Sechs Monate lang sei er beim Wehrdienst gewesen. Beruflich sei er in der Innen- und Außenarchitektur – hauptsächlich in der Außenarchitektur – ca. zehn Jahre lang tätig gewesen und habe dadurch seinen Lebensunterhalt verdient. Die wirtschaftliche Situation habe sich seit 2011 verschlechtert; es sei alles teurer geworden und die Auftragslage habe sich verringert. An weiteren Verwandten im Iran habe der Beschwerdeführer noch Onkeln, Cousins und Cousinen väterlicher- und mütterlicherseits sowie Tanten mütterlicherseits.

Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich keine Verwandten habe. Er lebe alleine, habe jedoch eine Freundin, die in XXXX praktische Ärztin sei. Seine Freundin habe er im November 2018 kennengelernt. Sie habe in Ägypten Medizin studiert und arbeite seit 2019 in einem Krankenhaus in XXXX . Mindestens einmal pro Woche würden sie einander besuchen und wenn der Beschwerdeführer einen positiven Bescheid bekäme, dächten sie daran zu heiraten. Er spreche Deutsch und habe die Niveaustufe B1+ abgeschlossen. Der Beschwerdeführer habe keine Arbeit, weil er keine Arbeitserlaubnis habe. Er habe jedoch auch nicht versucht, seine Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen. Aktuell lebe er von der Grundversorgung. In Österreich habe er einen Integrationskurs absolviert und arbeite mit „ XXXX “. Auch nehme er an den Sitzungen der deutschsprachigen Anonymen Alkoholiker teil. Einmal pro Woche begleite er als Dolmetscher die „ XXXX “, die das Evangelium verkünde. Ferner verkünde er das Programm der Anonymen Alkoholiker und sei dabei mit dieser Gruppe anonym unterwegs. Der Beschwerdeführer begleite als freiwilliger Dolmetscher Asylwerber zum Arzt oder zu Amtswegen. Er habe sehr viele Freunde in Österreich und auch eine sehr feste Beziehung zu Österreich. Hier habe er das Gefühl, dass er Ruhe haben könne. Österreich sei ein demokratisches Land und würden die Gesetze der Demokratie dienen. Das Gesetz habe das erste Wort und stehe über der Religion. Der Beschwerdeführer genieße die Redefreiheit und, dass die Nächstenliebe hier funktioniere.

Zu seinen Reisebewegungen befragt, gab der Beschwerdeführer an, er habe den Iran am XXXX 12.2015 verlassen und sei mit dem Reisepass seines Bruders in die Türkei gefahren. Danach sei er illegal mit einem Boot nach Griechenland gelangt. Von Griechenland aus sei er über Nordmazedonien nach Serbien teils zu Fuß und teils mit einem LKW gereist und sei letztlich von Belgrad mit dem Zug nach Österreich gefahren.

Zu den Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass er mit seinen Freunden, mit denen er gemeinsam eine Hauskirche besucht habe, in einem Park gesessen sei. Einer der Freunde namens XXXX sei von Basiji in Zivil angesprochen und verhaftet worden. Nach seiner Verhaftung seien die Basiji zum Beschwerdeführer und den Anderen im Park gekommen und hätten gefragt, ob sie diesen Mann kennen würden, was sie verneint hätten. Während XXXX in Haft gewesen sei, sei ein weiterer Freund namens XXXX angerufen worden, dem mitgeteilt worden sei, dass die Basiji nach dem Beschwerdeführer und den Anderen suchen würden. XXXX habe nämlich einen Soldaten beauftragt XXXX anzurufen und habe mitteilen lassen, dass er wegen Werbung für das Christentum verhaftet worden sei und habe allen empfohlen zu fliehen. Weiters habe er gesagt, dass er nach den Namen und Adressen des Beschwerdeführers und den Anderen gefragt worden sei, habe diese jedoch nicht bekannt gegeben. Der Beschwerdeführer sei eine Zeitlang nicht nach Hause gegangen und XXXX sei nach dem Anruf nach Deutschland geflohen. Danach seien die Basiji und Leute von Etela’at zum Haus eines Freundes namens XXXX gegangen, der jedoch nicht zu Hause gewesen sei und sie ihn daher nicht hätten festnehmen können. Als der Beschwerdeführer erfahren habe, dass sie vorgehabt hätten, XXXX zu verhaften, sei er über den Schlepper, der XXXX außer Landes gebracht habe, ebenfalls nach Europa gekommen. Auf Vorhalt, der Beschwerdeführer habe vor dem Bundesamt XXXX nicht erwähnt, habe auch nicht gesagt, dass die Basiji nach der Verhaftung von XXXX gefragt hätten, ob der Beschwerdeführer diesen kenne und auch nicht vorgebracht, dass über XXXX und den Soldaten telefoniert worden sei und die Namen und Adressen bekannt gegeben hätten werden sollen, gab er an, das Bundesamt habe nicht nach Details gefragt. Sie hätten Fragen gestellt und er habe gezielt darauf geantwortet. Die Details, die er heute angegeben habe, seien vor dem Bundesamt nicht vorgekommen. Auf die Frage, wann der Vorfall gewesen sei, bei dem XXXX festgenommen worden sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass er ein paar Mal festgenommen worden sei. Einmal im Jahr 1391 [Anm.: 2012], das zweite Mal ein Jahr vor der Ausreise und das letzte Mal ein paar Monate vor der Ausreise des Beschwerdeführers. Das sei damals gewesen, als sie im Park gesessen seien.

Mit dem Christentum sei der Beschwerdeführer in Berührung gekommen, da er Alkoholiker gewesen sei und auch ab und zu Suchtmittel konsumiert habe. Er sei betrunken in einem Park gesessen und habe Marihuana konsumieren wollen. Damals sei es im schlecht gegangen und er habe oft an Suizid gedacht. Plötzlich habe der Beschwerdeführer XXXX gesehen, der sich mit jemandem unterhalten habe. Zwischen den beiden sei es zum Streit gekommen und der Andere habe XXXX geohrfeigt, woraufhin XXXX den Anderen umarmt habe. Da der Beschwerdeführer XXXX von früher gekannt habe – dieser sei nämlich vor Jahren auch Alkoholiker und süchtig gewesen -, habe er ihn gefragt, was los gewesen sei und XXXX hätte geantwortet, er habe diesem Mann helfen wollen, der dies jedoch nicht verstanden und XXXX aufgrund eines Missverständnisses geohrfeigt habe. Auf die Frage, warum er es ihm nicht „zurückgegeben“ habe, gab XXXX dem Beschwerdeführer gegenüber an, weil er ein Geschöpf Gottes sei. Dieser Mann habe nicht gewusst, was er tue, aber XXXX sei sich über seine Taten im Bilde. Er wisse, dass er mit diesem Mann nicht streiten wolle und habe es ihm aus diesem Grund nicht zurückgegeben. Das sei gegen Ende des Winters 2009 gewesen. Dann habe der Beschwerdeführer XXXX gefragt, wie es ihm gelungen sei, den Alkohol aufzugeben und er habe gesagt, er habe um Hilfe gerufen, die ihm gegeben worden sei und habe gefragt, ob der Beschwerdeführer diese Hilfe auch in Anspruch nehmen wolle. Da der Beschwerdeführer dies gewollt habe, habe ihm XXXX eine Adresse gegeben, wo er hingehen solle. Das habe der Beschwerdeführer am nächsten Tag gemacht und sei zu der Adresse in XXXX gegangen. Damals sei es ihm sehr schlecht gegangen. Bei dieser Adresse seien XXXX und ein paar andere Leute gewesen, die ihn gefragt hätten, ob er eine Entscheidung getroffen habe. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er habe keinen Ausweg; entweder er führe sein schlechtes Leben weiter oder er denke an ein gutes Leben. Daher sei er dort geblieben. Sie hätten ihm erzählt, dass sie mit Hilfe von Jesus Christus und aufgrund der Teilnahme an den Sitzungen der Anonymen Alkoholikern sich von ihrer Sucht hätten befreien können. In der ersten Woche habe der Beschwerdeführer nichts mitbekommen, da er Schmerzen gehabt habe. Er habe Menschen gesehen, die eines Tages keinen Platz in der Gesellschaft gehabt hätten, aber heute für ihn beten würden. Leute, die früher schlechte Taten begangen hätten, seien Leute, die heute für ihn beten würden. Das sei für den Beschwerdeführer wie ein Wunder gewesen und er habe angefangen, neben ihnen zu beten. Das erste christliche Gebet, das er gelernt habe, sei das „Vater Unser“ gewesen. Das Benehmen dieser Leute dem Beschwerdeführer gegenüber habe ihm zum Christentum hingezogen. An diesem Tag habe er Wunder gesehen. Das sei sein Anfang im Christentum gewesen. Sie hätten ihm auch gesagt, anstatt es ihnen „wieder gut zu machen“, solle der Beschwerdeführer die Liebe Jesus Christus zur Ausbreitung seines Weges weitergeben.

In Österreich habe er anfangs nur die Kirche besucht. Ein paar Monate nach seiner Ankunft in XXXX habe er mit Einverständnis seiner Lehrkraft mit Anderen eine Solidaritätsgruppe für Asylwerber gegründet. Es habe eine Generalversammlung gegeben, an der der Bürgermeister, alle Lehrer, alle Priester der katholischen und evangelischen Kirche samt Asylwerbern teilgenommen hätten. Das sei seine erste Aktivität in Bezug auf das Christentum in Österreich gewesen. Er sei auch in die Kirche nach XXXX gefahren. Dann habe er von XXXX nach Wien ziehen müssen, weil es in XXXX keine Anonymen Alkoholiker gegeben habe. In Wien sei er dann auch für sechs Monate von der Grundversorgung ausgeschlossen worden, weil er von einem Bundesland in ein anderes gezogen sei. Aber er habe in der Nähe von Sitzungen der Anonymen Alkoholiker sein müssen. Danach sei er über einen seiner Freunde mit Herrn XXXX von der XXXX Kirche, in der er auch getauft worden sei, bekannt gemacht worden. Er habe Deutsch gelernt und farsi-sprechende Menschen, insbesondere welche mit Alkoholproblemen, unterstützt. Auch habe der Beschwerdeführer das Evangelium verkündet. Es sei alles weitergegangen und er sei auf der Suche nach einer freiwilligen Tätigkeit gewesen, habe jedoch wegen seines negativen Bescheides ständig Absagen bekommen bis er die freiwillige Tätigkeit bei „ XXXX “ bekommen habe.

Auf die Frage, wie er Mitglied zweier verschiedener Kirchen sein könne, gab der Beschwerdeführer an, als er in XXXX gewesen sei, sei er neu gewesen und habe keine Kirche gekannt. Ein Herr habe ihm angeboten, ihn mit dem Auto in die Kirche nach XXXX zu fahren, was er auch getan habe. Als der Beschwerdeführer nach Wien gegangen sei, habe er die Kirche gebeten, ihm eine Bestätigung auszustellen. Als er in Wien gewesen sei, habe er nochmals die Kirche besuchen wollen, aber jene in XXXX sei zu weit entfernt gewesen und er sei daher zu der Gemeinde in Wien gegangen. Das Christentum drücke sich in seinem täglichen Leben durch die gedankliche und seelische Ruhe aus. In ihm sei das Gefühl einer Liebe entstanden und das Verlangen diese Liebe weiterzugeben. All die Jahre, die er in Österreich ohne einen positiven Bescheid mit 365 Euro verbracht habe - es sei schwer, mit so einem Betrag ein Monat lang durchzukommen – sei es Jesus Christus gewesen, der ihm geholfen habe, richtig und aufrichtig zu leben. Die letzte Stelle, die er in der Bibel gelesen habe, sei Vers 14.2., Jakob gewesen: „Ein Glaube ohne tätig zu sein ist wie der Tod. Wenn man glaubt und nicht nach seinem Glauben tut und seinen Glauben auch zu keiner Tat leitet, ist wie der Tod. D.h., der Glaube ist wie ein toter Glaube.“. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt gesagt, er habe vier oder fünf Monate einen Taufvorbereitungskurs besucht, aber aus der Bestätigung gehe hervor, dass er bereits am XXXX 04.2017 getauft worden sei, seine Kirche jedoch erst seit Feber 2017 besuche, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe schon in XXXX einen Taufvorbereitungskurs besucht und habe mit vier bis fünf Monaten die gesamte Zeit gemeint.

Den Widerspruch, bei der Erstbefragung habe er gesagt, sein Onkel sei konvertiert und von der Regierung getötet worden; beim Bundesamt habe er gesagt, dass der Onkel nicht von der Regierung getötet worden sei, erklärte der Beschwerdeführer dahingehend, dass ihm auch beim Bundesamt gesagt worden sei, dass er auch sagen könne, dass er etwas nicht wisse, wenn er sich nicht sicher sei. Daher habe er beim Bundesamt nicht über den Tod seines Onkels gesprochen. Dieser habe allen bekannt gegeben, dass er aus dem Islam ausgetreten sei und einige Zeit später sei er mit einem Auto niedergefahren und getötet worden. Niemand habe beweisen können, dass dies von staatlicher Seite ausgegangen sei. Da er sich nicht sicher gewesen sei und auch keinen Beweis gehabt habe, habe es der Beschwerdeführer vorgezogen, das bei der Einvernahme beim Bundesamt nicht zu erwähnen. Zu den Problemen bei seinem Militärdienst befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er beim Militär als Gefängniswächter eingesetzt gewesen sei. Da die Gefängnisleitung bis runter zu den Wachesoldaten von der Konversion des Beschwerdeführers gewusst hätten, hätten sie ihn schikaniert. Er habe an den gemeinsamen Gebeten nicht teilgenommen. Sie hätten ihm die Aufgabe zugewiesen, die Verurteilten zur Hinrichtungsstätte zu begleiten, was von Gesetzes wegen nicht seine Aufgabe gewesen sei. Es sei eine schwere seelische Belastung für den Beschwerdeführer gewesen, einen lebenden Menschen zur Hinrichtungsstätte zu begleiten und seinen Leichnam zurückzubringen. Da die Schikanen nicht aufgehört hätten, habe er die Situation nicht mehr ausgehalten und sei desertiert. Nach seiner Flucht aus dem Iran seien Angehörige der Revolutionsgarden zu „uns nachhause“ gekommen und hätten die Privatgegenstände des Beschwerdeführers mitgenommen. Das sei letztes Jahr ca. im Mai gewesen. Mit „zu uns nachhause“ meine der Beschwerdeführer sein Elternhaus. Auf Vorhalt, dort habe er vor der Ausreise gar nicht mehr gelebt, brachte er vor, „sie“ hätten seine Adresse nicht gehabt und hätten sich daher an die Adresse seiner Eltern gewandt.

In der Folge wurde Herr XXXX , geb. XXXX , als Zeuge einvernommen. Dieser gab im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer ca. seit Anfang 2017 Mitglied seiner Kirche sei. Der Zeuge habe in der Kirche die Aufgabe, farsi-sprechende Menschen zu betreuen. Der Beschwerdeführer sei in die Kirche aufgenommen worden und komme seitdem regelmäßig. Das Programm der Kirche sei nicht so, dass man jedem einen Taufschein „verpasse“; der Taufbewerber müsse schon auch ein bisschen überzeugen. Es sei so, wenn jemand – speziell ein Asylwerber – in diese Kirche komme, gebe es einen siebenwöchigen Taufkurs, der jedes Wochenende besucht werde. Das habe auch der Beschwerdeführer gemacht. Dann werde entschieden, ob „das“ wirklich ernst gemeint sei bzw. ob der Asylwerber verstehe, warum er in die Kirche gekommen sei. Auch der Pastor spreche am Schluss mit den Leuten und überzeuge sich, ob der Taufbewerber „das“ auch wirklich angenommen habe, was ihm beigebracht worden sei. Danach gebe es eine Taufzeremonie und man gehöre offiziell zur Gemeinde dazu. Der Beschwerdeführer habe den Zeugen von der Ernsthaftigkeit seiner Konversion überzeugt, weil er „durchgehalten“ habe und regelmäßig bei der Messe am Sonntag sei. Nach der Messe gebe es auch immer eine Veranstaltung, wo miteinander gegessen und geplaudert werde und auch Bibelstunden eingehalten würden. Auch werde viel über die Integration in Österreich gesprochen. Der Zeuge merke diese Entwicklung bei Jemandem. Der Beschwerdeführer sei auch einer der wenigen, der Deutsch könne bzw. Deutsch gelernt habe. Er sei angenehm, komme regelmäßig und helfe auch mit, wenn dreimal im Jahr die Kirche geputzt werde.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung legte der Beschwerdeführer nachstehende Unterlagen vor:

?        Bestätigung über ehrenamtliche Tätigkeit von „ XXXX “ vom XXXX .07.2020 (Beilage ./1);

?        Empfehlungsschreiben einer AHS-Lehrerin (unter anderem) für Deutsch vom XXXX 07.2020 (Beilage ./2) und

?        Bestätigung der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei der XXXX Gemeinde vom XXXX 07.2020, unterfertigt von Pfr. XXXX

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger des Iran und Zugehöriger der Volksgruppe der Loren. Er wurde in XXXX geboren, wo er ca. bis zu seinem 15. Lebensjahr lebte. Danach übersiedelte er nach Teheran, wo er ca. zehn Jahre lang aufhältig war. Seit ca. 2014 wohnte er alleine in XXXX in einer Mietwohnung. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos sowie ohne Obsorgeverpflichtungen. Die Eltern des Beschwerdeführers, zwei Schwestern und ein Bruder leben aktuell in XXXX . Eine weitere Schwester und ein weiterer Bruder wohnen in XXXX . Zu seinen Familienangehörigen hat der Beschwerdeführer regelmäßigen Kontakt. Ca. im November/Dezember 2015 verließ er den Iran und reiste über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Kroatien sowie Slowenien unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2009 mit einer Gruppe von Christen im Iran in Kontakt gekommen ist und sich seither mit dem Christentum beschäftigt. Ebenso wenig wird festgestellt, dass ein Freund des Beschwerdeführers, mit dem er im Iran eine Hauskirche besucht hat, von Basijis wegen „Werbung für das Christentum“ verhaftet wurde und in der Folge die Basijis auch nach dem Beschwerdeführer suchten. Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Iran aufgrund seines Interesses am Christentum einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten des iranischen Staates bzw. von Seiten staatlicher Behörden ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer am XXXX 04.2017 von der XXXX Gemeinde in Wien getauft wurde. Der Beschwerdeführer besucht seit Feber 2017 die Gottesdienste und andere Veranstaltungen dieser Gemeinde. Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist. Bei der behaupteten Konversion des Beschwerdeführers handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Iran aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Loren einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schwerwiegenden psychischen noch an einer schwerwiegenden physischen Krankheit. Ferner gehört er keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19-Pandemie stellt für den Beschwerdeführer kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.

Abgesehen von seinen Eltern und seinen fünf Geschwistern verfügt der Beschwerdeführer noch über Onkeln, Cousins und Cousinen väterlicher- und mütterlicherseits sowie über Tanten mütterlicherseits. Der Beschwerdeführer verfügt über eine gesicherte Existenzgrundlage im Iran. Im Iran hat er zwölf Jahre lang die Schule besucht und mit Matura abgeschlossen. Danach war er ca. zehn Jahre lang in der Innen- und Außenarchitektur tätig, wobei er sich vor allem auf Außenkompositionen spezialisiert hat. Dadurch konnte der Beschwerdeführer im Iran seinen Lebensunterhalt verdienen. Seinen Familienangehörigen geht es auch aktuell gut. Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer über eine zwölfjährige Schulbildung mit Matura sowie über eine zehnjährige Berufserfahrung im Bereich Architektur verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr in den Iran ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 05.01.2016 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er ist ehrenamtlich bei „ XXXX “, einem Projekt der Caritas in Zusammenhang mit Lebensmittelhilfe, tätig. In Österreich hat er zuletzt den Deutschkurs auf der Niveaustufe B1 absolviert und besuchte bereits einen Kurs auf der Niveaustufe B2. Festgestellt wird, dass sich der Beschwerdeführer gut in deutscher Sprache verständigen kann. Ferner hat er einen Werte- und Orientierungskurs besucht. Der Beschwerdeführer verfügt über keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu einem österreichischen Staatsangehörigen oder zu einem dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden, hat jedoch eine Freundin, mit der er eine partnerschaftliche Beziehung führt. Eine Lebensgemeinschaft besteht nicht, sondern trifft der Beschwerdeführer seine Freundin ca. einmal pro Woche. Darüber hinaus verfügt er in Österreich über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage im Iran:

1.2.1. Politische Lage:

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution" [auch Oberster Rechtsgelehrter, Oberster Führer oder Revolutionsführer], Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 15.2.2019a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 12.2018) und kann diesen theoretisch auch absetzen (ÖB Teheran 12.2018). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel „Revolutionsführer“ (GIZ 3.2019a).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: Mai 2017). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive. Zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 3.2019a).

Der Revolutionsführer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inklusive der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative. Für die entscheidenden Fragen ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich (ÖB Teheran 12.2018). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Diese Zugehörigkeiten und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel (AA 12.1.2019).

Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Islamische Beratende Versammlung oder Majles, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 12.2018).

Der Wächterrat (12 Mitglieder, sechs davon vom Obersten Führer ernannte Geistliche, sechs von der Judikative bestimmte Juristen) hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein westliches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. AA 15.2.2019a, FH 4.2.2019, BTI 2018). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 3.2019a).

Der Expertenrat wählt und überwacht den Revolutionsführer auf Basis der Verfassung. Die 86 Mitglieder des Expertenrats werden alle acht Jahre vom Volk direkt gewählt. Für die Zulassung der Kandidaten ist der Wächterrat zuständig (WZ 11.1.2017).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln, zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind. Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2019a).

Die Basis des Wahlsystems der Islamischen Republik sind die Wahlberechtigten, also jeder iranische Bürger ab 16 Jahren. Das Volk wählt das Parlament, den Präsidenten sowie den Expertenrat (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a) in geheimen und direkten Wahlen (AA 12.1.2019). Das System der Islamischen Republik kennt keine politischen Parteien. Theoretisch tritt jeder Kandidat für sich alleine an. In der Praxis gibt es jedoch Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die westlichen Vorstellungen von Parteien recht nahe kommen (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a). Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Aus den Wahlen gingen jene Kandidaten gestärkt hervor, die das Wiener Atomabkommen und die Lockerung der Wirtschaftssanktionen nach dem "Implementation Day" am 16. Januar 2016 unterstützen. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA15.2.2019a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 4.2.2019). Von den 1.499 Männern und 137 Frauen, die sich im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2017 für die Kandidatur zum Präsidentenamt registrierten, wurden sechs männliche Kandidaten vom Wächterrat zugelassen. Die Wahlen an sich liefen im Prinzip frei und fair ab, unabhängige Wahlbeobachter waren aber nicht zugelassen. Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen sind in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 12.1.2019).

Die Erwartung, dass durch den 2015 erfolgten Abschluss des Atomabkommens (JCPOA) Reformkräfte im Iran gestärkt würden, hat sich in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt. Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher auch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt Ende 2017 war die Aufhebung der Todesstrafe für die meisten Drogendelikte, was im ersten Halbjahr 2018 zu einer signifikanten Reduktion der vollstreckten Todesurteile (-60%) führte. Jedoch gab es 2018 mit der Einschränkung des Zugangs zu unabhängigen Anwälten in "politischen" Fällen und der zunehmenden Verfolgung von Umweltaktivisten auch zwei eindeutig negative Entwicklungen (ÖB Teheran 12.2019).

Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 12.1.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (15.2.2019a): Innenpolitik;

?        AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran;

?        BTI – Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report – Iran;

?        FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran;

?        GIZ – Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (3.2019a): Geschichte und Staat Iran;

?        ÖB – Österreichische Botschaften (12.2018): Asylländerbericht Iran und

?        WZ – Wiener Zeitung (11.1.2017): Das politische System des Iran

1.2.2. Sicherheitslage:

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten