TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/13 W265 2233938-1

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Veröffentlicht am 13.10.2020
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Entscheidungsdatum

13.10.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W265 2233938-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 16.06.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist seit 17.06.2016 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 80 v. H.

Am 14.10.2019 stellte sie beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) bzw. Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass, mittels dem entsprechend von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular. Dem Antrag legte sie einen Befund bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.01.2020 basierenden neurologischen Gutachten vom 28.02.2020 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Anamnese:
Aktengutachten 27.4.2016, HNO, Gehörlosigkeit bds., 80%

Lt. Sohn, der als Dolmetsch fungiert da die AW kein Deutsch spricht, besteht ein Diskusprolaps L5/S1, der sowohl konservativ als auch einmal (6/18) mit einer

Ozonnucleolyse behandelt wurde. Die AW wird vom Sohn mit einem Rollstuhl zur Untersuchung gebracht

Derzeitige Beschwerden:

Das Gefühl in der li. UE ist vermindert und sie hat starke Schmerzen im li. Bein, eher nach S1 ziehend, vor allem der Vorfuß sei gefühllos, li. Bein sei kalt

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

-        Tramadol 100 mg bei Bedarf

-        Tardyferon 100 mg

-        Sertralin und Trittico, jedoch nur unregelmäßig

-        Parkemed
Rollstuhl wird verwendet, keine Peronäusschiene

Sozialanamnese:
verheiratet, 3 Kinder, in Österreich seit 5 Jahren, ursprünglich aus Syrien stammend

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Entlassungsbrief Barmherzige Brüder Wien 20.6.2018, Aufnahmegrund: ONL L5/S1 links, hochgradige Vorfußheberparese links seit mindestens 2 Monaten bei mediolat. Discusprolaps L5/S1 links.

Konsiliarbefund Neurochirurgie AKH 29.3.2018: ....da die Plegie des Vorfußes schon seit rund 3 Wochen besteht, wird aufgrund der Beschwerden eine OP empfohlen.

Neuro-Konsil Ambulanz Barmherzige Brüder 2.7.2018, Diagnose: Lumboischialgie links mit Plegie der Vorfuß- und Großzehenheber links, chronischer Schmerz.

Gang, Stand: Steppergang

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Ernährungszustand:

Größe: cm Gewicht: kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

HN: unauffällig,Hörbeeinträchtigung

OE: MER stgl. mittellebhaft, VdA o.B., FNV zielsicher, Feinmotorik erhalten, grobe Kraft, Tonus stgl.

UE: PSR stgl. mittellebhaft, ASR bds. nicht auslösbar, li. UE im Vergleich zu re. palpatorisch kalt, Lasegue li. pos., re. o.B., grobe Kraft: li.: Vorfußheber 0, Vorfußsenker 4, ansonsten stgl. 5/5, KHV li nicht durchführbar (Schmerzen, Verständnisproblem)

Sensibilität: entsprechend L5 li. reduziert

Gesamtmobilität – Gangbild:

Stand und Gang: Gang nicht frei vorgezeigt, nach der Untersuchung geht die AW von der Liege wenige Schritte zum Rollstuhl mit einer geringen Hinkschonhaltung und Vorfußheberschwäche li.

Status Psychicus:

kann nicht suffizient erstellt werden, da massive Sprachbarriere Psychiatrische Befunde nicht vorliegend

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Gehörlosigkeit beidseits

2

Bandscheibenvorfall L5/S1 li.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Kein neurologisches Vorgutachten
[x] Dauerzustand

1.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine; es besteht ein mäßiggradig, jedoch nicht ausgeprägt eingeschränktes Gangbild bei Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Vorfußheberschwäche li., der AW ist es möglich, kurze Wegstrecken (300-400m) unter Zuhilfenahme einfacher Hilfsmittel selbständig zurückzulegen. Das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht maßgeblich beeinträchtigt. Die festgestellte Hörminderung stellt auch im Zusammenwirken mit Leiden 1 keine erhebliche Behinderung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dar. Eine maßgebliche Behinderung bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht ausreichend begründbar. Ein behinderungsbedingter Rollstuhlbedarf ist aus den vorliegenden Befunden bzw. der ho. durchgeführten Untersuchung nicht ausreichend nachvollziehbar.

2.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

Mit Schreiben vom 28.02.2020 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein.

Mit Eingabe vom 24.03.2020 erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme, in der sie ausführte, sie verwende seit 16.05.2018 einen Rollstuhl wegen ihrer Bandscheiben. Die Schmerzen am Rücken seien mehr und schlechter geworden. Beim Gehen bekomme sie viele Schmerzen. Sie müsse oft zum Arzt wie Orthopädie und Physiotherapie gehen und es falle ihr schwer, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Mit der Stellungnahme legte sie einen weiteren Befund und eine Rechnung vor.

Der befasste Facharzt für Neurologie nahm in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2020 zu den erhobenen Einwendungen Stellung und führte aus wie folgt:

„Antwort(en):

Einwendung zum Parteiengehör, Vorgutachten 17.1.2020: es wird im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme schriftlich mit Einlangen 24.März 2020 abgegeben:

....verwende seit 16.5. einen Rollstuhl wegen meinen Bandscheiben. Die Schmerzen am Rücken sind mehr und schlechter geworden. Bei gehen bekomme ich viel Schmerzen, ich muss oft zum Arzt wie Orthopäde und Physiotherapeuten gehen und es ist mir schwer mit öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren.

Vorgutachten von 17.1.2020: Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung. Leiden 1 Gehörlosigkeit beidseits, Leiden 2 Bandscheibenvorfall L5/S1.

Neu beigebrachte Befunde:

Arztbrief Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie 18.3.2020: Diagnose: chron.

Lumbalgien, chron. Discopathie,

Therapie: Patientin wird mit orthopädischen Infiltrationen gehandelt. Ambulante Rehabilitation wurde in die Wege geleitet. Anamnestisch ist lt. Sohn eine OP der LWS geplant.

Weiters beigebracht eine Rechnung von der Firma Bständig vom 16.5.2018: Bezeichnung Kaution lautend auf XXXX , Gesamtsumme 80 Euro.

Rechnung zu Mietvertrag, aktuelle Laufzeit bis 13.7.2018,

Beantwortung:

Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden nach den Kriterien der EVO sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde.

Es werden nochmals die Beschwerden der Patientin angeführt. Weiters wird ein orthopädischer Befund ohne Status beigebracht mit der Diagnose: chron. Lumbalgien, chron. Discopathie.

Im Vorgutachten vom 17.1.2020 wird von der AW folgende Beschwerde angegeben: das Gefühl in der linken OE ist vermindert und sie hat starke Schmerzen im linken Bein eher nach S1 ziehend, vor allem der Vorfuß sei gefühllos, das linke Bein sei kalt. An Schmerzmedikation wird Tramadolor lediglich bei Bedarf eingenommen. Angabe von Einnahme von Parkemed, ein Rollstuhl wird verwendet, keine Peroneusschiene. Der Gang wird nicht frei vorgezeigt, nach der Untersuchung geht die AW von der Liege wenige Schritte zum Rollstuhl mit einer geringen Hinkschonhaltung und Vorfußheberschwäche links.

Die nochmalige Schilderung und Auflistung der Beschwerden, sowie der beigebrachte orthopädische Befund ergeben keine kalkülsrelevanten neuen Erkenntnisse. Eine Abänderung des bereits getroffenen Untersuchungsergebnisses kann daher nicht erfolgen und bleibt aufrecht.“

Mit angefochtenem Bescheid vom 16.06.2020 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Die nochmalige Schilderung und Auflistung der Beschwerde sowie der beigebrachte orthopädische Befund würden jedoch keine kalkülsrelevanten neuen Erkenntnisse ergeben. Eine Abänderung des bereits getroffenen Untersuchungsergebnisses könne daher nicht erfolgen. Mit dem Bescheid wurden der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme übermittelt.

Mit am 06.08.2020 eingelangtem Schreiben erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und erklärte sinngemäß, mit dem Ergebnis des von der belangten Behörde geführten Verfahrens nicht einverstanden zu sein.

Mit Schreiben vom 12.08.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo diese am selben Tag einlangten.

Das Bundesverwaltungsgericht erteilte der Beschwerdeführerin mit Erledigung vom 17.08.2020 einen Mängelbehebungsauftrag aufgrund von Inhaltsmängeln der Beschwerde im Sinne des § 9 Abs. 1 VwGVG.

Mit am 24.09.2020 eingelangter Mängelbehebung ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde dahingehend, dass sie mit dem Ergebnis des Verfahrens deshalb nicht einverstanden sei, weil sie wegen einem Problem an der Wirbelsäule und Rückenschmerzen öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen könne. Die Schmerzen seien schon mehr und sie verwende einen Rollstuhl. Mit der Mängelbehebung legte sie eine Kopie ihres Behindertenpasses vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 80 v. H.

Sie stellte am 14.10.2019 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) bzw. Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

-        Gehörlosigkeit beidseits

-        Bandscheibenvorfall L5/S1 li.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin trotz des Bandscheibenvorfalls L5/S1 zumutbar. Die Hörminderung stellt auch im Zusammenwirken mit dem Bandscheibenvorfall keine erhebliche Behinderung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel dar. Diese Umstände stellen zweifellos eine Beeinträchtigung des Alltagslebens dar, schränken jedoch den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich ein.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und der Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen medizinischen Sachverständigengutachten vom 28.02.2020 zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Behindertenpass und zur Antragsstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führt, gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 28.02.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.01.2020. Dabei berücksichtigte der Sachverständige die von der Beschwerdeführerin in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel.

Trotz der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen erreichen sowohl die Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit als auch die Einschränkungen bedingt durch die Gehörlosigkeit kein Ausmaß, das eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedingen würde.

Der Sachverständige stellte in der persönlichen Untersuchung am 17.01.2020 fest, dass das Gangbild der Beschwerdeführerin aufgrund des Bandscheibenvorfalls L5/S1 mäßiggradig, jedoch nicht ausgeprägt eingeschränkt ist. Der Gang sei nicht frei vorgezeigt worden, nach der Untersuchung sei die Beschwerdeführerin von der Liege wenige Schritte zum Rollstuhl mit einer geringen Hinkschonhaltung und Vorfußheberschwäche links gegangen. Die Beschwerdeführerin verwendete bei der Untersuchung einen Rollstuhl, ein behinderungsbedingter Bedarf dafür ist jedoch aus den vorliegenden Befunden und der Untersuchung nicht ausreichend nachvollziehbar. Hinweise auf Schwierigkeiten beim Erheben und Setzen sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin kann kurze Wegstrecken unter Zuhilfenahme einfacher Hilfsmittel selbstständig zurückzulegen und das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln sind nicht maßgeblich beeinträchtigt.

Der von der Beschwerdeführerin mit ihrer Stellungnahme vom 24.03.2020 vorgelegte orthopädische Befund vom 18.03.2020 wurde vom Sachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2020 berücksichtigt und enthält dessen nachvollziehbarer Einschätzung nach gegenüber dem Gutachten keine kalkülsrelevanten neuen Erkenntnisse.

Ergänzende medizinische Befunde legte die Beschwerdeführerin auch ihrer Beschwerde nicht bei. Die Beschwerdeführerin legte demnach im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Damit ist sie dem vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 28.02.2020. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

„§ 1 ….

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. …….

2. ……

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-         erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-         erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-         erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller

Fähigkeiten, Funktionen oder
-         eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-         eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1

Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)……“

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall relevant – Folgendes ausgeführt:

„Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-        Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-        hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-        schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-        nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-        anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

-        schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-        fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-        selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-        vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-        laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-        Kleinwuchs,

-        gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-        bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“

…“

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300–400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014)

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen –, wurde im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie vom 28.02.2020 nachvollziehbar verneint, dass im Fall der Beschwerdeführerin – trotz der bei ihr vorliegenden Gesundheitsschädigungen – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Bei der Beschwerdeführerin liegen ausgehend von diesem Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Weiters sind keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert. Auch unter Berücksichtigung der bei der Beschwerdeführerin bestehenden dauerhaften Einschränkungen, bedingt durch beidseitige Gehörlosigkeit und den Bandscheibenvorfall L5/1 und der damit verbundenen Beeinträchtigungen im Alltag, vermag die Beschwerdeführerin noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun. Die dazu seitens des Gesetzgebers festgehaltenen Erläuterungen wurden im gegenständlichen Fall berücksichtigt und bestärken diese die Einschätzung, dass der Beschwerdeführerin die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel trotz ihrer zweifelsohne vorhandenen und festgestellten Gesundheitsschädigungen zumutbar ist.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde, wie bereits erwähnt, keine weiteren Befunde vor, die geeignet wären, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung ihres Zustandes zu belegen.

Die für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass erforderliche Voraussetzung einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit sind somit nicht erfüllt. Für das Vorliegen weiterer Tatbestände des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen haben sich im gegenständlichen Fall keinerlei konkrete Anhaltspunkte ergeben. Auch erreichen die übrigen Einschränkungen der Beschwerdeführerin kein Ausmaß, welches die Benützung der Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen lässt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.       wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde iSd § 24 Abs. 1 VwGVG weder beantragt, noch hält Bundesverwaltungsgericht eine solche für erforderlich.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde von der belangten Behörde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W265.2233938.1.00

Im RIS seit

02.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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