TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/16 W207 2222873-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.10.2020
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Entscheidungsdatum

16.10.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W207 2222873-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 06.08.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen idgF abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte erstmals am 31.01.2018 unter Vorlage eines Befundkonvoluts einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), vom 09.10.2018 wurde dieser Antrag abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 30 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Dies erfolgte auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 04.09.2018, in dem auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung die Funktionseinschränkungen 1. „Abnützungserscheinungen des Stütz- und Bewegungsapparates“, Positionsnummer 02.02.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 30 v.H., 2. „Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus“, Positionsnummer 09.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 v.H. und 3. „Bluthochdruck“, Positionsnummer 05.01.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 v.H., festgestellt wurden. Es wurde ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Diesbezüglich wurde begründend ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die weiteren Leiden nicht erhöht werde, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliege. In diesem Gutachten wurde unter anderem auch ausgeführt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.

Am 21.01.2019 stellte die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines Befundkonvoluts erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.05.2019 ein. Nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 29.04.2019 wurde auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung – hier auszugsweise und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„…

Anamnese:

Vorgutachten vom 4.9.18 mit Anerkennung eine GdB von 30% wegen Abnützungserscheinungen des Bewegungs- und Stützapparates DM Typ 2, art. Hypertonie, Hüft TEP Bds (re 5/2002, links 3/2018)

Bauchfellentzündung 3/2000, malignes Melanom 6/96, Hysterektomie 11/92 Diskusprolaps L1/L2, Th12/Th1, Th9/Th10, Claudicatio spinalis LWS, Vertebrostenose L1/L2, L2/L3

Derzeitige Beschwerden:

"Ich habe Schmerzen im Rücken im LWS Bereich, ich kann nur kurz stehen, mein Mann hilft mir aus dem Rollstuhl auf die Couch, der Gatte macht alles im Haushalt."

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Blopress 16mg, Januvia, Pariet ,Diclofenac, Voltaren, Novalgin

Sozialanamnese:

verheiratet, 2 Kinder

ebenerdiges Reihenhaus

Berufsanamnese: Sekretärin in Pension

Hilfsmittel: Rollstuhl

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

MRT LWS 9/18: Osteochondrosen in sämtlichen. LWS Segmenten u. BWS, VErtebrostenose bei L1/ L2 durch breitaasigen v.a. dorsalen subligamentären Diskusprolaps als auch durch verdickte Lig. flava und deformierte Facettengelenke. Discusprolaps nicht an Größe zugenommen im Vergleich zu 15.2.17, unverändert subligamentäre Discos Prolaps Th12/L1, Veränderung nur geringe raumfordernde Wirkung. Schmorl'sche Hernie im Bereich der Grundplatte von Th12 mit begleitendem Knochenmarksödem, unveränderter Discusprolaps Th9/10, mit leichter Eindellung des Rückenmarks von zentral.

10/18: Reha XXX: Pat. ist zum Zeitpunkt der Entlassung selbständig und bedarf keiner Unterstützung durch professionelle Pflege.

18.2.19: Orthopädie Dr. G.: hochgradig multisegmentale Osteochondrose LWS, Varusgonarthrose bds, ISG Schmerz bds, hochgrad. deformierende Facettengelenksarthrosen, Discusherniation Th9/10, Lumbalgie, St.p. Hüft TEP bds, partielle Blockwirbelbildung L2-L4, Claudicatio spinalis LWS, Discusherniation L4/L5 und L5/S1, Vertebrostenose L1/L2, L2/L3

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht mehr möglich.

Pflegegeldnachweis: Stufe 2

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

zufriedenstellend

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 168,00 cm  Gewicht: 95,00 kg  Blutdruck: 145/90

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput/ Collum unauffällig, HNAP nicht druckdolent,

unauffälliges Hör und Sehvermögen

Cor: rein, ryhtmisch, normofrequent

Pulmo: frei, vA, keine pathologischen RG's

Abdomen: weich, kein Druckschmerz, keine pathologischen Resistenzen tastbar, Niere bds nicht klopfdolent

Haut: unauffällig

Schultergürtel/obere Extremitäten:

Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke unauffällig Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich.

Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Faustschluss ist komplett bds, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. seitengleiche regelrechte Muskelverhältnisse Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen nur für einige Sekunden möglich, danach Anhalten auf der Untersuchungsliege

Hüftgelenke bds: Narbe nach Hüfttotalendoprothese, keine Schmerzen bei Anwinkeln des Beines bds, Hüftbeugung unauffällig, kein Hw. für Prothesenlockerung

Sämtliche Gelenke klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften beidseits, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° möglich Fußpulse bds palpabel, Besenreiser bds, sonst keine tropischen Störungen normale seitengleiche Muskelverhältnisse der unteren Extremitäten, keine Ulzera, keine Sensibliltätsstörungen, keine radikulären Ausfälle. keine Beinödeme

Wirbelsäule:

Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet., Klopfschmerz über der Lendenwirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

Gesamtmobilität – Gangbild:

Gesamtmobilität eingeschränkt, Frau S. kommt sitzend im Rollstuhl in Begleitung des Gatten, Aufstehen aus dem Rollstuhl nur mit Hilfe des Gatten möglich, freies Stehen nur kurz möglich.

Gangbild nicht beurteilbar, da Gehen laut Probandin nicht möglich. zu Hause mit Rollstuhl mobil, Hilfe durch den Gatten

Status Psychicus:

allseits orientiert, Stimmungslage und Antrieb unauffällig, Konzentration unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Abnützungserscheinungen des Bewegungs- und Stützapparates, inkludiert Z.n. Hüfttotalendoprothese beidseits

unterer Rahmensatz, da erhebliche Einschränkung im Alltag trotz Schmerztherapie, ohne Opiattherapie, Kein Hw. auf Hüftprothesenlockerung

02.01.03

50

2

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

unterer Rahmensatz, da stabile Stoffwechsellage unter Monotherapie

09.02.01

20

3

Leichte Hypertonie

Monotherapie

05.01.01

10

                                             Gesamtgrad der Behinderung  50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch Fehlen einer maßgeblichen wechselseitigen Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

HE: nicht befunddokumentiert

Melanomentfernung am Rücken 1998: nicht befunddokumentiert, kein Hinweis für Rezidiv Zustand nach Dickdarmteilresektion bei gedeckter Perforation bei Divertikulitis 2004: nicht befunddokumentiert

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Leiden 1 des Vorgutachtens wird durch Verschlechterung um 2 Stufen erhöht.

Leiden 2 und 3 unverändert.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung erhöht sich um 2 Stufen.

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

keine. Frau S. präsentiert sich im Rollstuhl, "Gehen selbständig nicht möglich, Stehen nur für einige Sekunden, das Hinsetzen auf die Untersuchungsliege wird mit Hilfe des Gatten durchgeführt." Von seitens Frau S. wird nicht aktiv mitgearbeitet, eine entsprechende Beurteilung der Gehfähigkeit ohne Rollstuhl nicht wirklich erhebbar. Eine Rollstuhlmobililtät ist aus keinem der nachgereichten Befunde erhebbar, vor 6 Monaten nach Reha ist sie zum Zeitpunkt der Entlassung selbständig und Bedarf keiner Unterstützung durch professionelle Pflege. Im Rahmen der letzten Begutachtung 9/2018 war eine ausreichende Mobilität mit 2 Stützkrücken möglich, seither keine wesentliche Befundänderung bzw. keine wesentlichen radiologischen Veränderungen im MRT der Lendenwirbelsäule im Vergleich zu 2017. Somit kann eine Rollstuhlmobilität nicht nachvollzogen werden. Eine Parese bzw. dokumentierte komplette Einschränkung der Gehfähigkeit ist nicht befunddokumentiert. Eine einfache Gehhilfe kann zugemutet werden, sodaß eine kurze Gehstrecke möglich ist, das Ein- und Aussteigen bei üblichen Niveauunterschieden bei Z.n. Hüfttotalendoprothese ohne Hinweis auf Prothesenlockerung ohne wesentliche Funktionseinschränkung möglich, der sichere Transport im Verkehrsmittel gewährleistet, das Benutzen von Haltegriffen aufgrund Fehlen einer Funktionseinschränkung der oberen Extermität ist gegeben. Die Zumutbarkeit zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist somit gegeben.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

…“

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.05.2019 wurde der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages vom 21.01.2019 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragungen „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ und "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" würden vorliegen. Der Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt werden. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt. Das Gutachten vom selben Tag wurde der Beschwerdeführerin als Beilage zu diesem Schreiben übermittelt.

Mit Begleitschreiben der belangten Behörde vom 15.05.2019 wurde der Beschwerdeführerin ein unbefristeter Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Am 14.06.2019 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in ihren Behindertenpass.

Daraufhin wurde von der belangten Behörde betreffend die Frage der beantragten Zusatzeintragung eine „Sofortige Beantwortung“ des Ärztlichen Dienstes eingeholt. Darin wird – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„Der nachgereichte Befund (Dr. G., 18.02.2019, Diagnoseliste u. „Procedere“) ist bereits vorbekannt u. beinhaltet keine neuen Erkenntnisse hinsichtl. noch nicht ausreichend berücksichtigter, objektivierbarer, behinderungsrelevanter Funktionseinschränkungen und daher insbesondere auch nicht hinsichtl. der Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit d. öffentl. Vkm." und ist daher auch nicht geeignet, eine Änderung des bereits vorhandenen Begutachtungsergebnisses zu bewirken.“

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28.06.2019 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, wonach die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ nicht vorlägen; die „Sofortige Beantwortung“ vom 27.06.2019 wurde der Beschwerdeführerin mit diesem Schreiben übermittelt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Am 11.07.2019 langte bei der belangten Behörde ein Befund der Beschwerdeführerin eines näher genannten Orthopäden vom 10.07.2019 ein.

In der Folge wurde von der belangten Behörde eine Stellungnahme jener Ärztin für Allgemeinmedizin, welche das Vorgutachten vom 13.05.2019 erstellt hatte, vom 05.08.2019 eingeholt. Darin wird – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„Betrifft Ansuchen zur Vornahme einer Zusatzeintragung: Unzumutbarkeit d. Benützung öffentlicher Verkehrsmittel von Frau S. vom 11.6.2019:

Der eingebrachte orthopädische Befundbericht Dr. G. von 7/2019 beinhaltet keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht adäquat berücksichtigter, behinderungsrelevanter Gesundheitsschäden, insbesondere auch nicht hinsichtlich der Voraussetzungen für die „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel". Eine Änderung des bereits vorhandenen Begutachtungsergebnisses kann aufgrund dieses Attestes nicht bewirkt werden.

Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist somit zumutbar.“

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 06.08.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 14.06.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein ärztliches Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Die Stellungnahme vom 05.08.2019 wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Die Beschwerdeführerin brachte am 20.08.2019 fristgerecht ohne Vorlage von Beweismitteln eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.08.2019 folgenden Inhalts – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – ein:

„…

Ich bin mit einigen Darstellungen nicht ganz einverstanden z.B. dieser Absatz:

Die anzuwendenden rechtlichen Bestimmungen lauten:

Die Benützung öffentl. Verkehrsmittel ist dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe,……………… 

Fürs erste kann ich nicht einmal 100 Meter gehen, ich werde von meinen Mann mit Rollstuhl geführt.

Wenn Sie mir sagen können, wie ich mit einem Rollstuhl in die Straßenbahn oder Bus komme wäre ich Ihnen dankbar. Ich kann die Stufen in die Straßenbahn oder Bus nicht bewältigen.

Das ärztliche Begutachtungsverfahren wurde von einer Ärztin für Allgemeinmedizin erstellt. Ich habe ein Gutachten von einem renomierten Orthopäden eingebracht. Ich glaube ich brauche keinen weiteren Kommentar abzugeben.

Der Antragstellerin ist somit die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.

Übrigens der Rollstuhl wurde vom XXX-Krankenhaus beigestellt. Somit ist es medizinisch notwendig, da ich sonst überhaupt nicht beweglich wäre.“

Die belangte Behörde legte am 27.08.2019 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W264 zugewiesen.

Mit Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019, zugestellt am 19.12.2019, wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die eingebrachte Beschwerde offenkundige Inhaltsmängel aufweist und eine Verbesserungsfrist von vier Wochen eingeräumt.

Am 27.12.2019 langte folgendes Schreiben der Beschwerdeführerin – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – beim Bundesverwaltungsgericht ein:

„…

In Beantwortung Ihres Schreibens v.16.12.d.J möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

Zu Pkt.1: Bezeichnung des angefochtenen Bescheides: öffentliche Verkehrsmittel, U-Bahn, Straßenbahn, Autobus etc. sind für mich ohne fremde Hilfe nicht möglich und daher unzumutbar.

Zu Pkt.2: Bezeichnung der belangten Behörde: Sozialministeriumservice OB: XXX.

Das ärztliche Begutachtungsverfahren wurde von einer Ärztin für Algemeinmedizin erstellt. Ich habe 2 Gutachten (Prim. Dr. G. und Dr. T., beide namhafte Orthopäden) eingebracht. Ich glaube ich brauche keinen weiteren Kommentar abzugeben.

Zu Okt,3: Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist: Meine Beschwerde habe ich aufgrund des Schreibens (sofortige Beantwortung) v. 6.8.d.J am 15.8.dJ eingesandt und ist am 20.8.d.J. im Sozialministerium, Landestelle XXX eingelangt.

Ich ersuche um nochmalige Überprüfung meines Antrages und hoffe auf positive Erledigung.

Mit freundlichen Grüßen

Name und Unterschrift der Beschwerdeführerin“

Das Bundesverwaltungsgericht gab in der Folge am 03.03.2020 ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin in Auftrag.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 21.04.2020 der Gerichtsabteilung W264 (wegen einer beruflichen Veränderung) abgenommen und der Gerichtsabteilung W207 neu zugewiesen.

Am 28.07.2020 erging das am 03.03.2020 beauftragte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 05.06.2020. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wird – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„…

SACHVERHALT:

Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 6. 8. 2019, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.

Im Beschwerdevorbringen der BF vom 20.8.2019 wird eingewendet, dass sie nicht einmal 100 m gehen könne, von ihrem Mann mit dem Rollstuhl geführt werde und damit weder in die Straßenbahn noch in den Bus hineinkomme. Der Rollstuhl sei medizinisch indiziert und die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei nicht zumutbar.

Vorgeschichte:

HE, Melanomentfernung am Rücken 1998

2004 Zustand nach Dickdarmteilresektion bei gedeckter Perforation bei Divertikulitis

2002 Hüfttotalendoprothese rechts 

2018 Hüfttotalendoprothese links

Diabetes mellitus

Bluthochdruck

Zwischenanamnese seit 08/2019:

Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt.

Befunde:

Befund Dr. G. 18.2.2019 (hochgradige multisegmentale Osteochondrose der LWS, Varusgonarthrose beidseits, ISG Schmerz beidseits, hochgradig deformierende Facettengelenksarthrosen, Diskusherniation 9/10, Lumbalgie, Hüfttotalendoprothese beidseits, partielle Blockwirbelbildung L2 bis L4, Claudicatio spinalis LWS, Diskusherniation L4/L5 und L5/S1, Vertebrostenose L1/L2 und L2/L3. Der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht mehr möglich)

Befund Dr. G. 10.7.2019 (Diagnosenliste. Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar)

MRT der LWS 26.9.2018 (multisegmentale Osteochondrosen der LWS, Vertebrostenose L1/L2 bedingt durch Diskusprolaps, Ligamenta flava und deformierte Facettengelenke, der seit 2017 nicht an Größe zugenommen hat, unverändert auch Diskusprolaps Th 12/L1)

Pflegebericht Rehaklinik XXX 24.10.2018 (bei der Entlassung selbständig, bedarf keiner Unterstützung durch professionelle Pflege)

Amtsärztliches Gutachten 20.4.2010 (durch die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und in der rechten Hüfte in der Gehfähigkeit eingeschränkt)

Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichte Befunde:

keine

Sozialanamnese: verheiratet, 2 Kinder, lebt in Reihenhaus, Erdgeschoss + 1. Stock, kein Lift Berufsanamnese: Pensionistin

Medikamente: Januvia, Blopress plus, Novalgin, Adamon, Pariet

Allergien: 0

Nikotin: 0

Laufende Therapie im Zentrum für Allgemeinmedizin XXX und bei Facharzt für Orthopädie

Derzeitige Beschwerden:

„Beschwerden habe ich in der Lendenwirbelsäule und Halswirbelsäule und in den Hüftgelenken, die Schmerzen werden immer stärker, alles tut weh, alles ist schlechter geworden. Bekomme alle 2 Wochen Injektionen in die Lendenwirbelsäule. Die letzte Rehabilitation war 2018. Gefühlsstörungen habe ich im Bereich beider Oberschenkel vorne und Schmerzen und Gefühlsstörungen im Bereich beider Daumen.

Hergekommen sind wir mit dem Taxi.“

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand adipös.

Größe 168 cm, Gewicht 99 kg, Alter: 79 Jahre

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S bds 0/100, Rotation endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Zittern des rechten Arms

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen nicht möglich, Stehen mit Anhalten möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht durchgeführt.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten kurz möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Hüftgelenk beidseits: Narbe bei Hüfttotalendoprothese beidseits, kein Stauchungsschmerz, kein Rotationsschmerz.

Kniegelenk beidseits: mäßige Umfangsvermehrung und Konturvergröberung, keine Überwärmung, Patella mäßig verbacken, stabil.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften beidseits SO/85, IR/AR 5/0/25, Knie rechts 0/10/120 links 0/5/130 Rotation und, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. Narbe am Rücken rechts nach Melanomentfernung Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 30 cm, Rotation und Seitneigen jeweils 10°

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt im Rollstuhl in Begleitung des Gatten, das Gehen einige Schritte im Untersuchungszimmer ist breitbeinig, kleinschrittig, verlangsamt.

Das Aus- und Ankleiden wird mit Hilfe durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage gedrückt.

STELLUNGNAHME:

ad a) Diaqnosenliste:

1) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie

2) Hüfttotalendoprothese beidseits

3) Kniegelenksarthrose beidseits

4) Abnützungserscheinungen beider Schultergelenke

5) Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

6) Hypertonie

Stellungnahme zu beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

Erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten liegen nicht vor.

Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor. Weder im Bereich der Hüftgelenke bei Hüfttotalendoprothese beidseits noch Kniegelenke bei geringgradiger bis mäßiger Gonarthrose noch Sprunggelenke und Füße konnte eine höhergradige Funktionseinschränkung festgestellt werden.

Erhebliche Komorbiditäten der oberen Extremitäten liegen nicht vor, das Erreichen von Haltegriffen, das Festhalten ist unbeschränkt möglich, da ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich der gesamten oberen Extremität beidseits vorliegt.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen nicht vor.

Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellten sich ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand dar. Eine höhergradige kardiopulmonale Funktionseinschränkung oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektivierbar.

Leichte Belastungen, wie das Zurücklegen kurzer Wegstrecken von 300-400 m und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel, sind zumutbar und möglich.

Stellungnahme zur Auswirkung der festgestellten Leidenszustände auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit nachgewiesener Vertebrostenose L1/L2 (seit 2017 nicht an Größe zugenommen) führt zu keiner dokumentierten absoluten Einengung des Spinalkanals, eine Myelopathie ist nicht nachgewiesen.

Weder liegen eine höhergradige Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule vor noch ein Hinweis auf ein radikuläres Defizit.

Die Hüfttotalendoprothese beidseits mit geringgradiger Einschränkung des Bewegungsumfangs weist keinen Hinweis auf Lockerung auf.

Im Bereich der Kniegelenke liegen mäßige Einschränkungen im Bewegungsumfang vor, eine hochgradige Funktionseinschränkung liegt nicht vor.

Die Abnutzungen der Schultergelenke sind geringgradig ausgeprägt.

Diabetes mellitus ohne Nachweis einer diabetischen Polyneuropathie führt zu keiner Einschränkung hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung, Bluthochdruck ist medikamentös eingestellt.

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.

Anhand des beobachteten Gangbilds - im Untersuchungszimmer breitbeinig, kleinschrittig, verlangsamt -, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten, und der derzeitigen Therapieerfordernis (Novalgin, Adamon) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren könnten.

Eine Therapierefraktion hinsichtlich der angegebenen Beschwerden ist nicht gegeben, da von einer Intensivierung multimodaler konservativer Maßnahmen, insbesondere analgetischer und physikalischer Therapie, eine Beschwerdeerleichterung zu erwarten wäre.

Somit ist das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 min, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, möglich, ein neurologisches Defizit liegt nicht vor.

Das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend.

Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, eine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Das Anhalten ist nicht erheblich erschwert, erhebliche Funktionseinschränkungen beider oberer Extremitäten insbesondere der Hände konnten nicht festgestellt werden.

Die behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollstuhls zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken von 300-400 m ist durch festgestellten Funktionseinschränkungen und dokumentierte Leiden, insbesondere durch die bildgebende Diagnostik, nicht ausreichend begründbar.

ad b) Stellungnahme zu Leiden 1 des Vorgutachtens und vorgelegten Befunden hinsichtlich Verschlimmerung bzw. Befundänderung

Tatsache ist, dass im MRT der Lendenwirbelsäule vom 26.9.2018 im Vergleich zum Befund vom 15.2.2017 keine relevante Änderung beschrieben wird.

Ein aktueller Befund eines MRT der Lendenwirbelsäule bzw. weitere Befunde der bildgebenden Diagnostik liegen nicht vor.

Die aktuelle gutachterliche Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel stützt sich auf den vorgelegten Befund des MRT vom 26.9.2018 und das aktuelle Untersuchungsergebnis und berücksichtigt, dass weder aktuelle Befunde der Bildgebung noch Befunde über interventionelle therapeutische Eingriffe (zum Beispiel CT- gezielte Infiltrationen) oder Befunde einer Schmerzambulanz oder physikalische Behandlungen, Kur- oder Rehabilitationsaufenthalte vorliegen, welche maßgebliche und anhaltende Beschwerden dokumentieren könnten.

Im Vorgutachten vom 29.4.2019 wird auf Seite 5 ausführlich und schlüssig auf die Kriterien hinsichtlich Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingegangen. Die Ausführungen werden aus fachärztlicher Sicht in vollem Umfang unterstützt.

Im Vergleich zum Gutachten vom 6.6.2018 ist es zu einer Zunahme der analgetischen Therapie gekommen, angegeben wurden im Rahmen der Begutachtung vom 29.4.2019 und aktuell Medikamente im WHO Stufenschema 1 (Diclofenac = Voltaren, Novalgin).

Zwar wurde im Gutachten vom 29.4.2019 nicht explizit die Zunahme der analgetischen Behandlungserfordernis als Begründung für die Neueinstufung von Leiden 1 angeführt, dies ist jedoch anzunehmen.

Somit ist kein Widerspruch erkennbar.

Es liegt weder eine Befundänderung vor noch eine Änderung der bildgebenden Diagnostik, jedoch eine Zunahme der analgetischen Behandlungserfordernis, sodass eine Neueinstufung vorgenommen wurde.

ad c) Das Beiziehen weiterer Sachverständiger aus anderen Teilbereichen der Medizin wird nicht für erforderlich erachtet. Die für beantragte Zusatzeintragung relevanten Funktionsprüfungen sind aus den vertretenen Fachgebieten in ausreichendem Umfang möglich.“

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.08.2020, der Beschwerdeführerin zugestellt am 03.09.2020, wurden die Parteien des Verfahrens über das Ergebnis der Beweisaufnahme unter Übermittlung des medizinischen Sachverständigengutachtens vom 28.07.2020 in Kenntnis gesetzt. Den Parteien wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben, dies unter Hinweis darauf, dass, sollten die Parteien des Verfahrens eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen, das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden und seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme Anderes erfordere.

Die belangte Behörde erstattete innerhalb der ihr dafür eingeräumten Frist keine Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 05.09.2020, eingelangt am 09.09.2020, brachte die Beschwerdeführerin dem Bundeverwaltungsgericht ohne Vorlage neuer Beweismittel eine Stellungnahme folgenden Inhalts, hier in anonymisierter Form wiedergegeben, ein :

„Sehr geehrte Damen und Herren!

Gegen die Verständigung v.31,8,d,J. (eingelangt am 3.9.dJ.) lege ich Berufung ein.

Der Grund ist der, dass einige meiner Angaben von Frau Dr. G. nicht richtig dargestellt wurden sind.

1.       Es bersteht eine Treppenlift v. Erdgeschoss in den 1.Stock.

2.       Beinlänge ident (linkes Bein 1 cm länger) lt.Befund v. XXX-Krankenhaus.

3.       Diabetes mellitus (Einnahme Januvia)

4.       Habe sehr starke Schmerzen trotz Medikamente

5.       300-400 Gehstrecke ist nicht möglich (max,5 m)

6.       Rollstuhl ist vom XXX-Krankenhaus verordnet, das wird doch seinen Grund haben.

7.       Gezielte Computerinfiltrationen wurden 3 x durchgeführt. 2 x bei Dr.G. und 1 x bei Rehab. Leider haben diese Infiltrationen zu keiner Besserung der Schmerzen geführt. 1 x Spinliner-Therapie, 14tägige Infiltration bei Dr.G..

Beziehe derzeit Pflegestufe 4. Für eine weitere Untersuchung ersuche ich um einen Hausbesuch, da es mir nicht mehr möglich ist diese Strapazen auf mich zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Name und Unterschrift der Beschwerdeführerin“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.

Die Beschwerdeführerin stellte am 14.06.2019 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden im Zusammenhang mit der Frage der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevanten Funktionseinschränkungen:

?        Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie

?        Hüfttotalendoprothese beidseits

?        Kniegelenksarthrose beidseits

?        Abnützungserscheinungen beider Schultergelenke

?        Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

?        Hypertonie

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.07.2020, das die Ergebnisse des von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die Beurteilung der Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel bestätigt, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. sowie zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führt, gründet sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 28.07.2020. Dieses Sachverständigengutachten beruht auf einer aktuellen persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin.

Unter Berücksichtigung sämtlicher von der Beschwerdeführerin ins Verfahren eingebrachter medizinischer Unterlagen und nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin wurde von der medizinischen Sachverständigen auf Grundlage der zu berücksichtigenden und unbestritten vorliegenden Funktionseinschränkungen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin aktuell zumutbar ist.

Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene medizinische Sachverständige gelangte unter den von ihr geprüften Gesichtspunkten zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, möglich ist, ein neurologisches Defizit liegt nicht vor. Das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, der Bewegungsumfang der Gelenke der unteren Extremitäten ist ausreichend. Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, eine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangunsicherheit konnte nicht festgestellt werden. Das Anhalten ist nicht erheblich erschwert, erhebliche Funktionseinschränkungen beider oberer Extremitäten, insbesondere der Hände, konnten nicht festgestellt werden.

Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor. Weder im Bereich der Hüftgelenke bei Hüfttotalendoprothese beidseits noch Kniegelenke bei geringgradiger bis mäßiger Gonarthrose noch Sprunggelenke und Füße konnte eine höhergradige Funktionseinschränkung festgestellt werden. Erhebliche Komorbiditäten der oberen Extremitäten liegen nicht vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist unbeschränkt möglich, da ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich der gesamten oberen Extremität beidseits vorliegt.

Auch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit liegen nicht vor. Im Rahmen der klinischen Untersuchung am 05.06.2020 stellten sich ein guter Allgemeinzustand und ein adipöser Ernährungszustand dar. Eine höhergradige kardiopulmonale Funktionseinschränkung oder anderweitige Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit ist nicht objektiviert. Leichte Belastungen, wie das Zurücklegen kurzer Wegstrecken von 300-400 m und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel, sind daher zumutbar und möglich.

Die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit nachgewiesener Vertebrostenose L1/L2 (seit 2017 nicht an Größe zugenommen) führen zu keiner dokumentierten absoluten Einengung des Spinalkanals, eine Myelopathie ist nicht nachgewiesen. Weder liegen eine höhergradige Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule vor noch ein Hinweis auf ein radikuläres Defizit. Die Hüfttotalendoprothese beidseits mit geringgradiger Einschränkung des Bewegungsumfangs weist keinen Hinweis auf Lockerung auf. Im Bereich der Kniegelenke liegen mäßige Einschränkungen im Bewegungsumfang vor, eine hochgradige Funktionseinschränkung liegt nicht vor. Die Abnützungen der Schultergelenke sind geringgradig ausgeprägt. Der Diabetes mellitus ohne Nachweis einer diabetischen Polyneuropathie führt zu keiner Einschränkung hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung, der Bluthochdruck ist medikamentös eingestellt.

Diese Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen finden Bestätigung in ihren Aufzeichnungen zur persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 05.06.2020 im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung („Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand adipös. Größe 168 cm, Gewicht 99 kg, Alter: 79 Jahre Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen Thorax: symmetrisch, elastisch Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Integument: unauffällig; Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S bds 0/100, Rotation endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar. Zittern des rechten Arms; Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen nicht möglich, Stehen mit Anhalten möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht durchgeführt. Der Einbeinstand ist mit Anhalten kurz möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Hüftgelenk beidseits: Narbe bei Hüfttotalendoprothese beidseits, kein Stauchungsschmerz, kein Rotationsschmerz. Kniegelenk beidseits: mäßige Umfangsvermehrung und Konturvergröberung, keine Überwärmung, Patella mäßig verbacken, stabil. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Hüften beidseits SO/85, IR/AR 5/0/25, Knie rechts 0/10/120 links 0/5/130 Rotation und, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. Narbe am Rücken rechts nach Melanomentfernung Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich BWS/LWS: FBA: 30 cm, Rotation und Seitneigen jeweils 10° Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar. Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt im Rollstuhl in Begleitung des Gatten, das Gehen einige Schritte im Untersuchungszimmer ist breitbeinig, kleinschrittig, verlangsamt. Das Aus- und Ankleiden wird mit Hilfe durchgeführt. Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage gedrückt.“).

Daraus ergibt sich, auch bestätigt durch die von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen, dass bei der Beschwerdeführerin zwar unbestritten nicht unbeträchtliche Funktionseinschränkungen vorliegen, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, dass aber die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde bzw. im Schreiben vom 05.09.2020 vorgebrachten, subjektiv empfundenen Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (insbesondere, dass sie keine 300-400 m gehen könne, sie werde von ihrem Mann im Rollstuhl geführt) nicht in entsprechendem Ausmaß - im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder der körperlichen Belastbarkeit nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen - objektiviert werden konnten.

Das aktuelle behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollstuhls zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken von 300-400 m ist durch die festgestellten Funktionseinschränkungen und dokumentierten Leiden, insbesondere durch die bildgebende Diagnostik, nicht ausreichend begründbar und daher nicht objektiviert. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verfahren, ihr sei der Rollstuhl von einem näher genannten Krankenhaus verordnet worden, ist festzuhalten, dass von der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren (und im Übrigen auch in den Vorverfahren) kein entsprechender Befund, der das medizinisch indizierte unabdingbare Erfordernis der Verwendung eines Rollstuhles belegen würde, in Vorlage gebracht und dieses Vorbringen daher – abgesehen davon, dass es im gegenständlichen Verfahren auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden konnte – von der Beschwerdeführerin nicht durch entsprechende medizinische Unterlagen belegt wurde. Dies gilt auch für das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr linkes Bein sei 1 cm länger als das rechte. Letzteres wäre aber im Übrigen auch nicht geeignet, eine dermaßen erhebliche Beeinträchtigung darzutun, die eine Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar erscheinen lassen würde: in den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend – ausgeführt, dass eine erhebliche Funktionseinschränkung in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegt.

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, konnten nur indirekt erfasst werden. Anhand des beobachteten Gangbilds - im Untersuchungszimmer breitbeinig, kleinschrittig, verlangsamt -, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten, und des derzeitigen Therapieerfordernisses (Novalgin, Adamon) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren würden.

Die aktuelle sachverständige Beurteilung stützt sich auf den von der Beschwerdeführerin vorgelegten MRT-Befund vom 26.09.2018 und das aktuelle Untersuchungsergebnis und berücksichtigt zutreffend, dass weder aktuelle Befunde der Bildgebung noch Befunde über interventionelle therapeutische Eingriffe (zum Beispiel CT-gezielte Infiltrationen) oder Befunde einer Schmerzambulanz oder physikalische Behandlungen, Kur- oder Rehabilitationsaufenthalte von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurden, welche maßgebliche und anhaltende Beschwerden dokumentieren könnten. Wenn nun im aufgrund des eingeräumten Parteiengehörs ergangenen Schreiben der Beschwerdeführerin vom 05.09.2020 ausgeführt wird, dass sehr wohl gezielte CT-Infiltrationen durchgeführt worden seien, welche allerdings zu keiner Besserung der Schmerzen geführt hätten, so ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass von der Beschwerdeführerin zum einen keinerlei Befunde betreffend die Vornahme allfälliger CT-Infiltrationen vorgelegt wurden und dass zum anderen aber allein mit der Durchführung von Infiltrationen noch keine dermaßen erheblichen, über das aktuelle Untersuchungsergebnis hinausgehende Leidenszustände bzw. deren Auswirkungen objektiviert wären, die per se zu einer Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führen könnten.

Auch ist nicht von einer Therapierefraktion - gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sind bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen - hinsichtlich der angegebenen Beschwerden auszugehen, da entsprechend dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten von einer Intensivierung multimodaler konservativer Maßnahmen, insbesondere analgetischer und physikalischer Therapie, eine Erleichterung der Beschwerden zu erwarten wäre.

Im Schreiben vom 05.09.2020 wird schließlich vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin Pflegegeld der Stufe 4 beziehe. Dazu ist zunächst auszuführen, dass der Bezug von Pflegegeld der Stufe 4 von der Beschwerdeführerin nicht durch einen entsprechenden Bescheid belegt wurde. Im Verwaltungsakt liegt lediglich ein Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.11.2015 betreffend den Bezug von Pflegegeld der Stufe 2 auf. Ganz grundsätzlich ist aber darauf hinzuweisen, dass sich die Bestimmungen im Verfahren zur Erlangung des Pflegegeldes von den Kriterien der Einschätzungsverordnung bzw. der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, die für die verfahrensgegenständlich beantragte Zusatzeintragung relevant sind, unterscheiden und die jeweilige Beurteilung sohin auf Basis unterschiedlicher und damit nicht unmittelbar vergleichbarer Rechtsgrundlagen zu erfolgen hat.

Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel tätigte die Beschwerdeführerin daher im Beschwerdeverfahren kein Vorbringen, das die Beurteilungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen entkräften

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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