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StVONorm
StVO 1960 §48 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth über die Beschwerde des Dr. FK in G, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. September 1984, Zl. I/7-St-K-83334, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. September 1984 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe „am 1. Juli 1983 um 14.20 Uhr als Lenker des Personenkraftwagens mit dem behördlichen Kennzeichen ... im Gemeindegebiet von Gföhleramt auf der Landeshauptstraße 55 im Zuge“ seiner „Fahrt in Richtung Gföhl in der Siedlung ‚Niederlage‘ beim Haus Nr. 113 die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens ‚Geschwindigkeitsbeschränkung‘ erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h überschritten“. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10 a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn unter Berufung auf § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzarreststrafe 1 Tag) verhängt werde.
Dem Berufungsvorbringen, wonach die im Gegenstande erfolgte Radarmessung nicht angezeigt worden sei, hielt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen, daß die Behörde zufolge § 96 Abs. 8 StVO 1960 eine mit Geschwindigkeitsmeßgeräten vorgenommene Überwachung anzuzeigen habe. Auf Grund des Umstandes, daß der Gesetzgeber das Zeitwort „vornehmen“ im Mittelwort der Vergangenheit (vorgenommene) gebraucht habe, müsse geschlossen werden, daß die Geschwindigkeitsmessung erst dann anzuzeigen sei, wenn sie bereits stattgefunden habe. Diesem Gesetzesbefehl sei die Behörde dadurch nachgekommen, daß der Beschwerdeführer nach der erfolgten Radarmessung von einem Gendarmeriebeamten angehalten und darauf aufmerksam gemacht worden sei, es habe die soeben stattgefundene Geschwindigkeitsmessung seines Personenkraftwagens eine Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h (gemessene Geschwindigkeit: 98 km/h) ergeben. „Wie dem Ausschußbericht entnommen werden“ könne, sei mit der 10. StVO-Novelle der zitierte Abs. 8 dem § 96 StVO 1960 deshalb angefügt worden, um dadurch die Verkehrssicherheit zu heben. Eine gesetzliche Verpflichtung, eine unmittelbar bevorstehende Radarmessung anzuzeigen, würde aber das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes (Hebung der Verkehrssicherheit) erreichen, da sich die Kraftfahrer an allen jenen Straßenstellen, an denen ein Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende Radarmessung fehle, vor einer Feststellung der Geschwindigkeit mit einem technischen Meßgerät „sicher fühlen“ würden. Andererseits sei die Anzeige einer mit Geschwindigkeitsmeßgeräten vorgenommenen (also bereits stattgefundenen) Überwachung im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs sinnvoll, weil der Kraftfahrer sofort nach der Messung erfahre, daß seine Geschwindigkeit soeben festgestellt worden sei, wodurch der erzieherische Effekt der Geschwindigkeitsüberwachung sofort und nicht erst nach Verständigung von der Anzeige, die oft erst Wochen nach der Messung erfolge, eintrete.
In der Folge zitierte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides das der behaupteten mangelhaften Kundmachung der Geschwindigkeitsbeschränkung gewidmete Berufungsvorbringen und führte dazu aus, dieses lasse nicht erkennen, weshalb nach Auffassung des Beschwerdeführers der Abstand zwischen dem unteren Rand des Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn nicht der Vorschrift des § 48 Abs. 5 StVO 1960 entspreche. Auf ein derart allgemein gehaltenes Vorbringen, der Höhenabstand werde unterschritten, müsse nicht eingegangen werden. Bezüglich des Unterschreitens des Abstandes hätte der Beschwerdeführer konkrete Ausführungen machen müssen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend den seitlichen Abstand gemäß § 48 Abs. 5 StVO 1960 hielt die belangte Behörde entgegen, wegen des bloß allgemeinen Hinweises des Beschwerdeführers, die Breite des Straßenbankettes sei in den Seitenabstand des aufgestellten Straßenverkehrszeichens einzurechnen, würden die Ausführungen des Beschwerdeführers auch in diesem Punkt keine dezidierten Angaben enthalten, inwieweit die Mindestentfernung unterschritten bzw. die zulässige Maximalentfernung überschritten worden sei, wobei noch zu bedenken sei, daß das Gesetz in Ausnahmefällen eine Unter- bzw. Überschreitung sogar als zulässig erkläre. Schließlich legte die belangte Behörde noch die für die Strafbemessung maßgebenden Erwägungen dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In Erwiderung auf die dem Fragenkomplex des S 96 Abs. 8 StVO 1960 gewidmeten Beschwerdeausführungen genügt ein Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1984, Zl. 84/03/0020, in welchem der Gerichtshof ausgeführt hat, daß ein Verstoß der Behörde gegen die Anzeigepflicht des § 96 Abs. 8 leg. cit. eine in ihrem Bereich vorgenommene Überwachung der Geschwindigkeit mit Meßgeräten nicht allein schon aus diesem Grunde rechtswidrig macht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses hingewiesen. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die von der belangten Behörde im Wege der grammatikalischen Interpretation der zitierten Bestimmung gewonnene Ansicht, es habe eine „Nachankündigung“ zu erfolgen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verweist der Beschwerdeführer ferner auf jene Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, denenzufolge er präzise Angaben zur Frage der Einhaltung der Vorschriften des § 48 Abs. 5 StVO 1960 über den Höhen- und Seitenabstand des die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung kundmachenden Straßenverkehrszeichens unterlassen habe, und meint, er habe in seiner Berufung ausdrücklich gerügt, daß dieses Straßenverkehrszeichen nicht der Vorschrift des § 48 Abs. 5 StVO 1960 entsprechend angebracht sei. Ferner habe er ausgeführt, der untere Rand sowie der der Fahrbahn zunächst liegende Rand des Verkehrszeichens würden Abstände aufweisen, welche das im Gesetz vorgeschriebene Ausmaß hinsichtlich des Seitenabstandes über- und bezüglich des Höhenabstandes unterschritten. Damit liege aber bereits eine ordnungsgemäße Berufungsausführung vor und es sei nicht notwendig, das metrische Maß der Über- bzw. Unterschreitung zahlenmäßig genau anzuführen. In dieser Hinsicht liege eine Mangelhaftigkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides vor, weil die belangte Behörde auf das Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht eingegangen sei und weder ein Ermittlungsverfahren in dieser Richtung eingeleitet, noch im angefochtenen Bescheid die Abstände der Straßenverkehrszeichen angeführt habe.
Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken:
Die gesetzmäßige Anbringung der Straßenverkehrszeichen nach den Vorschriften der §§ 48 ff StVO 1960 gehört zwar zur ordentlichen Kundmachung von Verordnungen, sodaß der Verwaltungsgerichtshof die in Rede stehende Verordnung über eine Geschwindigkeitsbeschränkung am Tatort im Falle der nicht gehörigen Kundmachung nicht anzuwenden hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1977, Slg. N. F. Nr. 9283/A), doch kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich aus § 48 Abs. 5 StVO 1960 eine Verpflichtung zur zentimetergenauen Einhaltung der Höchst- und Mindestmaße für die Anbringung von Straßenverkehrszeichen ergibt (vgl. in diesem Sinne das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 7724).
Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers könnte daher nur unter der Annahme eines wesentlichen Verstoßes gegen die erwähnte straßenpolizeiliche Vorschrift vorliegen, weshalb es im Lichte des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG am Beschwerdeführer gelegen gewesen wäre, in der Beschwerde diesbezügliche detaillierte Angaben zu machen, die dem Gerichtshof eine Prüfung des behaupteten Verfahrensmangels auf seine Wesentlichkeit ermöglicht hätten. Ungeachtet der Frage, ob die belangte Behörde zu Recht die Auffassung vertreten hat, zu einem Eingehen auf das allgemein gehaltene Berufungsvorbringen nicht verpflichtet gewesen zu sein, findet der Gerichtshof im Beschwerdefall keinen Anlaß, das geschilderte, nicht konkretisierte Beschwerdevorbringen zum Anlaß zu nehmen, den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b oder c VwGG aufzuheben.
Da der Beschwerdeführer im übrigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht hat und eine solche auch im Rahmen der amtswegigen Prüfung des Gerichtshofes nicht festgestellt werden konnte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 leg. cit. in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 13. Februar 1985
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1985180024.X00Im RIS seit
01.12.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020