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Baurecht - TirolNorm
BauO Tir 1978 §25 litfBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Würth, Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde des HR in A, vertreten durch Dr. Dietmar Ritzberger, Rechtsanwalt in Schwaz, Innsbrucker Straße 9/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. September 1986, Ve-550-1275/2, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch Dr. Franz Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria Theresien-Straße 42/II), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von S 8.180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. Mai 1986 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Baubehörde erster Instanz nach Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 20. Februar 1986 auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines transportablen Stehbuffets zum Verkauf von Imbissen und Getränken auf der Gp. 1392/1 KG A für die Zeit vom 1. Dezember bis 30. April eines jeden Jahres gemäß § 31 Abs. 4 lit. a und c der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 43/1978, mit der Begründung ab, daß das Bauvorhaben den §§ 11 und 15 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG) sowie dem § 7 der Tiroler Bauordnung widerspreche.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 4. August 1986 ab, wobei in der Begründung im wesentlichen ausgeführt wurde, daß im Freiland nur die Errichtung von land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden zulässig sei. Darüber hinaus seien An- und Zubauten an bestehende Gebäude möglich, sofern die Baumasse des Anbaues im Verhältnis zur Baumasse des Bestandes gering sei. Da die bereits daneben stehenden Gebäude nicht dem Beschwerdeführer gehörten, könne von keinem Anbau gesprochen werden. Daher sei gemäß § 15 TROG keine Genehmigung möglich. Trotz der positiven Stellungnahme der Wildbach- und Lawinenverbauung, die die Nutzung für den Winterbetrieb gestatte, dürfe im Freiland und in der „roten Gefahrenzone“ gemäß § 4 Abs. 1 TBO und § 11 Abs. 2 TROG eine Baugenehmigung nicht erteilt werden. Zudem sei der nötige Abstand zur Gp. 1937/1 von mindestens 3,00 m im Freiland laut dieser Planvorlage nicht gegeben. Im übrigen liege eine ortsfeste - und daher bewilligungspflichtige - Benützung im Sinne des § 25 TBO bereits dann vor, wenn ein Verkaufswagen nur vorübergehend genutzt werde, aber für diesen eine Vorrichtung für die Sturm- und Kippsicherung vorhanden sei. Zudem sei bei Verkaufswägen gemäß § 33 Abs. 2 TBO auf das Orts-, Landschafts- und Straßenbild ein besonderes Augenmerk bei der Genehmigung zu legen. Auch sei die Errichtung des Stehbuffets im Kreuzungsbereich der Landesstraße aus der Sicht der Verkehrssicherheit problematisch, da zu befürchten sei, daß der Kreuzungsbereich von haltenden Besucherfahrzeugen verlegt werde.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, daß es sich bei dem „fahrbaren Stehbuffet“ um eine bauliche Anlage vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 32 TBO (richtig: § 33 TBO) handle, welche Rechtsansicht auch der Gemeindevorstand zu teilen scheine, wenn er in seinem Bescheid vermerke, daß „zudem bei Verkaufswägen auf das Orts-, Landschafts- und Straßenbild gemäß § 33 Abs. 2 TBO ein besonderes Augenmerk bei der Genehmigung zu legen ist“. Der Gemeindevorstand verkenne jedoch die Rechtsnatur dieser Bestimmung, wenn er meine, daß im Falle des § 33 Abs. 2 TBO ein besonderes Augenmerk auf diese Umstände zu richten sei. Bei der Bestimmung des § 33 TBO handle es sich um einen privilegierenden Tatbestand für bauliche Anlagen lediglich vorübergehenden Bestandes und könne die Behörde vom Vorliegen einzelner, für die Erteilung der Bewilligung nach § 31 TBO erforderlicher Voraussetzungen absehen, wenn bestimmte Umstände nicht entgegenstehen. Im übrigen sei die Ablehnung des Bauvorhabens lediglich gemäß § 31 Abs. 4 lit. a und c, nicht aber gemäß lit. d TBO erfolgt. Für den Fall einer Ablehnung aus Gründen des Ort-, Straßen- oder Landschaftsbildes müßte eine „erheblich nachteilige Beeinflussung“ vorliegen, welche keinesfalls gegeben sei. Jedenfalls müßte für den Fall einer Ablehnung gemäß § 31 Abs. 4 lit. d ein Sachverständigenbeweis dahingehend erbracht werden, als eine erheblich nachteilige Beeinflussung des Orts-, Straßen- oder Landschaftsbildes gegeben sei. Hinsichtlich der Ablehnung aus Gründen der „Verkehrssicherheit“ werde darauf verwiesen, daß die von den Gemeindebehörden im Verfahren eingeholten Beweismittel keine ausreichende Grundlage für eine entsprechende Sachverhaltsfeststellung gewesen seien, wobei darauf verwiesen werde, daß die Landesstraßenverwaltung in ihrer Stellungnahme anläßlich der Verhandlung vom 10. Oktober 1985 deponiert habe, daß der Errichtung des Imbißstandes als fahrbarem Verkaufsstand für eine Wintersaison unter Einhaltung der nunmehr planlich festgelegten Abstände zugestimmt werde, wobei innerhalb dieses Zeitraumes Erfahrungswerte gesammelt werden könnten, inwieweit es „verkehrlich“ im Kreuzungsbereich vor dem Verkaufsstand zu Problemen komme.
In der Vorstellung wird weiters hinsichtlich der Ablehnung aus Gründen der Freilandwidmung, der Kennzeichnung des Gebietes als „rote Gefahrenzone“ und der Nichteinhaltung von Abständen zur Grundgrenze auf § 33 TBO verwiesen, wonach eben vom Vorliegen einzelner Voraussetzungen abgesehen werden könne. Primärer Zweck des § 15 TROG sei die Verhinderung einer Zersiedelung von Freilandflächen mit feststehenden Bauten. Da der gegenständliche Verkaufswagen an einer Stelle aufgestellt werde, auf welcher sich derzeit eine Garage befinde, könne von einer „Zersiedelung“ nicht gesprochen werden. Nach der positiven Stellungnahme der Wildbach- und Lawinenverbauung sei die Nutzung für den Winterbetrieb auch in der roten Gefahrenzone möglich. Da die im § 33 Abs. 2 TBO angeführten „öffentlichen Interessen“ der Erteilung der Baubewilligung nicht entgegenstehen, hätte die Behörde von einzelnen, für die Erteilung der Baubewilligung erforderlichen Voraussetzungen absehen können bzw. im Sinne einer richtigen Ermessensübung absehen müssen.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) vom 19. September 1986 wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, daß gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz TBO die Bewilligung für bauliche Anlagen, die nur für einen vorübergehenden Bestand bestimmt sind, wie Baustelleneinrichtungen, Unterkünfte in Notfällen, Veranstaltungszelte udgl., nur für die voraussichtliche Dauer dieses Bestandes befristet, höchstens aber für die Dauer von fünf Jahren erteilt werden dürfe.
Bei dem in Rede stehenden transportablen Verkaufswagen, welcher in der Wintersaison in der Zeit vom 1.12. bis 30.4. eines jeden Jahres aufgestellt werden soll, handle es sich nach dem gestellten Bauantrag, trotz der technischen Möglichkeit, diesen Kiosk täglich zu- und abzutransportieren, um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben nach § 25 lit. f TBO, für welches nach Ansicht der belangten Behörde nicht erkennbar sei, daß dieses „Gebäude“ nur für einen vorübergehenden Bestand im Sinne der genannten Gesetzesstelle bestimmt sei.
Da aus dem Akteninhalt hervorgehe, daß beabsichtigt sei, den Kiosk für die Wintersaison, nämlich in der Zeit vom 1.12. bis 30.4. eines jeden Jahres, also nach Jahren unbefristet, aufzustellen, handle es sich dabei um kein Gebäude vorübergehenden Bestandes im Sinne der angezogenen Gesetzesstelle. Es entspreche der Gesetzeslage, wenn die Baubehörden im Ergebnis richtig das Bauansuchen zur Errichtung des fahrbaren Stehbuffets zum Verkauf von Imbissen und Getränken, welches unzweifelhaft keinen Bau darstelle, der der Landwirtschaft zuzuordnen sei, zufolge Widerspruches zur vorhandenen Widmung Freiland nach § 15 TROG im Flächenwidmungsplan für die Gemeinde gemäß § 31 Abs. 4 lit. a TBO abgewiesen haben. Da das Bauansuchen unbestrittenermaßen auch den zur Gp. 1937/1 nach § 7 Abs. 1 lit. a TBO zwingend erforderlichen Mindestabstand von 3 Metern nicht einhalte, habe es ebenfalls der Rechtslage entsprochen, wenn auch aus diesem Grunde das Bauansuchen gemäß § 31 Abs. 4 lit. c TBO abgewiesen wurde. Da der Verkaufswagen sowohl der Widmung Freiland als auch den zwingenden Abstandsbestimmungen der Tiroler Bauordnung nicht entspreche, sei es entbehrlich, sich mit dem weiteren Vorbringen über die Auswirkungen auf das Ort-, Straßen- und Landschaftsbild auseinanderzusetzen, aus welchen Gründen im übrigen eine Abweisung des Bauansuchens nicht erfolgt sei. Auf Grund der aufgezeigten Widersprüche zu den baurechtlichen Vorschriften sei es auch nicht erforderlich, sich mit der Verkehrssituation zu befassen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung von Verfahrensvorschriften, Aktenwidrigkeit und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie - ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde in ihrer Gegenschrift - die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid und dem Inhalt der Verwaltungsakten ergibt, ist Gegenstand der Entscheidung der belangten Behörde das Bauverfahren, das von der mitbeteiligten Gemeinde auf Grund des Bauansuchens des Beschwerdeführers vom 20. Februar 1986 eingeleitet und durchgeführt wurde. Das Beschwerdevorbringen, die Baubehörden hätten Verfahren vermengt und es hätte weder der Beschwerdeführer noch dessen Rechtsvertreter am 18. Juli 1985 ein Bauansuchen gestellt, erweist sich als aktenwidrig und geht daher ins Leere. Hiebei ist noch darauf hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer am 24. Mai 1984 und am 18. Juli 1985 gestellten Bauansuchen - offenbar wegen der dabei zu Tage getretenen rechtlichen Hindernisse - nicht weiter verfolgt wurden, worauf dann das verfahrensgegenständliche, geänderte Bauansuchen vom 20. Februar 1986 eingebracht wurde.
Da in § 25 lit. f TBO bestimmt wird, daß „das Aufstellen von Verkaufswagen, die überwiegend ortsfest benutzt werden sollen“ einer Bewilligung der Behörde bedarf, und im vorliegenden Fall zweifelsfrei davon auszugehen ist, daß es sich bei dem „Würstelstand“ geradezu um ein klassisches Beispiel eines derartigen Verkaufwagens handelt, war auch die belangte Behörde zu Recht der Ansicht, daß es sich dabei um ein in der vorgenannten Gesetzesbestimmung genanntes bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handelt. Die in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachte gegenteilige Rechtsansicht ist verfehlt. Daß es sich bei dem Würstelstand nicht um eine bauliche Anlage vorübergehenden Bestandes i.S. des § 33 Abs. 1 TBO handelt, liegt auf der Hand und ergibt sich im übrigen aus dem Bauansuchen und dem beabsichtigten Verwendungszweck, sodaß auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht.
Wenn die belangte Behörde daher mit dem angefochtenen Bescheid die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde mit der oben wiedergegebenen Begründung als unbegründet abgewiesen hat, hat sie damit bei der gegebenen Sach- und Rechtslage Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 21. Dezember 1989
Schlagworte
Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1987060049.X00Im RIS seit
01.12.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020