Index
L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §472;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Katharina Hatze in Finkenstein, vertreten durch Dr. Dieter Poßnig, Rechtsanwalt in Villach, Moritschstraße 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. Juli 1994, Zl. 8 BauR1-286/1/1994, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Alois Autz, St. Lamprecht 22, 9232 Rosegg, 2. Marktgemeinde Finkenstein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der mitbeteiligte Bauwerber ist Eigentümer des im Bauland gelegenen Grundstückes Nr. 333/2, EZ 631, KG Latschach am Faaker See. Der Beschwerdeführerin gehören die im Südwesten bzw. Westen an dieses Grundstück nicht unmittelbar anschließenden Grundstücke Nr. 361 und 356/3, EZ 52, KG Latschach am Faaker See.
Auf Grund eines Übereinkommens aus dem Jahre 1952 ist bei der Liegenschaft der Beschwerdeführerin EZ 52 als dem dienenden Gut die Dienstbarkeit des Fahrens auf dem bestehenden Weg zugunsten unter anderem des Baugrundstückes einverleibt. Im A 2-Blatt der Liegenschaft des Bauwerbers EZ 631 findet sich folgende Eintragung: "Grunddienstbarkeit Fahren am Grundstück 361, 356/3 für Grundstück 333/2".
Am 27. Jänner 1993 suchte der mitbeteiligte Bauwerber um die Erteilung der Baubewilligung für ein Wohnhaus (Einfamilienhaus) auf seinem Grundstück Nr. 333/2 an.
Mit Eingabe vom 11. März 1993 erklärte die Beschwerdeführerin gegenüber der Baubehörde, eine Zufahrt oder ein Zuweg zum Zwecke der Errichtung eines Wohnhauses würde die Ausdehnung ihrer Dienstbarkeit darstellen, welcher sie nicht die Zustimmung gebe.
Mit Schreiben vom 24. März 1993 erklärte der Bauwerber, die Wegdienstbarkeit gehöre nach wie vor dem Rechtsbestand an. Dazu komme, daß die Verbindung mit einer öffentlichen Straße schon deshalb gesichert erscheine, weil nach dem Notwegegesetz dem Bauwerber auch ein Notweg eingeräumt werden könne.
Mit Bescheid vom 8. November 1993 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die begehrte Baubewilligung; "unbehobene" Einwendungen hätten gemäß § 42 Kärntner Bauordnung keinen Einfluß auf die Entscheidung der Behörde, daß sie dem Rechtsweg vorbehalten seien.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 1. Juni 1994 keine Folge. Die Einwendung, daß die Verbindung mit einer öffentlichen Fahrstraße nur durch eine unzulässige Ausweitung der bestehenden Dienstbarkeit erreicht werden könne, sei dem Privatrechtsbereich zuzuordnen. Die Baubehörde müsse jedoch nur über die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens absprechen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung keine Folge. Den Nachbarn sei hinsichtlich der Einhaltung der Vorschrift des § 15 Abs. 2 lit. a der Kärntner Bauordnung 1992 kein Mitspracherecht eingeräumt. Vorschriften über das Erfordernis eines Zuganges oder einer Zufahrt begründeten keine Nachbarrechte.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde; die Beschwerdeführerin erachtet sich durch unrichtige Anwendung der Kärntner Bauordnung 1992, insbesondere der §§ 11, 15 und 21 sowie im Anspruch auf Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie der mitbeteiligte Bauwerber, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Abs. 1 und 2, 4 und 5 sowie 7 des § 21 der Kärntner Bauordnung 1992, LGBl. Nr. 64 (im folgenden: BO), lauten:
"(1) Im Verfahren nach §§ 14 bis 17 ist dem Eigentümer, jenen Servitutsberechtigten, deren Recht durch das Vorhaben beeinträchtigt werden könnte, und den Anrainern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt.
(2) Anrainer sind die Eigentümer der im Einflußbereich des Vorhabens liegenden Grundstücke.
...
(4) Parteien im Sinne des Abs. 1 und 2 können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(5) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Parteien (Abs. 4) sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Bestimmungen des Baurechtes oder der Bebauungspläne stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Grundstücksgrenzen und von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken, die Gebäudehöhe sowie jene Bestimmungen, die dem Schutz der Nachbarschaft in gesundheitlichen Belangen, im Interesse der Brandsicherheit oder gegen Immissionen dienen.
...
(7) Einwendungen der Parteien, deren Austragung dem Rechtsweg vorbehalten ist, hat die Behörde niederschriftlich festzuhalten. Auf die Entscheidung über den Antrag haben solche Einwendungen keinen Einfluß."
Abs. 1 dieser Bestimmung nennt nur Servitutsberechtigte, aber nicht Verpflichtete. Die Parteistellung der Beschwerdeführerin kam allerdings nach § 21 Abs. 2 BO in Betracht; trotz eines dazwischenliegenden, 21 m breiten Grundstückes sind die Behörden davon ausgegangen, daß die Liegenschaft der Beschwerdeführerin im "Einflußbereich" des Vorhabens liegt.
Die Beschwerdeführerin hat (sinngemäß) eingewendet, daß dem Bauplatz die erforderliche Zufahrt fehle, weil die Verwendung des über ihre Grundstücke führenden Weges eine unzulässige Ausweitung ihrer Servitutsverpflichtung darstellen würde.
Gemäß § 15 Abs. 2 BO darf bei Vorhaben unter anderem nach § 4 lit. a BO (= Errichtung von Gebäuden) die Baubewilligung nur erteilt werden, wenn kein Grund nach § 11 Abs. 2 entgegensteht und eine der Art, Lage und Verwendung des Vorhabens entsprechende Verbindung zu einer öffentlichen Fahrstraße sichergestellt ist. Auch § 11 BO (Vorprüfungsverfahren) führt im Abs. 2 lit. f die Verbindung mit einer öffentlichen Fahrstraße als Voraussetzung an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, daß Vorschriften über das Erfordernis eines Zuganges oder einer Einfahrt keine Nachbarrechte begründen (Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 289; vgl. zur Rechtslage in Kärnten das Erkenntnis vom 17. März 1987, Zl. 87/05/0041, BauSlg. Nr. 882). Auch zur OÖ Bauordnung 1976, die gleichfalls keine taxative Aufzählung von Nachbarrechten enthielt, wurde ausgesprochen, daß der Nachbar keinen Rechtsanspruch darauf besitzt, daß der Bauplatz durch eine ausreichende Zufahrt mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden sei (hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 90/05/0068).
Der Baubewilligungsbescheid erklärt ein Bauvorhaben nach den von der Baubehörde wahrzunehmenden Vorschriften in öffentlich-rechtlicher Sicht für zulässig (§ 15 BO); die Baubehörde ist auch im Hinblick auf § 21 Abs. 7 letzter Satz BO nicht berufen, über Privatrechte zu entscheiden.
Die Behauptung einer Servitutsüberschreitung stellt eine privatrechtliche Einwendung dar, die nicht zur Abweisung des Bauvorhabens führt (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 84/06/0038, BauSlg. Nr. 791). Die Frage, ob ein Servitutsrecht durch die Erteilung einer Baubewilligung verletzt wird oder nicht, hat ausschließlich das zuständige Gericht zu entscheiden, nicht aber die Baubehörde; auch der Kärntner Landesgesetzgeber hat in dieser Beziehung nichts Gegenteiliges angeordnet (hg. Erkenntnis vom 6. Novemer 1990, Zl. 90/05/0062).
Im Beschwerdefall kann daher die Beschwerdeführerin mit der Behauptung der Servitutsüberschreitung keinesfalls die Erteilung der Baubewilligung verhindern.
Die Beschwerdeführerin macht einen Verfahrensmangel insoferne geltend, als die Baubehörden eine amtswegige Prüfung, ob etwa andere Verkehrswege vorhanden wären, nicht vorgenommen haben. Diesbezüglich liegt eine Verletzung ihrer Rechte nicht vor, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Nachbarn allfällige Verfahrensmängel nur insoweit geltend machen können, als sie dadurch in der Verfolgung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtigt werden (siehe die Nachweise bei Hauer, aaO, 96).
Die Beschwerde erwies sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Da die zu behandelnden Rechtsfragen durch die zitierte Judikatur geklärt sind, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Behörden Zuständigkeit Allgemein BauRallg2/1 Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994050230.X00Im RIS seit
11.05.2001