TE Lvwg Erkenntnis 2019/4/25 VGW-123/072/3885/2019, VGW-123/V/072/3901/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2019
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Entscheidungsdatum

25.04.2019

Index

97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

BVergG 2018 §274 Abs1
BVergG 2018 §274 Abs2
BVergG 2018 §274 Abs3
BVergG 2018 §302 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Mag.a Mandl als Vorsitzende, die Richterin Dr.in Lettner und den Richter Dr. Oppel über die Anträge der A. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte, auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung und Zuschlagsentscheidung betreffend das Vergabeverfahren "B.", der Wiener Linien GmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, durch mündliche Verkündung

zu Recht e r k a n n t :

Zur Ausscheidensentscheidung:

I.     Dem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 07.03.2019 wird stattgegeben und die angefochtene Entscheidung wird nichtig erklärt.

II.    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die von dieser entrichtete Pauschalgebühr in Höhe von EUR 1.040,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Zur Zuschlagsentscheidung:

I.     Dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 07.03.2019 wird stattgegeben und die angefochtene Entscheidung wird nichtig erklärt.

II.    Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die von dieser entrichtete Pauschalgebühr in Höhe von EUR 1.560,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Wiener Linien GmbH & Co KG (in der Folge: Antragsgegnerin) ist Sektorenauftraggeberin. Sie führt ein offenes Verfahren (Lieferauftrag im Unterschwellenbereich) zur Beschaffung von Papierhandtuchrollen zweilagig. Der Zuschlag hat laut Ausschreibung nach dem Billigstbieterprinzip zu erfolgen.

Die A. GmbH (in der Folge: Antragstellerin) hat ein Angebot abgegeben. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin mit Schreiben datiert mit 7.3.2019 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der Fa. C. GmbH (in der Folge: Teilnahmeberechtigte) mit einem Gesamtpreis von ***.***,-- Euro zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin sei ausgeschieden worden, da das von der Antragstellerin angebotene Modell der Papierhandtuchrollen qualitativ nicht gleichwertig zum ausgeschriebenen Artikel gewesen sei. Alternativ- oder Abänderungsangebote seien nicht zulässig gewesen. Die Halterung der angebotenen Papierrollen sei zu locker für das vorhandene Spendersystem gewesen.

Dieses Schreiben wurde der Antragstellerin am 6.3.2019 übermittelt. Sie hat am 15.3.2019, und damit rechtzeitig, einen Nachprüfungsantrag gestellt und die Ausscheidensentscheidung sowie die Zuschlagsentscheidung angefochten.

Sie hat dazu zusammengefasst vorgebracht, dass ihr Angebot nicht ausgeschieden hätte werden dürfen, da in der Ausschreibung ausdrücklich das Produkt D. 1 oder gleichwertig verlangt worden sei. Die Antragstellerin habe ein Produkt angeboten, welches gleichwertig sei. Es handle sich dabei um eine weiße zweilagige Rollenhandtuchpapierrolle mit gleicher Rollenbreite und Rollenlänge wie das Leitprodukt. Sie passe auch zum angeführten D. Papierhandtuchspender. In einer Fragebeantwortung habe die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass ein Produkt dann gleichwertig sei, wenn es sich um ein weißes zweilagiges Rollenhandtuch mit gleicher Rollenbreite und Rollenlänge wie das Leitprodukt handle, das mit dem Handtuchspender D. laut Leistungsverzeichnis kompatibel sei (daher müsse der Hersteller der Tücher ident mit dem des Spenders sein).

Das Angebot der Antragstellerin sei zu Unrecht ausgeschieden worden, weil es sich beim angebotenen Produkt um ein zum Leitprodukt gleichwertiges handle und das Angebot der Antragstellerin wesentlich billiger gewesen sei, als das der Teilnahmeberechtigten. Daher sei auch die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Teilnahmeberechtigten zu Unrecht ergangen.

Die Antragstellerin hat in ausreichendem Maß ihr Interesse an der Erlangung des Auftrags und den ihr durch die angefochtenen Entscheidungen der Antragsgegnerin drohenden Schaden dargelegt. Sie hat auch die Entrichtung der Pauschalgebühren für die Nachprüfungsanträge und Erlassung der Einstweiligen Verfügung nachgewiesen. Sie hat die Nichtigerklärung der verfahrensgegenständlichen Ausscheidensentscheidung und der nachfolgenden Zuschlagsentscheidung sowie den Ersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

Auf Antrag der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 22.3.2019 zur Zahl VGW-124/072/3887/2019-1 eine Einstweilige Verfügung erlassen, mit der die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung über den Nachprüfungsantrag untersagt wurde.

Der Nachprüfungsantrag wurde der Antragsgegnerin und der Teilnahmeberechtigten zur Kenntnis gebracht und es wurde ihnen Gelegenheit gegeben, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Die Antragsgegnerin gab mit Schriftsatz vom 29.3.2019 dazu eine Stellungnahme ab, in der sie zunächst vorbrachte, dass in der Fragebeantwortung vom 14.2.2019 festgehalten worden sei, dass der Hersteller der Tücher ident mit dem der Spender sein müsse. Diese Fragebeantwortung sei mangels Anfechtung bestandsfest geworden. Das von der Antragstellerin angebotene Produkt stamme nicht vom Hersteller des Spenders. Schon deshalb sei das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden worden.

Weiters sei das angebotene Produkt entgegen den Festlegungen im Leistungsverzeichnis nicht mit dem Spender kompatibel, wie sich anhand der Überprüfung des von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Musters durch die Antragsgegnerin herausgestellt habe. Während das Leitprodukt seitlich einen fest mit der Rolle verbundenen Führungszapfen habe, der in die im Spender dafür vorgesehenen Vorrichtung einraste, fehle dieser Zapfen beim angebotenen Produkt der Antragstellerin. Damit lasse sich das angebotene Produkt zwar in den Spender einlegen, da der Stoppel aber nur lose mit der Rolle verbunden sei, könne er sich verbiegen oder verrutschen, was die Nutzung des Handtuchpapiers behindere oder ausschließe. Als Beweis dieses Vorbringens würden dem Gericht Muster des Leitproduktes und der von der Antragstellerin angebotenen Rolle vorgelegt.

Das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin und die Zuschlagserteilung zu Gunsten der sodann preislich an erster Stelle liegenden Teilnahmeberechtigten seien somit zu Recht erfolgt.

Aufgrund des Nachprüfungsantrags wurde am 25.4.2019 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Verhandlung hatte folgenden Verlauf:

Zur Ausscheidensentscheidung:

„Die Begründung der Ausscheidensentscheidung wird kurz dargestellt. Die Antragstellerin erklärt, nach Einsichtnahme in die von der Antragsgegnerin vorgelegten Muster-Handtuchrollen, dass die Rolle mit der Beschriftung „Nachprüfungsverfahren Papierhandtuchrollen Wiener Linien A. zweilagig, weiß“, das von ihr angebotene Produkt ist.

Die Antragsgegnerin führt aus, dass die Papierqualität in der Ausschreibung nicht näher festgelegt wurde. Sie verweist auf ihr Vorbringen, wonach die Festlegung in der Fragebeantwortung bestandsfest geworden sei, dass der Hersteller der Rolle und der Hersteller der Halterung identisch sein müssen.

Dem Senat wird ein Exemplar des Papierhandtuchrollenspenders vorgelegt und vorgeführt, wie die Papierhandtuchrollen in diesem Spender einzulegen sind und in der Folge Papierhandtücher aus dem Spender zu entnehmen sind. Das Einlegen erfolgt so, dass die Abdeckung des Spenders entfernt wird und die Papierhandtuchrolle zwischen den dafür vorgesehenen Halterungen mit den blauen Einsätzen eingehängt wird. Diese Halterung dreht sich beim Entnehmen der Papierhandtücher nicht mit. Der Spender weist eine Vorrichtung auf, die dafür sorgt, dass eine bestimmte Länge an Papierhandtuch abgezogen werden kann und sodann ein Messer das Papierhandtuch innerhalb des Spenders abschneidet. Wenn man eine weitere Länge an Papierhandtuch entnehmen möchte, muss man neuerlich an dem Teil der Papierhandtuchrolle, der aus dem Spender herausragt, anziehen.

Die Parteien demonstrieren, wie die von der Antragstellerin angebotene Papierhandtuchrolle bzw. die von der Teilnahmeberechtigten angebotene Papierhandtuchrolle in den Spender eingelegt werden. Sodann wird für jede Rolle ein Versuch durchgeführt, ein Papierhandtuch aus dem Spender zu entnehmen. In beiden Fällen gelingt dies problemlos. Der Spender liegt dabei auf einem Tisch. Die Parteien erklären jedoch übereinstimmend, dass die Funktion des Spenders auch dann nicht anders ist, wenn dieser an der Wand angebracht wird.

Die Antragsgegnerin erklärt, dass bei Versuchen, Papierhandtücher der von der Antragstellerin angebotenen Rolle aus dem Spender zu entnehmen, im Zuge des Vergabeverfahrens insofern Probleme aufgetreten sind, als sich die Papierhandtücher nicht sofort entnehmen ließen, sondern ein Hin- und Herfahren mit dem aus dem Spender ragenden Teil der Papierhandtuchrolle erforderlich war, bevor ein Handtuch entnommen werden konnte.

Die Antragstellerin verweist auf ihr schriftliches Vorbringen und betont nochmals, dass ihrer Meinung nach die Aussage der Antragsgegnerin in der Fragebeantwortung, wonach der Hersteller der Papierhandtuchrolle und der Hersteller des Spenders identisch sein müssen, auf Grund der Formulierung dieser Beantwortung („daher …“) keine Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung darstellt, die nicht bestandsfest werden kann. Aus dem vor dem Senat durchgeführten Versuch ergebe sich, dass die Vermutung der Antragsgegnerin, dass nicht vom Hersteller des Spenders erzeugte Rollen mit diesem nicht kompatibel seien, irrig sei. Im Übrigen läge dann, wenn man der Interpretation der Antragsgegnerin folge, ein Widerspruch in den Festlegungen der Ausschreibung insbesondere auch hinsichtlich Fragebeantwortung 3 vor.

Die Antragsgegnerin entgegnet, dass auf Grund der Nachfragen der Bieter klar geworden sei, dass diese die Begriffe passend bzw. kompatibel nicht eindeutig zuordnen hätten können. Aus diesem Grund sei in der Fragebeantwortung festgelegt worden, dass nur Papierrollen desselben Herstellers, der auch den Spender hergestellt hat, angeboten werden dürfen. Dies hätten die zwei anderen Bieter auch so verstanden. Sie hätten die teureren Rollen des Herstellers des Spenders angeboten.

Verwiesen werde weiters darauf, dass die von der Antragstellerin zitierten Erkenntnisse des VwGH sich auf andere Sachverhalte bezogen hätten als den gegenständlichen und daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig seien.

Zum Vorbringen der Antragstellerin, wonach zwischen den Fragebeantwortungen 3 und 5 Widersprüche bestünden, werde darauf hingewiesen, dass die Frage 3 ein anderes Thema betroffen hätte (Zulässigkeit von mehreren Hauptangeboten). Im Übrigen sei die Antwort auf Frage 5 den Bietern nach der Antwort auf Frage 3 übermittelt worden und damit jedenfalls die zutreffende.

Die Antragstellerin bringt ergänzend vor, dass, wie bereits in ihrem Schriftsatz festgehalten, zur Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen die gesamten Unterlagen der Ausschreibung heranzuziehen sind. Aus den Formulierungen „oder gleichwertig“ im Leistungsverzeichnis, der Fragebeantwortung 3 und der Formulierung „daher“ in der Fragebeantwortung 4 ergebe sich für sie, dass der Hinweis auf die Identität der Hersteller eine Wissenserklärung sei und damit nicht bestandsfest werden könne. Die Fragebeantwortung 5, auf die sich die Antragsgegnerin stütze, enthalte ferner keine definitive Formulierung, wonach die Hersteller ident sein müssten, sondern nur eine Schlussfolgerung der Antragsgegnerin.

Auf Frage der Antragstellerin wird von der Antragsgegnerin klargestellt, dass die Fragen der Bieter auf Grund der Führung des Vergabeverfahrens als elektronischen Vergabeakt, auf den die Bieter in dem für sie zulässigen Umfang Zugriff hätten, jeweils in zeitlicher Folge beantwortet worden seien. Die Bieter seien davon verständigt worden, wenn neue Fragebeantwortungen erfolgt seien. Dies sei aus der im Vergabeakt unter Reiter 1 enthaltenen „Gesendete Elemente“–Unterlage erkennbar. Dort sei unter Nr. 1 der Hinweis auf Fragebeantwortung 5 am 14.02.2019 und unter Nr. 3 der Hinweis auf Fragebeantwortung 3 am 12.02.2019 enthalten.

Daraus ergebe sich, dass alle Bieter und somit auch die Antragstellerin die Fragen und Fragebeantwortungen zur Verfügung gestellt bekommen hätten.

Aus dem Senat wird gefragt, wie die Verfahrensparteien § 274 Abs. 3 iVm § 277 BVergG 2018 (ident § 106 Abs. 3 iVm § 109 BVergG 2018) im Hinblick auf die Herstelleridentität sehen.

Die Antragstellerin führt dazu aus, dass diese Bestimmung aus ihrer Sicht nicht anwendbar sei, weil ein Erfordernis der Herstelleridentität gar nicht wirksam festgelegt worden sei. Darüber hinaus würde es sich bei der Herstelleridentität auch gar nicht um eine technische Spezifikation handeln, selbst wenn das Erfordernis einer Herstelleridentität tatsächlich festgelegt worden sein sollte. Überhaupt waren auch entsprechende Nachweise gar nicht verlangt. Selbst dann, wenn man die Herstelleridentität als technische Spezifikation verstehen sollte, ist das Angebot der Antragstellerin auch nicht aus diesem Grunde ausgeschieden worden.

Die Antragsgegnerin bringt vor, selbst wenn man die Herstelleridentität als technische Spezifikation sehen sollte, wäre das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden, weil die Antragstellerin in diesem Fall in ihrem Angebot den Nachweis der Gleichwertigkeit nicht erbracht hätte. Dass nicht festgelegt worden sei, auf welche Weise ein solcher Nachweis der Gleichwertigkeit zu erbringen gewesen wäre, wäre im Fall des Zutreffens der Ansicht, dass eine technische Spezifikation vorliege, für den Verfahrensausgang ohne Relevanz.

Die Antragsgegnerin ergänzt auf die Frage, wie denn das Funktionieren des Spenders mit der von der Antragstellerin angebotenen Rolle im Vergabeverfahren geprüft worden sei, dass die selbe Versuchsanordnung gewählt worden sei, wie in der heutigen Verhandlung. Der Versuch sei jedoch fehlgeschlagen.

(…)

Die Antragstellerin ergänzt, dass sich bereits aus der Festlegung in der Ausschreibung, wonach die Papierhandtuchrollen passend zum Spender sein müssten, ergebe, dass auch Papierhandtuchrollen anderer Hersteller angeboten werden dürften, zumal davon auszugehen sei, dass die Rollen des Herstellers des Spenders jedenfalls mit diesem kompatibel seien.

Die Antragsgegnerin hält zu der Aussage in der Ausscheidensentscheidung, wonach die Halterung auf den Papierrollen für das vorhandene Spendersystem zu locker sei, fest, dass sie vermute, dass auf Grund der Beschaffenheit dieser Halterung auf den Papierrollen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Mängeln im Dauerbetrieb bestehe. Dies sei allerdings nicht geprüft worden. Es werde darauf hingewiesen, dass der eine Stoppel der vorgelegten Papierrolle bereits leicht verbogen sei.“

Zur Zuschlagsentscheidung wurde von den bei der Verhandlung anwesenden Parteien über die Schriftsätze hinaus kein weiteres Vorbringen erstattet.

Aufgrund des Akteninhalts des vorgelegten Vergabeaktes, der Schriftsätze der Parteien im Nachprüfungsverfahren und des Verhandlungsergebnisses steht über die bereits oben getroffenen Feststellungen hinaus weiters folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Gegenstand des mit der angefochtenen Zuschlagsentscheidung beendeten Vergabeverfahrens sind Papierhandtuchrollen 2-lagig, weiß, D. Rollenhandtuch 1 oder gleichwertig, passend für die bereits vorhandenen D. Rollenhandtuchspender (Art. …). Dies ist im Leistungsverzeichnis der Ausschreibungsunterlagen (enthalten im von der Antragsgegnerin vorgelegten Vergabeakt Register 2) festgehalten.

Zur Papierqualität (Saugfähigkeit, Zusammensetzung der Papierschichten, etc.) wurden in der Ausschreibung keine weiteren Festlegungen getroffen.

Im Vergabeakt (Register 3) ebenfalls enthalten sind diverse Fragebeantwortungen. Unter Punkt 3. der Fragebeantwortung wurde von der Antragsgegnerin festgehalten, dass Alternativangebote unzulässig wären. Es möge nur ein Modell angeboten werden. Es müsse ein zweilagiges weißes Papier passend zum angeführten D.-Papierhandtuchspender (z.B. D. 1) angeboten werden.

Unter Punkt 5. wurde auf die Frage, ob ein 2-lagiges, weißes Rollenhandtuch mit gleicher Rollenbreite und Rollenlänge wie das Leitprodukt als gleichwertig anzusehen sei, geantwortet:

„Ja, dies ist gleichwertig. Die Handtuchrollen müssen aber mit dem D.-Rollenhandtuchspender gemäß LV kompatibel sein (daher muss der Hersteller der Tücher ident mit dem (der) Spender sein)“.

Die Antragstellerin (Register 8) und die Teilnahmeberechtigte (Register 7) haben jeweils ein Angebot abgegeben. Der Zuschlag hat nach dem Billigstbieterprinzip zu erfolgen. Die Angebotsöffnung erfolgte am 18.2.2019. Es wurden drei Angebote abgegeben, das Angebot der Antragstellerin ist das billigste, das Angebot der Teilnahmeberechtigten ist preislich das zweitgereihte.

In der Folge wurden die Angebote von der Antragsgegnerin geprüft (Register 6). Alle Angebote waren rechnerisch richtig. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, ein Musterexemplar der angebotenen Papierhandtuchrolle nachzureichen. Dies erfolgte rechtzeitig. Die Prüfung dieses Musters durch die Antragsgegnerin ergab laut Vergabeakt jedoch, dass das von der Antragstellerin angebotene Produkt, bei dem es sich nicht um das Leitprodukt handelt, nach Ansicht der Antragsgegnerin dem Leitprodukt aus zwei Gründen nicht gleichwertig ist. Einerseits entsprach der Materialaufbau nicht dem des Leitproduktes, andererseits ergaben sich laut Vergabeakt bei einer Funktionsprobe des Papierhandtuchspenders mit der von der Antragstellerin angebotenen Rolle im Zuge des Vergabeverfahrens Probleme mit der Entnahme der Papierhandtücher. Die Dauerfunktion des Handtuchspenders mit der Rolle der Antragstellerin wurde von der Antragsgegnerin nicht geprüft.

Auch das Angebot der Teilnahmeberechtigten wurde geprüft. Es ergaben sich diesbezüglich keine Ausscheidenstatbestände. Die Funktion des Handtuchspenders mit der von der Teilnahmeberechtigten angebotenen Rolle war laut Vergabeakt problemlos.

Das Angebot der Antragstellerin wurde mit Schreiben datiert mit 7.3.2019 ausgeschieden. Dies wurde damit begründet, dass das angebotene Modell der Papierhandtuchrollen qualitativ nicht gleichwertig zum ausgeschriebenen Artikel sei. Des Weiteren sei die Halterung auf den Papierrollen zu locker für das vorhandene Spendersystem.

Die Zuschlagsentscheidung vom selben Tag erfolgte zu Gunsten der Teilnahmeberechtigten. Beide Schreiben wurden laut E-Mailbestätigung am 6.3.2019 an die jeweiligen Bieter übermittelt.

Die Antragstellerin hat die Ausscheidensentscheidung und die Zuschlagsentscheidung rechtzeitig angefochten.

Mit dem Vergabeakt wurde von der Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren jeweils ein näher bezeichnetes Exemplar des von der Teilnahmeberechtigten angebotenen Produktes und des von der Antragstellerin angebotenen Produktes vorgelegt. Es handelte sich dabei jeweils um Hygienepapier auf einer Kartonrolle. In einer Öffnung der Kartonrolle waren jeweils Plastikstoppeln angebracht, die dem Einhängen der Rolle in den Spender dienen. Die von der Teilnahmeberechtigten angebotene Rolle wies einen fest mit der Kartonrolle verbundenen Stoppel mit einem Zapfen zum Einhängen im Spender auf. Die von der Antragstellerin angebotene Rolle wies ebenfalls einen Stoppel mit einem Zapfen auf, der jedoch nicht fest mit der Kartonrolle verbunden war, sondern sich leicht drehen und aus der Kartonrolle abziehen ließ.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien wurde von der Antragsgegnerin weiters ein Exemplar des Spenders, in den die Rollen passen müssen, mitgebracht. Dass es sich bei diesen Rollen um die von der Antragstellerin bzw. der Teilnahmeberechtigten angebotenen Rollen handelt bzw. dass der Spender derjenige ist, zu dem die Rollen passen müssen, wurde von den Parteien nicht bestritten.

Im vorliegenden Fall wurde Folgendes erwogen:

§ 274 BVergG 2018 lautet:

§ 274. (1) Technische Spezifikationen müssen allen Bewerbern und Bietern den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewähren und dürfen den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern.

(2) Unbeschadet verbindlich festgelegter, unionsrechtskonformer nationaler technischer Vorschriften sind technische Spezifikationen auf eine der folgenden Arten festzulegen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

unter Beachtung nachstehender Rangfolge:

a)

nationale Normen, mit denen europäische Normen umgesetzt werden,

b)

europäische technische Bewertungen,

c)

gemeinsame technische Spezifikationen,

d)

internationale Normen und andere technische Bezugssysteme, die von den europäischen Normungsgremien erarbeitet wurden, oder

e)

falls solche Normen und Spezifikationen fehlen, nationale Normen, nationale technische Zulassungen oder nationale technische Spezifikationen für die Planung, Berechnung und Ausführung von Bauleistungen und den Einsatz von Waren,

 

wobei jede Bezugnahme ausnahmslos mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen ist, oder

2.

in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen, oder

3.

in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Z 2 unter Bezugnahme auf technische Spezifikationen gemäß Z 1 als Mittel zur Vermutung der Konformität mit diesen Leistungs- oder Funktionsanforderungen, oder

4.

unter Bezugnahme auf technische Spezifikationen gemäß Z 1 hinsichtlich bestimmter Merkmale und unter Bezugnahme auf Leistungs- oder Funktionsanforderungen gemäß Z 2 hinsichtlich anderer Merkmale.

(3) Werden technische Spezifikationen gemäß Abs. 2 Z 1 festgelegt, so darf der Sektorenauftraggeber ein Angebot nicht mit der Begründung ablehnen, die angebotene Leistung entspräche nicht den von ihm herangezogenen Spezifikationen, sofern der Bieter mit geeigneten Mitteln in seinem Angebot nachweist, dass die von ihm vorgeschlagene Lösung den Anforderungen der technischen Spezifikationen, auf die Bezug genommen wurde, gleichermaßen entspricht. Als geeignete Mittel gelten insbesondere die Nachweise gemäß § 277.

(4) Werden technische Spezifikationen gemäß Abs. 2 Z 2 festgelegt, so darf der Sektorenauftraggeber ein Angebot, das einer nationalen Norm, mit der eine europäische Norm umgesetzt wird, einer europäischen technischen Bewertung, einer gemeinsamen technischen Spezifikation, einer internationalen Norm oder einem technischen Bezugssystem, das von den europäischen Normungsgremien erarbeitet wurde, entspricht, nicht ablehnen, wenn diese Spezifikationen die von ihm geforderten Leistungs- oder Funktionsanforderungen betreffen. Der Bieter muss in seinem Angebot mit geeigneten Mitteln nachweisen, dass die der Norm entsprechende jeweilige Leistung den Leistungs- und Funktionsanforderungen des Sektorenauftraggebers entspricht. Als geeignete Mittel gelten insbesondere die Nachweise gemäß § 277.

(5) Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Herstellung oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die von einem bestimmten Unternehmer bereitgestellten Produkte oder Dienstleistungen charakterisiert, oder auf Marken, Patente, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmer oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Sie sind ausnahmslos mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.

(6) Erfolgt ausnahmsweise die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz „oder gleichwertig“, sind in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses nach der entsprechenden Position vom Bieter Angaben über Fabrikat und Type der von ihm gewählten gleichwertigen Produkte und, sofern gefordert, sonstige diese Produkte betreffende Angaben zu verlangen. Die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit sind in der Leistungsbeschreibung anzugeben.“

§ 302 BVergG 2018 lautet:

§ 302. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektorenauftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 198 auszuschließen sind, oder

2.

Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder

3.

Angebote, die eine – durch eine Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder

4.

verspätet eingelangte Angebote, oder

5.

den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder

6.

Angebote von nicht aufgeforderten Bietern, oder

7.

Angebote von Bietern, die nachweislich Interessen haben, die die Ausführung des Auftrages beeinträchtigen können, oder

8.

Angebote von Bietern, bei denen dem Sektorenauftraggeber im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß § 297 Abs. 3 gesetzten Nachfrist

a)

keine für die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich erforderliche behördliche Entscheidung, oder

b)

kein Nachweis darüber, dass die gemäß einer Entscheidung nach lit. a notwendige Berufsqualifikation erworben wurde, oder

c)

kein Nachweis darüber, dass vor Ablauf der Angebotsfrist ein auf Einholung einer Entscheidung nach lit. a gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist, oder

d)

eine behördliche Entscheidung, die die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich ausschließt,

 

vorliegt.

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Sektorenauftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.

(3) Der Sektorenauftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.“

Zur Ausscheidensentscheidung:

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden, weil diese weder das in der Ausschreibung angeführte Leitprodukt noch ein gleichwertiges Produkt angeboten hat. Sie hat sich damit, wenn dies in der Ausscheidensentscheidung auch nicht ausdrücklich angeführt ist, auf § 302 Abs. 1 lit 5 BVergG 2018 gestützt und ist davon ausgegangen, dass das Angebot der Antragstellerin den Ausschreibungsbestimmungen widerspricht.

Die Antragsgegnerin hat einerseits bemängelt, dass die Halterung der von der Antragstellerin angebotenen Papierrollen zu locker für das vorhandene Spendersystem sei. Im Nachprüfungsverfahren hat sie konkretisiert, dass bei den von der Antragstellerin angebotenen Rollen ein lose in die Rolle eingeschobener Zapfen zur Befestigung der Rolle im Spender vorhanden sei, während dieser Zapfen beim Leitprodukt fest in der Rolle einraste. Form, Maß und Befestigung der Rolle würden nicht dem Leitprodukt entsprechen. Der Zapfen könne sich verbiegen, abrutschen oder abbrechen, wodurch die Entnahme des Handtuchpapiers durch den Nutzer behindert oder überhaupt ausgeschlossen sei, weshalb die Kompatibilität der Rollen mit dem Spender nicht gegeben sei.

Dazu ist nach Begutachtung der vorgelegten Rollen und Beobachtung der Funktionsweise des Spenders in der mündlichen Verhandlung durch den Senat festzuhalten, dass der Argumentation der Antragsgegnerin dann gefolgt werden könnte, wenn es sich bei dem Spender um ein Modell handeln würde, bei dem die Papierrolle in eine Vorrichtung (Spule) im Spender einrasten müsste, das Papier durch das Drücken eines Einschaltknopfes mechanisch durch Drehen dieser Vorrichtung nach außen befördert würde und dort abgerissen werden könnte. In diesem Fall wäre nämlich die feste Verbindung zwischen dieser Vorrichtung und der Rolle von Bedeutung, da ansonsten ein „Durchdrehen“ der Rolle und damit ein Papierstau innerhalb des Gerätes zu befürchten wäre.

Im vorliegenden Fall funktioniert der Spender jedoch so, dass die Rolle in die dafür vorgesehene Vorrichtung im Spender eingelegt wird und dann der Vorderteil des Papiers nach außen geführt wird. Die Entnahme der Handtücher erfolgt durch Anziehen am vordersten, außerhalb des Spenders liegenden Teil der Rolle. Ein Mechanismus im Spender bewirkt, dass die Rolle nur für eine bestimmte Länge abgewickelt werden kann und das Handtuch sodann abgeschnitten wird. Ob sich die Halterung mit der darauf befestigten Papierrolle oder die Rolle selbst unabhängig von der Halterung dreht, ist dabei für das Abwickeln des Papiers irrelevant. Einem Papierstau kann durch Anziehen an dem außerhalb des Gerätes befindlichen Papierteil entgegengewirkt werden. Eine fixe Verbindung zwischen Rolle und Spule über die an der Rolle angebrachten Zapfen ist daher für die Funktion des Spenders nicht erforderlich.

Dass die beiden vorgelegten Rollen sonst wesentliche Abweichungen hinsichtlich ihrer Ausmaße aufgewiesen hätten, war nicht erkennbar. Die Funktionsprobe des Spenders in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien erfolgte auch mit der von der Antragstellerin angebotenen Papierrolle problemlos.

Dass der Stoppel der von der Antragstellerin angebotenen Rollen bei Dauerbetrieb sich verbiegen, abbrechen oder verrutschen würde, ist laut den Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung eine Vermutung und wurde von dieser nicht geprüft. Diese vermutete Fehlfunktion war auch im Hinblick darauf nicht nachvollziehbar, dass die Rollen, wie aus den vorgelegten Exemplaren erkennbar, mit den Stoppeln geliefert werden. Die Stoppeln müssen daher nur solange halten, bis die jeweilige Rolle verbraucht ist.

Auf die im Vergabeakt auch festgehaltenen Bedenken der Antragsgegnerin hinsichtlich der Papierqualität des Papiers der von der Antragstellerin angebotenen Rollen war im Hinblick darauf nicht näher einzugehen, dass in der Ausschreibung diesbezüglich keine näheren Festlegungen getroffen wurden. Eine Ausschreibungswidrigkeit kann daher aus der angebotenen Papierqualität nicht abgeleitet werden.

Die Antragsgegnerin hat im Nachprüfungsverfahren weiters ausgeführt, dass sie ihre Feststellung in der Ausscheidensentscheidung, das von der Antragstellerin angebotene Produkt sei zum Leitprodukt qualitativ nicht gleichwertig, auch auf die Festlegung in Fragebeantwortung 5 gestützt habe. Dort sei festgehalten worden, dass die angebotenen Rollen mit den vorhandenen Spendern kompatibel sein müssten. Daher müsse der Hersteller der Handtuchrolle mit dem des Spenders ident sein. Diese Festlegung sei nicht angefochten worden und sei daher bestandsfest geworden. Das von der Antragstellerin angebotene Produkt stamme nicht vom Hersteller der Spender und sei daher schon aus diesem Grund ausschreibungswidrig.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei den ausgeschriebenen Papierhandtuchrollen nicht um ein technisch komplexes Produkt handelt. Trotzdem müssen diese Handtuchrollen bestimmte Eigenschaften aufweisen, damit sie den funktionalen Anforderungen der Antragsgegnerin entsprechen. Sie müssen nämlich insbesondere eine bestimmte Breite und Befestigungsvorrichtung haben, sodass sie in die bereits vorhandenen Handtuchspender eingesetzt und mit diesen verwendet werden können.

Die Antragsgegnerin hat daher im Leistungsverzeichnis festgehalten, dass die angebotenen Handtuchrollen für die dort näher bezeichneten Rollenhandtuchspender passend sein müssen. Diese Festlegung stellt ein für die Leistung gefordertes Merkmal und damit eine technische Spezifikation dar. Sie ist gerechtfertigt, da der Antragsgegnerin nicht zugemutet werden kann, dass sie Handtuchrollen beschafft, die nicht mit den bereits vorhandenen Spendern verwendet werden können. Es ist daher auch zulässig, wenn die Antragsgegnerin ein Leitprodukt festlegt (nämlich Handtuchrollen des Herstellers der Spender, die jedenfalls in diese passen). Die Antragsgegnerin hat in die Ausschreibung auch den Zusatz „oder gleichwertig“ aufgenommen. Würde dieser Zusatz fehlen, würde die Ausschreibung gegen den Grundsatz des freien Wettbewerbs und der Gleichbehandlung der Bieter verstoßen.

Der Festlegung des Leistungsgegenstandes in der Ausschreibung kann unter Zugrundelegung des objektiven Erklärungswertes nicht die Bedeutung entnommen werden, dass nur Papierhandtuchrollen des Herstellers der bereits vorhandenen Spender angeboten werden dürfen. Auch aus der Fragebeantwortung 3, die sich primär mit der Zulässigkeit von Alternativangeboten beschäftigt, ist dies nicht ablesbar, zumal das Produkt D. 1 dort ausdrücklich nur als Beispiel angeführt wird. Erst in Fragebeantwortung 5 schließt die Antragsgegnerin, dass der Hersteller der Papierhandtücher ident mit dem des Spenders sein müsse, damit die Handtuchrollen mit den bereits vorhandenen Spendern kompatibel sind. Es handelt es sich dabei ebenfalls um eine technische Spezifikation, da diese Festlegung ein gefordertes Merkmal des ausgeschriebenen Produktes bezeichnet.

Die Antragsgegnerin bringt damit zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach nur Produkte des Herstellers des Papierhandtuchspenders mit den vorhandenen Spendern kompatibel sind, und das Anbieten gleichwertiger Produkte eines anderen Herstellers schon aus diesem Grund nicht als ausschreibungskonform angesehen wird. Dieses Verständnis nimmt den Bietern die Möglichkeit, die Gleichwertigkeit eines anderen Produktes nachzuweisen und den Zuschlag für dieses Produkt zu erhalten.

Ein bestandsfester Ausschluss dieses Nachweises ist im Hinblick darauf nicht möglich, dass die Grenzen der Bestandsfestigkeit überschritten werden, wenn durch eine Festlegung der Antragsgegnerin Grundprinzipien des Vergaberechts, wie die u.a. in § 274 BVergG 2018 zum Ausdruck kommenden Grundsätze des freien Wettbewerbs und der Gleichbehandlung der Bieter, verletzt würden. Dies findet auch in § 274 Abs. 3 BVergG 2018 seinen Niederschlag, zumal nach dieser Bestimmung gleichwertige Produkte nicht rechtswirksam bzw. nicht bestandsfest ausgeschlossen werden können.

Der Nachweis der Gleichwertigkeit hatte gegenständlich durch die Vorlage eines Musters der angebotenen Handtuchrolle zu erfolgen, die der Antragsgegnerin die Möglichkeit geben sollte, das Funktionieren des Handtuchspenders mit dieser Rolle auszuprobieren. Weitere Festlegungen von geforderten Eigenschaften des anzubietenden Produktes hat die Antragsgegnerin nicht getroffen. Die Antragstellerin hat, nach Aufforderung durch die Antragsgegnerin, dieses Muster rechtzeitig vorgelegt. Dass die von der Antragstellerin angebotene Handtuchrolle mit den vorhandenen Spendern nicht funktionieren würde, hat der Versuch im Nachprüfungsverfahren, wie oben dargestellt, nicht ergeben. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Gleichwertigkeit im Hinblick auf die in der Ausschreibung geforderten Kriterien erfolgreich nachgewiesen wurde.

Das Angebot der Antragstellerin ist somit nicht ausschreibungswidrig. Die Ausscheidensentscheidung erfolgte zu Unrecht und war nichtig zu erklären.

Zur Zuschlagsentscheidung:

Da das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden wurde, dieses Angebot jedoch das preisgünstigste ist und der Zuschlag nach dem Billigstbieterprinzip zu erteilen ist, ist die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Teilnahmeberechtigten, deren Angebot preislich an zweiter Stelle liegt, rechtswidrig. Diese Entscheidung war daher ebenfalls nichtig zu erklären.

Die Antragstellerin hat für die Nachprüfungsanträge je eine Pauschalgebühr in der Höhe von 1040,-- Euro und für den Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung eine Pauschalgebühr in der Höhe von 520,-- Euro entrichtet. Da sie mit ihren Anträgen obsiegt hat, hat sie gemäß § 16 Abs. 1 WVRG 2014 Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren durch die Auftraggeberin.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausscheidensentscheidung; Ausschreibungsbestimmungen; Leistungsgegenstand; technisches Spezifikation; Gleichwertigkeit; Nachweis; Billigstbieterprinzip

Anmerkung

VwGH v. 18.1.2021, Ra 2019/04/0083; Abweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.123.072.3885.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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