TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/14 VGW-042/063/2580/2019

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Veröffentlicht am 14.05.2019
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Entscheidungsdatum

14.05.2019

Index

60/02 Arbeitnehmerschutz

Norm

BArbSchV §48 Abs7
ASchG §130 Abs5 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Al-Hachich über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 17.1.2019, Zl. MBA ...2/16, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 48 Abs. 7 BauV, BGBl. Nr. 340/94 iVm. § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF. BGBl. I Nr. 71/2013, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09.05.2019

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 112,00 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Der Magistrat der Stadt Wien – Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk - erließ gegen den Beschwerdeführer folgendes Straferkenntnis:

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs. 1 VStG Berufener der C. Baugesellschaft mbH mit Sitz in Wien, D.-Straße, zu verantworten, dass am 02.06.2016 (Tatzeit) auf der Baustelle der C. Baugesellschaft mbH in Wien, E.-straße, die ca. 3,0 m tiefe Erdwand Baugrube an der Grenze zum benachbarten Kindergarten für eine Unterfangung dieses Nachbarobjektes unter einem Böschungswinkel von 90° in Sand und Schluff (nicht bindige bzw. weiche bindige Böden) gegraben war. Obwohl die Erdwand weder gem. § 50 BauV abgeböscht, noch gem. §§ 51,52 BauV mit Verbauen versehen, noch gem. § 53 BauV durch Bodenverfestigung gesichert waren, wurde die Baugrube zur Durchführung von Arbeiten betreten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 48 Abs. 7 der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 iVm § 130 Abs. 5 Zi. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr., 450/1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 71/2013

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 560,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 9 Stunden

gemäß § 48 Abs. 7 der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/94 i.V.m, § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz- ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 i.d.F. BGBl. I Nr. 71/2013

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 56,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 616,00,

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die C. Baugesellschaft mbH. haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herrn A. B., verhängte Geldstrafe von

€ 560,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von € 56,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.“

II. Die dagegen fristgerecht von Herrn Ing. F. G. als Vertreter des Beschwerdeführers erhobene Beschwerde vom 12.02.2019 hat folgenden Wortlaut:

Beschwerde gegen den Bescheid MBA ...2/16 und gegen den Bescheid MBA ...4/16

Sehr geehrter Herr Mag. H.,

ich beziehe mich auf das mit Ihnen geführte Telefonat und lege hiermit im Namen von Herrn A. B. und auch für meine Person Einsprüche/Beschwerde gegen die Bescheide MBA ...2/16 und gegen den Bescheid MBA ...4/16 ein.

Mir wurden die Bescheide persönlich an meiner Wohnanschrift am 22.01.2019 und durch meinen ehemaligen Arbeitgeber am 21.01.2019 zugestellt.

-    Ich möchte hierzu ausführen, dass ich zu den beiden Sachverhalten am 24.08.2017 bereits schriftlich Herrn Mag. I. den Sachverhalt dargestellt habe.

-    In einem gesonderten Verfahren am Verwaltungsgericht Wien (GZ: VGW-042/063/3518/2018-14 bzw. VGW-042/V/063/3699/2018) wurde ich bereits angehört, auch in diesem Verfahren wurde ich mit diesen Sachverhalten (aus den Bescheiden MBA ...2/16 und MBA ...4/16) konfrontiert.

Ich bitte Sie um entsprechende Berücksichtigung.“

Die bereits zuvor im behördlichen Verfahren ergangene schriftliche Stellungnahme von Herrn Ing. G. als Vertreter des Beschwerdeführers vom 24.08.2017 lautete wie folgt:

„Besten Dank für die Nachfrist und ich erlaube mir Ihnen folgendes mitzuteilen:

Zu MBA ...2/16:

Ich kann hierzu folgende Angaben machen: Da in diesem Bereich sich die unmittelbar abzubrechende Kelleraußenwand bes Bestendes befunden hat war es mir nur bautechnisch möglich, segmentweise (Abschnitte) die alte Wand zu entfernen, unmittelbar im unteren Bereich die Pölzung einzubringen und die Bodenplatte zu betonieren. Nach der Betonage Bodenplatte haben wir die Pölzung gezogen und dann die gleiche Stelle ein Betonfertigteil eingebracht und dieses entsprechend vom Bereich der Bodenplatte aus mittels Schrägstützen abgestützt. Das anstehende Material war standfest und somit lies sich das ohne Probleme ausführen. Ich hatte für diese Ausführung keine bautechnische Alternative und bitte deswegen um Verständnis.

Zu MBA ...4/16:

Ich kann hierzu folgende Angaben machen: Ich musste an diesem Bereich einen alten Schuppen des Nachbarn unterfangen. Hierzu haben wir abschnittsweise den Aushub manuell bis zur Baugruppensohle hergestellt und den Bereich dann mittels Magerbeton abgefüllt. Zur Absicherung haben wir dann eine Pölzung nach dem Magerbeton noch aufgestellt. Aus Platzgründen hatte ich für diese Ausführung keine bautechnische Alternative und bitte deswegen um Verständnis.

Ich kann betonen, dass zu keinem Zeitpunkt Gefahr für unsere Mitarbeiter bestanden hat.“

III. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 09.05.2019 gemeinsam mit dem einen anderen Tatvorwurf aufgrund einer weiteren Kontrolle der gegenständlichen Baustelle am 21.07.2019 betreffenden Verfahren VGW – 042/063/2578/2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der nunmehrige Rechtsanwalt des Beschwerdeführers als dessen Vertreter sowie Herr Ing. F. G. als Auskunftsperson und ein Vertreter des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten teilnahmen. Seitens der belangten Behörde wurde auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet; ein Vertreter der haftenden Gesellschaft nahm an der Verhandlung trotz ausgewiesener Zustellung der Ladung nicht teil. Im Zuge der Verhandlung wurde der Meldungsleger Herr Ing. J. K. zeugenschaftlich einvernommen. Vom Vertreter des Arbeitsinspektorates wurden im Zuge der Verhandlung mehrere am 02.06.2016 bzw. am 21.07.2016 angefertigte Fotos der Baustelle vorgelegt.

Herr Ing. G. machte folgende Aussage:

„Ich war Mitarbeiter der C. Bau GesmbH bis 31.12.2018. Das Dienstverhältnis wurde auf meinen Wunsch beendet. Im Zeitpunkt Juni/Juli 2016 war ich für die Baustelle in Wien, E.-straße, zuständig, dies als technischer Leiter der C. für sämtliche Baustellen.

Zu meiner Beschwerde gebe ich an:

Ich habe das Straferkenntnis an meine Wohnadresse zugestellt erhalten. Ich habe den zuständigen Mitarbeiter des MBA angerufen und habe ihm gesagt, dass ich zu diesem Sachverhalt bereits vernommen worden bin, dies vor dem Verwaltungsgericht Wien im Verfahren 042/063/3518/2018. Ich wollte einen Termin haben um den Sachverhalt zu klären. Der Referent hat mir erklärt, dass ich einen „Einspruch“ erheben müsste, damit die Sache vor das VGW kommt. Bei meinem „Einspruch“ handelt es sich um das Schreiben vom 12.02.2019. Ich wollte einen Einspruch gegen die genannten Straferkenntnisse erheben, weil meiner Meinung nach auch dieser Sachverhalt bereits im Verfahren VGW-042/063/3518/2018 gewürdigt wurde. Ich verweise dazu auf die Seite 5 erster Absatz des Urteils vom 07.09.2018. Auf Vorhalt, dass ich selbst nicht Beschuldigter in dem Strafverfahren bin: Der Referent des MBA hat mir geraten, im Namen von Herrn B. Beschwerde zu erheben.

Auf Vorhalt meiner Aussage im Verfahren VGW-042/063/3518/2018 erster Absatz:

Dies stimmt so. Der Sachverhalt vom 02.06.2016 ist in meinem Einflussbereich gestanden. Der Sachverhalt vom 21.07.2016 betrifft die Firma L. da diese die Baustelle am 05.06.2016 oder 06.06.2016 übernommen habe. Das steht genau im Vertrag. Am 21.07.2016 war der Arbeitsinspektor beim Polier der Firma L.. Der Arbeitnehmer auf dem vorgelegten Foto zu ...4/2016 ist von der Firma L.. Der Arbeitnehmer auf dem Foto zu ...2/2016 ist von der C. bzw. einem für mich tätigen Subunternehmen. Die gegenständliche Baustelle betraf am 21.07.2016 sehr wohl Schalungs- und Betonierarbeiten, welche von der Firma L. zu leisten waren. Die Baugrube wurde Anfang Juni übergeben. Danach hat der Betonbau durch die Firma L. begonnen. Soweit ich mich erinnern kann, hatte die C. zum Zeitpunkt 21.07.2016 keine Arbeitnehmer an der Baustelle mehr die operativ gearbeitet hätten.

Bezüglich der Kontakte zum AI gebe ich an:

Ich habe den AI nie persönlich getroffen. Ich war sicher jede Woche einmal auf der Baustelle. Ich hatte noch Herrn M. als Techniker und Bauleiter auf der Baustelle. Dieser hat sich um die Abstimmungen mit der Firma L. und deren Bauleiter gemacht. Wenn wir Unterlagen vom AI bekommen haben, haben wir diese an L. weitergeleitet.

Zum Sachverhalt 02.06.2016 gebe ich an:

Auf der Nachbarliegenschaft ist ein Kindergarten. Genau an der Grundgrenze stand ein alter Schuppen. Dieser ist auf dem vorgelegten Foto vom 02.06.2016 ersichtlich. Ich habe mit dem Eigentümer der Nachbarliegenschaft ausgemacht gehabt, dass ich das Fundament des Mauerwerkes des Schuppens manuell abschnittsweise unterfange. Ich zeige dieses Vorgehen aufgrund einer Skizze. Dafür musste ich von meiner Seite aus mit der Spitzhacke das Fundament der Nachbarmauer abschnittsweise abgraben und mit Beton ausfüllen. Das ist eine fachtechnische Ausführung. Auf dem vorgelegten Foto ist der Abschnitt bereits fertig, für den zweiten Abschnitt wurde die Schalung errichtet. Es sind auch bereits Betonreste auf der Schalung ersichtlich. Das heißt die Schalung wurde offensichtlich schon befüllt.

Auf Vorhalt des Vertreters des AI, dass die Baugrube ungesichert sei:

Diesbezüglich der nicht betonierten bzw. geschalten Seiten. Diesbezüglich gab es eine Neigung von 60 Grad. Das war für mich ausreichend.

Ich bin Bauingenieur und habe die HTL für Tiefbau absolviert.

Auf Frage wer die Unterfangung berechnet hat:

Es gab einen Zivilingenieur der dafür zuständig war. Ob er die Berechnung für diese Baugrube erstellt hat weiß ich nicht. Ich selbst bin kein Statiker und kann die Berechnungen nicht selbst durchführen. Wir hatten einen Statiker und einen Prüfingenieur und ein Baugrundlabor. Herr M. war angestellter Bauleiter für den technischen Bereich. Er war Arbeitnehmer der C. im Juni und Juli 2016.

Persönlich war ich bei der Kontrolle des AI am 02.06.2016 nicht dabei. Ich habe erst im Zuge der Strafverfahren von dem Vorwurf erfahren.

Auf Vorhalt des Tatvorwurfes zur Zl. ...2/2016:

Meiner Meinung nach ist die Böschung ausreichend sicher. Das Foto stellt auch keine Arbeitnehmer in der Baugrube dar sondern hält sich dieser im oberen Bereich auf.

Zum Vorfall vom 21.07.2016 gebe ich an:

Bei unserer Baugrube gab es links keine Anrainer. Rechts war der Bereich mit dem alten Schuppen. Im straßenseitigen Bereich rechts steht ein unterkellertes Haus an der Grundgrenze (Kindergarten). Von der E.-straße aus hat es in unsere Baugrube hinein eine Böschung gegeben. Die Baugrube vom 21.07.2016 war in einem anderen Bereich, und zwar rechts weiter zur E.-straße hin. Es handelt sich um einen anderen Bereich der gleichen Baugrube. Straßenseitig hin war eine Böschung zur Baugrube. Auf dem Foto vom 21.07.2016 ist der Polier sowie ein Mitarbeiter der L. ersichtlich. Auf dem weiteren Foto vom 21.07.2016 ist Herr M. ersichtlich. Die Firma L. hat im Zuge der Beton- und Schalungsarbeiten abschnittsweise die Böschung zur Straße hin unterfangen und ausgeführt. Die Unterfangung fällt unter Betonarbeiten.

Bezüglich des Rechtsverhältnisses der Firma C. und L. verweise ich auf meine Aussage im Verfahren VGW-042/063/3518/2018.“

Der Zeuge Herr Ing. K. sagte aus wie folgt:

„Ich kann mich an die beiden Kontrollen vom 02.06.2016 und vom 21.07.2016 aufgrund der Durchsicht meiner damaligen Unterlagen noch erinnern.

Mein Ansprechpartner am 02.06.2016 war Herr N. M. von der Firma C.. Ich habe damals mehrere Fotos gemacht. Es waren zwei Arbeitnehmer der C. anwesend. Ich habe die Ausweise der beiden Arbeitnehmer fotografiert und lege ein Foto vor. Es wurden dort in einer Baugrube Unterfangungsarbeiten für das Nachbarsobjekt durchgeführt. Die Baugrube war nicht gesichert. Die Böschung war der Länge nach senkrecht, das heißt, unter 90 Grad, ausgehoben. Teilweise waren sogar Überhänge vorhanden. Derjenige Arbeitnehmer, der auf dem Foto ersichtlich ist, war zum Zeitpunkt der Inspektion auch unten in der Baugrube. An den Schmalseiten war ein Böschungswinkel von 60 Grad. Nicht jedoch auf der Längsseite. Ich habe zur Längsseite noch weitere Fotos gemacht die ich nun vorlege. Darauf sind auch die Überhänge sowie der 90 Grad Winkel ersichtlich. Die Baugrube anders auszuführen ist technisch sicher möglich. Eine ordnungsgemäße Sicherung im Sinne der Bauarbeiterschutzverordnung ist dort sicher möglich.

Meiner Erinnerung nach ist Herr Ing. M. dann auf die Baustelle gekommen. Er wurde telefonisch verständigt, da eine sehr große Gesundheitsgefährdung für die beiden Arbeitnehmer bestanden hat. Ich habe mit Herrn Ing. M. eine Niederschrift angefertigt. Wir haben auch vereinbart, dass Herr Ing. M. dafür Sorge trägt, dass die entsprechenden Schutzmaßnahmen veranlasst werden. Ich habe auch ein Betretungsverbot ausgesprochen. Herr Ing. M. hat auch nicht gesagt, dass es technisch nicht möglich wäre die Baugrube nicht anders auszuführen. Das ist auch technisch möglich. Ich lege zudem die Niederschrift vom 02.06.2016 vor und lese sie vor.

Mein nächster Besuch war am 21.07.2016. Damals war wieder Herr M. anwesend und der Polier O. P., der auch auf dem Foto abgebildet ist. Herr O. war der Polier und Herr M. war in seiner Funktion als Bauleiter vor Ort. Auf einem der vorgelegten Fotos vom 21.07.2016 ist auch Herr M. in der Baugrube ersichtlich. Bei diesem Besuch war von der C. nur Herr M. da. Die anderen Mitarbeiter waren offensichtlich bei einem anderen Unternehmen beschäftigt. Bei meinem zweiten Besuch wurde die Erdwand straßenseitig beanstandet. Es handelt sich um einen anderen Bereich der gleichen Baugrube. Dies im Bereich straßenseitig. Die Böschung war senkrecht ausgehoben. Ich habe damals auch sämtliche Maße aufgenommen. Man sieht auf dem Foto, dass unten ein ungesicherter Bereich von ca. 1,40 Meter vorhanden ist, dann drei Pfosten waagrecht als Sicherung eingebaut waren. Im oberen Bereich waren lediglich kurze Pfostenteilstücke eingebracht, die jedoch keiner ordnungsgemäßen Pölzung entsprachen. Wir haben auch eine Lösung besprochen wie eine ordnungsgemäße Sicherung ausschauen soll. Ich habe mit Ing. M. entsprechende Lösungsvorschläge besprochen. Weiters wurden die ungesicherten Bewehrungsstäbe (insgesamt waren sicher mehr als 100 an der Baustelle) zur Anzeige gebracht. Ich habe wieder mit Herrn Ing. M. gesprochen der mir wieder die Behebung der Mängel zugesagt hatte. Herr O. war auch bei der gesamten Besichtigung dabei. Wir sind gemeinsam alles durchgegangen und haben auch Lösungsmöglichkeiten besprochen.

Das Vertragsverhältnis mit der L. wurde mir am 21.07.2016 zur Kenntnis gebracht. Der Werkvertrag wurde mir damals vorgelegt und von mir abfotografiert. Auf dem Deckblatt befand sich damals der Terminus „Lohnleistung“. Eine Verständigung mit dem Mitarbeiter der L. war vom technischen her soweit möglich. Eine gemeinsame Begehung mit Bauleiter und Polier ist üblich, das wurde auch gegenständlich so gemacht.“

In seinen Schlussausführungen brachte der Vertreter des Beschwerdeführers zum gegenständlichen Tatvorwurf vor, die Absicherung der Baugrube sei zwar nicht perfekt aber ausreichend gewesen. Es liege sohin ein geringfügiges Verschulden vor, weshalb die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens unter Erteilung einer Ermahnung beantragt werde, in eventu die angemessene Herabstzung der Strafhöhe.

Der Vertreter des Arbeitsinspektorates brachte in seinen Schlussausführungen vor, die Baugrube zu sichern wäre mit den einfachsten technischen Mitteln möglich gewesen. Es hätte erhebliche Gefahr für die Arbeitnehmer in der Baugrube bestanden, weshalb auch ein Betretungsverbot ausgesprochen worden wäre. Die auf den Lichtbildern ersichtlichen Abstützungen (Deckensteher) würden lediglich dazu dienen, die Schalung der Unterfangung gegen die Baugrube abzustützen und keine geeignete Pölzung der Baugrube darstellen. Es werde beantragt, das Straferkenntnis im vollen Umfang zu bestätigen, da die verhängte Geldstrafe ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens liege.

IV. Aufgrund des Akteninhalts und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Anlässlich einer Kontrolle der Baustelle der C. Baugesellschaft mbH in Wien, E.-straße, am 02.06.2016 durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten wurde festgestellt, dass die ca. 3,0 m tiefe Erdwand der Baugrube an der Grenze zum benachbarten Kindergarten für eine Unterfangung des Nachbarobjektes an der der zu unterfangenden Mauer gegenüberliegenden Längsseite unter einem Böschungswinkel von ca. 90° in Sand und Schluff (nichtbindige bzw. weiche bindige Böden) gegraben war. Die Baugrube wurde zur Durchführung von Arbeiten betreten, obwohl die längsseitige Erdwand weder gemäß § 50 BauV abgeböscht, noch gemäß §§ 51, 52 BauV mit Verbauen versehen, noch gemäß § 53 BauV durch Bodenverfestigung gesichert war.

Der Beschwerdeführer Herr A. B. war zu diesem Zeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. Baugesellschaft mbH.

V. Zu diesen Feststellungen gelangte das erkennende Gericht auf Grund des unbestrittenen und unbedenklichen Akteninhaltes und den gleichfalls unbedenklichen Aussagen von Herrn G. sowie des im Zuge der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen Herrn Ing. K..

Dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der C. Bauges.m.b.H. war, ist aus dem im Akt befindlichen Firmenbuchauszug ersichtlich.

Der – längsseitig unter einem Böschungswinkel von 90° gegrabene und nicht ausreichend gesicherte – Zustand der Baugrube wurde anlässlich der Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat vom 02.06.2016 fotografisch dokumentiert und im Übrigen auch vom Zeugen Herrn Ing. K. bestätigt. Der Zeuge bestätigte weiters glaubwürdig, dass die Baugrube auch zur Durchführung von Arbeiten betreten worden war.

VI. Maßgebliche Rechtsvorschriften:

§ 48 der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV; BGBl. Nr. 340/94 idgF. lautet samt Überschrift:

Aushub

§ 48. (1) Vor Durchführung von Erdarbeiten ist zu ermitteln, ob im vorgesehenen Arbeitsbereich Leitungen oder sonstige Einbauten verlegt sind, durch deren Beschädigung Arbeitnehmer gefährdet werden können, oder ob gefahrbringende Boden- oder Wasserverhältnisse oder besondere Einflüsse, wie Erschütterungen durch den Straßen- oder Schienenverkehr, vorliegen. Wenn während der Durchführung von Erdarbeiten solche Einbauten oder deren Schutzabdeckungen sowie gefahrbringende Boden- oder Wasserverhältnisse oder sonstige gefahrbringende Einflüsse unvermutet angetroffen werden, ist die Aufsichtsperson zu verständigen. Erforderlichenfalls sind entsprechende Sicherungsmaßnahmen, wie Sicherung der Einbauten oder Abfangen und Ableiten der Wasserzuflüsse, zu treffen.

(2) Beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe ist unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodaß Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können:

1. Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen,

2. die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 51 und 52 zu verbauen, oder

3. es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

(3) Wenn schlechte Bodenverhältnisse oder besondere Einflüsse, wie Erschütterungen durch den Straßen- oder Schienenverkehr, vorliegen, muss auch schon bei einer geringeren Tiefe als 1,25 m eine der Maßnahmen nach Abs. 2 durchgeführt werden.

(4) Sofern nicht Sicherungsmaßnahmen gegen Einsturz des Randes und Hineinfallen von gelagertem Material getroffen sind, darf der Rand von Gruben, Gräben oder Künetten innerhalb eines Schutzstreifens von mindestens 50 cm Breite nicht belastet werden.

(5) Erfolgt ein Aushub neben bestehenden Bauten, muß die Standsicherheit der Fundamente der bestehenden Bauten erforderlichenfalls durch Maßnahmen wie nur abschnittsweises Ausheben und Unterfangen erhalten bleiben.

(6) Untergraben ohne entsprechende Sicherungsmaßnahmen ist unzulässig, Überhänge sind unverzüglich zu beseitigen. Freigelegte Bauwerksteile, Randsteine, Pflastersteine oder Findlinge, die abstürzen oder abrutschen können, sind unverzüglich zu beseitigen oder zu sichern.

(7) Baugruben, Gräben oder Künetten dürfen nur betreten werden, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs. 2 durchgeführt sind.

Gemäß § 130 Abs. 5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8 324 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16 659 € zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber/in

1. den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt, oder

2. die nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden bescheidmäßigen Vorschreibungen nicht einhält.

Gemäß § 161 BauV sind Übertretungen dieser Verordnung sind nach § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG zu bestrafen.

§ 118 Abs. 3 ASchG lautet:

(3) Die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994, (BauV), gilt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz. Für die Änderung der Bauarbeiterschutzverordnung ist dieses Bundesgesetz maßgeblich:

VII. Rechtliche Beurteilung:

Vorweg war zu dem im Zuge der mündlichen Verhandlung erhobenen Vorbringen des Vertreters des Arbeitsinspektorates, wonach das Schreiben von Herrn F. G. vom 12.02.2019 keine Beschwerde darstelle, zu bemerken, dass gegenständlich die Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1, 2, 3 und 5 VwGVG (Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Bezeichnung der belangten Behörde, Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist) jedenfalls erfüllt sind. Zutreffend ist, dass dem Schreiben kein bestimmtes Begehren entnommen werden kann, doch wurde dieser Mangel vom mittlerweile anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht behoben. Auch kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, in einem Schreiben Beschwerde gegen zwei gesonderte Bescheide zu erheben.

Der Beschwerdeführer hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der C. Baugesellschaft mbH den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht. Hinweise darauf, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherungsmaßnahmen an der Längsseite der Baugrube aus bautechnischer Sicht nicht durchführbar gewesen wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.

In subjektiver Hinsicht war von Fahrlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne einer unzureichenden Kontrolle der Baustelle auszugehen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, d.h. ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (VwGH 26.02.2014, Ro 2014/04/0028 mwN.).

Gemäß Art. 130 Abs. 3 B-VG liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat. Es ist demnach Aufgabe des VwG zu überprüfen, ob sich die Entscheidung der Behörde als Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erweist, und zwar - mangels Indizien für eine Abweichung von Fällen mit "gebundener" Entscheidung - vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage. Bejahendenfalls ist die Beschwerde - ohne dass das VwG befugt wäre, in eine eigene Ermessenentscheidung einzutreten - abzuweisen. Erst wenn sich die behördliche Ermessensübung im Ergebnis als nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt erweist - was insb. auch der Fall wäre, wenn die für die Übung des Ermessens maßgeblichen Umstände nicht frei von Verfahrensmängeln oder unvollständig festgestellt wurden - wäre das VwG befugt, bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs. 2 VwGVG 2014), gegebenenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eigenes Ermessen zu üben (nur bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst wäre nach § 28 Abs. 4 VwGVG 2014 vorzugehen). (VwGH 01.03.2016, Ra 2015/11/0106 u.a.).

Gegenständlich war daher zu prüfen, ob die belangte Behörde das ihr zustehende Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat.

Durch die Verletzung der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsvorschrift wurde das auf den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit gerichtete öffentliche Interesse, dem die Strafdrohung dient, erheblich beeinträchtigt.

Das Verschulden des Beschuldigten konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Es war – wie bereits ausgeführt - von fahrlässiger Begehung auszugehen.

Es war vom ersten Strafsatz des § 130 Abs. 5 ASchG (Geldstrafe von € 166,- bis

€ 8.324,-) auszugehen.

Als mildernd zu werten war die zum Tatzeitpunkt gegebene verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers.

Weitere Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Beschwerdeführer ist der behördlichen Einschätzung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse als durchschnittlich auch im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten. Gesetzliche Sorgepflichten konnten mangels Angaben nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den von 166 Euro bis 8.324 Euro reichenden Strafrahmen (ein Wiederholungsfall lag gegenständlich nicht vor), erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von € 560,00 (was etwas mehr als dem dreifachen der gesetzlichen Mindeststrafe bzw. weniger als einem Vierzehntel der Höchststrafe entspricht) im Ergebnis angemessen. Eine weitere Herabsetzung der verhängten Strafe kam insbesondere im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer nicht in Betracht.

Eine Unverhältnismäßigkeit der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe konnte nicht festgestellt werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführten zwingenden gesetzlichen Bestimmungen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Baustelle; Sicherungsmaßnahmen; Baugrube

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.042.063.2580.2019

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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