Entscheidungsdatum
07.10.2020Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §89a Abs2 litaText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde der (1992 geborenen) Frau A. B. in Wien, C.-Straße, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, vom 23.07.2020, Zl. …, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO 1960, zu Recht erkannt:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet wie folgt:
„Das Fahrzeug PKW, D., Fgnr.: … war am 15.7.2020 in Wien, E.-brücke ohne behördliche Kennzeichentafeln abgestellt und wurde in der Verwahrstelle der MA 48 3 Tage kostenpflichtig auf bewahrt.
Gemäß § 89a Abs. 7,7a der StVO 1960, BGBL.Nr.159, in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit §§ 2 u. 3 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 22.12.2016, LGBl. Nr. 56/16 werden Ihnen die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Fahrzeuges vorgeschrieben.
Das Ausmaß der Kosten ist in den Tarifen I und II der zitierten Verordnung wie folgt festgesetzt:
Tarif I P.Nr.: 3+7 € 335,00,— für das Entfernen des Fahrzeuges
Tarif II P.Nr.: 3+8 € 15,00,— für jeden angefangenen Kalendertag nach der
Dauer der Aufbewahrung des Fahrzeuges
Die Kosten betragen:
für das Entfernen für die Aufbewahrung für die Entsorgung daher gesamt
€ 335,00,- € 45,00,- € 0,00,- € 380,00,-
Der vorgeschriebene Kostenersatz ist binnen zwei Wochen mittels des angeschlossenen Zahlscheines an die Stadt Wien einzuzahlen.“
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage aus, die Beschwerdeführerin sei unbestrittenermaßen aufrechte Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges. Nach den Bestimmungen des § 89a StVO 1960 komme es nicht auf ein Verschulden des Zulassungsbesitzers an, sondern genüge die Tatsache, dass sein Fahrzeug ohne gemäß § 49 Abs. 7 KFG montierten Kennzeichentafeln auf einer öffentlichen Grundfläche abgestellt sei. Die Beschwerdeführerin sei somit als diejenige Person anzusehen, an die die Vorschreibung zu ergehen habe. Daher sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Sie brachte vor, es seien ihr die Kennzeichen am 14.07.2020 auf der E.-brücke abgenommen worden. Sie habe dann das Auto dort stehen lassen müssen. Die Polizei habe ihr drei Tage Frist gegeben, um das Auto von dort zu entfernen. Am 15.07.2020 sei das Auto von der MA 48 abgeschleppt worden. Der Beamte bei der Polizeistation habe ihr bestätigt, dass sie drei Tage Frist gehabt habe, um das Auto von dort zu entfernen. Sie ersuche, die offene Rechnung zu annullieren.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
§ 89a StVO 1960 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 123/2015 lautet – auszugsweise – wie folgt:
„(1) …
(2) Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Die Entfernung ist ferner ohne weiteres Verfahren zu veranlassen
a) bei einem Gegenstand, bei dem zu vermuten ist, daß sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger und
b) bei einem Gegenstand (Fahrzeug, Container u. dgl.), der im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt ist, das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13b mit einer Zusatztafel „Abschleppzone“ (§ 54 Abs. 5 lit. j) kundgemacht ist.
(2a) …
(3) Im Falle der Unaufschiebbarkeit sind auch die Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr oder eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens berechtigt, unter den im Abs. 2 genannten Voraussetzungen die dort bezeichneten Gegenstände zu entfernen oder entfernen zu lassen. Dies gilt insbesondere auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen nach § 44b Abs. 1.
(…)
(7) Das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs. 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs. 2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig.
(7a) Die Höhe der zu bezahlenden Kosten (Abs. 7) kann durch Verordnung in Bauschbeträgen (Tarifen) gestaffelt bei Fahrzeugen nach der Art, sonst nach Größe oder Gewicht der Gegenstände auf Grund einer Ausschreibung nach dem kostengünstigsten Angebot festgesetzt werden. Die Festsetzung ist derart vorzunehmen, daß die notwendigen, der Behörde aus der Entfernung und Aufbewahrung der Gegenstände tatsächlich erwachsenden durchschnittlichen Kosten gedeckt sind. Hiezu gehören insbesondere die Kosten des Einsatzes der Transportfahrzeuge, der Entlohnung des für das Entfernen benötigten Personals, der Amortisation der Geräte sowie der Errichtung, des Betriebes, der Erhaltung, der Sicherung und der Bewachung des Ortes der Aufbewahrung, wobei jedoch jene Kosten unberücksichtigt zu bleiben haben, die die Behörde aus dem allgemeinen Aufwand zu tragen hat. Die für die Aufbewahrung der Gegenstände zu entrichteten Bauschbeträge sind nach der Dauer der Verwahrung zu bestimmen.
(…)“
Aus dem Akteninhalt (insbesondere den dort einliegenden Fotos) geht hervor, dass am 14.07.2020 um 03:05 Uhr auf der E.-brücke von einem Sicherheitswachebeamten die Kennzeichentafeln des D. mit dem Kennzeichen W-1 wegen mangelnder Verkehrs- und Betriebssicherheit in Anwesenheit eines namentlich genannten Lenkers abgenommen wurden. Es wurde ersucht, das Kraftfahrzeug ehestens von der öffentlichen Verkehrsfläche zu entfernen.
In einem Aktenvermerk vom 16.07.2020 ist festgehalten worden, dass Herr Chef.Insp. F. von der Polizeiinspektion G. in einem Telefonat mitgeteilt habe, dass dem Lenker des Fahrzeuges bei der Abnahme der Kennzeichen am 15.07.2020 (richtig wohl: 14.07.2020) die Auskunft gegeben worden sei, dass das Fahrzeug bis 16.07.2020, 06:00 Uhr ohne Kennzeichen auf der E.-brücke stehen gelassen werden dürfe. Die Polizei werde das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einstellen und die Falschauskunft auch bestätigen.
Das hier in Rede stehende Fahrzeug (der D.) ist dann am 15.07.2020 um 05:49 Uhr von der E.-brücke abgeschleppt und verwahrt worden (laut Abschleppbericht der MA 48).
Es erging dann von Seiten der MA 48 der angefochtene Bescheid vom 23.07.2020, mit welchem der Beschwerdeführerin gemäß § 89a Abs. 7, 7a StVO 1960 die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Fahrzeuges (in der Höhe von insgesamt 380,-- Euro) vorgeschrieben wurden. In der Begründung des Bescheides heißt es, dass die Beschwerdeführerin aufrechte Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges sei. Es komme nicht auf ein Verschulden des Zulassungsbesitzers an, sondern es genüge die Tatsache, dass das Fahrzeug ohne Kennzeichentafeln auf einer öffentlichen Grundfläche abgestellt sei. Es habe daher die Vorschreibung zu ergehen gehabt.
Die belangte Behörde rechtfertigt die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung des Kraftfahrzeuges der Beschwerdeführerin an diese damit, dass die Beschwerdeführerin aufrechte Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges sei und es nicht auf ein Verschulden ankomme, sondern es genüge, dass das Fahrzeug ohne Kennzeichentafeln auf einer öffentlichen Grundfläche abgestellt gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass die Kennzeichentafeln am 14.07.2020 auf der E.-brücke abgenommen worden seien; sie habe dann das Auto dort stehen lassen müssen. Ihr sei von der Polizei eine Frist von drei Tagen gegeben worden, um das Auto von dort zu entfernen.
Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.
Vor der 14. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 213/1987, war im zweiten Satz des § 89a Abs. 2 StVO 1960 angeordnet, dass – unabhängig von einer Verkehrsbeeinträchtigung – ein Gegenstand zu entfernen ist, wenn zu vermuten ist, dass sich dessen Inhaber seiner entledigen wollte, insbesondere wenn ein Kfz oder Anhänger ohne Kennzeichentafeln abgestellt ist. Aus dem grammatikalischen Satzzusammenhang unter Verwendung des Wortes „insbesondere“ hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 23.12.1987, Zl. 85/18/0143, abgeleitet, dass Voraussetzung der Entfernung eines Kfz nach dieser Gesetzesstelle – auch im Falle des Fehlens von Kennzeichentafeln – die Vermutung ist, dass sich der Inhaber, in diesem Fall also der Zulassungsbesitzer, des Fahrzeuges entledigen wollte. Nach § 388 ABGB sei im Zweifel nicht zu vermuten, dass jemand sein Eigentum fahren lassen wolle. Habe ein Zulassungsbesitzer ein Kfz mit Kennzeichentafeln auf einer öffentlichen Straße abgestellt und hätten sodann Organe der Behörde ohne Kenntnis des Zulassungsbesitzers – sei es auch in rechtsrichtiger Vollziehung der Gesetze – die Kennzeichentafeln abgenommen, so könne nicht die Vermutung Platz greifen, der Zulassungsbesitzer habe sich seines Kfz entledigen wollen.
Mit der genannten Novelle wurde aber der Wortlaut des hier maßgeblichen Gesetzestextes insofern geändert, als nunmehr nach § 89a Abs. 2 lit. a StVO 1960 die Entfernung zu veranlassen sei bei einem Gegenstand, bei dem zu vermuten sei, dass sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug. Nach der derzeit geltenden Rechtslage ist es also so, dass – und zwar unabhängig von einer Verkehrsbeeinträchtigung – ein ohne Kennzeichentafeln abgestelltes Kraftfahrzeug zu entfernen ist. Dies ist im vorliegenden Fall auch gemacht worden. Dass von Seiten der Polizisten, die die Abnahme der Kennzeichentafeln vorgenommen haben, eine Auskunft dahingehend erteilt wurde, das Fahrzeug könne bis 16.07.2020 auf der E.-brücke ohne Kennzeichen stehen gelassen werden, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Entfernung und Aufbewahrung des hier in Rede stehenden Kraftfahrzeuges. Anders wird die Situation im Verwaltungsstrafverfahren zu beurteilen sein; so hat etwa der erwähnte Chef.Insp. F. darauf hingewiesen, dass wegen der Falschauskunft das Verwaltungsstrafverfahren (wegen mangelnden Verschuldens) eingestellt werde. Die belangte Behörde hat in der Begründung ihres Bescheides zutreffend darauf hingewiesen, dass es auf ein Verschulden des Zulassungsbesitzers (nach der nunmehr geltenden Rechtslage) im Beschwerdefall nicht ankomme.
Gegen die Höhe der Kosten wurde nichts vorgebracht.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalles hinausgehenden Rechtsfragen stellten.
Schlagworte
Entfernung des Fahrzeuges; ohne Kennzeichentafeln; Kostentragung; Kostenvorschreibung; VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.131.036.11042.2020Zuletzt aktualisiert am
01.12.2020