Entscheidungsdatum
18.05.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W140 2228228-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Algerien (tatsächlich ungeklärt), vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst – ARGE Rechtsberatung gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2020, XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft von 17.01.2020 bis 05.02.2020 zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.01.2020 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig wird die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 17.01.2020 bis 05.02.2020 für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat gemäß § 35 VwGVG dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Der Antrag der belangten Behörde auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
IV. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr in der Höhe von € 30,-- Euro wird zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF) reiste spätestens am 15.07.2015 illegal in das Bundesgebiet ein.
Am 15.07.2015 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX in Kairo geboren zu sein und Staatsbürger von Ägypten zu sein.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX (RK 18.08.2015) wurde der BF unter dem Namen XXXX gemäß § 229 (1) StGB § 15 StGB, §§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB, § 241e (3) StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten - bedingt - verurteilt.
Am 22.09.2015 wurde das Verfahren des BF über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 24 Abs. 1 Z1 AsylG eingestellt.
Am 26.11.2015 versuchte der BF mit einem gefälschten italienischen Personalausweis nach Madrid auszureisen. Es wurden in weiterer Folge keine fremdenpolizeilichen Maßnahmen gesetzt, dem BF wurde eine Information bezüglich einer Rückkehrberatungsstelle ausgehändigt.
Der BF befand sich von 26.07.2015 bis 12.08.2015 sowie von 18.10.2019 bis 10.12.2019 in der Justizanstalt XXXX . Weiters befand sich der BF von 10.12.2019 bis 17.01.2020 in der Justizanstalt XXXX .
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 13.01.2020, RK 13.01.2020, gemäß §§ 223 (2), 224 StGB § 229 (1) StGB § 241e (3) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1) 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 17.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - davon Freiheitsstrafe 9 Monate bedingt - Probezeit 3 Jahre, verurteilt.
Im Jänner 2020 wurde durch das BFA ein Verfahren zur Identitätsfeststellung (HRZ-Verfahren) mit Algerien eingeleitet.
Mit Bescheid vom 16.01.2020 wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahr/en befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V).
Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.02.2020, XXXX , statt, und behob den angefochtenen Bescheid.
Mit Bescheid des BFA vom 16.01.2020, Regionaldirektion XXXX , wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
In diesem Bescheid wurde u. a. Folgendes ausgeführt:
„(…) C) Feststellungen
Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Zu Ihrer Person:
Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie sind algerischer Staatsbürger. Sie sprechen die Sprache Arabisch.
Aktuell befinden sich wegen § 130 Abs 1 StGB; § 223 Abs 2 StGB; § 224 StGB; § 127 StGB; § 128 Abs 1 Z 5 StGB; § 130 Abs 1 1. Fall StGB; § 229 Abs 1 StGB; § 241e Abs 3 StGB in Haft. Sie werden am 17.01.2020 aus der Strafhaft entlassen.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Seit dem 18.10.2019 befinden Sie sich im Bundesgebiet in Anhaltung bzw. Untersuchungshaft, sowie seit dem 13.01.2020 im Bundesgebiet in Strafhaft.
Sie verfügen über keine Reisedokumente und haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und somit sind Sie illegal aufhältig. Sie weisen – abgesehen von der JA XXXX – keine amtliche Meldung auf. Seitens der ho. Behörde ist davon auszugehen, dass Sie untertauchen und Ihren illegalen Aufenthalt hier im Verborgenen fortsetzen werden, zumal Sie dies bereits in Vergangenheit taten.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
Sie sind nach Österreich illegal eingereist.
Sie gingen in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.
Sie sind im österreichischen Bundesgebiet bereits zum zweiten Mal strafrechtlich verurteilt worden.
Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie im Rahmen Ihres Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz im Jahr 2015 untertauchten. Sie tauchten in Österreich unter indem Sie sich behördlich nicht meldeten und somit für die Behörde nicht greifbar waren. Auch weisen etliche Aliasidentitäten auf.
Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.
Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie bereits zwei Mal von einem inländischen Gericht rechtskräftig verurteilt wurden.
Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.
Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich offensichtlich unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.
Derzeit befinden Sie sich in Strafhaft in der JA XXXX und werden am 17.01.2020, 08:00 Uhr aus der Haft entlassen.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Außerdem bestehen zum Bundesgebiet keinerlei familiäre Bindungen.
Sie sind in keinster Weise integriert, weil Sie sich erst seit relativ kurzer Zeit im Bundesgebiet befinden und weder über soziale noch berufliche oder familiäre Bindungen verfügen.
Familienangehörige halten sich nicht im Bundesgebiet auf.
D) Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, XXXX . (…)
E) Rechtliche Beurteilung (…)
Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.
Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Die Ziffern 3 und 9 sind in ihrem Fall zutreffend.
Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Sie besitzen nicht ausreichend Barmittel, kein Reisedokument und keine Unterkunft im Bundesgebiet und tauchten im Rahmen Ihres nunmehr eingestellten Asylverfahrens im Jahre 2015 bereits einmal unter.
Sie wurden bereits zwei Mal von einem inländischen Gericht rechtskräftig verurteilt.
Sie weisen einige Aliasidentitäten auf. Die Behörde muss somit davon ausgehen, dass Sie bei einem Verfahren auf freiem Fuße erneut untertauchen werden und Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werden. Folglich wird nach Ihrer Haftentlassung am 17.01.2020 über Sie die Schubhaft verhängt.
Daher ist die Entscheidung zur Verhängung der Schubhaft auch verhältnismäßig, welche sich aus der dargelegten Sachverhaltsmanifestierungen zu Ihrer Person ergibt und begründet in Ihrem Fall die Schubhaft.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten. Auch aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt, zumal Sie bereits zuvor untertauchten und somit illegal aufhältig waren.
Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).
Sie wurden in Österreich bereits zweifach strafrechtlich verurteilt, u.a. wegen gewerbsmäßigen Diebstahl. Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht. Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Aufgrund Ihrer fehlenden Verankerung in Österreich sowie Ihrem bisherigen Verhalten ist zu befürchten, dass Sie untertauchen werden und wiederum einen illegalen Aufenthalt im Verborgenen führen werden. Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.(…)
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist“.
In weiterer Folge wurde der BF - nach Entlassung aus der Strafhaft - am 17.01.2020 in Schubhaft genommen. Am 18.01.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Aktenvermerk vom 19.01.2020 stellte das BFA fest, dass gemäß § 76 Abs. 6 FPG der am Vortag gestellte Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, weshalb die Anhaltung in Schubhaft derzeit aufrecht bleibe.
Mit Bescheid des BFA vom 28.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1, 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII).
Am 05.02.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und mit Mandatsbescheid vom 05.02.2020 über den BF das gelindere Mittel - mit täglicher Meldeverpflichtung - angeordnet.
Mit Schriftsatz vom 31.01.2020 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.02.2019 (gemeint: 16.01.2020) und die seit 17.01.2020 fortdauernde Anhaltung des BF in Schubhaft. In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass der BF, nachdem er in Schubhaft genommen wurde, einen Asylantrag stellte. Möglicherweise ging der BF auch davon aus, dass sein noch nicht abgeschlossenes Asylverfahren in Österreich fortgesetzt werden hätte können. Die Behörde hätte in weiterer Folge einen Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG erstellt. Der erstellte Aktenvermerk vom 19.01.2020 lasse jegliche Begründung für die Anwendung des § 76 Abs. 6 FPG vermissen. Es sei nicht offensichtlich dass der Asylfolgeantrag ausschließlich und zur Gänze missbräuchlich zur Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Daher sei die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft aufgrund der Asylantragstellung rechtswidrig und hätte der BF jedenfalls in die Grundversorgung aufgenommen werden müssen. Weiters hätte die erstinstanzliche Behörde den Ausschluss des gelinderen Mittels jedenfalls begründen müssen. Eine Unterbringung in der Grundversorgung mit Meldeverpflichtung wäre z. B. eine verhältnismäßige Variante der Sicherung des Verfahrens gewesen. Der BF beantragte eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchzuführen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und auszusprechen, dass die Anordnung von Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des BF nicht vorliegen und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gemäß der Verwaltungsgerichts-Aufwandersatzverordnung sowie der Kommissionsgebühren und Barauslagen, für die der BF aufzukommen hat, aufzuerlegen.
Das BFA erstattete am 03.02.2020 nachstehende Stellungnahme:
„Die Beschwerde gegen die Schubhaft wurde fristgerecht eingebracht. Herr XXXX wurde am 17.01.2020 aus der JA XXXX entlassen (Verurteilung durch das LG XXXX am 13.01.2020) und durch eine zuständige PI festgenommen. Anschließend wurde Herr XXXX im Stande der Schubhaft ins PAZ XXXX eingeliefert. Die Schubhaft wurde nach Entlassung aus der Strafhaft verhängt.
Der Genannte stellte im Bundesgebiet bereits am 15.07.2015 einen Asylantrag, wobei er hierbei angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX in Kairo geboren zu sein und Staatsbürger von Ägypten zu sein.
Am 22.09.2015 wurde das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz gem. § 24 Abs. 1, Z1 AsylG, eingestellt.
Am 17.10.2019 wurde Genannter im Bundesgebiet der Republik Österreich festgenommen und folglich in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.
Am 28.11.2019 wurde durch das BFA ein Parteiengehör in Form einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt, welches am 02.12.2019 von der Verfahrenspartei (VP) nachweislich übernommen wurde, wobei seitens der VP keine Stellungnahme eingebracht wurde. Am 13.01.2020 wurde Genannter durch das Landesgericht XXXX unter der Zahl GZ: XXXX , rechtskräftig mit 13.01.2020, wegen den Vergehen/Verbrechen des schweren Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach § 127 StGB; § 128 Abs. 1 Z 5 StGB; § 130 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 (2) und 224 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241 e StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 (zwölf) Monaten verurteilt, wobei 9 (neun) Monate bedingt nachgesehen wurden. Das Datum der regulären Haftentlassung war dementsprechend der 17.01.2020. Am 16.01.2020 wurde eine Rückkehrentscheidung iVm. einem Einreiseverbot in der Dauer von 4 Jahren erlassen. Die Schubhaft wurde mit Entlassung aus der Strafhaft am 17.01.2020 verhängt. Am 18.01.2020 stellte Genannter im Stande der Schubhaft einen erneuten Asylantrag. Gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde die Schubhaft aufrechterhalten, da Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Ein HRZ-Verfahren wurde am 15.01.2020 gestartet und am 22.01.2020 nach Einlangen des Formblattes an die zuständige Abteilung B/II-Dublin & Int. weitergeleitet. Es wurde am 23.01.2020 durch die Abteilung B/II-Dublin & Int. ein Ersuchen um Ausstellung eines HRZ an die Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Algerien übermittelt.
Ein Termin für die Abschiebung ist aufgrund des Umstandes, dass es für eine Flugbuchung einer HRZ-Zustimmung bedarf, nicht fixiert.
Weiters wurde Herr XXXX in Österreich bereits im Jahre 2015 nach §§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB; 229 (1) StGB § 15 StGB; 241 e (§) StGB § 15 StGB rechtskräftig verurteilt.
Somit kann das BFA nicht davon ausgehen, dass sich die VP an die geltenden Rechtsvorschriften halten wird, und einem gelinderen Mittel, wie z.B. der periodischen Meldeverpflichtung nachkommen würde, zumal die VP bereits in Vergangenheit einmal untertauchte und sich dem Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz entzog.
Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge: 1. die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, 2. den Beschwerdeführer zum Ersatz der unten angeführten Kosten zu verpflichten.
Dass BFA beantragt den Beschwerdeführer für den Vorlageaufwand und den Ersatz für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde zu verpflichten“.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsbürger von Algerien. Der BF spricht Arabisch. Der BF führt die im Spruch angeführten Identitäten (Verfahrensidentität).
Der BF reiste spätestens am 15.07.2015 illegal in das Bundesgebiet ein. Am 15.07.2015 stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX in Kairo geboren zu sein und Staatsbürger von Ägypten zu sein.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX (RK 18.08.2015) wurde der BF unter dem Namen XXXX gemäß § 229 (1) StGB § 15 StGB, §§ 127, 130 1. Fall StGB § 15 StGB, § 241e (3) StGB § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten - bedingt - verurteilt.
Am 22.09.2015 wurde das Verfahren des BF über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 24 Abs. 1 Z1 AsylG eingestellt.
Der BF befand sich von 26.07.2015 bis 12.08.2015 sowie von 18.10.2019 bis 10.12.2019 in der Justizanstalt XXXX . Weiters befand sich der BF von 10.12.2019 bis 17.01.2020 in der Justizanstalt XXXX .
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX , vom 13.01.2020, RK 13.01.2020, gemäß §§ 223 (2), 224 StGB § 229 (1) StGB § 241e (3) StGB, §§ 127, 128 (1) Z 5, 130 (1) 1. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 17.10.2019 zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten - davon Freiheitsstrafe 9 Monate bedingt - Probezeit 3 Jahre, verurteilt.
Im Jänner 2020 wurde durch das BFA ein Verfahren zur Identitätsfeststellung (HRZ-Verfahren) mit Algerien eingeleitet.
Mit Bescheid vom 16.01.2020 wurde durch das BFA dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahr/en befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V).
Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.02.2020, XXXX , statt, und behob den angefochtenen Bescheid.
Mit Bescheid des BFA vom 16.01.2020, Regionaldirektion XXXX , wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
In weiterer Folge wurde der BF - nach Entlassung aus der Strafhaft - am 17.01.2020 in Schubhaft genommen. Am 18.01.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Aktenvermerk vom 19.01.2020 stellte das BFA fest, dass gemäß § 76 Abs. 6 FPG der am Vortag gestellte Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde, weshalb die Anhaltung in Schubhaft derzeit aufrecht bleibe.
Mit Bescheid des BFA vom 28.01.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.01.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 1, 4 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Ziffer 6 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII).
Der BF befand sich von 17.01.2020 bis 05.02.2020 in Schubhaft.
Am 05.02.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und mit Mandatsbescheid vom 05.02.2020 über den BF das gelindere Mittel - mit täglicher Meldeverpflichtung - angeordnet.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes bezüglich des Beschwerdeführers.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität XXXX und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den vom BFA getroffenen Feststellungen. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.
Die Feststellungen zur Straffälligkeit des BF in Österreich ergeben sich aus dem Strafregisterauszug.
Die Feststellungen bezüglich der Meldungen des BF (u.a. in Haftanstalten) ergeben sich aus einer Nachschau im Zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zur Festnahme und der weiteren Anhaltung ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung).
Der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Aktenlage sowie dem IZR.
Dass der Bescheid des BFA vom 16.01.2020, mit welchem gegen den BF eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot erlassen wurde, in weiterer Folge vom Bundesverwaltungsgericht behoben wurde, resultiert aus dem diesbezüglichen Gerichtsakt zur XXXX .
Dass der BF am 05.02.2020 in das gelindere Mittel entlassen wurde beruht auf dem diesbezüglichen Mandatsbescheid sowie dem Entlassungsschein.
Die Feststellungen zu den Aliasidentitäten des BF ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie einem internationalen daktyloskopischen Personenabgleich.
Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers wurden in der Beschwerde nicht behauptet und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
§ 77 FPG Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Zu Spruchpunkt A.I.) Bescheid vom 16.01.2020 und Anhaltung in Schubhaft von 17.01.2020 – 05.02.2020
Das BFA stützte im vorliegenden Fall den Schubhaftbescheid auf § 76 Abs. 2 Z 2 FPG. Gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 darf Schubhaft nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.
Mit Bescheid vom 16.01.2020 wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II). Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahr/en befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V).
Einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.02.2020, XXXX , statt, und behob den angefochtenen Bescheid.
Dass die Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG ex tunc wirkt, ist unbestritten und gilt insbesondere nicht nur für die ersatzlose Behebung, sondern auch für Behebungen nach § 28 Abs. 3 VwGVG (vgl. Fister/Furchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, VwGVG § 28 Rz 14 und 17).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG wird die Sache durch den kassatorischen Beschluss des VwG in den Stand vor dem Ergehen der bekämpften Entscheidung rückversetzt (vgl. VwGH 29. 7. 2015, Ra 2015/07/0034, sowie Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §28 VwGVG Rz 133).
Siehe dazu auch die Erkenntnisse des BVwG (W112 2158880-1 und W112 2158882-1). In diesen waren die Schubhaftbescheide ebenfalls zur Sicherung der Abschiebung verhängt und aufgrund der ex tunc Wirkung der (ersatzlos) behobenen Bescheide lagen in den zitierten Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung somit keine Rückkehrentscheidungen mehr vor, weshalb sich die zur Sicherung der Abschiebung verhängten Schubhaften als rechtswidrig darstellten.
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt nur dann in Betracht, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 20.12.2013, 2013/21/0014; 12.9.2013, 2013/21/0110).
Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung lag auf Grund der ex tunc Wirkung der Behebung sohin keine Rückkehrentscheidung vor, weshalb der Schubhaftbescheid zu beheben war und die darauf gestützte Anhaltung für rechtswidrig zu erklären war.
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (VwGH 15.10.2015, Ro 2015/21/0034; 03.09.2015, Ro 2015/21/0032; 11.06.2013, 2012/21/0114).
Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 16.01.2020 war sohin stattzugeben, der angefochtene Bescheid zu beheben und die Anhaltung in Schubhaft von 17.01.2020 bis 05.02.2020 für rechtswidrig zu erklären.
Zum Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft vom 19.01.2020 wird ergänzend Folgendes ausgeführt:
§ 76 Abs. 6 FPG idgF lautet:
„Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Am 18.01.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.
Im Aktenvermerk zur Aufrechterhaltung der Schubhaft vom 19.01.2020 führte das BFA Folgendes aus:
„(…)Zum jetzigen Zeitpunkt bestehen im Sinn des § 76 Absatz 6 Fremdenpolizeigesetz (FPG) Gründe zur Annahme, dass der am 18.01.2020 gestellte Antrag auf internationalen Schutz zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Die Anhaltung in Schubhaft bleibt derzeit aufrecht, da die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Für die Höchstdauer gilt § 80 Absatz 5 FPG.
(…)
A) Begründung:
Gemäß §76 Abs. 6 FPG kann eine Schubhaft aufrechterhalten werden, wenn ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt und Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde.
Der Fremde stellte am 18.01.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich bereits in Schubhaft. Aus folgenden Gründen ist davon auszugehen, dass der Antrag mit Verzögerungsabsicht gestellt wurde:
Es besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot. Das erste Asylverfahren wurde wegen Untertauchens im Jahr 2015 eingestellt.
Daher war die Schubhaft trotz Antragsstellung auf internationalen Schutz aufrecht zu erhalten und das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür in einem Aktenvermerk festzuhalten, der dem Fremden zuzustellen ist.(…)“
Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 05.10.2017, Ro 2017/21/0009, Folgendes aus: § 76 Abs. 6 FrPolG 2005 regelt die Aufrechterhaltung einer schon in Vollzug gesetzten Schubhaft - insoweit wird Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL abgebildet. Eine Fortsetzung von Schubhaft gegenüber Asylwerbern nach Maßgabe der in § 76 Abs. 6 FrPolG 2005 näher normierten Voraussetzungen erscheint daher grundsätzlich auch im Anwendungsbereich der Aufnahme-RL unbedenklich. Umgekehrt legt die Bindung der Aufrechterhaltung einer Schubhaft bei nachträglicher Asylantragstellung an die in § 76 Abs. 6 FrPolG 2005 im Wesentlichen in Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. 3 lit. d der Aufnahme-RL normierten weiteren Voraussetzungen (insbesondere das Vorliegen einer Umgehungsabsicht) schon innerstaatlich die Deutung nahe, dass Fluchtgefahr als solche, ohne Hinzutreten weiterer Gesichtspunkte, Schubhaft gegenüber Asylwerbern (außerhalb von "Dublin-Konstellationen"; vgl. VwGH 31.8.2017, Ro 2017/21/0004, 0013) nicht zu rechtfertigen vermag.
In dem vom BFA erstellten Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG wird lediglich ausgeführt, dass gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot bestehe und das erste Asylverfahren des BF im Jahr 2015 wegen Untertauchens eingestellt wurde. Daher sei die Schubhaft trotz Antragstellung auf internationalen Schutz aufrecht zu erhalten. Aufgrund des Umstandes, dass der erste Asylantrag des BF bereits 5 Jahre zurücklag und eingestellt wurde, konnte die Behörde - nicht ohne Hinzutreten weiterer Gesichtspunkte - davon ausgehen, dass sein nunmehriger Antrag lediglich zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Die Umgehungsabsicht des BF wäre nachvollziehbarer zu begründen gewesen.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt A. II., A.III., A.IV.) Kostenersatz
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Beide Parteien stellten Anträge auf Kostenersatz nach der VwG – Aufwandersatzverordnung.
Der BF hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem BFA gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.
Der Anspruch auf Eingabegebühr war mangels gesetzlicher Grundlage spruchgemäß zurückzuweisen.
Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat