TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/5 W170 2233024-1

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Veröffentlicht am 05.08.2020
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Entscheidungsdatum

05.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2233024-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde des XXXX geb, StA. Syrien, vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, EAST-Flughafen vom 12.06.2020, Zl. 741739001/161644208, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz in Verbindung mit §§ 7, 8, 10, 57 Asylgesetz 2005, §§ 52 f, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgegenstand:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) ist ein syrischer Staatsangehöriger, dem bis dato in Österreich der Status des Asylberechtigten zukam und der in der Slowakei mit Urteil des Bezirksgerichts Bratislava vom 26.10.2016 wegen der unerlaubten Herstellung, des unerlaubten Besitzes und Handels von Rauschmittel und psychotropen Stoffen, Giften oder Präkursoren gemäß § 172 Abs. 1 lit. b, c, d des slowakischen Strafgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wurde.

Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob die mit im Spruch bezeichnetem Bescheid verhängte Aberkennung des Status des Asylberechtigten samt der Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt, die nicht erfolgte Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien, die Setzung einer Frist für die freiwillige Ausreise sowie die Erlassung eines auf fünf Jahre befristeten Einreiseverbotes rechtmäßig sind, da der Beschwerdeführer gegen den im Spruch bezeichneten Bescheid, der diesem am 16.06.2020 zugestellt wurde, mit am 13.07.2020 zur Post gegebenem Schriftsatz das Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen hat.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.07.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX , ein volljähriger, syrischer Staatsangehöriger, ist spätestens seit August 2004 in Österreich aufhältig und wurde diesem nach einem Asylantrag mit am 04.10.2006 mündlich verkündetem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 253.356/0/11E-VIII/23/04, Asyl gewährt; dieser Status wurde bis dato nicht rechtskräftig aberkannt.

1.2. XXXX wurde am 03.05.2016 in der Zeit von 21.05 Uhr bis 21.10 Uhr in Bratislava auf dem Autobahngrenzübergang Jarovce-cesta, Ausfahrt in die Republik Österreich, von einer Streife der Abteilung des Zollamtes Bratislava im Rahmen einer Kontrolle als Mitfahrer des PKWs XXXX angehalten und zur Identitätsfeststellung aufgefordert. Dabei wurde festgestellt, dass XXXX eine Waffe (Pistole Marke Walther P22, 9 mm) und drei Patronen bei sich hatte und sich auf seiner Kleidung Spuren von weißem Pulver fanden. Bei einer Personsdurchsuchung wurden eine Metallschachtel gefunden, die neben Suchtgiftutensilien in mehreren Behältern auch offensichtliches Suchtgift enthielt. XXXX gab an, dieses an einem unbekannten Ort in Bratislava für € 430 erworben zu haben. Die nachfolgende kriminaltechnische Untersuchung ergab, dass XXXX in einem Behältnis 183 mg Methamphetamin in einem Reinheitsgehalt von 34,2 % (entspricht 64 mg reines Methamphetamin ), in einem weiteren Behältnis 10125 mg Methamphetamin in einem Reinheitsgehalt von 68,4 % (entspricht 6926 mg reines Methamphetamin) und in einem weiteren Behältnis 1327 mg Methamphetamin in einem Reinheitsgehalt von 70,8% (entspricht 1327 mg reines Methamphetamin), somit gesamt 8317 mg bzw. 8,317 g reines Methamphetamin bei sich hatte.

XXXX wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Bratislava vom 26.10.2016,
Zl: 1T/102/2016, wegen des Verbrechens der unerlaubten Herstellung von Rauschmittel und psychotropen Stoffen, Giften und Präkursoren, deren Besitz und Handel gemäß § 172 Abs. 1 lit. b, c und d des slowakischen Strafgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der Verurteilung liegt eine vom Gericht geprüfte Vereinbarung über Schuld und Strafe des XXXX und der zuständigen Staatsanwaltschaft zu Grunde.

Es sind keine Umstände hervorgekommen, die auch nur den Verdacht erwecken, dass das in der Slowakei geführte Strafverfahren gegen XXXX gegen dessen Recht auf ein faires Verfahren verstoßen hätte.

XXXX ist in Österreich unbescholten, er wurde in Österreich bis dato niemals von einem Gericht verurteilt.

1.3. Die Situation in Syrien hat sich nicht dergestalt verändert, dass XXXX dort keine Verfolgung mehr drohen würde; insbesondere seine im Zuerkennungsverfahren festgestellte exilpolitische Tätigkeit sowie die Flucht vor dem Wehrdienst in Syrien, der nunmehr mit dem Zwang zur Mitwirkung an Menschenrechtsverletzungen im laufenden Konflikt verbunden ist, würden ihn weiterhin einem realen Risiko einer Verfolgung durch die syrischen Behörden aussetzen.

1.4. XXXX hatte seit 2006 und hat seinen Lebensmittelpunkt in Österreich, hier befinden sich auch wesentliche Teile seiner Familie.

XXXX hat sich seit 2006 nicht wieder dem Schutz Syriens unterstellt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt, insbesondere aus den Gerichtsunterlagen des Bezirksgerichts Bratislava und aus den Ausführungen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die Feststellungen zu Damaskus bzw. Syrien gründen sich auf die im Aberkennungsbescheid den Parteien vorgehaltenen Länderberichte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten und zur Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt, Spruchpunkt I. des Bescheides:

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer in Syrien immer noch asylrelevante Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit, nunmehr aber auch wegen seiner Wehrdienstverweigerung droht. Daher hat sich die Situation auf Grund der Verfolgungsgefahr in Syrien nicht verändert. Es kommt also nur eine Aberkennung nach § 7 AsylG in Betracht.

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn (1.) ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt, (2.) einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder (3.) der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2019 (in Folge: StGB), entspricht.

Gemäß § 73 StGB stehen, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellt, ausländische Verurteilungen inländischen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen sind. Das bedeutet aber im Größenschluss auch, dass die Beurteilung, ob ein Verhalten ein Verbrechen darstellt, nach österreichischem Recht und nicht nach dem Recht des Staates, in dem die Verurteilung erfolgte, zu erfolgen hat.

3.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Bratislava vom 26.10.2016,
Zl: 1T/102/2016, wegen des Verbrechens der unerlaubten Herstellung von Rauschmittel und psychotropen Stoffen, Giften und Präkursoren, deren Haltung und Handel gemäß § 172 Abs. 1 lit. b, c und d des slowakischen Strafgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, weil er am 03.05.2016 in der Zeit von 21.05 Uhr bis 21.10 Uhr insgesamt 8317 mg bzw. 8,317 g reines Methamphetamin bei sich hatte.

3.3. Die relevanten Bestimmungen des (österreichischen) Suchtmittelgesetzes lauten:

„5. Hauptstück

Strafrechtliche Bestimmungen und Verfahrensvorschriften

1. Abschnitt

Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften

§ 27. (1) Wer vorschriftswidrig

1. Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt, befördert, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft,

2. Opiummohn, den Kokastrauch oder die Cannabispflanze zum Zweck der Suchtgiftgewinnung anbaut oder

3. psilocin-, psilotin- oder psilocybinhältige Pilze einem anderen anbietet, überlässt, verschafft oder zum Zweck des Suchtgiftmissbrauchs anbaut,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2a) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer vorschriftswidrig in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlage, auf einer öffentlichen Verkehrsfläche, in einem öffentlichen Gebäude oder sonst an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich oder unter Umständen, unter denen sein Verhalten geeignet ist, durch unmittelbare Wahrnehmung berechtigtes Ärgernis zu erregen, Suchtgift einem anderen gegen Entgelt anbietet, überlässt oder verschafft.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer eine Straftat nach Abs. 1 Z 1, Z 2 oder Abs. 2a gewerbsmäßig begeht.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer

1. durch eine Straftat nach Abs. 1 Z 1 oder 2 einem Minderjährigen den Gebrauch von Suchtgift ermöglicht und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige ist oder

2. eine solche Straftat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht.

(5) Wer jedoch an Suchtmittel gewöhnt ist und eine Straftat nach Abs. 3 oder Abs. 4 Z 2 vorwiegend deshalb begeht, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, ist nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

Vorbereitung von Suchtgifthandel

§ 28. (1) Wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erwirbt, besitzt oder befördert, dass es in Verkehr gesetzt werde, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer die in § 27 Abs. 1 Z 2 genannten Pflanzen zum Zweck der Gewinnung einer solchen Menge Suchtgift mit dem Vorsatz anbaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftat nach Abs. 1 in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge (großen Menge) begeht.

(3) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftat nach Abs. 1 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht.

(4) Unter den in § 27 Abs. 5 genannten Voraussetzungen ist der Täter jedoch im Fall des Abs. 1 nur mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, im Fall des Abs. 2 nur mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und im Fall des Abs. 3 nur mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Suchtgifthandel

§ 28a. (1) Wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft, ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftat nach Abs. 1

1. gewerbsmäßig begeht und schon einmal wegen einer Straftat nach Abs. 1 verurteilt worden ist,

2. als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht oder

3. in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge (großen Menge) begeht.

(3) Unter den in § 27 Abs. 5 genannten Voraussetzungen ist der Täter jedoch im Fall des Abs. 1 nur mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, im Fall des Abs. 2 nur mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren ist zu bestrafen, wer die Straftat nach Abs. 1

1. als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht und schon einmal wegen einer Straftat nach Abs. 1 verurteilt worden ist,

2. als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten begeht oder

3. in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge begeht.

(5) Mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe ist zu bestrafen, wer eine Straftat nach Abs. 1 begeht und in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten führend tätig ist.“

Laut § 3 Abs. 2 Z 3 Suchtgift-Grenzmengenverordnung beträgt die Grenzmenge bei Methamphetamin 10g.

Gemäß § 17 StGB sind Verbrechen vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, alle anderen strafbaren Handlungen sind Vergehen.

In Bezug auf den Besitz, die Vorbereitung des oder den Handel mit Suchtgift liegt also ein Verbrechen vor, wenn

?        man Suchtgift vorschriftswidrig in einer die Grenzmenge in einer um das Fünfzehnfache übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erwirbt, besitzt oder befördert, dass es in Verkehr gesetzt werde (vgl. § 28 Abs. 1 und 2 SMG),

?        wenn man als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erwirbt, besitzt oder befördert, dass es in Verkehr gesetzt werde oder als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die in § 27 Abs. 1 Z 2 genannten Pflanzen zum Zweck der Gewinnung einer solchen Menge Suchtgift mit dem Vorsatz anbaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde (vgl. § 28 Abs. 1 und 3 SMG),

?        man vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft (§ 28a Abs. 1), insbesondere wenn man dies gewerbsmäßig begeht und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs. 1 SMG verurteilt worden ist, dies als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht, dies in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge übersteigenden Menge begeht (§ 28a Abs. 2 SMG) oder dies als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs. 1 SMG verurteilt worden ist, dies als Mitglied einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten begeht oder dies in Bezug auf Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge begeht (§ 28a Abs. 4), schließlich

?        man vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft, und darüber hinaus in einer Verbindung einer größeren Zahl von Menschen zur Begehung solcher Straftaten führend tätig ist (§ 28a Abs. 5).

Mangels der Überschreitung der Grenzmenge (10 g Methamphetamin) nach der Suchtgift-Grenzmengenverordnung in Bezug auf das Suchtgift, das der Beschwerdeführer bei der Tatausführung hinsichtlich der strafbaren Handlung, bei der er betreten wurde, besessen hat (8,317 g Methamphetamin) liegt nach österreichischem Recht – nur dieses kann relevant sein, siehe oben – kein Verbrechen vor. Daher kommt der vom Bundesamt herangezogene Asylausschluss- bzw. -aberkennungsgrund nicht in Betracht; selbst wenn der Beschwerdeführer gewerbsmäßig gehandelt hätte – was das Bundesamt aber nur vermutet und dem Urteil nicht zu entnehmen ist – würde kein Verbrechen vorliegen (siege § 27 Abs. 3 SMG – Höchststrafe drei Jahre).

Daher liegt der vom Bundesamt herangezogene Asylendigungsgrund nicht vor.

3.4. Die Sache des Beschwerdeverfahrens ist aber nur der Inhalt des Spruches, nicht der Grund, warum es zum Inhalt des Spruches gekommen ist; das bedeutet, dass das Verwaltungsgericht alle Gründe, die zum von der Behörde ausgesprochenen Ergebnis führen könnten, zu prüfen hat (VwGH 21.01.2016, Ra 2015/12/0027). Hier bedeutet das, dass das Bundesverwaltungsgericht, wenn der vom Bundesamt herangezogene Aberkennungstatbestand nicht zum von der Behörde ausgesprochenen Ergebnis führt, alle anderen Gründe, die zu diesem Ergebnis führen könnten, zu prüfen hat.

Siehe zu einer allfällign Änderung der Lage in Syrien die entsprechenden Ausführungen unter 3.1., diese liegen nicht vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn (1.) ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt, (2.) einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder (3.) der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Gemäß § 6 Abs. 1 AsylG ist in Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn (1.) und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt, (2.) einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt, (3.) aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder (4.) er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

Gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention findet diese auf Personen keine Anwendung, die derzeit von anderen Organen oder Organisationen der Vereinten Nationen als dem Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge Schutz oder Hilfe erhalten; dies sind derzeit nur unter dem Schutz von UNRWA stehende Personen; der Beschwerdeführer gehört nicht zu dieser Personengruppe.

Gemäß Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention sind die Bestimmungen auf Personen nicht anwendbar, hinsichtlich derer ernsthafte Gründe für den Verdacht bestehen, dass sie (a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, und zwar im Sinne jener internationalen Einrichtungen, die ausgearbeitet wurden, um Bestimmungen gegen solche Verbrechen zu schaffen, (b) bevor sie als Flüchtlinge in das Gastland zugelassen wurden, ein schweres, nicht politisches Verbrechen begangen haben, (c) sich Handlungen schuldig gemacht haben, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten. Hierfür gibt es im Akt keine Hinweise.

Auch bestehen keine Hinweise, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt; insbesondere kann die nicht gegen die Integrität des Staates Österreich gerichtete strafbare Handlung im Ausland eine solche Gefahr nicht begründen.

Dass der Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG nicht vorliegt, wurde bereits oben ausgeführt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG ist der Status des Asylberechtigten auch abzuerkennen, wenn einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene (1.) sich freiwillig wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt hat, (2.) die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat, (3.) eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz seines neuen Heimatlandes genießt, (4.) sich freiwillig in dem Staat, den er aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat, (5.) wenn die Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und er es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen, wobei die Bestimmungen der Ziffer 5 nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden sind, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen und (6.) staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, er daher in der Lage ist, in sein früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.

Dem Beschwerdeführer droht in Syrien weiterhin Verfolgung, daher kann er die Inanspruchnahme des Schutzes durch Syrien aus triftigen Gründen ablehnen. Für das Vorliegen der anderen Asylendigungsgründe finden sich keine Indizien.

Schließlich hat der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen auch nicht in einem anderen Staat verlegt, er (und viele seiner Familienangehörigen) leben in Österreich.

Es liegt daher auch kein vom Bundesamt nicht herangezogener Asylausschluss- oder
-endigungsgrund vor.

Daher ist der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. stattzugeben; da somit die Voraussetzungen für die weiteren Absprachen wegfallen, ist dieser als auch die weiteren Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die relevante Rechtsprechung unter A) zitiert und beachtet, es ist daher weder zu sehen, dass die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, es an einer solchen Rechtsprechung fehlt oder die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen ist. Daher ist die Revision unzulässig.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Aberkennungsverfahren Abschiebung Behebung der Entscheidung besonders schweres Verbrechen Einreiseverbot Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung Gefährdung der Sicherheit Haft Haftstrafe Kassation Kumulierung Rückkehrentscheidung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2233024.1.00

Im RIS seit

01.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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